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Umwege einer Beziehung

von

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Gegensätzliche Reaktionen

Montag, 01.01.
 

Sein Kopf platzte, obwohl er sich wie leergefegt fühlte. Die Gedanken rasten hin und her und er bekam kaum einen zu fassen. Iwaizumi hatte gedacht, dass das Thema langsam bei allen durch war. Es war ja okay, dass Makkis Schwester so nachgefragt hatte. Wie es schien, akzeptierte sie ihn ja noch immer.

In dem ganzen Trubel hatte er auch gar nicht darüber nachgedacht, ob Toru auch seine eigenen Eltern darüber informiert hatte oder nicht. Da Shinichi und Mai auch immer für den Setter erreichbar waren und er es ihnen erzählt hatte, hatte er die anderen Beiden vollkommen aus den Augen verloren. Das war natürlich dämlich, aber die Hauptsache war gewesen, dass Oikawa überhaupt Leute zum Reden gehabt hatte.

Er konnte es Kanaye nicht verübeln, dass er so hart reagiert hatte, auch wenn er sich etwas anderes gewünscht hatte. Doch er war jetzt als Schläger gebrandmarkt, damit musste er sich arrangieren, so schwer es ihm auch fiel. Vielleicht war es feige gewesen, abzuhauen anstatt sich weiter zu verteidigen, doch ihm hatte der Atem gestockt, die richtigen Worte hatten nicht ihren Weg gefunden.

Er hatte raus gemusst – frische Luft gebraucht. Hatte es nicht mehr ausgehalten. Es war das erste Mal, dass er sich vor einem Streit so davon gestohlen hatte und Hajime schämte sich dafür, aber er hatte nicht die Kraft gehabt. Zum Glück war es definitiv der letzte Streit zu dem Thema in seinem Familien- und Freundeskreis. Wenn das irgendwie geklärt wäre, hätte er das endlich hinter sich.

Aber … Wie sollte er das regeln? Mehr als entschuldigen und um Vergebung bitten, konnte er nicht tun und das Ass war sich nicht sicher, ob das reichen würde. Und Toru … Shit, er hatte ihn allein gelassen, obwohl er Geschrei und Streit überhaupt nicht leiden konnte! Fuck, das war doch alles so erbärmlich. Warum hatte er es nicht heruntergeschluckt? Sich um seinen Freund gekümmert, den das Ganze mindestens genauso mitnahm wie ihn selbst – wenn nicht sogar noch mehr?

Frustriert raufte er sich die Haare und wollte schreien, doch er war in einem Wohnviertel und würde nur Ärgern kriegen, wenn er das tat. Also stapfte er weiter durch den Schnee, der in der Nacht gefallen war. Alles wirkte wie gezuckert und hier waren zwar die Straßen und Wege schon freigeräumt, aber sonst war alles noch wunderschön. So ganz anders als in Tokyo, wo der Schnee meist nicht einmal den Boden erreichte. Es war eine schöne Abwechslung, mal wieder hier zu sein und er hätte das gern genossen, doch nun hatte er wieder einmal ein Problem, mit dem er sich beschäftigen musste. Dabei hatte er gedacht, dass jetzt langsam Ruhe einkehrte, dass diese kräftezehrenden Diskussionen vorbei wären und sie sich regenerieren konnten.

Ziellos schritt er weiter durch die Straßen, bis er vor der Aoba Johsai stand. Seine Mundwinkel zuckten, als ihn sofort Erinnerungen überschwemmten und reflexartig machte er sich auf den Weg zur Sporthalle. Bestimmt war abgeschlossen, weil Neujahr war, aber er war trotzdem neugierig. Hier hatten Oikawa und er Mattsun und Makki kennengelernt, trainiert und gekämpft, viel gelacht und geschwitzt. Seine Fingerspitzen kribbelten, je näher er der Tür kam und für einen Moment betete er, dass die Tür offen sein würde, weil irgendwelche Verrückten doch trainierten. Selbst Toru und er hatten hier schon an einem Neujahrstag Sport getrieben, um sich fit zu halten und weil ansonsten nichts los gewesen war. Trotzdem hatten sie dann gegen Karasuno verloren. Verdammt, es fühlte sich an, als wäre die Niederlage vor zehn Jahren gewesen. Dabei waren es gerade einmal drei. Aber das letzte Jahr war eben besonders aufregend gewesen und sein Zeitempfinden ein anderes.

Mit klopfendem Herzen legte er die Hand auf die eiskalte Metallklinke, aber es war zu. Das Kapitel abgeschlossen. Kurz starrte er die silbergraue Tür an, dann drehte er sich ruckartig um und schritt vom Gelände. Er hatte Wichtigeres zu tun.
 

„Hajime, warte bitte mal!“ Gedankenversunken war das Ass durch den Park geschlendert, in dem Toru und er sich kennengelernt hatten. Doch das war nebensächlich, dafür hatte er keinen Kopf. Erschrocken, wer ihn so aus seinen Überlegungen riss, blieb er stehen und drehte sich um. Takeo trabte auf ihn zu und stellte sich zu ihm. „Können wir kurz reden?“

Wahrscheinlich würde er ihn auch noch anschreien und dumm anmachen, aber dann lieber jetzt einmal alle, als es noch weiter hinauszuzögern, also nickte Iwaizumi und bedeutete ihm, zu sagen, was er zu sagen hatte.

„Ich ähm … Das ist eine richtig beschissene Situation. Kann verstehen, dass du abgehauen bist, wo Papa so ausgerastet ist …“ „Was denn? Du schreist mich jetzt auch nicht an, dass ich das deinem kleinen Bruder angetan habe?“, wollte Hajime misstrauisch wissen und versuchte seine Stimme ruhig zu halten, aber seine Nerven waren angeschlagen und so klang er etwas pissiger als beabsichtigt.

„Das wäre wohl die typische Großer-Bruder Reaktion, oder? Lass uns kurz auf die Bank da drüben setzen. Hier mitten auf dem Weg rumzustehen, mag ich nicht so.“

Takeo lächelte ihn leicht an und Iwa wusste nicht, was er von ihm halten sollte. Warum rastete er nicht aus? Immerhin gab er sich so viel Mühe, für Toru da zu sein und ihm zu helfen und jetzt sowas? Das Ass verstand ihn nicht, doch vielleicht würde er ihm gleich sagen, warum er so seltsam verständnisvoll waren.

Sie nahmen auf einer Holzbank Platz, die direkt am See war und eine wundervolle Aussicht über die zugefrorene Wasseroberfläche bot. Einen Moment lang schauten sie sich das beide einfach nur an, der Schnee, der alles weiß gepudert hatte und ein paar Enten, die auf der Suche nach Nahrung waren.

Dann hörte er ein leises Seufzen und Takeos fast murmelnde Stimme durchbrach die kurzzeitige Stille: „Es gibt einen guten Grund, warum dich nicht zusammenfalte. Vor Jahren – bevor Takeru geboren wurde – habe ich Ayaka auch geschlagen. Zwei Mal, um genau zu sein.“

Erschrocken über das Geständnis ruckte sein Kopf zu ihm rüber und er wollte lospoltern, wie er das hatte tun können, aber die Worte blieben ihm im Hals stecken. Welches Recht hatte er noch, andere Menschen deswegen anzublaffen?

„Deswegen bist du nicht auch ausgeflippt …“, nuschelte er und wusste gar nicht, was er sonst dazu sagen sollte. Er fühlte sich überfordert und das trieb ihn in den Wahnsinn. Sein Naturell war absolut kontrolliert und es gab nichts Schlimmeres, als wenn diese verlor. Das hatte sich ja nun gezeigt.

„Richtig. Ich kann in etwa nachfühlen, wie es dir geht. Damals haben wir uns ein paar fürchterlich gestritten, weil ich auf einen alten Klassenkameraden von Ayaka eifersüchtig war, weil die Zwei sich so gut verstanden hatten. Sie versteht es sehr gut, meine Schwachstellen im Streit gegen mich zu verwenden und ehe ich mich versehen hatte, hatte ich ihr eine Ohrfeige gegeben. Danach haben wir uns lange unterhalten und uns wieder zusammengerauft, doch ein halbes Jahr später kam es ein zweites Mal dazu und Ayaka drohte mit Trennung. Einen Monat lang hat sie bei ihren Eltern gewohnt und wir uns sortiert. In der Zeit erfuhr sie, dass sie schwanger ist und ich habe zehn Stunden lang ein Anti-Aggressions-Training besucht. Seitdem haben wir uns zwar gestritten, aber ohne irgendwelche Gewalt.“ Takeo schaute auf den See hinaus, schien in Erinnerungen festzuhängen und Hajime spürte, wie er ihn leicht bewundernd von der Seite her anschaute. Auch er hatte etwas gegen seine Wut getan und es geschafft. Schließlich war er seit über 12 Jahren mit seiner Frau verheiratet. Dann konnte er das mit Toru doch auch schaffen, oder?

„Ich ähm … Darf ich fragen, wie du das damals in den Griff bekommen hast?“ „Ja klar“, antwortete er sofort und lächelte ihn leicht an. Es war das erste Mal in diesem Gespräch, dass er ihn ansah und Iwaizumi bemerkte, wie schwer ihm das fiel, darüber zu reden. Ob er jemals mit jemand anderem darüber gesprochen hatte?

„Das schlimmste war, dass ich damals einen Freund hatte, mit dem ich darüber gesprochen hatte und der nur zu mir meinte, dass das richtig gewesen sei. Dass ich Ayaka eben hätte erziehen müssen. Ich war so geschockt und habe den Kontakt schließlich mit ihm abgebrochen. Ayaka hat mich nach dem zweiten Schlag vor die Wahl gestellt, dass ich endlich etwas dagegen tue oder wir wären die längste Zeit ein Paar gewesen. Ich liebe sie über alles und habe mich so geschämt. Ein anderer Kumpel gab mir den Tipp mit den Anti-Aggressions-Trainings und ich habe mich bei einem beworben und dort einen Kurs besucht. Er hat mir geholfen, meine Wut zu kanalisieren, sodass ich nicht wieder zuschlage. Stattdessen gehe ich aus dem Raum oder der Wohnung, sage Ayaka deutlich, dass ich Zeit für mich brauche und mich abreagieren muss. So haben wir es seitdem gut geschafft, uns auch zu streiten. Darf ich fragen, ob du auch etwas gegen deine Wut tun willst?“

Hajime nickte und entgegnete: „Ja, ich bin in einer Selbsthilfegruppe. Dort sind fünf andere Männer und ein Therapeut und obwohl ich es überhaupt nicht mag, mit Fremden über meine Gefühle zu reden, gibt mir Herr Yoshida das Gefühl, dass ich das schaffen kann. Dass es okay ist. Also ich arbeite daran.“ „Wow, Selbsthilfegruppe? Ich habe auch mit dem Gedanken gespielt, eine Therapie anzufangen, aber mir hat der Mut gefehlt. Meinen Respekt, dass du das durchziehst. Es zeigt nur, wie wichtig dir mein kleiner Bruder ist. Du kannst dich gern melden, wenn du doch mal reden möchtest. Ich helfe dir gern, wenn ich kann.“ „Danke, das ist nett von dir. Aber wie kommt es, wenn ich fragen darf?“ Er wollte nicht so misstrauisch klingen, aber irgendwie kam ihm das seltsam vor. Vielleicht weil Takeo der erste war, der seine Erfahrungen wirklich nachvollziehen konnte. „Du hast unserer Familie schon so viel geholfen und dich dabei immer so gut um Toru gekümmert, dass ich jetzt dir helfen möchte.“ Hajime nickte ihm zu und versprach, dass er sich melden würde. Doch er wollte nun endlich das Unvermeidliche tun und so verabschiedete er sich von Takeo, der noch etwas am See sitzen blieb.
 

Kaum, dass die Klingel im Haus ertönte, konnte er Schritte von drinnen hören. Sein Magen zog sich krampfhaft zusammen, je näher sie kamen. Die Tür wurde geöffnet und Ran stand dort, ihre Augen weiteten sich kurz, dann lächelte sie leicht.

„Hajime, komm doch bitte rein“, sagte sie und machte eine einladende Bewegung. „Danke“, murmelte er und betrat mit gesenktem Kopf das Haus, das ihm so vertraut war. Wie oft war er schon hierhergekommen in all den Jahren? Doch noch nie hatte es so bedrohlich gewirkt. So düster und beklemmend, obwohl die Einrichtung freundlich und hell wie immer war.

„Lass uns ins Wohnzimmer setzen, ja?“ Torus Mutter schritt hinter ihm und er ging wie gewünscht in den Raum, doch zu seiner Überraschung war Kanaye nicht da. War er draußen spazieren? Oder traf sich mit jemandem, um zu reden?

Unwohl setzte sich das Ass auf das Sofa und fühlte sich wie auf heißen Kohlen. Würde Misses Oikawa ihm auch nicht verzeihen können? Gerade konnte er sie nicht einschätzen.

Sie nahm kurz darauf dicht neben ihm Platz und griff nach seinen Händen, die er als Fäuste in seinen Schoß gelegt hatte. Automatisch schaute er sie an, löste die Finger aber nicht.

„Es tut mir leid, dass mein Mann so ausgerastet ist. … Ich kann nicht leugnen, dass mir das sehr nahe geht, dass mein kleiner Schatz von dir geschlagen worden ist.“ Die Worte trafen ihn tief, doch er hatte keine Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, da Ran weitersprach: „Doch Toru wirkt trotz allem so glücklich wie schon lange nicht mehr. Es ist gut, dass du die Selbsthilfegruppe besuchst – er hat mir vorhin davon berichtet – und dass du daran arbeitest. Du warst ja schon immer der impulsivere von euch. Ich akzeptiere es, wenn er dir eine zweite Chance gibt und werde Toru dabei unterstützen. Aber bitte nimm auch zur Kenntnis, dass ich Zeit brauche, um das zu verarbeiten. Was Torus Papa angeht … Ich weiß nicht, ob er dir das verzeihen kann. Er wurde als Kind mehrmals von seinem eigenen Vater geschlagen. Daher hat er ein sehr angespanntes Verhältnis zu dem Thema. Er hat sogar dafür gesorgt, dass eine Lehrerin euch nicht unterrichten durfte, als sie einem von euch Schläge angedroht hatte.“

Iwaizumi erinnerte sich dunkel daran, dass auf einmal eine Lehrerin nicht mehr da gewesen war, aber dass Kanaye das zu verantworten hatte, hörte er zum ersten Mal. Immerhin war Rans Meinung nicht ganz so vernichtend wie die ihres Mannes. Dennoch machte er sich nichts vor, dass er mindestens hundert Minuspunkte gesammelt hatte.

Langsam drang die Information zu ihm durch, dass Herr Oikawa als Kind geschlagen worden war und er war geschockt. Damit hätte er nie und nimmer gerechnet. Ob Toru das wusste? Damit war mal wieder erwiesen, dass jeder seine Geheimnisse hatte – auch Eltern. Welche wohl seine eigenen hatten? Und würde er sie jemals erfahren?

„Ich ähm …“, fing er an, räusperte sich dann aber, ehe er fortfuhr: „Natürlich verstehe ich, dass ihr wütend seid. Ich kann selbst nicht fassen, dass ich das getan habe. Ich schäme mich so sehr deswegen. Und mir ist bewusst, dass ich ein unfassbares Glück habe, dass Toru mir eine zweite Chance gibt. Aber glaubst du, ich kann mit Kanaye sprechen? Ist er da?“ „Er ist oben in seinem Arbeitszimmer. Du kannst es versuchen, aber sei nicht enttäuscht, wenn er ablehnt.“

Hajime nickte und bedankte sich bei ihr, dann stand er auf und marschierte zielstrebig die Treppe hoch zum Arbeitszimmer. Es war gegenüber vom Kinderzimmer seines Freundes, doch das war jetzt unwichtig. Er klopfte an die Tür und hörte ein leises „Herein“ von drinnen.

Mit wild klopfendem Herzen und schweißnasser Hand öffnete er die Tür und betrat das schlicht eingerichtete Zimmer. Gegenüber war ein großes Fenster, davor ein schmaler, heller Schreibtisch mit Laptop und Monitor darauf. Die Wände teils mit Regalen, teils mit Gemälden geschmückt wirkten wie bei einem Schuldirektor und ähnlich fühlte er sich auch. Wie ein Schuljunge, der etwas Schreckliches getan hatte und deswegen beim Direktor Rede und Antwort stehen musste.

„Hajime. Was gibt es?“ Die Stimme klang hart und abweisend und das Ass atmete tief durch. Seine Beine waren ganz wackelig und er hatte das Gefühl, bei jedem Schritt umzufallen. Vor dem Schreibtisch, hinter dem der Vater saß, blieb er stehen und verbeugte sich tief. „Toru zu schlagen ist das schreckliste, was ich je getan habe! Ich schäme mich zutiefst dafür und kann noch immer nicht glauben, dass das wirklich passiert ist. Aber ich besuche jetzt eine Selbsthilfegruppe und arbeite an mir. Ich liebe Toru und will ihn glücklich machen! Er ist doch so glücklich, dass ihr wieder Kontakt habt. Bitte vergib mir.“

„Das kann ich nicht, Hajime. Was du da verlangst, ist zu viel.“ „Aber ich –“ „Mein Vater hat mich als Kind und Jugendlicher immer wieder geschlagen und sobald es mir möglich war, bin ich von zu Hause ausgezogen. Ich habe null Verständnis für Menschen, die ihre Wut nicht kontrollieren können. Egal, in welcher Situation sie waren oder sind. Das gilt auch für dich. Meinen Sohn zu schlagen, ist zu viel. So gern ich dich sonst auch habe und ich dankbar für deine Hilfe bin, kann ich das nicht einfach so verzeihen. Ich bin nicht mal sicher, ob ich das überhaupt jemals kann.“

Okay, das war deutlich. Für den Moment würde er hier nichts erreichen können, obwohl er das große Verlangen hatte, weiter zu argumentieren – von sich zu überzeugen. Aber er musste einsehen, dass das jetzt nichts bringen würde. Dafür war Kanaye wahrscheinlich zu sehr in seinen Erinnerungen gefangen. Shit, so hatte er sich das nicht vorgestellt.

Also schritt er wieder zur Tür, blieb aber in der Tür einmal stehen und drehte sich noch einmal zu ihm um und sagte: „Ich verstehe deine Wut, aber vergiss nicht, dass ich nicht dein Vater bin.“ Ohne eine Reaktion abzuwarten, verließ er das Zimmer und schritt die Treppe herunter, wo Toru gerade aufgeregt den Flur entlanglief. „Schatz, da bist du ja!“ „Toru.“ Er lächelte leicht, als sich sein Freund förmlich um seinen Hals schmiss und festkrallte. „Es tut mir so leid, dass mein Vater so ausgeflippt ist! Ich wollte nicht –“ „Ganz ruhig, Schatz. Dein Papa braucht glaube ich einfach Zeit … Es stimmt ja, dass man das nicht auf die leichte Schulter nehmen darf.“ „Ja schon, aber …“ Hilflos sackten die Schulter des Setters zusammen, als Ran den Flur betrat. „Hallo Toru.“ „Mama, was ist nur los mit ihm? So habe ich ihn noch nie erlebt!“

Sie schaute ihn an und Iwa erwiderte den Blick ruhig, bedeutete ihr, dass er nichts sagen würde, wenn das nicht gewollt war. Es war wie in seiner eigenen Familie, wo Geheimnisse auch gewahrt wurden. Ohne den anderen zu fragen oder zu informieren, würde er das auch nicht weitergeben. Das war eine Frage des Respekts und des Anstands.

„Kommt mit in die Küche … Dann erkläre ich dir das.“ Verwundert nickte der Violetthaarige und folgte ihr, nahm ihn dabei an die Hand, damit er mitkam. Das hatte er zwar sowieso vorgehabt, aber es war eine süße Geste, dass er gerade nicht allein durch dieses Haus laufen musste. Und innerlich war er dafür dankbar, auch wenn er das nicht so zeigte.

Ran bereitete ihnen allen Drei einen Tee zu und sie nahmen am Küchentisch Platz. Dabei setzte sich der Setter demonstrativ neben ihn und legte eine Hand auf seine, während seine Mutter gegenüber von ihnen saß.

„Also Mama, was ist mit ihm? Ich verstehe Vater nicht, dass er so dermaßen ausgerastet ist. Mir ist ja klar, dass das alles nicht gut ist und dass ihr ein Problem damit habt, aber so krass?“

Ran umfasste mit beiden Händen die Tasse und schaute auf die ruhige Oberfläche, die ihr Gesicht spiegelte.

„In der Kindheit ist dein Papa von seinem Vater geschlagen worden. Er hat mir erzählt, dass dein Opa immer wieder beteuerte, dass es das letzte Mal gewesen sei und er das nicht hatte tun wollen, doch es passierte wohl ein dutzend Mal. Dein Papa hat deswegen sehr feste Grundsätze und körperliche Gewalt ist für ihn ein rotes Tuch, das er nicht akzeptiert – schon gar nicht bei dir, Toru. Du bist sein ganzer Stolz und er hat bereits dafür gesorgt, dass eine Grundschullehrerin versetzt wurde, weil sie einem in eurer Klasse Schläge angedroht hatte. Wir wissen, dass wir in den vergangenen Jahren viel falsch gemacht haben, aber deswegen bist du noch immer neben Takeo der wichtigste Mensch in unserem Leben. Da ist es schwer, so etwas zu hören.“

Iwaizumi hörte so deutlich raus, wie Ran um Verständnis warb, doch ihm war klar, dass sein Freund das rausfiltern würde. Für ihn war da der Punkt, dass sein Vater ihre Beziehung höchstwahrscheinlich nicht mehr akzeptieren würde. Das war hart, aber Hajime war auch klar, dass das Verhältnis in der Familie so angeknackst war, dass Toru ein weiteres Mal mit ihnen brechen würde. Schließlich wusste er, dass er bei seinen Eltern immer willkommen war und ihn wie ihren Sohn behandelte. Dabei hatte das Ass gerade erst dafür gesorgt, dass sie wieder zusammen waren! Du meine Güte, das konnte doch alles nicht wahr sein.

„Mag ja sein, dass Vater ein Problem damit hat, aber es ist immer noch meine Beziehung! Und ich kann allein entscheiden, ob ich so etwas verzeihe oder nicht. Wenn er damit nicht klarkommt –“ „Lassen wir erst einmal Ruhe einkehren … Die Gemüter sind noch erhitzt und müssen das erst einmal verarbeiten“, grätschte Hajime dazwischen, bevor sein Freund Dinge sagte, die er nachher noch bereute. Das wollte das Ass gern verhindern, denn er wusste ja, wie seine Diva werden konnte.

Ran nickte nachdenklich, während sie ihren Sohn musterte und Toru schob schmollend die Unterlippe vor – offenbar beleidigt, weil er ihn nicht hatte ausreden lassen. Aber das war nichts, was er nicht mit einem Kuss wieder geradebiegen konnte.

„Lass uns Makki und Mattsun einsammeln und zum Schrein gehen, hm? Ich weiß doch, dass du unsere Orakel holen möchtest“, schlug der Braunhaarige leicht lächelnd vor und der Setter musterte ihn kurz, als seine Mundwinkel leicht zuckten und er nickte. „In Ordnung! Und danach gehen wir zu dir, denn Mai hat mir noch Milchbrötchen versprochen!“ „Alles klar, dann los, du Milchbrötchen!“ Er gab ihm ein Küsschen auf die Wange und sie erhoben sich. Mit einem kurzen Blick sah Iwa, wie niedergeschlagen und zerknirscht Ran war, aber Toru war eben so. In solchen Momenten konnte er sehr verletzend werden – ob bewusst oder nicht war ihm nicht immer so klar.

„Wir melden uns übermorgen nochmal, bevor wir wieder nach Hause fahren, ja?“, fragte Hajime und sie nickte, blieb dennoch am Tisch sitzen, als sie sich auf den Weg nach draußen machten. Na hoffentlich würde das Jahr nicht so werden, wie es heute angefangen hatte!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Annemi91
2021-03-05T19:10:13+00:00 05.03.2021 20:10
Halli Hallo 😊

Schön, dass du deinen Schreibfluss wieder gefunden hast und dein Stress sich scheinbar etwas gelegt hat. 😊
Ich liebe die Story weiterhin sehr, auch wenn ich gestehen muss, dass Hajime aktuell sehr von seinem eigentlichen Ich unterscheidet. Natürlich verstehe ich, dass er Toru alles recht machen möchte. Er hat schließlich einen furchtbaren Fehler begangen. Aber so verweichlicht passt einfach nicht zu ihm. Ich hoffe er findet sein altes Ich zurück.
Und Toru verdient einfach den größten Respekt. Das er so an Hajime festhält berührt mich schon.
Die Reaktion von Toru's Papa ist sehr verständlich, aber so sollte eine Reaktion auch aussehen, wenn man solche Erfahrungen nicht gemacht hat. Kinder sind unser größtes Glück und das sollten sie immer bleiben. Ich hoffe, dass Toru Verständnis aufbringen kann und nicht unüberlegt handelt, denn Diva hin oder her, er durchdenkt immer alles.

Ich möchte mich noch dafür entschuldigen, dass ich die anderen Kapitel nicht kommentiert habe. Vielleicht hole ich das noch nach. Denn bei dem einen oder anderen Kapitel hab ich noch ein paar Gedanken. 😉

Ich freue mich auf das neue Kapitel. 😊


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