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Persona 3 -After the Years-

von

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XLIX – Elternliebe


 

~~~Montag 20. Juni 2016~~~

 

Immer wieder hallte das laute knallen von Pfeilen, die auf eine Zielscheibe trafen, durch die Halle des Kyûdo-Clubs, in dem Yui die Aktionen ihrer Teamkollegen mit Adleraugen beobachtete.

Zu ihrem Ärgernis tauchte Aiden in dem Moment in der Halle auf und sah die Schwarzhaarige freundlich an: „Hallo, Katō-senpai. Wie geht es dir?“

„Würde mir besser gehen, wenn du mir nicht wieder mit deinen Problemen in den Ohren liegen würdest“, murrte die Team-Kapitänin verstimmt und musterte den Jüngeren, der ihr seine Petition zeigte: „Ich wollte nochmal bei den Schülern nachhorchen, die beim letzten Mal nicht da gewesen waren, ob sie sich vielleicht eintragen wollen. Ist das für dich okay?“

„Soll mir recht sein, aber rede bitte nur mit denen, die nicht gerade schießen. Die Übungen sind wichtig und können gefährlich enden, wenn man sich nicht konzentriert“, belehrte die Schwarzhaarige den Jungen, der sofort verstehend nickte: „Alles klar. Ich werde keinen unterbrechen.“

Mit einer Verneigung vor seinem Senpai marschierte Aiden durch die Reihen der einzelnen Bogenschützen, wobei ihm sofort Miyuki ins Auge fiel, die etwas an der Sehne ihres Bogens überprüfte. Kurz grüßte der Braunhaarige seine Mitbewohnerin, die ihm knapp zunickte und dann wieder an der Sehne drehte, bevor er selbst von mehreren Schülerinnen aufgesucht wurde. Aiden kannte ihre Namen nicht, allerdings war er zwei von ihnen während der Fahrt nach Inaba begegnet und sie hatten sich sofort für die Gleichberechtigung ausgesprochen, weshalb sie zügig die Liste rumgehen ließen.

 

Mit einem breiten Grinsen verneigte sich Aiden zum Dank vor seinen Mitschülern, als Miyuki an ihn herantrat und die vollgeschriebene Liste betrachtete: „Wow, das sind ganz schön viele Blätter, die du hast. Sind die alle voll?“

„Ja, sind sie. Ich glaube, ich habe gefühlt jede weibliche Schülerin der Schule auf dieser Liste und hoffe, dass es reichen wird. Ich weiß nur nicht so ganz, was ich jetzt machen soll“, gab der Braunhaarige zu, weshalb seine Freundin vorschlug, dass er sich wegen dem bürokratischen Kram doch an Katzumi wenden könnte, immerhin hatte er diese Idee erst in den Raum geworfen hatte.

Da er keine große Alternative hatte, machte er sich auf den Weg zum Büro des Student Council, allerdings bekam er auf sein Klopfen keine Antwort. Skeptisch betrachtete der Braunhaarige die Tür und klopfte erneut, denn eigentlich sollte montags der Rat seine Sitzung abhalten und besonders Katzumi war eigentlich jedes Mal anwesend. Nach dem dritten Mal anklopfen zog er die Tür auf und lugte in den Raum, wo er tatsächlich den Rotbraunhaarigen vorfand, allerdings war dieser in ein Telefonat verwickelt und wirkte dabei etwas gereizt.

„Wenn ich es dir doch sage: Ich drücke die Tasten, die du mir sagst. Ich bin schließlich nicht dämlich, aber es tut sich einfach nichts. Ja, das habe ich auch schon versucht. Ja, das auch. Das tatsächlich nicht, wie geht das? Aha. Ja, warte kurz“, murrte der Junge in sein Handy und tippte ein paar Mal auf der Tastatur seines Laptops herum, um das, was er übers Telefon gesagt bekam, umzusetzen.

Nachdenklich kaute der stellvertretende Präsident auf seiner Unterlippe und ließ einen Stift um seinen Finger wirbeln, während er sich mit der anderen Hand das Handy ans Ohr hielt und auf den Bildschirm schaute: „Er sagt jetzt etwas davon, dass etwas repariert wird. Soll das so sein? Ah okay, ich muss jetzt also warten. Wie lange dauert sowas normalerweise? Diese „Kommt drauf an“-Antwort ist mir keine Hilfe, Chisato! Naja, da sind schon einige Dokumente drauf… Gut, ich warte dann einfach. Danke für die Hilfe, hast was gut bei mir. Ja, Grüße an Oji-san und Oba-san. Ciao.“

 

Mit einem genervten Murren beendete er das Gespräch und lehnte sich zurück, wobei er sich einen Arm übers Gesicht legte: „Schon mal was davon gehört, dass man auf ein „Herein“ wartet, bevor man einen Raum betritt, Kurosaki?“

„Ja, schon, aber mir wurde nicht geantwortet, also dachte ich, ich schaue einfach mal rein“, gab Aiden trocken zurück und erhielt einen genervten Blick seines Mitschülers, der sich von seinem Platz erhob und ausgiebig streckte: „Was willst du denn?“

„Ich habe hier die Petition, die du mir damals in Hand gedrückt hast und wollte mal nachfragen, ob das deiner Meinung nach ausreicht, um etwas an der Schule zu verändern“, erklärte der Oberschüler und reichte Katzumi das Klemmbrett, der kurz die Listen durchblätterte und dabei immer größere Augen machte: „Hast du jeden einzelnen Schüler der Schule angesprochen, oder was?“

„Kann sein, aber bei den Mädchen war es deutlich leichter“, gab er zurück und erntete ein kurzes Nicken des Rotbraunhaarigen: „Ich denke mal, dass das reichen sollte. Ich werde es den Lehrern Ende des Monats bei der Versammlung vorlegen.“

„Ende des Monats? Das ist ja noch mehr als eine Woche“, jammerte Aiden und sah seinen Schulkameraden an, der nur mit den Achseln zuckte: „Ich kann halt nicht zaubern, Kurosaki. Mehr kann ich nicht für dich tun.“

„Dann muss ich wohl einfach warten“, murmelte der Braunhaarige und vergrub seine Hände in den Hosentaschen, als hinter ihm die Tür erneut aufging und Ken eintrat.

Mit einem überraschten Laut sah sich der Braunhaarige im Raum um und sah dann seufzend zu Katzumi: „Hast du wieder alle weggeschickt, Samejima-kun?“

„Heute war nicht viel und das kriege ich auch alleine hin, Senpai“, gab der Junge zurück und erklärte auf die folgende Frage, was er hier mit Aiden tat.

Anerkennend nickend grinste Ken zufrieden und neigte dann den Kopf: „Respektable Leistung, Kurosaki, aber Samejima hat schon recht. Selbst als Präsident und stellvertretender Präsident des Student Council können wir nichts tun, um das zu beschleunigen.“

Auf die Aussage seufzte Aiden enttäuscht auf, doch hatte Ken noch etwas hinzuzufügen: „Aber ich kenne jemanden, der es kann. Komm mit, Kurosaki, wir gehen sofort zum Direktor.“

„Zum Direktor?“, gab es von Aiden und Katzumi gleichzeitig, welche sich nicht sicher waren, ob sie richtig gehört hatten, doch dann folgten sie dem Älteren durch die Schule.

 

Ken führte die beiden durch das Gebäude, bis er vor einer Tür mit dem Schild „Direktorat“ zum Stehen kam: „Da wären wir. Ich muss euch beide aber bitten, nichts zu sagen, solange ihr nicht angesprochen werdet. Okay?“

Ein synchrones Nicken reichte ihm als Antwort, weshalb Ken kurz durchatmete und dann an die Tür klopfte. Gespannt starrten alle auf die Tür, aus der ein leises „Herein“, ertönte und sofort zog Amada die Tür auf. Katzumi ließ es sich nicht nehmen, noch einmal Aiden zu ermahnen, bevor sie ihrem Senpai in den Raum folgten, der deutlich eindrucksvoller eingerichtet war als es im Rest der Schule der Fall war. Ein imposanter Tisch aus blank poliertem Holz, ein roter, sehr edel wirkender Läufer, zwei hohe Regale hinter dem Schreibtisch, in dem alle möglichen Ordner und Akten lagen. Aiden bestaunte die Einrichtung, als er bemerkte, wie Katzumi skeptisch zum Schreibtisch sah, an dem eine junge Frau mit langen, roten Haaren, die ihre linke Gesichtshälfte verdeckten, saß. Sie war in ein schwarzes Kostüm gekleidet und strich sich kurz den Fellkragen ihres weißen Mantels zurecht, während sie ein Dokument durchlas, welches sie in der Hand hielt. Das war definitiv nicht ihr Direktor, denn den älteren Herrn bemerkte Aiden ein Stück neben seinem Schreibtisch, wo er fast komplett von einer großen Topfpflanze verdeckt wurde.

Der Direktor sah zu den drei Schülern und kratzte sich nachdenklich am Kinn: „Amada-kun, Samejima-kun, was bringt euch beide denn her? Und wer ist das?“

„Ein Schüler, der ein Anliegen bezüglich einer zu ändernden Schulregel hat“, erklärte Ken und sah dabei aber eher zu der Frau als zu seinem Direktor.

 

Die Frau legte den Bericht in ihrer Hand beiseite und musterte das Trio eingehend, wobei ihre braunen Augen äußerst einschüchternd auf die beiden Zweitklässler wirkten, denn selbst Katzumi wagte es kaum, den Blickkontakt zu halten.

Neugierig lehnte sich die Frau zurück und schlug ihr linkes Bein über das andere, bevor sie das Wort ergriff: „Schön, dich zu sehen, Amada. Du hast etwas bezüglich einer Regeländerung gesagt?“

„B-bei allem Respekt, Kirijo-san, das ist doch nichts, womit Sie sich befassen müssten. Das können wir Ende des Monats…“, setzte der Direktor an, doch gebot die Frau ihm mit einer erhobenen Hand zu Schweigen: „Du wirst nicht ohne Grund deshalb direkt zu mir kommen, Amada. Worum genau geht es?“

Kurz und knapp erklärte Ken den Grund der Regeländerung und legte Kirijo auch die Unterschriftenliste vor, welche die Rothaarige nachdenklich durchblätterte: „Ah, es geht wieder um die Geschlechterfrage. Das war zu meiner Schulzeit auch einmal ein Thema gewesen, wurde allerdings aus den falschen Gründen abgewiesen. Das hier scheint mir allerdings ein driftiger Grund zu sein.“

„Kirijo-san, mit so etwas müssen Sie sich wirklich nicht rumschlagen“, setzte der Direktor wieder an, wurde von der Frau allerdings gnadenlos ignoriert: „Ich werde das sofort erledigen, Amada. Herr Direktor, veranlassen Sie sofort die entsprechenden Schritte. Die Regelung wird kurz und bündig: Jedem Schüler ist es erlaubt, unabhängig vom Geschlecht, den Sport auszuüben, den er oder sie möchte. Das hätte schon viel früher erledigt werden sollen. Sollte es in diesem Zusammenhang noch irgendwelche Strafen geben, werden diese umgehend aufgehoben.“

Auf dem Gesicht von Aiden erschien ein strahlendes Lachen und er wäre vor Freude fast in die Luft gesprungen: „Vielen, vielen Dank, Kirijo-san! Ich kann Ihnen gar nicht genug danken!“

Die Frau strich sich einen Moment durch die Haare, bevor sie sich schwungvoll erhob und ihren Mantel richtete. Nun bemerkte Aiden etwas, was ihn etwas stutzen ließ. Um die Rothaarige erschien eine leicht, blau schimmernde Aura und ein kleiner, blauer Schmetterling, der seine Runden um die Frau zog. Irritiert starrte Aiden auf das kleine Insekt, welches keiner der anderen irgendwie zu bemerken schien. Damit nicht genug, denn nun fiel ihm auf, dass auch um Ken ein solcher Schmetterling flatterte. Hatte er diesen die ganze Zeit bei seinem Senpai übersehen?

 

„Stimmt was nicht, Kurosaki?“, holte die Stimme von Ken den Braunhaarigen ins Hier und Jetzt zurück, wo er beschämt den Kopf einzog: „Es tut mir leid, ich habe kurz über was nachgedacht…“

Vier skeptische Augenpaare lagen auf ihm, doch schüttelte Kirijo nur den Kopf und kam um den Tisch herum: „Nun, wenn das alles war, Herr Direktor, dann sind wir hier fertig. Sie kümmern sich um den Rest.“

Auf die Aussage seufzte der Direktor nur müde auf und gab leise seine Zustimmung, während die drei Schüler mit der Frau den Raum verließen. Auf dem Flur verabschiedete sich Katzumi, weil er noch nach seinem Computer schauen müsse, weshalb Aiden mit seinem Senpai und der Frau alleine blieb.

Zu seiner Überraschung ließ Ken nun den förmlichen Ton fallen und wirkte deutlich enger mit der Frau: „Du siehst müde aus, Mitsuru-san. Du solltest auf dich achten.“

„Herrje, Amada, du klingst schon wie Yukari“, winkte die Frau ab, was den Jungen nur die Hände an die Hüfte stemmen ließ: „Yukari-san hat absolut recht. Du wirkst sehr müde, vielleicht solltest du dir mal ein paar Tage frei gönnen.“

„Ich habe eine Firma zu leiten, Amada. Ich kann nicht einfach ein paar Tage frei nehmen“, wehrte Mitsuru ab, als sie bemerkte, dass Aiden noch dastand: „Entschuldige, wir sollten andere Leute nicht stören. Ich muss los.“

„Mitsuru-san, denk bitte noch einmal drüber nach. Wenn du schon nicht länger frei nehmen willst, dann mach wenigstens den Nachmittag frei. Kurosaki, hilf mir mal“, wandte sich Ken hilfesuchend an seinen Kohei, der sich aber nur am Kopf kratzen konnte: „Ähm… Naja… Wenn Sie heute noch Termine haben, könnten Sie diese doch an einen Mitarbeiter abgeben, wenn Ihre Anwesenheit nicht zwingend notwendig ist.“

 

„Oh, das ist gut. Gib deine Termine heute ab und wir machen einen Spaziergang mit Koromaru. Er freut sich bestimmt riesig, dich wiederzusehen“, ging Ken auf Aidens Vorschlag ein und nickte dem Jüngeren dankend zu, während Mitsuru sich murrend eine Schläfe rieb: „Nun gut, ich denke mal, ein kleiner Spaziergang hat noch niemandem geschadet. Ich rufe Aigis an und sage ihr Bescheid.“

Damit zog die Frau ihr Handy und wählte eine Nummer, während ihr Blick auf Aiden lag: „Das sollte klappen. Ja? Aigis, hier ist Mitsuru. Ich komme heute nicht mehr ins Büro. Keine Sorge, ich bin bei Amada und Koromaru. Ja, der Termin nachher bleibt bestehen, allerdings würde ich dich bitten, Kurosaki an meiner Stelle zu schicken. Ja, sag ihm sofort Bescheid. Danke, Aigis.“

Aiden verzog leicht das Gesicht, während Mitsuru und Ken sich von ihm verabschiedeten und in Richtung Schultor davongingen.

„Na klasse, da habe ich Dad ja was eingebrockt… Ich wusste gar nicht, dass Papas Chefin auch die Vorsitzende meiner High School ist. So hat er mich also auf die Elite Schule bekommen“, murmelte Aiden leise, als neben ihm eine vertraute Stimme erklang: „Was nuschelst du da in deinen Bart, Nii-san?“

Erschrocken zuckte der Braunhaarige zusammen und sah zur Seite, wo er Setsuna entdeckte, der ihm winkend entgegengrinste: „Hoi, Senpai. Was machst du denn noch hier?“

„Oh, ich war beim Direktor. Wie es aussieht, ist die Sache mit Nozakis Suspendierung vom Tisch“, grinste der Ältere und steckte die Hände in die Hosentaschen, was den Jüngeren erstaunt dreinschauen ließ: „Coole Sache, dann wird sich bestimmt auch Haru-nee freuen. Kann ich dich was fragen, Senpai?“

„Klar doch. Was ist los, Setsuna?“, sah er den Weißblauhaarigen fragend an, der sich nervös am Arm kratzte und auf seine Füße schaute: „Ich wollte mir in der Stadt was kaufen gehen, aber… Ich traue mich nicht. Könntest du mitkommen?“

„Wenn es weiter nichts ist, sicher doch. Lass uns gehen, Setsuna“, lachte Aiden und klopfte dem Kleinen auf die Schulter, welcher sichtlich erleichtert wirkte und ihn freudig grinste: „Dann lass uns gehen.“

 

Auf dem Weg zur Mall bemerkte Aiden, wie Setsuna immer wieder das Gespräch suchte, sich aber nicht wirklich zu trauen schien. Sonst war der Junge nicht so kleinlaut, weshalb er stark vermutete, dass dem Jüngeren etwas auf dem Herzen lag.

Kurz vor der Paulownia Mall blieb der Braunhaarige stehen und sah seinen Mitschüler skeptisch an: „Wenn du mich etwas fragen möchtest, wäre jetzt die Möglichkeit, um damit herauszurücken, Setsuna. Dein ständiges Gemurmel bringt dich nicht weiter.“

Ertappt zuckte der Kleinere zusammen und verzog leicht das Gesicht, bevor er nervös die Hände hinter dem Rücken verschränkte: „Ich… wollte dich um Rat fragen.“

„Um Rat fragen? Sicher doch, aber warum fragst du nicht Tenno? Sie weiß besser, was in dir vorgeht, immerhin kennt ihr beiden euch schon länger“, gab der Braunhaarige zurück, woraufhin Setsuna schnell mit dem Kopf schüttelte: „Ich… kann Haru-nee nicht fragen. Das ist mir ehrlich gesagt sehr peinlich und… Ich bezweifle, dass sie mir helfen kann.“

„Oha, das klingt echt ernst. Was ist denn los?“, nahm Aiden den Hilfeersuch an und wartete geduldig, auch wenn sein Mitschüler sich wieder um eine klare Aussage herumdrückte.

Erst nach gefühlten zehn Minuten rückte Setsuna mit der Sprache heraus: „Wenn man erwachsen ist, steht man zu seinen Fehlern, nicht wahr? Ich… habe vor einiger Zeit meine Mama böse angefahren, bloß weil sie mir etwas Gutes für meine harte Arbeit tun wollte. Allerdings standen meine Mitschüler in der Nähe, weshalb ich sie angeschrien habe, dass ich kein Kind wäre. Ich habe sie damit bestimmt verletzt und möchte es wieder gutmachen.“

 

Erstaunt sah Aiden den Jüngeren an und verstand so langsam auch, warum Setsuna Haruka nicht um Hilfe gefragt hatte. Setsuna hatte ein Problem mit seiner Mutter und Haruka war nicht die beste Ansprechperson, wenn es um Mutterversöhnung ging. Nachdenklich rieb sich der Braunhaarige das Kinn, denn er hatte nicht damit gerechnet, dass die Szene, welche er und seine Freunde in dem Dungeon mitbekommen hatten, anscheinend noch gar nicht so lange her war. Die Tatsache, dass Setsuna sich bei seiner Mutter entschuldigen wollte zeigte aber, dass er seine Schreiaktion von damals in keiner Weise böse gemeint hatte. Nachdenklich brummte Aiden vor sich hin und überlegte sich, was sein Teamkollege am besten würde tun können.

„Also… ich denke mal, dass deine Mutter schon glücklich wäre, wenn du ihr sagst, dass es dir leid tut. Auf der anderen Seite gäbe es die Alternative, ihr etwas zu schenken, aber ob das die richtige Wahl ist, wage ich zu bezweifeln“, erklärte der Ältere und sah sich in der Mall um, wobei ihm einfiel, dass genau dieser Ort der richtige wäre um ein Geschenk zu kaufen.

„Also… Eigentlich war das genau mein Plan gewesen. Weißt du, Mama kauft sich kaum etwas selbst. Immer stellt sie Papa und mich nach vorne, aber selbst gönnt sie sich nichts. Ich will ihr auch mal etwas Schönes schenken“, erklärte der Weißblauhaarige sein Vorhaben, woraufhin Aiden das gekaufte Geschenk fast nicht mehr beanstanden konnte: „Wenn du das so darstellst nehme ich an, dass du schon etwas im Auge hast, kann das sein?“

„Ganz ehrlich? Nein. Deshalb wollte ich dich ja fragen, ob du eine Idee hast.“

Die Antwort des Jüngeren nahm Aiden erst einmal den Wind aus den Segeln, weshalb er sich leise murrend am Hinterkopf kratzte und dabei an seine eigene Mutter dachte. Sie war oftmals nicht da gewesen, aber wenn sie abends zeitig da war, hatte sie mit Aiden auf der Couch gesessen, gekuschelt und dabei einen Film angesehen.

 

Eine weitere Aktion, welche er oft mit seiner Mutter Abends gemacht hatte, schien ihm genau das zu sein, was Setsuna brauchte: „Wie wäre es mit einem Puzzle.“

„Ein Puzzle?“, wiederholte Setsuna etwas skeptisch und zog eine Augenbraue in die Höhe, während er mit vor der Brust verschränkten Armen den Kopf schief legte.

„Genau. Weißt du, so wie ich deine Mutter einschätze, ist allein Zeit mit dir das, was sie will“, erklärte der Braunhaarige und erntete einen skeptischen Blick: „Klingt das nicht etwas zu klischeehaft, Senpai?“

„Mag sein, aber alleine, wenn ich Tennos Mutter sehe, die wirklich nur Zeit mit ihr verbringen will, muss ja was dran sein. Außerdem habe ich als Kind auch mit meiner Mama gepuzzelt und es hat uns beiden viel Spaß gemacht. Außerdem kann man ein fertiges Puzzle einrahmen und als Deko verwenden. Also zwei Fliegen mit einer Klappe“, beendete Aiden seine Erklärung, woraufhin sein Kohei ihn mit großen Augen anschaute: „Oh mein Gott, das ist genial! Du bist ein Genie, Nii-san!“

„Jetzt übertreib mal nicht, aber sag mal: Hat es einen Grund, dass du immer zwischen »Senpai« und »Nii-san« hin und her wechselst, wenn du mit mir redest?“, gab der Braunhaarige zurück und beobachtete belustigt, wie Setsuna rot anlief und verlegen die Zeigefinger gegeneinanderdrückte.

Bei seiner Aktion vermied er es vehement, in die Richtung des Älteren zu schauen, denn offenbar war es ihm peinlich, dass das aufgefallen war.

 

Um den Jungen etwas zu beruhigen klopfte Aiden ihm sanft auf die Schulter: „Ich frage das nicht, um dich irgendwie in Verlegenheit zu bringen, Setsuna. Es war mir nur aufgefallen.“

„Ich… Ich dachte, es wäre angemessen, wenn ich dich »Senpai« nenne, aber auf der anderen Seite sehe ich dich fast so wie Haru. Ist es okay, wenn ich dich »Nii-san« nenne?“, fragte der Junge zaghaft nach und traute sich kaum aufzusehen, als Aiden auflachte: „Wenn es weiter nichts ist. Nicht, dass Tenno am Ende noch Eifersüchtig wird.“

Mit einem breiten Grinsen lief Setsuna zum nächsten Geschäft, um seinen Einkauf zu tätigen, während sich in Aidens Brust ein warmes Gefühl breit machte. Er hatte wohl den richtigen Weg gefunden, um Setsuna bei seinem Problem zu helfen und wenn der Kleine damit glücklich war, sollte das für ihn ausreichen.

Er musste auch gar nicht lange warten, bis der Junge mit drei Paketen in den Armen aus dem Laden gehechtet kam und diese stolz präsentierte: „Meinst du, die werden ihr gefallen?“

„Wäre es nicht klüger gewesen, mich das vor dem Kauf zu fragen?“, antwortete der Braunhaarige mit einer Gegenfrage und musste sich beim Anblick des Jungen das Lachen verkneifen, weshalb er lieber die drei Puzzle-Packungen betrachtete.

Eins hatte ein herbstliches Waldmuster, das zweite zeigte einen See mit Enten und das dritte den Sternenhimmel. Alles waren schöne Motive und auch, wenn Aiden den Geschmack seiner Lehrerin nicht kannte war er sich doch sicher, dass sie ihr gefallen würden.

„Ich denke, dass das eine gute Wahl war. Na komm, wenn wir uns beeilen, erwischen wir den nächsten Zug noch“, klopfte Aiden Setsuna auf die Schulter und lief dann los, wobei sein Mitschüler kaum nachkam: „Warte, Nii-san, du hast längere Beine als ich!“

 
 

~~~später am Abend~~~

 

Etwas zögerlich stand Setsuna mit einem Puzzle im Arm in der Tür des Wohnzimmers und lugte in den Raum, in welchem seine Eltern saßen und zusammen einen Tee tranken. Immer wieder lehnte er sich etwas vor und wollte eintreten, allerdings wusste er gar nicht, was er wirklich sagen sollte.

Nach dem vierten Mal bemerkte ihn sein Vater und schob sich fragend die Brille zurecht: „Setsuna, stimmt etwas nicht? Komm doch rein.“

Noch während er eintrat, bemerkte er seinen eigenen Fehler, denn er hatte die ganze Zeit nur an seine Mutter, aber nicht an seinen Vater gedacht, der nun daneben saß und ihn abwartend ansah.

Zaghaft hob der Junge den Blick und festigte den Griff um die Packung: „Ich… wollte mich bei euch entschuldigen. Ich hätte damals nicht einfach abhauen dürfen. Ich habe euch unnötig Kummer bereitet und mich nie wirklich dafür entschuldigt.“

„Ach Setsuna, für uns ist nur wichtig, dass du wieder gesund und munter bei uns bist“, gab seine Mutter zurück und lächelte ihn warm an, was sein Vater ihr gleichtat: „Du musst dich nicht entschuldigen, mein Junge. Wenn wir ehrlich sind, müssen wir es tun. Irgendwas muss dich enorm gestört haben… und wir haben es nicht gesehen. Wenn es etwas gibt, was dir auf dem Herzen liegt, dann rede bitte mit uns. Auch, wenn du von deinen Mitschülern belästigt wirst.“

„Wer hat euch das denn erzählt?“, entwich es dem Jungen geschockt, denn damit hatte er seine Eltern nun wirklich nicht belästigen wollen, als seine Mutter ihm erklärte, dass Haruka ihr alles erzählt hatte.

 

Mit einem tiefen Seufzer verdrängte Setsuna seinen leichten Groll auf Haruka und zeigte seinen Eltern stattdessen die Schachtel in seinen Händen: „Hättet ihr vielleicht Lust, mit mir ein Puzzle zu legen?“

Die beiden Erwachsenen sahen sich überrascht an, bevor sie beide strahlend lächelten und die Frau den Tisch frei räumte: „Nichts lieber als das, mein Schatz.“

„Deine Mutter liebt Puzzle und ich bin auch nicht so schlecht darin. Dieses Puzzle löse ich dir in fünf Minuten“, prahlte Herr Akutagawa und schob sich die Brille die Nase hoch, welche ihm allerdings wieder runterrutschte, als er unter dem Kommentar seiner Frau zusammenzuckte: „Häng noch ein paar Nullen dran, dann kommen wir hin, Liebling. Na dann, zeig mal, was du für ein schönes Motiv hast.“

Mit leuchtenden Augen sprang Setsuna förmlich auf die Couch und packte das gemeinsame Projekt aus, wobei er nicht sagen konnte, wann er sich mit seinen Eltern zum letzten Mal so wohl gefühlt hatte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: ShioChan
2023-10-21T23:18:55+00:00 22.10.2023 01:18
Guten Abend... oder besser Morgen (?) Fubuki-kun,

Hab dann mal noch kurz das Kapitel gelesen. Hätte es ernsthaft fast vergessen... sorry... xD

Das Kapitel war schön. :)

Endlich konnte Aiden sein Vorhaben in die Tat umsetzen. Welche Zufall, dass da gerade Mitsuru in der Schule war. XD Gut, dass Ken das wusste und gleich die Initative ergriffen hat. Da haben Aiden und Katzumi nicht schlecht gestaunt. =D

Vorher hat Katzumi aber noch Probleme mit seinem PC. Und Chisato muss per Ferndiagnose helfen. Na klasse. XD Als hätte sie nichts anderes zu tun. Hahaha

Die Begegnung mit Mitsuru hat Aiden gleich noch eine weitere Erkenntnis beschert. Aber noch kann er mit den Schmetterlingen nichts anfangen... bin mal gespannt, wann er es versteht. XD Bei Mirâ hats auch lange gedauert. XD

Und Setsuna will sich bei seiner Mutter bzw seinen Eltern entschuldigen. Ich denke Kinder sagen manchmal etwas, was ihre Eltern verletzt. Aber Eltern verzeihen ihren Kindern sehr viel... und da ist ein böses Wort im Eifer des Gefechts kein großes Problem. Das beweisen seine Eltern ja auch, als er sich entschuldigt. :) Schön, dass sich die Familie wieder versöhnt hat.

Ich freue mich schon aufs nächste Kapitel.

Bis dahin
LG Shio~


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