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Das Volk unter DER BLUME

von

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Prolog

Dämmerlicht. Schatten.

Violetter Himmel, violette Wolken.

Schwarze, düstere Schlieren, und nur am fernen Horizont so etwas wie ein schummriger Lichtschimmer.

Seit Jahrhunderten schon.
 

In diesem Dämmerlicht leben sie.
 

Die kleine Siedlung steht am Fuße DER BLUME.

Es sind kleine, runde Hütten, beinahe halbkreisförmig angeordnet. Inmitten der hoch aufragenden Mose, die Schutz bieten und Nahrung zugleich.

Kleine Hütten, mit einem schmalen Zugang, der meist so niedrig ist, dass man beim Eintreten den Kopf einziehen muss. Ein oder zwei Fenster, schmale Öffnungen, durch die Luft eindringt, und Licht eindringen würde, wenn es Licht gäbe.

Aber Licht gibt es nicht.

Es gibt nur die ewig währende Dämmerung, in der sie leben.

Sie, das Volk unter DER BLUME.
 

Inmitten des Halbkreises befindet sich der Tempel.

Im Tempel lebt der Priester.

Er hütet die Zeichnungen.

Die Zeichnungen der Prophezeiung.

Die Prophezeiung ist alt, so alt, wie die endlos anhaltende Dämmerung. So alt, das niemand weiß, wie alt genau.

Von Generation zu Generation wird sie weitergegeben, der Priester lehrt sie seinen Novizen, mit Gesten und anhand der Zeichnung; und auch der Vater lehrt sie seinen Sohn, die Großmutter die Enkelin.

Jeder im Volk kennt die Prophezeiung.

Doch nur der Priester weiß den genauen Zeitpunkt zu berechnen.
 

Die Prophezeiung verspricht das Licht.

Das Licht wird kommen und ihre Welt aus der Dämmerung reißen. Wird die Welt durchfluten, alles überstrahlen.

Es wird Wärme mitbringen und Leben. Die Mose werden sprießen, die Menschen werden aufblühen, das Leben wird einen nie geahnten Höhepunkt erfahren.

Es wird Freude geben und Glück.

Jahrhundertelang wird es keine Dämmerung geben.
 

Das Licht wird alles ändern.

Es wird alles besser machen.

Es wird alles gut machen.

Daran glauben die Menschen.
 

Das Licht wird kommen und es wird bald kommen.

Und es wird ihnen soviel geben.

Doch ...

Sie müssen ihm auch etwas geben.

Um genau zu sein, jemanden. Den Auserwählten.

Den Einen, der sein Volk verlassen muss, um auf DIE BLUME zu steigen. Dem Licht entgegen.

Das Licht wird ihn erwählen. Es wird auf ihn fallen, und die Zeichnungen an seinem Oberkörper erglühen lassen.
 

Dieser Eine muss sie verlassen.

Er muss auf die Suche gehen, auf die Wanderschaft.

Auf die Suche nach jenem verschollenen Teil des Volkes, das vor Jahrhunderten die Siedlung hinter sich ließ, um fortzuziehen: auf DIE BLUME.

Das war, als das Licht herrschte, als es noch keine Dämmerung gab.
 

Sie zogen fort, um ein besseres Leben zu finden.

Sie zogen fort, in der Hoffnung, der Dämmerung zu entgehen, die damals die Prophezeiung ankündigte; sie zogen fort, dem Licht hinterher, um ihm näher zu sein.
 

Sie soll der Auserwählte finden. Beide Völker vereinen. Zu einem großen, starken Stamm.
 

Die Menschen warten, hoffen also seit Jahrhunderten auf das Licht.

Der Priester hat gesagt, dass es bald geschehen soll.

Diese Generation ist die selige Generation, der das Licht wiedergebracht werden soll.

Die Menschen schleichen durch die Dämmerung, Tag für Tag, und hoffen.

Lass es heute geschehen. Lass es morgen geschehen. Bitte.
 

Der Priester kennt den genauen Zeitpunkt. Er schweigt.

Er muss schweigen; auch das sagt die Prophezeiung. Erst, wenn das Licht unmittelbar bevorsteht, dann wird er sie alle zu sich rufen.

Dann werden sie gemeinsam diesen Moment erleben, wo das Licht kommt.
 

Das Ereignis ist nahe.

Es muss nahe sein.

Der Priester hat sich zurückgezogen, seit Tagen hallen Trommelklänge, ekstatischer Gesang durch den Tempel.

Die Klänge dringen nach draußen, die Menschen hören es.

Es kann nicht mehr lange dauern.

Sie sind nervös.

Sie hoffen, freuen sich unbändig

Vielleicht haben einige auch Angst.

Dann es wird Veränderungen bringen, und Veränderungen sind etwas, was in ihrem Volk über die Jahrhunderte keinen Platz hatte.

Immer die gleichen Abläufe, die gleichen Rituale.

Die gleichen Worte und die gleichen Taten.

Immer und immer wieder.

Und nun Veränderungen.

Natürlich macht das Angst.
 

Die Spannung unter den Menschen ist kaum noch erträglich.

Sie streiten, sie schweigen, sie zittern, sie hoffen und bangen.

Die Anspannung ist körperlich spürbar.
 

Fro streitet nicht. Fro zittert nicht.
 

Fro schweigt.



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