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Die Geister der Unterwelt

Wichtelgeschichte für Futuhiro
von

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Windende Dunkelheit

Eine weitere Betonkaverne. Es war ein einfacher Absatz, dahinter zwei abzweigende Gänge. Beide breit genug, als dass ein kleiner Wagen hätte hindurchfahren können. Die Münze jedoch hing wieder von ihrem Band hinab. Sie schlug nicht aus. In keine Richtung. Also hatte der Zauber sie nur ein weiteres Stück geführt. Langsam wurde es frustrierend.

Während sie einen Stück ihrer Konzentration darauf verwendete, den Lichtzauber aufrecht zu erhalten, holte Olga die Taschenuhr hervor. Sie hatten noch etwas mehr als achteinhalb Stunden. Hatten sie schon so viel Zeit verschwendet? Ach, verflucht. Sie wusste noch immer noch, was dass Rätsel meinte und die beiden Prüflinge schienen dahingehend nicht weiter zu sein.

Sie seufzte. „Wohin sollen wir?“

Vanya schaute auf die Münze, löste sie schließlich vom Band. „Ich weiß es nicht.“

„Vielleicht sollten wir es einfach ausprobieren“, meinte Vaska und schaute von einem Gang zum anderen. Ihre Stimme war etwas höher als normal. Wahrscheinlich gefiel ihr das ganze nicht.

Zugegebenermaßen: Die Atmosphäre ware irgendwie drückend. Die Luft war dicht und rich moderig. Sie war warm, feucht, seltsam still. So viel tiefer waren sie nicht. Eigentlich sollten sie noch etwas höheren von der Metro, oder? Gerade die Felsen sollten es doch tragen.

Doch das einzige Geräusch war ein seltsames, statisches Rauschen, das nur ab und an von einzelnen Tropfen, die irgendwo zu Boden fielen, unterbrochen wurde. Das Rauschen war vielleicht einfach ein Geräusch leichter Luftbewegung in den tiefen Gängen. Genau wusste sie es aber nicht.

Angespannt schaute sie zu den beiden. Zugegebenermaßen wäre sie lieber wieder die unsichere Treppe hinaufgestiegen, als weiterzugehen. Etwas sagte ihr, dass sie hier nicht sein sollten. Die Tatsache, dass Yefims Fell aufgestellt war, machte es nicht besser. Auch Kir hatte sich an Vaskas Beine gedrückt und war alles in allem nicht angetan von der Idee, sich länger als nötig hier aufzuhalten.

„Ich könnte Nika vorausschicken“, meinte Vanya.

Olga sah ihn an. Es war eine Möglichkeit. Er konnte durch die Augen des Familiars sehen und die Eule war schneller, als irgendetwas anderes. Allerdings war sie nicht sicher, ob hier unten etwas war, dass sie fressen konnte.

„Dann mach.“ Vaska klang weiterhin angespannt, trat nun einen Schritt näher zu Olga.

Vanya nickte und schloss seine Augen. Er streckte die Hand auf, selbst wenn Nika nicht sofort reagierte. Verschlafen blinzelte die Eule, ehe sie gewichtig mit dem Gefieder raschelte und seitwärts weiter auf Vanyas Arm watschelte. Sie streckte sich, was dafür sorgte, dass sie für einen Moment doppelt so groß und halb so breit wirkte, wie normal, ehe sie ihre Flügel ausbreitete und losflatterte. Wie von einer Eule zu erwarten, waren ihre Flügelschläge gänzlich leise.

Sie flog in den Gang zu ihrer linken hinein, während Vanya die Augen geschlossen hielt. Er zögerte. „Der Gang wirkt verlassen“, murmelte er. Seine Stimme klang seltsam hohl, fast wie in Trance. Es ist sehr Dunkel. Unnatürlich Dunkel. Irgendwas … Ich glaube etwas bewegt sich. Vielleicht sind es nur Schatten. Da ist eine Wand. Wir drehen um.“

Kurz darauf flatterte Nika wieder an ihnen vorbei, bog nun in den zweiten Gang ein. „Hier sind Türen in der Wand“, erklärte Vanya. „Eins, zwei, drei Stück. Jetzt nichts. Die Kabel an der Decke sind komplett durch. Irgendwoher kommt Wasser. Da ist irgendwas … Eine Öffnung. Hier geht es in einen größeren Gang. Hier sind Gleise. Ja. Und dahinten … ich glaube da ist noch etwas. Eine Gabelung.“

„Ruf Nika erst einmal zurück“, wies Olga ihn an. Wenn die Eule zuweit vorausflog, würde es ihnen auch nichts bringen.

„Okay.“ Vanya klang matt.

Es dauerte einige Sekunden, die sich in der Dunkelheit ewig anfühlten, ehe Nika wieder auf seinem Arm landete und zurück zu seiner Schulter ging. Dort drehte sie den Kopf und verfiel dann wieder in ihren dösenden Schlaf.

„Also nehmen wir den Gang?“, fragte Vaska und zeigte auf den, aus dem Nika gekommen war.

Vanya nickte. „Ja.“ Er presste die Lippen aufeinander. „Ich frage mich, wo wir hier sind.“

„Hattest du nicht eben noch von der Metro-2 oder so erzählt?“

„Ja, aber die sollte tiefer sein. Heißt es zumindest.“ Vanya runzelte die Stirn. „Ich meine, das mit dem Zugang passt ja irgendwie. Also zumindest habe ich gehört es gäbe einen bei der Universität und so. Aber es sollte tiefer sein und ich glaube nicht, dass die die Treppen hätten so verkommen lassen.“

„Na, vielleicht ist ihnen halt das Geld ausgegangen“, meinte Vaska und zuckte mit den Schultern.

„Ist es nicht. Und wie gesagt: Es hätte tiefer sein sollen. Das hier kann allerhöchstens ein Zugang sein oder so etwas.“

„Vielleicht haben sie auf den Gleisen ja Materialien transportiert“, meinte Olga. Sie hoffte, dass sie Recht damit hatte, auch wenn sich eine unschöne Idee in ihrem Kopf formte. Es wirkte wirklich verlassen. Was war, wenn irgendetwas hier gewesen war, das die Leute vertrieben hatte. Immerhin hatten Zauber und Münze sie hierher geführt und sie konnte sich allerlei magische Dinge denken, die so etwas verursachen konnten. Und da war das Rätsel. Eine „Göttliche Hand„.

Kurz presste sie die Lippen aufeinander. „Was glaubt ihr ist der Einlass, den ihr erringen sollt?“, fragte sie.

„Vielleicht ist irgendwo eine Tür, die bewacht wird?“, meinte Vanya. „Und dann müssen wir jemanden bekämpfen!“

„Du lässt es fast klingen, als wäre es was gutes“, murmelte Vaska.

„Es ist spannender, als hier durch die olle Dunkelheit zu wandern.“

„Das sagst du jetzt“, erwiderte Olga.

Vaska sah sich um. Ihr Blick wanderte angespannt über die Betonwände, als würde sie erwarten, das jedem Moment sich ein Monster aus einer davon lösen würde. „Außerdem: Heißt es nicht irgendwas mit einem Gott?“ Sie hielt inne. „Also ich meine, es heißt ja: 'Erringe den Einlass aus göttlicher Hand'.“

„Ja, und?“

„Nun, nicht, dass wir am Ende … Ich meine. Die können uns nicht mit einen Gott kämpfen lassen oder so?“

„Selbst wenn wird es sicher kein starker Gott sein!“

„Gott ist Gott.“ Vaska klang nervös. Ihre Finger spielten mit dem Verschluss ihrer Tasche. Es schien, als würden die Zeilen des Rätsels hier unten eine ganz andere Wirkung auf sie entfalten. Sie schluckte schwer. „Ich meine, wir sind darauf wirklich nicht vorbereitet.“

„Du vielleicht nicht.“

Olga legte eine Hand auf die Schulter ihres Bruders. „Komm, spiel dich nicht so auf.“

„Ich spiele mich nicht auf!“

Sie schenkte ihm nur einen langen Blick, ließ es aber unkommentiert. Stattdessen wandte sie sich der ersten Tür zu und versuchte sie zu öffnen.

Das Knarzen klang in der Stille hier unten ohrenbetäubend und ließ ihr die Haare zu Berge stehen. Dahinter jedoch fand sie etwas recht langweiliges: Eine alte Umkleide. Offenbar von Arbeitern. Hier hingen sogar noch Helme. Auch ein alter Werkzeugkasten fand sich in einer Ecke. Zu verrostet, um damit etwas anzufangen.

Die zweite Tür war ebenso unbeindruckend: Ein Lagerraum, in dem sich alte Säcke mit Beton fanden.

Ein wenig seltsam war das alles schon. Die Sachen waren doch besser auf den Schienen zu transportieren. Warum waren sie hier? Die Logistik verstand sie nicht ganz und mit so etwas hatte sie sich beschäftigt. Dennoch behielt sie den Gedanken für sich. Vielleicht hatten sie auch einfach einen anderen Zugang übersehen. Zudem war der Gang, wie sie bald sahen, nicht besonders lang. Und irgendwo musste man Dinge lagern, oder?

Der dritte Raum war leer.

Schließlich aber kamen sie zu der großen Kaverne, die Vanya dank Nika gesehen hatte, durch die gleich drei parallel laufende Schienen führten.

Das Licht des Zaubers reichte nicht weit genug, um zu sehen, wohin die Gleise führten. Es reichte gerade einmal zu den Wänden, die vielleicht zehn Meter auseinander waren.

Etwas rasselte in der Ferne, ließ sie zusammenzucken.

„Was war das?“, fragte Vaska. Sie hielt den Atem an.

„Vielleicht ein Zug?“, erwiderte Vanya.

„Vielleicht etwas anderes …“ Olga sah sich um. Sie schob die beiden zum Rand der Gleise nur für den Fall, dass ihr Bruder Recht behalten sollte, und schloss dann die Augen, um etwas mehr ihrer magischen Energie in den Zauber zu leiten.

Das Licht strahlte nun vielleicht zwanzig Meter weit, reichte jedoch gerade, um zumindest zwei Dinge erahnen zu können: Der Gang schien in einem leichten Winkel zu verlaufen. Links aus Sicht des Gangs, aus dem sie gekommen waren, ging es hinab, rechts leicht hinauf. Ein Stück entfernt aufwärts teilten sich die Gleise, würden wahrscheinlich in unterschiedliche Tunnel führen.

Wieder erklang das Rasseln und dieses mal Japste Yefim auf. Er drückte sich an Olgas Beine, das Fell und die Ohren abgestellt.

Auch Olga spürte es: Da ging eine seltsame Vibration durch den Boden. Anders, als in der U-Bahn. Es war, als würde sich der Tunnel selbst bewegen. Als würde er sich irgendwie winden. Nein, das war falsch, oder?

Sie hielt inne.

„Olga?“ Vaska griff nach ihrem Arm, hielt sich daran fest, als dieses Mal das Rasseln nicht wieder verstummte, wie zuvor.

„Wir sollten uns bewegen“, erwiderte sie. Denn etwas besseres fiel ihr nicht ein. Hier lag etwas Bedrohliches in der Luft. Etwas bedrohliches, dass ihr sagte, dass sie hier genau richtig waren.

Dann hörte sie etwas das von weiter tunnelaufwärts kam. Sie sah dorthin, versuchte etwas zu erkennen, doch die Dunkelheit abseits des Lichtkegels schien undurchdringbar. Aber etwas bewegte sich. Etwas atmete. Etwas … zischte!

„Schlange“, flüsterte Vanya mit einer seltsamen Faszination in seiner Stimme. „Da ist eine Schlange.“

„Schlage?“ Vaska klang nun deutlich eingeschüchtert.

„Ja.“

Das war ein gutes Argument zu laufen.

Olga drückte gegen seine Schulter. „Wir sollten hier weg“, flüsterte sie.

„Was ist wenn die Schlange …“, begann er, kam jedoch nicht weiter. Denn nun erschien der sicher eineinhalb Meter breite Kopf einer riesigen, weißen Schlange im Lichtkegel ihres Zaubers.

Vaska wartete nicht länger. Sie lief.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von: Futuhiro
2021-03-20T19:33:27+00:00 20.03.2021 20:33
Ein rasselnde Schlange. Was die wohl gefressen haben mag!? XD


> Etwas bedrohliches, das ihr sagte, dass sie hier genau richtig waren.

--> "bedrohlich" und "genau richtig" ... ähm ... ja. ^^° Ich weiß nicht, ob ich das so empfunden hätte.


Die Grusel-Stimmung war an dieser Stelle sehr cool beschrieben.
Von:  Taroru
2021-02-03T18:01:05+00:00 03.02.2021 19:01
ähm.... schlange klingt nicht gut.... ich würde auch die beine in die hand nehmen und zu stehen das ich schnellst möglich land gewinne >.<



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