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Umwege einer Beziehung

von

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Leichte Eifersucht

Sonntag, 24.12.
 

Er kannte niemanden, der Weihnachten mehr liebte als Makki und Toru. In diesen Tagen schienen sie immer mit leuchtenden Augen durch die Gegend zu wandeln und noch mehr kuscheln zu wollen als so schon. Mattsun hatte ihm mal anvertraut, dass Taka sehr schmusebedürftig war, wenn sie allein waren. Er war halt auch mehr so der Macker, der sein Image als harter Typ pflegte, aber eigentlich ein ganz lieber war. Den Eindruck hatte er – seit sie zusammenwohnten – immer mehr gewonnen.

Von seinem Freund wiederum wusste er ja schon vorher, dass er verschmust war, nur bis vergangenen Sommer eben nicht bei ihm. Jetzt wo das Jahr fast vorüber war, wurde Iwa erst klar, was sich alles für ihn verändert hatte. Das war eins seiner aufregendsten Jahre bisher. Dabei war es bis April noch so entspannt gewesen, dann die Beziehung mit Kaori, der Streit mit Toru, seine Verletzung, die Versöhnung, das Aus mit Kaori, die verhängnisvolle Party, an die er sich in großen Teilen noch immer nicht erinnern konnte, Torus Geständnis, die Suche nach ihm, ihr Versuch, sich aufeinander einzulassen, der wunderschöne Sommer und Herbst, Torus Angebot, wo er nächste Woche den Vertrag unterschreiben würde und natürlich der Schlag. Der absolute Tiefpunkt. Nicht nur des Jahres, sondern auch sein persönlicher innerer Abgrund. Und das größte Glück, dass keiner der Menschen, denen er so sehr vertraute, ihn fallen gelassen hatte. Ihm war bewusst, was für ein Glück das war und es gab ihm noch mehr Mut, sich der Selbsthilfegruppe zu stellen. Und nach dem ersten Treffen war er recht positiv, dass er das doch packen könnte.

„Iwa-chan, wie weit ist es denn noch?“, hauchte Oikawa neben ihm und holte ihn so aus seinen Gedanken. Das Ass schaute zu Oikawa, der von der Kälte gerötete Wangen und eine rote Stupsnase hatte. Wie süß er dadurch immer wirkte … „Jetzt sei nicht so ungeduldig, Shittykawa", brummte er dennoch zurück, denn er hatte das Gefühl, schon wieder etwas viel zu kitschiges mit Mattsuns Hilfe geplant zu haben. Wenn er allein an Makkis breit grinsendes Gesicht dachte! Aber genau deswegen war sich das Ass so sicher, dass es seinem Freund gefallen würde.

Und da sie erst die Tage über ihr Kennenlernen gesprochen hatten, war er umso mehr überzeugt von der Idee. Trotzdem. Dieser ganze Kitschkram klang so gar nicht nach ihm. Bei Kaori hatte er auch nie so übertrieben, also sollte er das nächste Jahr lieber wieder etwas zurückfahren, damit es nicht noch andere Ausmaße annahm. Sofort hatte er wieder Mattsuns Worte im Ohr, dass er sich für ihn verbog. Das wollte er auf keinen Fall.
 

Sie hatten sich noch über verschiedene Dinge unterhalten, während Iwaizumi seinen Freund entspannt durch die Straßen führte. Eine knappe halbe Stunde brauchten sie, bis sie am Ort des Geschehens angekommen waren. „Ein See?“, hakte Toru überrascht nach und löste sich von ihm, lief ein paar Schritte vor zu dem Wasser, dass dunkelblau vor ihnen lag und den wolkenverhangenen Nachthimmel spiegelte.

Es war bereits dunkel und die Straßenbeleuchtung an, die zwar den Weg gut erhellte, aber alles abseits doppelt so gruselig wirken ließ. Das Ass wusste, dass Oikawa solche Dinge nicht gefielen, aber der See war nun mal von einem Park umgeben, das hatte er nicht beeinflussen können. „Aber du willst doch nicht hier picknicken, oder so? Dafür ist es viel zu kalt, Iwa-chan!“

Der Setter drehte sich wieder halb zu ihm und er hob ungläubig eine Augenbraue. Wie konnte der Trottel ernsthaft denken, dass er mit ihm hier picknicken wollte? Es war Ende Dezember und sie trugen dicke Mäntel, damit sie nicht froren, also kam so etwas überhaupt nicht in Frage. Manchmal kam er wirklich auf seltsame Ideen …

„Quatsch! Du solltest vielleicht eine Mütze aufsetzen, wenn du so einen Unsinn redest“, erwiderte er kopfschüttelnd und nahm Torus Hand, um ihn am See herumzuführen. „Ich hab meine Mütze zu Hause vergessen! Kein Wunder, dass mir so kalt ist!“ Erschrocken schauten ihn braune Augen an und reflexartig patschte der Setter mit einer Hand auf die violetten Haare. Wie Iwaizumi schon die ganze Zeit bemerkt hatte, war da aber keine Mütze. Dieser Schussel. Aber da er nichts gesagt hatte, ging er davon aus, dass ihm nicht kalt war.

„Dann nimm meine, wenn dir so kalt ist“, murmelte das Ass und holte eine dunkelgrüne, dicke Mütze aus seiner Manteltasche. „Aber dann frierst du nachher. Immerhin hast du doch viel kürzere Haare als ich“, bemerkte Oikawa besorgt und Iwa zog sie ihm mit den Worten: „Red keinen Unsinn, Assikawa!“ über den Kopf bis zur Nase. „He-hey! Ich seh nix mehr!“

Irritiert blieb der Setter stehen und richtete sie, bis sie gut saß und schaute lächelnd zu ihm rüber. „Danke Iwa-chan!“ Er hakte sich erneut bei ihm ein und kuschelte, als das Ass kurz den Blick schweifen ließ und den Zielort fand. Es war ein Steg, der nur schwach beleuchtet war und als er darauf zusteuerte, spürte er, wie unwohl sich sein Freund gerade fühlte. „Was hast du denn jetzt vor? Da liegt doch nur ein Ruderboot …“ „Gut erkannt und genau da will ich hin.“ „Du willst auf den See?“, hakte Toru verwirrt nach und Iwa nickte nur. Hatte er etwa vergessen, dass es mitten in dem See eine kleine Insel mit einem Häuschen gab? Wenn ja, dann würde seine Überraschung noch besser werden. Zum Glück hatte er den Vermieter noch erreicht und dieser ihm das Haus bis übermorgen zur Verfügung gestellt. Dass man das mieten konnte, war nämlich nicht übermäßig bekannt. Das Ass wusste das auch nur, weil Mattsun es mal gemietet und Makki so davon geschwärmt hatte. Woher er das allerdings gewusst hatte, wusste auch er nicht, war ihm aber auch egal. Wichtig war, dass das Glück mitgespielt hatte und ihm das hier ermöglichte.

„Vorsichtig", murmelte Hajime, als er Toru auf das Boot half. Es lagen insgesamt vier Decken dort. Zwei dienten dazu, sich draufzusetzen und mit den anderen beiden deckten sie sich zu. Mit einem leichten Lächeln auf den Lippen schaute sich der Setter um, während er selbst seine Handschuhe anzog und die Ruder in die Hand nahm. „Es ist ganz schön dunkel hier …“ Das Lächeln schwand etwas und wich einer Sorgenfalte. Immer wieder sah sich Oikawa um und versuchte etwas in der Dunkelheit zu erkennen. Es dauerte nicht lange, bis er die kleine Insel entdeckte, da eine Lampe am Steg leuchtete. „Iwa-chan? Verbringen wir Weihnachten auf einer kleinen Insel in einem superkuscheligen Haus?“, wollte Toru wissen und sein Gesichtsausdruck wurde deutlich glücklicher. „Ist es superkuschelig?“, stellte er die Gegenfrage und sein Gegenüber nickte eifrig. „Makki hat mir alles darüber erzählt! Es gibt ein großes, gemütliches Wohnzimmer mit Kunstfellen auf dem Boden, einem großen Kamin und zwei Sofas davor. Auf den riesigen Sofas soll es viele Decken und Kissen geben! Im ersten Stock ist das Schlafzimmer mit Himmelbett und der Balkon ist komplett verglast, sodass man auch bei eisiger Kälte einen tollen Ausblick hat! Und es gibt da einen Whirlpool im Bad mit Bodenfenstern, sodass man auf den See hinausschauen kann!“ Iwaizumi schmunzelte, als sein Freund aus dem Schwärmen gar nicht mehr herauskam und für einen Moment all die Sorgen zu vergessen schien. Da war nur das Funkeln in den Augen. Er hatte diesen Ausdruck so vermisst und ohne es zu merken, hörte das Ass auf zu rudern. Das Wasser plätscherte leise gegen das Holzboot und entfernt war das Zwitschern von Vögeln zu hören. Keine Autos, keine Gespräche, nichts. Einfach nur Ruhe. „Iwa, sieh nur!“ Toru schaute nach oben und zwischen den Wolken kämpfte sich der Mond hervor. Die Wasseroberfläche spiegelte ihn und es wurde heller. Wenn Hajime nicht wüsste, dass es noch keine 20 Uhr war, hätte es auch 3 Uhr nachts sein können. „Schade, dass man wegen dem ganzen Licht die Sterne nicht sehen kann", hauchte der Setter und ließ den Blick schweifen. Kleine Wölkchen bildeten sich vor seinem Gesicht, wenn er ausatmete und das Ass schaffte es einfach nicht, sich von dem Anblick zu lösen.

Sein Freund schaute ihm plötzlich in die Augen und wollte etwas sagen, doch er schwieg. Sie sahen sich einfach nur an – eingehüllt von der Ruhe und des Lichts des Mondes – und die Zeit stand still. Keiner sagte etwas und Iwaizumi hatte keine Ahnung, wie lange sie dort verharrten und den Augenblick hinauszögerten, doch plötzlich klingelte Torus Smartphone und vor Schreck zuckten sie beide zusammen. Oikawa stammelte irgendwas, was er nicht verstand, als er nach dem Unruhestifter suchte und Iwaizumi begann wieder zu rudern. Es wurde ja auch langsam kalt und die Aussicht auf einen warmen Kamin war sehr verlockend.

„Hallo Hodaka, hier Toru! Was gibt es?“ Wie? Wurde Ihnen dieser Moment ausgerechnet von Hodaka kaputt gemacht? Warum meldete er sich jetzt? Konnte er seinen Freund nicht mal ein paar Tage in Ruhe lassen? Ein Grummeln machte sich in seinem Magen breit und das hatte nichts mit Hunger zu tun. Es war wie die SMS, als er mit Kuro ein Bier trinken war. Da hatte der Violetthaarige ihm gesagt, dass er bei Hodaka übernachten würde und ihm war ja irgendwo klar, dass das nichts gelaufen war, aber es blieb ein fader Beigeschmack. Das konnte er nicht abstreiten.

Er war ja froh, dass der quirlige Verkäufer für seinen Setter da war und ihm geholfen hatte, als er es nicht konnte, aber sie hatten schon ziemlich viel Kontakt. Bestimmt telefonierten sie zwei Mal die Woche, abgesehen davon, dass sie jeden Tag miteinander schrieben, so wie er es mitbekam.

Natürlich war das in letzter Zeit wichtig gewesen, da Hodaka mit seiner Familie große Probleme hatte – auch wenn er nicht ganz genau wusste, worum es ging –, das verstand er. Doch nahm das nicht langsam Überhand?

„Iwa-chan? Hey Iwa-chan!“ „Hm, was gibt es?“, brummte er zurück und Toru musterte ihn kurz eindringlich und meinte dann: „Du wirktest so tief in Gedanken versunken … Liebe Grüße von Hodaka! Er wünscht uns frohe Weihnachten.“ Der Setter lächelte ihn an, doch ihm war nicht so danach. Irgendwie hatte der Anruf gerade seine Stimmung runtergerissen und er war noch nie gut darin gewesen, dass zu verbergen. „Ich hoffe, du hast ihn zurückgegrüßt …“ „Ja, habe ich, aber du … Du hast ein Problem, oder? Mit Hodaka?“ Volltreffer. Das hatte er wohl, dabei war ihm nicht einmal klar, wo genau das lag. Immerhin hatte der Blondschopf ihm auch nachgesehen, dass er Toru geschlagen hatte und sich um ihn gekümmert. Auch schon vor dem Schlag war er für den Setter da gewesen, als er noch nichts von Torus Liebe gewusst hatte. Scheiße, war Hodaka sein Nachfolger als bester Freund?

Die Frage brannte sich in seinem Kopf fest und er hatte ganz vergessen, dass Oikawa ihm eine Frage gestellt hatte. Dieser ließ ihn das wohl durchgehen, denn sie schwiegen den Rest des Weges. Es dauerte auch nicht mehr lang, bis sie den Steg erreicht hatten und vorsichtig half er seinem Freund, aus dem wackeligen Boot zu steigen. Er folgte ihm und vertäute es sicher an einem Pfahl. Schließlich mussten sie ja in ein paar Tagen auch wieder zurückkehren.

„Iwa … Ich möchte nicht mit schlechter Laune das Haus betreten. Sag mir bitte, was los ist“, forderte Toru und blieb einfach am Steg stehen. Die Holzdielen unter ihnen waren recht neu, aber nicht sonderlich breit, weshalb er nicht einfach an ihm vorbeigehen konnte. „Ach, ich weiß nicht. Irgendwie hat Hodaka den Moment versaut und du hast schon echt viel Kontakt mit ihm. Ich meine, ihr schreibt doch jeden Tag miteinander, oder?“ „Du bist eifersüchtig?“ Überrascht weiteten sich die braunen Augen und Iwaizumi schnaubte. War er das? Vielleicht … Ein bisschen. Immerhin waren sie doch auch mal beste Freunde gewesen und dann war alles irgendwie ganz anders. Und jetzt nach dem Schlag … Jetzt war alles seltsam. Es war, als hätte er in dieser Sekunde sein Selbstbewusstsein verloren, seine Leichtigkeit, seine Legitimität.

„Ich bin einfach unsicher, was ich davon halten soll“, brummte Iwa leicht genervt und schob unbewusst die Unterlippe vor. Verdammte Scheiße, es sollte doch eine tolle Überraschung mit guter Laune und viel kuscheln werden. Ein Ausflug, wo sie wieder näher zueinanderfanden und sich von den Aufregungen der letzten Wochen erholen konnte. Und jetzt stand er hier auf dem Steg mit schlechter Laune und würde am liebsten wieder zurückrudern und nach Hause fahren. Fuck! Es war Heiligabend und Toru hatte sich so lange darauf gefreut und er hatte ihm noch gar nicht sein Geschenk überreicht.

„Schau bitte nicht so böse, Schatz. Das gibt nur Falten, hm? Wir schaffen das gemeinsam und ich bin dankbar, dass du mit mir darüber redest. Wir werden bestimmt eine Lösung dafür finden, aber bitte glaub mir, Hajime. Ich liebe dich – nur dich. Es gibt keinen anderen für mich“, versicherte Toru mit einer Ernsthaftigkeit, dass Iwaizumi nur nicken konnte. Um ihn endgültig davon zu überzeugen, wurde er am Kragen enger gezogen und in einen innigen Kuss verwickelt. Das Ass ließ sich fallen, legte eine Hand in den Nacken, den anderen Arm schlang er um die Taille und hielt seinen Freund so eng bei sich. Seine eigene Unsicherheit trieb ihn in den Wahnsinn und er war froh, dass Oikawa ihm mit solch einer Liebe und Fürsorge begegnete, dass er seine Wunden lecken konnte. Dabei musste der Setter das doch auch tun!

Sie lösten den Kuss, doch er war noch nicht bereit, ihn loszulassen. Er vergrub sein Gesicht zwischen Schal und Mantel und schloss die Augen. Arme legten sich um ihn, streichelten über seinen Rücken und Hinterkopf. Es waren hauchzarte Bewegungen, die er durch die ganze Kleidung spürte und er bekam eine Gänsehaut. „Lass uns reingehen und in Ruhe reden, hm?“, flüsterte der Violetthaarige irgendwann und etwas widerwillig löste sich das Ass von seinem Freund. „Toru, lass uns diesen Ausflug einfach genießen, okay? Es tut mir leid, dass ich den Anfang so versaut habe, aber ich wollte, dass das hier unsere kleine Insel ist. Ohne Sorgen oder Probleme … Verzeih mir.“ „Iwa-chan“, sagte Oikawa in ungewöhnlich strengem Tonfall und durchbohrte ihn fast mit seinen Augen, als er fortfuhr: „Du musst dich nicht entschuldigen. Und es ist okay, wenn du jetzt nicht reden möchtest, aber lass uns das wieder zu Hause machen, ja? Ich möchte, dass wir an einem Strang ziehen und wenn du da ein blödes Gefühl hast, dann klären wir das. Doch jetzt kannst du mir erst einmal in Ruhe deine Überraschung zeigen, ja? Mir wird nämlich auch etwas kalt.“ „Womit hab ich dich nur verdient?“, entgegnete Iwa murmelnd und Toru zwinkerte ihm zu. „Na komm, gehen wir rein!“ Sein Freund wurde übermütig, gab ihm einen Klaps auf den Hintern und lief kichernd in Richtung Haustür vor.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Kamikazekay
2021-02-12T21:47:52+00:00 12.02.2021 22:47
Ich freue mich jede Woche auf deine Kapitel und kann gar nicht erwarten wie es weitergeht! :D die beiden sind einfach viel zu süß zusammen^^
Antwort von:  Iwa-chaaan
12.02.2021 22:59
Ich danke dir sehr für deinen Kommentar =^-^=
Freut mich so, dass dir die Geschichte so gut gefällt ^.^


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