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Soft Spot

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Die WAKO ist die World Association of Kickboxing Organizations. Es gibt viele Vereine und alles ist so ein bisschen undurchsichtig auf den ersten Blick, ich muss mich selbst noch genauer auseinander setzen. Aber ich denke mal, so ein internes Turnier eines Heimatvereins wird wohl normal sein.

Songs für dieses Kapitel:
Supersexual - Blue
Drop it like it's hot - Snoop Dog
Remember the name - Fort Minor
Beast - Rob Bailey
Fighter - Christina Aguilera Komplett anzeigen

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Ehrlich, Junge, steh zu deinen Stahleiern!

Er hatte seine spezielle Ernährung angepasst, sehr auf eiweißreiche Kost geachtet, nie vor dem Laufen etwas gegessen – etwas, das Yuriy ihm eingebläut hatte, weil Laufen auf vollem Magen dazu führen kann, dass man sich übergibt. Er hatte seine Mahlzeiten auf sechs am Tag erhöht, weil er sein Trainingspensum angezogen hatte. Er hatte Yuriy in den Wahnsinn getrieben, weil er ständig auf den glykämischen Index geachtet hatte, und sie ihre gemeinsamen Einkäufe nicht mehr so schnell abwickeln konnten. Sie hatten viel Obst und Gemüse gekauft („Geh mir jetzt weg mit der Ananas, was ich in meinen Mund stecke, geht dich gar nix an!“ – „That’s what he said…“ – „Boris!!!“), damit er abends mit einer gesunden Portion Kohlenhydrate seinen Körper regenerieren konnte.

Aber mittlerweile vermisste er schon Fastfood. Oder einen gekühlten Schluck Bier nach einem anstrengenden Tag. Er konnte das Gemüse langsam nicht mehr sehen. Außerdem wurde er langsam unruhig. Nur noch zwei Tage bis zum lange vorbereiteten Abend.

„Eine Aubergine hat keine Daseinsberechtigung! Nicht nur, dass sie nach nichts schmeckt, sie ist auch noch total eklig! 95 Prozent Wasser und 5 Prozent eklig!!“

Yuriy lachte über den Ton, mit dem Boris das sagte, - zugegeben, er lachte ihn auch ein bisschen aus – und reckte seinen Hals über die Sofalehne, um ihm kopfüber dabei zuzusehen, wie Boris in seiner Küche mit einem Messer verschiedenen Gemüsesorten an den Kragen ging.

„Entspann dich, Killer, nimm nen Chiller!“

Boris blitzte ihn an: „Würd ich, wenn ich könnte.“

Yuriy seufzte und stand auf. Boris war immer ein bisschen kratzbürstig, wenn er nervös war und scheinbar machte ihm die Tatsache, dass er den ersten richtigen Ringkampf seit Jahren hatte, schwerer zu schaffen, als er zugeben wollte.

„Warum gehst du dich nicht ein wenig abreagieren? Ein bisschen Training schadet doch sicher nicht. Und wenn es nur Seilhüpfen ist.“

Yuriy nahm ihm den Holzlöffel ab und drückte seinem Bruder eine Banane in die Hand.

„Na geh schon.“

Boris dachte über Yuriys Idee kurz nach und befand sie dann für logisch. Er stopfte sich im Gehen die halbe Banane in den Mund und verabschiedete sich. Yuriy seufzte schwer. Jetzt hatte er zumindest seine Wohnung für ein paar Minuten wieder für sich.

 

An der Sporthalle angekommen entdeckte Boris schon von weitem einen Farbklecks vor dem Halleneingang. Er schob sein Fahrrad in die Betonhalterung.

„Hast du etwa auf mich gewartet?“, fragte er das rauchende Mädchen keck.

„Es war nur eine Frage der Zeit, bis du auftauchst“, entgegnete es und bot ihm eine Zigarette an, die er ablehnte.

„Ich rauche immer noch nicht, Palina.“

Er ließ seine Tasche auf den Boden fallen und reckte seine Nackenmuskel. Dann beobachtete er, wie ihr bunter Arm den Filter an ihre gepiercten Lippen führte und diese dann, offensichtlich zu seiner Belustigung, Ringe aus Rauch ausstießen. Palina war eine sehr gute Bekannte. Eigentlich sogar mehr als das. Sie hatte an beiden Armen Sleevetattoos in schrillen Farben und Formen. Heute trug sie nur ihr Septum, sämtliche Ohrringe und ihre Helix hatte sie schon abgenommen. Die Snakes, die ihn jedes Mal anmachten, wenn sie sich küssten – und sie konnte verdammt geil küssen – musste sie noch zum Training rausnehmen.

„Hältst du mir gleich den Sack?“

Palina sah ihn mit einem trockenen Blick und hochgezogener Augenbraue an.

„Geht das auch romantischer?“

„Den Boxsack! Nicht alles, was aus meinem Mund kommt, ist eine sexuelle Anspielung.“

Sie strafte ihn schweigend mit einem vielsagenden Blick und rieb die Glut ihres Stummels an einem Mülleimer aus, bevor sie die Zigarette darin entsorgte.

„Wenn es sich ergibt, können wir trainieren. Treffen wir uns danach aber auf jeden Fall vor den Umkleiden?“

„Klar.“

 

Es war ihr Ding, nach dem Training – wenn niemand zusah – ab und zu gemeinsam in die Duschen zu verschwinden. Manchmal alberten sie nur herum und manchmal, wenn sie wirklich ganz allein waren, trieben sie es miteinander – wie die Karnickel, wie man so schön zu sagen pflegte. Sie hatten relativ schnell auf die sexuelle Spannung zwischen ihnen reagiert, indem sie es einfach miteinander probiert hatten. Keiner von ihnen war in den anderen verliebt, sie fanden sich beide nur gleichermaßen attraktiv. Und sie hatten in einer dieser Umkleiden ebenso schnell festgestellt, dass sie gut zusammen passten – sexuell. Sie konnten sich einfach gut riechen.

Heute waren sie nach dem Training ganz für sich allein. Und Boris musste Dampf ablassen. Das war Palina nur recht, denn dann vibrierte Boris regelrecht unter ihren Händen und er trieb sie in Ekstasen, die sie durch eigenes Handanlegen nicht erreichte. Er hielt ihr Kinn mit festem Griff, während seine Zähne und Lippen im Wechsel ihren Hals malträtierten. Das Wasser prasselte auf seinen breiten Rücken, seine Hüfte dirigierte sie an die kühlen Fliesen der Wand. Mit seiner freien Hand streichelte er über ihr Milchstraßen-Tattoo ihre rechte Seite hinab, bis er ihren Oberschenkel fest umfasste. Ohne Aufforderung schlang sie ihr rechtes Bein um seine Hüfte. Ihr Kondom lag griffbereit in der kleinen Ablage neben dem Temperaturregler. Palina reichte es ihm und er riss die Verpackung eilig auf.

 

„Mao hat ihre stabilen Titten heute wieder außerordentlich effektiv in Szene gesetzt“, meinte Boris unvermittelt, als er in seine Shorts schlüpfte, während Palina sich vor ihm kopfübergebeugt die Haare trocknete. Sie seufzte kopfschüttelnd.

„Du bist echt ein wahres Talent in Sachen Timing, du Arschkopf.“

„Wieso?“

Manchmal wusste Palina nicht, ob Boris nur so tat oder wirklich so ahnungslos war.

„Okay, wie würdest du dich jetzt, in diesem Moment fühlen, wenn ich – keine Ahnung, irgendwie voll des Lobes über Lais Schwanz wäre?“

„Häh?“

„Wenn doch dein Schwanz gerade … Ach, lassen wir das. Egal.“

Sie richtete sich wieder zu ihrer vollen Größe auf, überragte damit Boris um zwei Zentimeter, sogar ohne Schuhe.

„Was meinst du denn? … Du hast auch schöne Möpse? Das wollte ich dir nicht absprechen.“

„Vergiss es einfach“, meinte Palina und schnipste ihm gegen die Nase. Dann ließ sie sich gegen seine Brust sinken, schloss für einen Moment die Augen und atmete tief ein. Boris roch oft sehr erdig, manchmal nach Motorenöl, aber meistens einfach sauber und das war für sie ein Grund seiner Anziehung, die er auf sie wirkte.

Sie drückte sich wieder von ihm ab.

„Außerdem würde ich leiser über Maos Brüste reden. Bist du lebensmüde oder so? Sie ist immerhin Lais Schwester. Der Lai, der dir die Kämpfe besorgt. Es wäre ihm ein Leichtes, dir besonders schwere Gegner anzudrehen.“

Boris winkte ab.

„Ich mein das doch auch nur so. Die Kleine zeigt halt, was sie hat und das kann sich echt sehen lassen. Ist doch ein Kompliment.“

„Ich habe gerade nicht die Kapazitäten, um mit dir durchzugehen, warum das jetzt falsch ist. Außerdem weiß ich, dass du das besser meinst, als du es gerade ausdrückst.“

Sie schob Boris‘ Aussetzer auf die Leere in seinem Kopf, die Orgasmen gelegentlich bei ihm hinterließen.

„Außerdem – dass irgendwas mit Mao und dir laufen würde, kannst du dir abschminken. Da hast du keine Chance, Lai würde das nie zulassen.“

Sie kämmte eine Weile durch ihre Haare, bevor sie schwer seufzte, was Boris‘ Aufmerksamkeit erregte.

„Kannst du mir bei einem Problem helfen?“

„Klar. Wie groß soll es denn werden?!“

Palina schlug mit ihrem Handtuch nach seinem Hintern. Sie traf auch, dennoch gackerte Boris nur über die Attacke.

„Es geht tatsächlich um Lai…“, fing sie an, woraufhin Boris sich ihr gegenübersetzte.

„Stehst du auf ihn oder was?“, fragte er recht schnodderig, was seine Freundin etwas aus dem Konzept brachte.

„Wo ist jetzt das Problem? Sag’s ihm doch einfach.“

Weil Palina genervt mit den Augen rollte, fuhr er fort: „Du willst mir doch nicht erzählen, dass du Schiss hast? Versuch es bei ihm, wenn du ihn willst. So einfach ist das. Ich glaube nicht, dass er dagegen“, er deutete ausladend über ihre Figur, „etwas zu sagen hat.“

Der genervte Blick sprang jetzt auch auf ihre Mimik über. Boris setzte nach: „Natürlich hast du auch noch andere Vorzüge als nur deinen Körper. … Ehm… du bist taff…?“

„War das jetzt ne Frage oder eine Feststellung?“, stichelte sie in seine offensichtlich schwache Argumentation hinein. Sie hakte sich mit den Unterarmen in die Halterungen der Garderobenstangen ein und ließ sich nach vorne fallen, streckte ihren Rücken durch.

„Ich weiß, welche Vorzüge ich habe, danke. Das Problem bist du. Oder besser gesagt, das, was wir hier tun.“

Boris sah an ihrem Miteinander kein Problem, darum wartete er, dass sie weiter ausholte.

„Für ihn sind wir zusammen. Du und ich.“

Ach, daher wehte der Wind. Sie ließ sich wieder auf die Holzbank plumpsen und ergänzte in sein Schweigen:

„Du glaubst doch nicht, dass unsere Stelldicheins so geheim sind? Wir wurden zwar nie erwischt, aber das zwischen uns was läuft, weiß eigentlich jeder hier im Club.“

Boris stand auf und setzte sich neben sie. Er stupste sie mit einem Bein an und grinste.

„Für dich würde ich eine Schlussmach-Szene inszenieren.“

Einen Moment lang ließ das aufrichtige, jungenhafte Grinsen ihr Herz höher schlagen. Manchmal war dieser Holzkopf schon irgendwie charmant…

„Im Ernst. Ich mach das, wenn das hilft. Du musst es nur sagen. Ich mein, es ist ja keine Beziehung, die wir beenden, wir vögeln ja nur miteinander…“

„Und schon ist der Moment ruiniert“, murmelte sie. Aber sie schätzte sein Verständnis und seinen Einsatz. Ergeben tätschelte sie sein Knie.

„Beeil dich jetzt, wir müssen die Halle noch abschließen.“

Boris nahm seinen Seesack vom Boden auf und ging vor. Palina folgte ihm und nach einem Blick auf seine Rückansicht musste sie insgeheim zugeben, dass sie es schon ein bisschen bereuen würde, ihn ziehen zu lassen. Auch er hatte seine Vorzüge, die es ihr schwer fielen ließen, ihn gehen zu sehen – und gleichzeitig war es genau das, weshalb sie ihn gerne gehen sah.

 

 

~*~

 

 

16:34

Yuriy Ivanov: Ich hau mich kurz hin, ja? Hast ja meinen Wohnungsschlüssel...

 

16:35

Yuriy Ivanov: Fick mich einfach, sobald du da bist.

 

16:35

Yuriy Ivanov: Weck! Weck!!!

 

16:35

Yuriy Ivanov: Ich meinte: Weck mich! XD Scheiß autocorrect >.<

 

16:37

Kai H.: Hahaha! … Ich mein… Beides IST möglich… ;)))

 

 

„Was machst du da?“, fragte Boris, als Yuriy das Badezimmer trat, puterrot im Gesicht und die Augen am Bildschirm seines Smartphones wie festgeklebt.

Ertappt steckte Yuriy sein Handy in die Gesäßtasche. Er brauchte einen Moment, um das, was er sah, zu erfassen. Es war der Abend vor dem Kampf und Yuriy hatte seinen Bruder eigentlich nicht in seiner Wohnung erwartet.

„Gegenfrage: Was machst du da?!“

„Ich creme meine Füße ein. Das ist angenehmer für den Ring. Außerdem mögen die Frauen es, wenn man nicht so rau wie ein Reibeisen ist.“

„Wirklich? Ich dachte, dass Hornhaut eigentlich besser ist? Zumindest für Barfuß-Sport.“

Boris schnalzte missbilligend ob der Widerworte mit der Zunge und wusch sich die Hände. Anschließend reichte er Yuriy seinen Rasierer.

„Kannst du mir helfen? Ich komme an gewisse Stellen nicht ran.“

Er zog sich sein Tanktop über den Kopf. Normalerweise ließ er sich wachsen, besonders vor einem Kampf. Da er sich das jetzt aber nicht leisten konnte, musste Yuriy herhalten.

„Auf dem Rücken könntest du auch wachsen. Ich hab so Warmwachsstreifen gekauft.“

Yuriy betrachtete den Körper vor sich, der sich jetzt auch seines letzten Kleidungsstückes entledigte.

„Du bist ein Bär. Lass das doch. Deine Härchen sieht man doch eh nicht, so hell wie die sind.“

„Ich will aber morgen gut aussehen!“, entgegnete Boris starrköpfig und stieg über den Wannenrand, damit er nicht im gesamten Bad eine Sauerei anstellte.

„Und kannst du mir die Augenbrauen auch zupfen? Deine sehen immer so elegant aus.“

„Oh, Borya will hübsch aussehen für seinen Kampf“, flötete Yuriy belustigt, rückte sich dann aber einen Hocker zurecht, um sich ans Werk zu machen. Eigentlich hatte er ja ein kurzes Nickerchen machen wollen, bevor Kai für einen gemütlichen Abend vorbeikam… Was tat er nicht alles für seinen Lieblingsbruder! Seufzend nahm er die Warmwachsstreifen, studierte kurz die Anleitung und legte sie schließlich auf die Rückseite von Boris Oberschenkel an.

„Warum kommst du mit deinem Groomingkram eigentlich zu mir, hätten wir das nicht auch in deiner Wohnung machen können, wo du alles parat hast?“

„Ich muss Wasser sparen!“, zischte Boris durch zusammengebissene Zähne, weil Yuriy just in dem Moment den Streifen mit einem Ruck abzog. Sein Bruder strich prüfend über die enthaarte Stelle und setzte den nächsten Streifen an. Nachdenklich wiederholte Yuriy diese Prozedur, auch am anderen Oberschenkel, sowie an Boris Backen.

„Wenn du wirklich solche Geldprobleme hast, könnten wir doch auch wieder zusammenziehen.“

„Yura, nein. Erstens hast du grad sowas wie ne Beziehung am Laufen, bei deren pikanten Angelegenheiten ich echt nicht Zeuge werden möchte. Und zweitens will ich meine Unabhängigkeit nicht aufgeben.“

Boris rieb sich über die Augen, um die leichten Schmerzenstränchen vom Haare Ausreißen zu entfernen. Er ließ sich von Yuriy kurz abspülen und mit einer beruhigenden Hautcreme nachbehandeln. Während Yuriy sich die Hände wusch, zog er sich wieder an und setzte sich auf den Wannenrand. Als Yuriys warme Hände sein Gesicht umfassten, legte er den Kopf in den Nacken, damit Yuriy sich, mit Pinzette bewaffnet, seinen Augenbrauen widmen konnte. Ihre Blicke trafen sich; Boris entdeckte versteckte Sorge in Yuriys Gesicht. Daher versicherte er optimistisch: „Ich krieg das schon hin.“

„Hm.“

Yuriy arbeitete eine Weile an einer schwungvollen Linie, bis er endlich wieder etwas zur Sache beitrug.

„Wenn du wirklich keine pikanten Dinge zwischen mir und Kai erleben willst, musst du wirklich noch mal an deiner Manier arbeiten, einfach ungefragt in meine Wohnung zu platzen.“

„Ich versuch’s“, grinste Boris. „Hast du dich eigentlich schon bei Max gemeldet? Und ihn… Dinge gefragt?“

„Jain. Ich brauch da erst eine gewisse Vertrauensbasis und will ihn erst kennenlernen. Aber wir treffen uns morgen. Offenbar schaut er dir morgen auch beim Kampf zu.“

Boris wurde neugierig. Bislang hatte Max, sein Bekannter aus dem Jugendzentrum, noch nie Interesse am Boxsport gezeigt. Aber wenn er sich recht erinnerte, hatte Max ziemlich viele Fragen zum Club gestellt, als Boris ihn um Yuriys Willen um Rat und Telefonnummer gebeten hatte.

„So. Fertig.“

Yuriy gab ihm aus Gewohnheit einen Kuss auf die Stirn.

„Hau ab jetzt. Ich hab heut noch was vor, was deine Anwesenheit nicht erfordert. Und wenn du dich nicht beeilst, schlag ich dich mit meinem Schuh!“

 

 

~*~

 

 

„Meine verehrten Damen und Herren, ich heiße D.J. Jazzman und Sie herzlich willkommen zum Auftakt unserer freundschaftlichen Turnierreihe im Namen der WAKO! Ich stehe hier vor Ihnen als Moderator des heutigen Kampfes und außerdem auf die hübsche Blondine in der zweiten Reihe!“

Während der drollige Moderator die Zuschauer begrüßte, drängten sich Ivan, Sergei und Mathilda über die Tribüne. Yuriy hatte ihnen geschrieben, dass er ihnen Plätze freigehalten hatte. Er winkte ihnen aus der dritten Reihe. Von dort hatten sie einen sehr guten Blick auf den Ring.

„Schön, dass ihr gekommen seid!“, begrüßte Yuriy seine Freunde.

„Ich werde mir doch nicht entgehen lassen, wie Boris den Arsch versohlt kriegt“, lachte Ivan frech. „Popkorn?“

Yuriy schüttelte zu beidem den Kopf: „Komm schon, Vanja, sei einmal nett?“

„Dass du das als Frage formulierst, find ich schon richtig. Boris war auch nicht besonders nett, als er mich angemalt hat. Den Scheiß-Stift hab ich zwei Tage nicht abgekriegt.“

„Musst dich halt mal öfter waschen“, meinte Sergei achselzuckend und ignorierte Ivans pikiertes Schnauben.

„Was genau für ein Boxen macht dein Bruder eigentlich?“, fragte Kai und rückte noch einen Platz auf.

„Kickboxen. Er-“

Yuriy setzte zu einer elaborierteren Antwort an, aber Sergei hielt ihm den Mund zu.

„Boris gibt halt auf‘s Maul. Immer wieder sehenswert.“

Ivan grinste breit und machte es sich auf seinem Platz gemütlich: „Und wir wollen Blut sehen, egal wie.“

 

Boris saß in der Umkleide und knetete seine Hände, bevor er sich die Bandagen umwickelte. Dabei achtete er darauf, dass seine Handgelenke und seine Knöchel gesichert waren. Palina hatte angeboten, ihm zu helfen, aber er hatte abgelehnt. Er konnte sie gerade nicht um sich haben. Ruhelos rollte er seine Schultern. Sein linkes Bein zuckte nervös auf und ab; er musste sich bewusst dazu zwingen, es ruhig zu halten. Die Bandagen fühlten sich nicht richtig an und er wickelte sie noch einmal neu. Vielleicht war es, weil er Galina die ganze Angelegenheit verschwieg…?

Er war erwachsen, verdammt nochmal, er durfte tun und lassen, was er wollte!

Ungeduldig stampfte er mit seinem Fuß auf die Holzbank und zog die Schoner über seine Schienbeine. Sie würden barfuß kämpfen; trotzdem konnte ein bisschen Trittschutz nicht schaden. Sein Tiefschutz zwickte und er ordnete seinen Schrittbereich neu.

 

„Wir können froh sein, dass wir es hier und heute nicht mit einem Bareknuckel-Kampf zu tun haben“, dröhnte Jazzmans Stimme über sie hinweg.

„Zehn Runden sind angesetzt in der höchsten aller Gewichtsklassen. Wir kommen zum Walk-in! In der blauen Ecke haben wir den Titelverteidiger in der Cruiserklasse, Michael – “

Jazzman wurde unterbrochen durch Lai, der zu ihm eilte und ihm einen Zettel zusteckte.

„Verzeihung, mein Fehler: Wir starten heute im Superschwergewicht mit einem Gast aus den USA. 24 Jahre jung, stark wie ein Stier, aber ist er auch so leicht zu provozieren?! Sein Ghettoblaster ist sein ständiger Begleiter und gibt ihm Extramotivation! Mal sehen, wie es ihm heute ergeht, wenn er ohne auskommen muss. Begrüßen Sie mit mir: Rick Anderson!!“

Gedämpft hörte Boris die Stimme des Ansagers. Die Überraschung war den Organisatoren gelungen. Mit Rick hatte Boris nicht gerechnet. Eigentlich hatte Lai ihm erzählt, es würde jemand Schlankes mit schnellen Punches werden. Danach hatte er eigentlich sein Training orientiert. Rick war ein schwerer Koloss. Seine starken Kicks hatten ihn schon beim bloßen Spaß-Sparring fast in die Knie gezwungen. Es war aber ein Vorteil, dass er um die Impaktstärke seines Gegners genau wusste. Boris blieb in seinem hastigen Hin- und Herlaufen stehen. Er erinnerte sich auch daran, dass Rick Linkshänder war. Dieses Wissen würde er sowas von einsetzen!

Das Publikum applaudierte dem Athleten, der sich nun unter seiner selbst gewählten Einlaufmusik – Beast von Rob Bailey - auf den Weg machte. Mit seiner sonnengegerbten Haut und schwarzen Stulpen, die in weißen Boxhandschuhen, bedruckt mit einem violetten Stern, endeten, und dem silberblond gefärbten Haar, das er zu einem kurzen Zopf zusammengebunden hatte, sah er wie ein unbezwingbarer Fels aus. Trippelnd zeigte er dem Publikum ein paar Jabs zum Warmmachen, winkte den Zuschauern zu und umrundete einmal den viereckigen Kampfbereich. Er trug ein dunkelblaues Achselshirt zu einer weißen Hose, die ihm bis kurz über die Mitte seiner muskulösen Oberschenkel reichte.

Yuriy runzelte die Stirn. Kai sprach aus, was auch Mathilda dachte, als Rick unter anfeuernden Pfiffen und Jubel den Ring betrat:

„Und das ist erlaubt? Rick sieht so viel schwerer aus als Boris.“

Yuriy: „Schon. Die Gewichtsklassen sind festgelegt. Superschwergewicht ist Superschwergewicht und gilt ab etwa 91 Kilo. Boris hat sich da schon passend hochgefressen.“

Jahrelange leidvolle Erfahrung und Begleitung zu diversen Turnieren ließen Yuriy nun mit Fachwissen glänzen.

„Und jetzt auf dem Weg in die rote Ecke: Mit seinen 23 Jahren ist auch er kein unbeschriebenes Blatt, hat er doch schon den Juniorenmeistertitel zweimal in Folge gewonnen! Bitte begrüßen Sie mit mir den Herausforderer Boris Kusznetsov!“

Auch für Boris wurde eine Einlaufmusik gespielt, aber als er den Song erkannte, weil er den nicht ausgewählt hatte – Fighter von Christina Aguilera – reckte er die Faust in Richtung Lai und schüttelte sie. Leider waren die Boxhandschuhe schon festgezurrt, somit konnte Lai am Mischpult den Mittelfinger darin nur erahnen; er lachte aber schadenfreudig über seinen Schabernack. Boris zog eine Grimasse, drückte seine schwarzen Handschuhe zurecht und lief in einem zum Rhythmus passenden Schritttakt zu seiner Ecke.

Nachdem „Jazzy“ Jazzman die Offiziellen des Kampfes vorgestellt hatte, nannte er noch ein paar weitere Einzelheiten über die Kontrahenten, während diese sich für den Kampf bereitmachten. Michael Summers, den der Moderator fälschlicherweise vorhin zuerst ankündigen wollte, stand in Ricks Ecke und reichte ihm dessen Mundschutz. Außerdem rieb er ihn mit irgendwas ein, so dass Ricks Schultern, Brust und Rücken glänzten. Etwas Ähnliches veranstaltete Palina mit Boris in der roten Ecke ebenfalls.

„Was machen die da?“, fragte Mathilda. Ihr Blick legte sich neugierig auf Yuriy.

„Er lässt sich gern den Rücken einölen. Dadurch wirken seine Muskeln größer… oder so.“

Früher war Yuriy auch oft unten am Ring gewesen und hatte diese Aufgaben übernommen. Er grinste leicht, als er sah, das Palina seinen Bruder auf eine Stelle an seinem Bein hinwies und ihn offensichtlich auslachte. Sie schmierte ihm aber versöhnlich noch etwas Cremeartiges ins Gesicht. Boris war in guten Händen, und das beruhigte Yuriy.

Die beiden Kontrahenten gingen aufeinander zu und stießen ihre Boxhandschuhe freundlich gegeneinander. Der Schiedsrichter erklärte ihnen in aller Kürze die Regeln, wies überdeutlich auf die Disqualifikationsmerkmale hin und nachdem beide versichert hatten, sie hätten keine Fragen mehr, wünschte er ihnen einen fairen Kampf.

„Angst, Potter?“, grinste Rick Boris an.

„Eine Harry Potter-Referenz, wirklich? Ganz falsche Adresse“, grinste Boris zurück. Er sah kurz zu seinem Feuermelder von Bruder herüber, den er in jeder Menschenmenge direkt ausmachen konnte. Es war einfach ein Reflex.

„Die Kämpfer sind bereit zuuuuuum FIGHT! BEGIN!“

Als der helle Glockenton ertönte, hatte Boris schon die Hälfte des Rings überquert und attackierte Rick ohne Zögern.

„Und Kusznetsov legt sofort los, da geht er nach vorn – mit zwei Kicks zum Körper von Rick Anderson!“

Rick zog seine Fäuste zur Deckung hoch. Boris trat mit zwei Sidekicks nach, einmal zu Ricks Kopf, die dieser gekonnt mit seinem Bizeps abwehrte. Nach dem zweiten Kick änderte Rick seine Haltung. Sie tänzelten leichtfüßig umeinander. Plötzlich schoss Rick nach vorn.

Die Kämpfenden wurden von der sonoren und aufgeregten Stimme von DJ Jazzman untermalt: „Anderson ist ein bedingungsloser Kämpfer. Ich habe ihn schon oft kämpfen sehen – und da sind sie auch schon, die gefürchteten Drehkicks! Aber die steckt Kusznetsov weg. Na, da atmet er schon mal tief durch – und da wird er angezählt, ja, ja, aber er steht. Kusznetsov steht noch und es geht weiter! Und nochmal der Drehkick! Der Anderson, der macht nicht lange. Der macht keine Gefangenen! Der versucht hier sofort den Kampf vorzeitig zu entscheiden!“

Kai legte eine Hand auf Yuriys Unterarm. Dessen Hand hatte sich in seinen eigenen Oberschenkel gekrampft. Bei der Berührung entspannten sich die langgliedrigen Finger wieder.

„Schon gut. Ich hab ihn nur schon lange nicht mehr kämpfen sehen“, murmelte Yuriy auf Kais stumme Frage. Vor allem hatte er schon lange nicht mehr gesehen, dass sein Bruder so viel einstecken musste. Am Anfang hatte Boris gut vorgelegt, aber jetzt hatte Rick die Führung übernommen.

„WIEDER DRAUF AUF DIE RIPPE!“, donnerte Jazzmans Stimme durch die Lautsprecher, „Immer auf die gleiche Stelle!! Ein Drehkick – uhh~ Noch einmal- dreimal schon hintereinander! Kusznetsov schaut, wo eine Lücke in der Deckung ist… Zaghafter Kick zum Oberschenkel – und sofort die Antwort: Zack, noch mal drauf! Anderson macht das bislang aus!ge!zeichnet!“

Boris nahm Abstand von Rick, rang nach Atem, hielt ihn sich vom Leib. Er wischte sich mit dem Arm Schweiß von der Stirn. Wieder kam Rick angeschossen, Boris hob die Arme zur Deckung.

„Das Knie von Anderson jetzt wieder… jetzt macht er mal halblang, der Anderson!“

Boris schaffte einen Fußfeger und brachte Rick für einen Moment aus dem Gleichgewicht.

„Ganz vorsichtig, der Kusznetsov... Letzte 10 Sekunden – noch mal ein harter Kick von Anderson, da wackelt er, da wackelt Kusznetsov! Die Zeit ist aus! Der Blick ist glasig! Kusznetsov schüttelt mit dem Kopf! Hat er Glück, dass der Gong gekommen ist!!“

Die Kontrahenten nickten einander anerkennend zu, bevor sie sich in ihre gegenüberlegenden Ecken zurückzogen. Jazzman hob in der kurzen Pause Ricks Leistung mit lobenden Worten hervor:

„Hier zeigt sich eine unglaubliche Kämpfernatur. Ich hab selten einen 100 Kilo Mann gesehen, der so beweglich ist, der so… mit den Beinen agieren kann!“

In der Ecke wartete Lai bereits auf Boris, stand als sein Trainer schon bereit, um ihm gut zuzureden und Tipps zu geben, wie er am besten aus dieser Situation rauskam. Palina stand in seinem Rücken und kühlte seinen Nacken mit einem Beutel Eiswasser.

Boris fluchte. Er hatte bei seinem Sparring mit Rick schon die miesen Sidekicks einstecken müssen und seitdem hatten sie nur Leichtkontakt-Training gehabt. Im Stillen fragte er sich, ob Lai vielleicht doch von seinen Sprüchen über Mao wusste und ihm deshalb gleich zu Anfang einen so schweren Gegner ausgesucht hatte.

„‘Wie kann ich mich am besten gegen den Rick Anderson wehren?‘ Das muss durch Kusznetsovs Kopf gehen. Jaaa, nicht so einfach, die Fragen zu beantworten!“, kommentierte der Moderator wieder über die Köpfe der Zuschauer hinweg die offensichtlichen Gedankengänge in der roten Ecke.

Yuriy rieb sich über die Hosenbeine.

„Jo, ich hol uns mal was zu trinken“, bot Sergei an und Mathilda rückte auf seinen Platz auf, näher an Yuriy.

„Hätte nicht gedacht, dass er so vermöbelt wird. Und das in der ersten Runde“, meinte Ivan, fast schon mitfühlend.

„Wird der Kampf abgebrochen, wenn sich jemand verletzt?“, fragte Kai.

„Normalerweise schon, aber Boris wird den Teufel tun und aufgeben, selbst wenn er sich was bräche. Das lässt sein Stolz nicht zu“, erklärte Yuriy und rieb sich die Stirn.

„Der soll jetzt mal zeigen, was er kann, wofür hat er sonst die ganzen Muckis, ey!“, platzte es ungeduldig aus Ivan heraus.

Der Gong zur zweiten Runde ertönte. Rick eröffnete mit sehr gezielten Angriffen, die Boris mehr schlecht als recht abwehren konnte. Plötzlich wurde es dunkel.

„Ouuuuh, da geht er runter – Kusznetsov liegt auf der Matte. Er wird angezählt… Ah, er quält sich so langsam wieder auf die Beine, er scheint angeschlagen… nein, er fängt sich wieder! Er springt und hüpft wie ein Flummi und ja, es kann weitergehen!“

Mathilda und Kai zogen an Yuriys Jacke und ihn damit auf seinen Sitz zurück. Er war aufgesprungen und hatte Obszönitäten in Richtung Rick gebrüllt, als der Boris auf die Bretter geschickt hatte. Kai entdeckte eine faszinierende, neue Seite an seinem Freund.

„Mit stoischer Gelassenheit, einmal angezählt, da muss er sich jetzt erstmal zusammennehm- OH! Ein Roundhousekick mit 360 Grad – seine Spezialität! Hab ich mir zumindest sagen lassen!“

Wieder ging Boris in die Knie, stand allerdings, bevor der Ringrichter ihn anzählen konnte. Da ertönte der Ton zur Pause ein weiteres Mal.

Heftig atmend spuckte er seinen Mundschutz aus und ließ sich von Palina Wasser anreichen. Lai spielte mit ihm eine Taktik durch, der er nur mit halbem Ohr lauschte. Boris hatte einen eigenen Plan, und der lautete „drauf da“. Wenn er jetzt nicht endlich den Ton angab, dann war der Kampf für ihn gelaufen. Diese Genugtuung gönnte er Rick nicht.

Mit fliehenden Fäusten flog Boris auf Rick zu, sobald die Verschnaufpause um war. Jazzman hatte kurz die Übersicht verloren, ehe er seine Sprache wieder fand, um zu beschreiben, welche Wendung der Kampf jetzt nahm.

„Boxen, das ist noch das Manko von Anderson, da weiß er selbst, dass das noch nicht gut ist… Seine Highlights sind die Kicks, seine Beine wie Baumstämme schlagen zu, da wächst dann kein Gras mehr!“

Jazzman begann zu schwitzen.

„Aber Kusznetsov, der zeigt hier sehr gerade Jabs, er versucht jetzt wenigstens mal ordentlich anzugreifen, und ohhh, das war ein sehr explosiver linker Haken, exzellenter Hüfteinsatz in dieser Technik!“

„Ich greif dich gleich ordentlich an“, knirschte Yuriy mit zusammengebissenen Zähnen in Richtung des Moderators, woraufhin Kai leise schmunzelte.

„Anderson hat Respekt vor diesen Aktionen, die er gar nicht sieht – was er mit seinen Beinen bei Kusznetsov angerichtet hat, kriegt er jetzt bare Münze durch die Faust zurück!“

Ab dieser dritten Runde wurde das Duell ausgewogener. Nach und nach schienen Rick die Kräfte zu verlassen, während Boris auf eine schier unerschöpfliche Kondition zurückzugreifen schien. Das Lauftraining mit Yuriy zahlte sich anscheinend aus. Endlich hatte Boris in Runde 7 die Oberhand gewonnen.

„Was ist das? Ein blitzartiger Hook-Kick und – Was WAR das!?“

Boris hatte Rick mit seinen Fäusten unglaublich zugesetzt. Er sah eine Öffnung in Ricks Deckung und entschied sich im Bruchteil einer Sekunde für einen linken Kick zu Ricks Kopf. Dort war dessen Deckung schwächer, weil Rick eben Linkshänder war. Boris hatte all seine verbliebene Kraft in diesen letzten Kick gesetzt. Die Zuschauer begannen zu jubeln, während DJ Jazzman ungläubig auflachen musste.

„DA geht er runter und wird ausgezählt vom Ringrichter! Anderson am Boden, er reißt sich zusammen, quält sich hoch, aber…?“

Mittlerweile waren alle Zuschauer aufgestanden und reckten ihre Hälse. Ivan und Mathilda stand auf ihren Sitzen, um besser über die Köpfe der Reihe vor ihnen hinweg etwas sehen zu können. Jazzman presste sein Mikro fest vor seine Lippen. Der Ringrichter reckte Boris‘ Arm nach oben und erklärte ihn zum Sieger.

„DER KAMPF IST AUS!!! DER KAMPF IST AUS!“, schrie er voller Euphorie, mit sich überschlagender Stimme.

„Da hat er mal ein bisschen länger gebraucht, Kusznetsov, aber dann jetzt nach der 7. Runde BEENDET er es mit so einem satten Kick zum Kopf – Tja, das ist der Boris Kusznetsov, vor dem wir uns wohl in der nächsten Zeit fürchten müssen! Ein Finisher, der nicht lange fackelt!“

Boris und Rick stupsten heftig atmend und müde, aber zufrieden mit ihrer Leistung und freundschaftlich ihre Handschuhe gegeneinander. Jetzt, als das Adrenalin langsam nachließ, spürte Boris ein Pochen, das sich rasant über seinen gesamten Oberkörper ausbreitete. Außerdem fühlte es sich an, als wüchse ihm ein Horn auf seiner linken Stirn.

 

„Wo ist Yuriy?“

Suchend sahen sich Kai, Mathilda und Ivan um. Sergei deutete auf die rote Ringecke. Yuriy hatte sich unbemerkt von ihnen bereits auf den Weg gemacht, um Boris zu gratulieren.

„Der ist schon wieder gehyped.“

Sergei machte sich auf den Weg zu ihrem Lieblingsrotschopf und die anderen folgten ihm.

„Geiler Kampf, Borya! War das Absicht, alle so auf die Folter zu spannen, ob du wohl wirklich gewinnst?“, fragte Ivan provokant, wofür er einen Mittelfinger erntete. Yuriy hatte ihm bereits aus den Handschuhen geholfen, während Palina einen kleinen Schnitt nahe seines Haaransatzes mit einem Heftpflaster verarztete.

„Bisschen dumm gelaufen, sorry Kumpel“, erklang eine leicht nasale Stimme hinter ihnen. Dort stand Michael Summers, komplett nonchalant und apologetisch.

„Die Änderung in der Ziehung der Gegner geht auf mein Konto.“

Yuriy drehte sich feindselig zu ihm um: „DU warst das? Das gibt Dresche.“

„Da kommt der Boris durch“, meinte Sergei trocken.

„Nun mal halblang“, mischte sich jetzt Lai ein. Er hielt in einer Hand ein Klemmbrett und in der anderen Hand einen Stift, mit dem er kleine Notizen festhielt und eine ganze Liste abzuhaken schien.

„Ich hätte das nicht erlaubt, wenn es nicht mit den Regeln konform wäre oder ihr euch nicht in derselben Gewichtsklasse befunden hättet. Aber euer heutiges Wiegen hat euch beide zum Superschwergewicht erklärt, also hört auf zu heulen.“

Yuriy starrte Michael immer noch an, und er fand nicht, dass der rotbrünette Amerikaner echtes Mitgefühl für die Situation aufbrachte. Ja, er erdreistete sich sogar, gekünstelt zu husten und eine Erkältung vorzutäuschen. Aber Yuriy durchschaute Leute wie ihn: Michaels Grinsen strafte seiner Worte Lügen!

„Also Leute, lieb dass ihr da wart. Aber mein Körper muss jetzt Wasser sehen.“

Boris erhob sich von dem Schemel, auf den Palina ihn für die Nachbehandlung gedrängt hatte. Er roch sich selbst – und das war ihm selbst unangenehm. Er wollte duschen, und zwar schnell. Er wandte sich zum Gehen.

„Ah, warte mal!“, rief Michael ihm hinterher.

„Wenn du was von mir willst, musst du mir folgen.“

Unbeeindruckt lief Boris weiter in Richtung Umkleiden. Perplex blinzelte Michael, dann rannte er ihm hinterher, während Yuriy ihm feindselige Blicke in den Rücken bohrte. Aber schließlich hakte er sich bei Kai unter. Die Clique beschloss, draußen auf ihren Fighter zu warten.

 

„Lai meinte, du kämpfst gern für Geld?“

„So, meinte er das?“

Boris griff nach seiner Tasche und suchte sich seine gewünschten Utensilien heraus. Er war erschöpft und hatte nicht gerade große Lust, hier mit Michael, mit dem er vorher noch kein Wort gewechselt hatte, ein Gespräch zu führen.

„Hast du schon mal vom Fight Club gehört?“

Boris hielt kurz inne und fragte sich, ob der Typ ihn verarschte.

„Du offensichtlich nicht, sonst würdest du nicht von ihm sprechen.“

„Ja, nicht der Film, also… es gibt eine Vereinigung, die sowas organisiert, und wir suchen noch ein paar Teilnehmer. Just for Fun – und natürlich Kohle. Mehr als du hier machen kannst!“

„Im Grunde also illegale Boxfights.“

Michael lehnte sich an die Garderobe – und damit in Boris‘ Weg – und strahlte ihn mit einem siegessicheren Grinsen an.

„Illegal ist ein sehr dehnbarer Begriff...“

„... eigentlich nicht.“

Damit schob Boris Michael aus dem Weg und schlug hinter sich die Tür zu den Duschräumen zu. Genau davor hatte ihn seine Mama immer gewarnt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (7)

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Von:  esperluette
2021-05-16T14:44:17+00:00 16.05.2021 16:44
Kampfvorbereitungen. Oh-oh T_T (Sags nur weil ich ein bisschen ängstlich bin für was ich dahingehend befürchte.)

Ah. Palina ist zurück! Schön, dass sie auch näher vorgestellt wird bzw. nun klar ist, was für einen Zweck sie hat. Ich mag ihr buddy-Dasein. (Sorry, das hört sich krumm an, ich meins nur im Rahmen der Geschichte xD)

Liebe für Yuriy&Boris Interaktion!

Der Kampf, sehr intensiv!
Schön, das alle da sind um Boris anzufeuern und Boris gewinnt. Meine Befürchtungen sind nicht eingetreten, aber jetzt kommt der Fight Club?! Neue Wendung und Boris weiß es genau besser. Welp.
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
16.05.2021 20:51
Jetzt bin ich neugierig. Was hast du denn befürchtet wegen des Kampfes?
Buddy, wie in F-Buddy? :D Ja, die Grenzen sind klar und das ist ok.
Hast du etwa gedacht, Boris verliert? No, no, no, er ist doch hier mein Held :D

Antwort von:  esperluette
19.05.2021 22:12
Ich war bisschen angsty, dass es irgendwie im Krankenhaus endet und der Gegner eine linke Ratte ist, naja, bin wrgen des fight club immer noch nervös (:
Von:  FreeWolf
2020-12-13T10:18:57+00:00 13.12.2020 11:18
Das Kapitel war unglaublich gut, weil es einerseits den Plot weitergebracht hat, andererseits einige Fragen aufgeworfen und zum Teil beantwortet hat die ich mir bislang gestellt hatte. Boris und Yuriy sind meine Lieblingsbrüder, es ist so toll wie sie miteinander run. Auch mag ich Boryas und Palinas lockere Art, und wie die ganze Crew einfach da ist um Boris zu unterstützen. Und DER LETZTE SATZ
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
13.12.2020 13:48
Ich finde es ja sehr lustig, dass du und Jay so auf den letzten Satz abfahrt, der war so schnell formuliert und so viel mehr Arbeit hat der Kampf gemacht xD
Welche Fragen haben sich dir denn noch nicht beantwortet? Bzw. ich bin auch sehr daran interessiert, welche Fragen sich hier beantwortet haben :)
(Danke für diesen Kommentar am Morgen, das war ein schöner Start in den Tag.)
Antwort von:  FreeWolf
13.12.2020 19:39
Ich hab' einfach laut aufgelacht, weil das ein sehr herrlicher Satz war und ich Boris' Integrität sehr schätze, nachdem in den letzten Kapiteln für mich z.B. die Frage aufgekommen ist, ob er vielleicht für illegale Kampfringe interessant / eine Option wären. Ich fand in diesem Kapitel auch sein Verhältnis zu Palina sehr schön dargestellt - wo ich mich vorher auch schon gefragt habe, wie ihr Verhältnis auf normaler Basis aussieht, auf der Party im letzten Kapitel haben sie ja sehr geflirtet. Ad hoc fällt mir gerade nicht so viel ein, aber ich freu mich mehr zu lesen :D
Von:  lady_j
2020-12-09T20:49:38+00:00 09.12.2020 21:49
DER LETZTE SATZ EINFACH XD
Und oida wo hast du die ganzen Vokabeln für den Fight her, das hast du doch nicht improvisiert. Respekt! Ich war sehr unterhalten, vor allem auch von Yuriys Reaktionen xD. Ach sooo und Palina kam ja in diesem Kapitel auch vor. Irgendwie passiert echt krass viel. Ich war sehr überrascht, dass sie auf Lai steht, aber fair enough, ich gönne es ihr. Hoffentlich sieht Lai das auch so. Und äh, Boris soll mal ja nicht in diesen Fight Club gehen!
Noch ein paar Zusatzlacher gab es dank der Enthaarungsszene, ich hab die ganze Zeit darauf gewartet, dass Kai in der Tür steht und schockiert fragt was da geht :D Aber auch ohne das war es sehr unterhaltsam. Aber die Oberschenkel mit Wachs? Boris ist echt hart D:
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
09.12.2020 23:17
Hart, härter, Boris!
XD
Die Vokabeln für den Fight hab ich nachgeschlagen und ein bisschen ausm Karate genommen. Und ich habe Referenzen von Moderatoren übernommen :)
Yuriy ist natürlich gefangen vom Kampf. ;) (Und ich hoffe, ihr habt die hommages an euch auch entdeckt?
Na, der thirst für lau ist auch auf eurem Mist gewachsen, ich glaub als die Idee entstanden ist, habt ihr gerade viel darüber diskutiert.
😋
Antwort von:  lady_j
10.12.2020 14:30
Hommages an uns? Nein?? Ich geh noch mal lesen xD
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
10.12.2020 19:06
na ein paar dumme Sprüche gehen auf eure Kappe ;)
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
10.12.2020 19:07
Und der Titel sowieso :D
Antwort von:  FreeWolf
13.12.2020 11:19
ANGST, POTTER!! Ich wusste du beziehst dich auf Omnidings
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
13.12.2020 13:46
äh, in welchem Kapitel von Omnidings kam das denn vor, weil... ich da noch einiges nachholen muss, bin erst bei Kapitel 2^^°
Antwort von:  lady_j
13.12.2020 17:42
9, glaube ich
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
13.12.2020 18:07
okay, so weit bin ich noch nicht^^
Aber sieh es gern als Verweis auf Omnidings an :DD
Wenn ich beim entsprechenden Kapitel bin, werde ich das anmerken :D
Von:  Mitternachtsblick
2020-12-09T18:09:03+00:00 09.12.2020 19:09
Omg Larka, das Warten hat sich gelohnt, das war ein wirklich herrliches Kapitel 😍 Au Mann, es hat so Spaß gemacht, das zu lesen - so witzig, ein bisschen süß (Boris mit Palina, ich wünsche mir übrigens eine hochdramatische Breakupszene, bitte danke) und sehr actionreich! Finde du hast das gut gelöst, den Kampf überwiegend über Jazzmans Kommentare zu beschreiben - das hat es kurzweiliger gemacht, als es sonst vielleicht gewesen wäre. Und Kudos an Boris, dass er am Ende nicht auf Michaels Angebot eingegangen ist!
Antwort von:  WeißeWölfinLarka
09.12.2020 20:35
Omg, du Gute du, du hast es ja verschlungen eh!
Ich weiß nicht, ob ich eine hochdramatsiche Breakupszene hinbekäme... ggf. klopfe ich bei dir dann mal an, ja? (Für Tipps und Kekse? XD)
Ich fand es auch besser, den Kampf über den Moderator zu schreiben, weil ich doch keine Ahnung von dem Sport hab und mir dann echt krampfig was abgebrochen hätte... Außerdem kann man gut einfach Boxkämpfe anschauen und sich von den Moderatoren was erzählen lassen, das ist viel besser. XD

Und natürlich geht er nicht auf Michaels Angebot ein. Mama hat ihn doch gewarnt für solchen bösen Männern. XD


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