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You'll be in my heart

von

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Ein Jahr

Seiya
 

“Hör auf, Seiya! Das kitzelt!”

Ich spüre ihre Hand auf meiner Brust.

Wie sie sich unter meiner Berührung windet und halbherzig versucht mir zu entkommen.

“Lass mich los,” sie kichert und wirft vergnügt den Kopf den Nacken.

“Niemals!” Ich schlinge meine Arme von hinten um sie und ziehe sie noch näher an mich heran. Ich küsse sie noch einmal auf ihrer Halsbeuge, knapp oberhalb ihres Schlüsselbeins.
 

Ihr Duft steigt mir in die Nase. Sie dreht sich zu mir und lächelt mich an.

Mir wird augenblicklich warm ums Herz. Ich weiß nicht, ob ich sie überhaupt schon einmal völlig sorglos lachen sehen habe.  Es ist ein Anblick, an dem ich mich nie werde satt sehen können. Es gibt nur eine Sache, die dieses Bild noch schöner macht: die Tatsache, dass dieses Lachen mir gilt.
 

Zum ersten Mal verstehe ich die Redewendung der Menschen, was es bedeuten soll, wenn das Herz einen Sprung macht. Ich spüre, wie mein Herz gegen meine Rippen hämmert, als würde es jeden Moment zerspringen. Vor Glück. Vor vollkommener Zufriedenheit.
 

Die Sonne blinzelt durch den Spalt zwischen den weißen Leinenvorhängen. Das Bild vor meinen Augen wird unscharf und ich versuche verzweifelt, mich daran festzuklammern.
 

Ich kneife die Augen nur noch fester zusammen und versuche inständig nicht vollkommen aus der Traumwelt abzudriften. Mir jedes einzelne Detail in mein Gedächtnis ein zu brennen, damit ich nichts davon vergesse. Es ist, als würde ich versuchen einen Wasserstrahl festzuhalten.
 

Die Szene verblasst vor meinen Augen - bis auf ihr strahlendes Lachen, das in meiner Erinnerung wieder hallt.
 

Ich bleibe noch eine Weile mit geschlossenen Augen im Bett liegen und atme tief ein. Wie jeden Morgen verfliegen die Erinnerungen an den Traum, egal wie verzweifelt ich versuche sie festzuhalten. Es ist mein immerwährender Kampf, den ich täglich aufs Neue verliere und trotzdem nicht aufgebe.
 

Was bleibt ist ein flüchtiges Echo des Glücks. Es ist mein Rettungsring, der mich weitermachen lässt; die Hoffnung, dass wenn ich den Tag überstanden habe, ich für eine Nacht wieder bei ihr sein kann. Ich bin mir selbst nicht sicher, ob es gesund ist. Ich wünsche mir, dass sie mit Mamoru glücklich ist. Gegen meine Sehnsucht nach ihrer Nähe bin ich trotzdem machtlos.
 

Bunny
 

Ich stehe auf dem Dach der Schule und schaue über die Stadt.

Heute war unser letzter Schultag. Ich wollte noch ein letztes Mal zurückkommen, bevor sich das Tor zu dieser Welt endgültig für mich schließt.
 

Im vergangenen Jahr bin ich hier fast täglich mit traumwandlerischer Sicherheit an jeder Ecke auf dich gestoßen. Oder besser, auf die Geister unserer gemeinsamen Zeit.
 

Du bist noch immer so allgegenwärtig in meinem Leben.

Ich sehe dich, lässig am Baum im Schulhof lehnen. Ich höre euer Lied, wenn ich das Riesenrad im Vergnügungspark sehe. Wenn ich nachts alleine nach Hause gehe, erinnere ich mich daran, wie du dich als Bodyguard angeboten hast.
 

Selbst wenn ich in den Spiegel sehe, habe ich deine Stimme im Ohr.

“Dein Stern leuchtet ganz besonders hell. Deine Ausstrahlung fasziniert mich irgendwie, ich liebe sie.”
 

Was ist es für ein grausamer Scherz, dass mich mein eigenes Spiegelbild an dich erinnert?
 

An guten Tagen sind mir diese Geister willkommene Gefährten, die mich träumen lassen. Die mir für einen Moment Zugang in unser Traumland gewähren.

Was wäre wenn…?
 

Manchmal habe ich tatsächlich Angst mich darin zu verlieren. Gleichzeitig sehne ich mich jede Nacht danach, dir zumindest in meinen Träumen wieder nahe sein zu dürfen.
 

An schlechten Tagen, ist es wie ein Hieb in den Magen und mir bleibt für einen Moment die Luft weg.
 

Heute ist es ein bewusster Streifzug durch die Orte meiner Erinnerung. Irgendwie ist es wohl auch ein Abschied. Ich werde nicht mehr zurückkehren können. Und vielleicht ist es gut so.
 

Weil ich weiß, dass es immer nur Wunschdenken bleiben wird.
 

Seiya
 

Ich stehe vor dieser Marke: ein Jahr.
 

Ich weiß nicht, wie es deuten soll. In all unseren Bemühungen den Planeten wieder aufzubauen, sehe ich einen Fortschritt. Unserem Volk geht es besser. Yuuiren wird größer und überwindet ihren Schmerz. Ich habe so viel erreicht.
 

Ein Jahr seit unserem Abschied. Soll ich mich freuen, dass ich so lange durchgehalten habe? Andererseits, was wäre die Alternative gewesen?
 

Ich gehe immer noch jeden Abend zu dem Hügel hinauf und suche Jupiter. Aber näher gekommen bin ich dir dadurch kein bisschen.
 

Ich rede nachts im Stummen mit dir, eine Antwort habe ich noch nie bekommen. Ich habe auch keine erwartet.
 

Ein Jahr.

Ich habe das Gefühl, dass es für mich keine Entfernung darstellt, sondern eher die Start-Ziel Markierung in einem Kreis, aus dem ich den Ausweg nicht finde.
 

Wir haben uns damals "auf Wiedersehen" und "bis bald" gesagt; nicht "Leb wohl".
 

Ich habe es wirklich so gemeint. Ich weiß nicht, wie es jemals passieren soll. Ob es jemals passieren kann.

Aber irgendetwas in mir hält daran fest, auch wenn ich weiß, dass es unsinnig ist.

Vielleicht in meinem nächsten Leben...
 

Bunny
 

Unsere Eltern haben uns heute eröffnet, dass mein Vater von seiner Firma nach Kyoto versetzt wird. Es stand anscheinend seit Längerem im Raum. Am Ende war es eine zu große Chance, als dass er das Angebot nicht hätte annehmen können. Sie werden gemeinsam mit Shingo die Stadt verlassen. Sie haben mir angeboten, dass ich sie begleiten kann und gleichzeitig Verständnis dafür gezeigt, wenn ich es nicht tun würde.
 

Weil ich jetzt erwachsen bin und Mamoru habe. Weil ich sowieso studieren würde und im Studentenheim wohnen könnte. Weil sie mit ihren Plänen, den meinen nicht im Wege stehen wollen.
 

Ich stimme zu, dass ich in Tokyo bleiben werde. Wie soll ich ihnen auch erklären, dass ich keine andere Wahl habe?
 

In letzter Zeit kommt es mir vor, als würden die Säulen, von denen ich dachte, sie wären das Fundament meines bisherigen Lebens, bröckeln, während meine Zukunft in Zement gegossen zu sein scheint.
 

Sollte es nicht eigentlich umgekehrt sein?
 

Jeder um mich herum, trifft Entscheidungen oder schmiedet Pläne. Ich selbst habe das Gefühl in einer Einbahnstraße gefangen zu sein.
 

Ich blättere in meinem Notizbuch mit meinen Briefen an dich.

Es sind mittlerweile hunderte Seiten. Um ehrlich zu sein, sind es weniger Briefe. Es sind Erinnerungen an meine liebsten Momente mit dir, weil ich kein einziges Detail vergessen wollte. Wenn ich sie jetzt lese, bekomme ich manchmal noch immer eine Gänsehaut. Es sind meine Tagträume, wie es sein könnte, wenn wir uns wiedersehen. Was hätte sein können, wenn du geblieben wärst. Es sind die Dinge, die ich mich nicht getraut habe dir zu sagen.
 

Hätte es etwas geändert, wenn ich dir früher die Wahrheit über meine Gefühle gesagt hätte?

Wenn ich den Mut gehabt hätte dich darum zu bitten zu bleiben?
 

Jedes Mal, wenn ich mir selbst diese Fragen stelle, gebe ich mir selbst die Antwort:

Es macht keinen Unterschied. Weil ich weiß, wie meine Zukunft auszusehen hat.
 

Im Stillen frage ich mich manchmal, wie viele Opfer ich für diese Zukunft noch bringen muss.
 

Ich blicke in die unendliche Weite des Sternenhimmels.

Wie nennt man dieses Gefühl? Ich möchte schreien, aber ich habe nicht die Kraft dazu.

Ich spüre eine Sehnsucht, die mich fast zerreißt. Und gleichzeitig …
 

Nichts.
 

Es ist das einzige Wort, das mir einfällt.

Ein tiefes Loch in meiner Brust, dass sämtliche Emotionen zu absorbieren scheint.
 

Leere.
 

Wie gerne würde ich dich hierher wünschen…

Es ist wahrscheinlich der eigentliche Grund, warum ich hier oben bin. Deine Worte hallen noch immer in meinem Gedächtnis wieder.
 

„Schätzchen... Vielleicht kann ich dir ja helfen. Ich werd’ es jedenfalls versuchen."
 

Ich weiß, dass du es tun würdest. Gleichzeitig habe ich das Gefühl, dass du enttäuscht wärst, wenn du mich so sehen könntest. Ich bin nicht stark, viel mehr habe ich im Moment das Gefühl, dass ich jeden Moment zerbreche. Ich schäme mich fast. Du bist gegangen, weil du meinem Glück nicht im Weg stehen wolltest. Weil du mich vor keine Entscheidung stellen wolltest, die ich nicht treffen konnte. Weil du meiner Zukunft nicht im Weg stehen wolltest.
 

Ich weiß, dass du das ganz sicher nicht für mich gewollt hättest.



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