Zum Inhalt der Seite

Umwege einer Liebe

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schlaf gut, du Idiot

Samstag 21.04./ Sonntag, 22.04.
 

In Gedanken versunken, trabte Oikawa an einem Fluss entlang, der von Kirschblüten gesäumt war und erschrak sich so sehr, als sein Handy klingelte, dass er beinahe ins Straucheln geraten wäre. Wer rief denn jetzt an? Einen Augenblick lauschte er irritiert dem Klingelton, der durch die Kopfhörer direkt in seinem Ohr hallte, als er die Melodie erkannte. Es war Trying not to love you von Nickelback, den er für Iwaizumi ausgewählt hatte. Passender konnte ein Song kaum sein …

Kurz fummelte er am Kabel seines Kopfhörers herum und nahm den Anruf schnell entgegen, bevor sein bester Freund noch auflegte.

„Ja Iwa-chan?“, fragte er keuchend und konzentrierte sich weiter auf seine Atmung und das gleichmäßige Tempo.

„Lauf nach Hause, ich hab Essen mitgebracht!“, brummte sein Sandkastenkumpel am anderen Ende und im Hintergrund hörte er Hanamaki, der sich offenbar an den Küchenschränken zu schaffen machte.

„Oh, was denn?“

„Sushi von unserem Laden. Also beeil dich!“

„Okay, ich brauch etwa eine viertel Stunde. Bis gleich, Iwa-chan!“

Ein kurzes Brummen, dann legte der Braunhaarige auf und ein Lächeln bildete sich auf Oikawas Gesicht. Er hatte ihnen Essen mitgebracht nach seinem Date? In zwei Jahren hatte er das bisher fünf Mal getan, während Makki, Mattsun und er das schon unzählige Male getan hatten. Doch Iwaizumi machte sich nicht so viel aus solchen Gesten wie er, weshalb er es immer besonders genoss, wenn er sich zu so etwas hinreißen ließ.

Glücklich summend, weil er für sich eine Entscheidung getroffen hatte - er musste den Klingelton für Iwa jetzt ändern! – und wegen des Essens joggte er zurück zur Wohnung, die er nach zwanzig Minuten erreicht hatte.

„Halloho!“

„Da bist du ja endlich! Und wieso warst du überhaupt joggen!?“, giftete ihn sein Sandkastenkumpel an, kaum, dass er die Tür geschlossen hatte.

„Hast du mich etwa vermisst, Iwalein? Ich hab doch nur eine kleine Runde gedreht, Mami!“

Sobald er ihn als Mami oder Mama bezeichnete, bekam Iwaizumis Aura immer so etwas unheimlich Beängstigendes, aber er konnte es sich einfach nicht verkneifen. Immerhin war er schon alt genug, um selbst zu entscheiden, was er tat oder nicht.

„Verdammter Oikawa! Wieso mache ich mir eigentlich Sorgen um dein Knie!? Verdammter Idiot! Sieh zu, dass du dich fertig machst, ich will Essen!“, keifte er genervt und stampfte ins Wohnzimmer, wo er auch die anderen beiden hören konnte.

In Ruhe trat er in das Bad und lächelte selig. Iwa machte sich Sorgen um ihn. Darum, dass ihm sein Knie schmerzen könnte. Das war schon wirklich süß von ihm! Er würde es schon schaffen, sich mit Kaori anzufreunden, damit es seinem besten Freund gut ging und sie alle zusammen eine tolle Zeit hatten.

Eine viertel Stunde später saß er neben ihm auf dem kleineren Sofa, weil Hanamaki und Matsukawa sich wie immer auf dem großen breit gemacht hatten. Die Drei unterhielten sich gerade darüber, dass Iwa Bokuto, Akaashi, Kuro und Tsukki in ihrem Stammlokal begegnet war.

„Ach, die haben also auch einen guten Geschmack, ja?“, meldete er sich zu Wort und angelte sich ein Sushi aus seiner Box.

„Sieht ganz so aus.“ Hanamaki lehnte sich nach hinten und legte die Arme auf das Rückenteil. Entspannt ließ er sich von Matsukawa füttern, der neben ihm saß und Oikawa nutzte die Chance, die sich ihm bot.

„Das machen wir auch, Iwa-chan!“, rief er fröhlich, griff in dessen Sushibox und hielt ein Stück Sushi vor seine Nase. Überrascht starrte ihn sein bester Freund einen Moment lang an und murmelte: „Das ist nicht dein Ernst, Shitty–“ Weiter kam er nicht, denn da hatte er schon das Essen im Mund.

Toru grinste ihn breit an und kicherte, als er auch weiter aß.

Die anderen beiden schauten sich das Schauspiel schweigend an und sie erwarteten – wie er selbst auch – einen Ausbruch des Aoba Johsai Asses, was er da tat und was das sollte, doch es kam … nichts. Stattdessen nur ein Augenrollen und ein genervtes Seufzen, dann aß er in Ruhe weiter, als wäre nichts geschehen.

Im Augenwinkel bemerkte der Violetthaarige, wie sich die Zwei einen verwirrten Blick zuwarfen und auch er selbst war irritiert über die Reaktion. Seit wann ließ er so etwas an sich abperlen? War das Date etwa doch besser verlaufen, als er gedacht hatte?

Obwohl Oikawa seine Entscheidung getroffen hatte und sie auch umsetzen wollte, spürte er, wie sich seine Laune bei dem Gedanken verschlechterte. Es würde dauern, bis er wirklich damit klarkam, aber er würde es schaffen. Ihm zu Liebe. Irgendwie würde er das schon hinbekommen, denn sein Glück stand für ihn an erster Stelle.

„Und? Was wollen wir noch schauen?“, durchbrach Hanamaki nach ein paar Sekunden der Verwirrung die Stille.

„Noch ein paar Folgen Akte X! Bitte bitte!“, rief der Setter ganz aufgeregt und leuchtenden Augen. Er liebte die Serie einfach und mit dem Thema Aliens konnte er sich tagelang aufhalten, ohne dass ihm langweilig wurde.

Die anderen stimmten zu und glücklich griff sich Oikawa die Fernbedienung und suchte eine Folge raus, die sie lange nicht mehr gesehen hatten. Mindestens zwei Mal hatte er bereits alle Folgen mit seinen Freunden geschaut in den letzten Jahren und vor ein paar Wochen hatten sich die Drei breit schlagen lassen, noch einmal von vorn anzufangen.

Makki nahm ein Kissen, das er auf Mattsuns Schoß legte und bettete seinen Kopf darauf. Entspannt legte dieser eine Hand auf die Haare und streichelte sie ein wenig.

Auch Iwa machte es sich auf dem Zweiersofa bequem, da es seitlich zum Fernseher stand und für einen Moment haderte er mit sich, ob er auch auf Kuschelkurs gehen sollte, aber er hatte schon mit dem Füttern sein Glück ausgereizt. Er sollte es nicht übertreiben, bevor Iwa doch noch ernsthaft genervt war.

„Assikawa, du sitzt im Weg“, brummte es hinter ihm und Oikawa lehnte sich zurück, damit er auf den Fernseher schauen konnte, aber bereits nach ein paar Minuten tat ihm von der Haltung der Nacken weh. Warum hatte er auch nicht das große Sofa erobert? Das war um einiges besser zum Fernsehen.

„Aber das ist unbequem, Iwa-chan!“, quengelte er und rieb sich den Nacken, um das noch zu verdeutlichen.

„Dann leg dich halt hin und nerv mich nicht! Sonst schauen wir etwas anderes!“

„Also gut! Du hast es so gewollt!“

Toru schob seine Unterlippe vor, packte das Dekokissen und pfefferte es dem überraschten Iwaizumi auf den Schoß und mit klopfendem Herzen legte er seinen Kopf darauf. Bereits ein paar Mal hatte er so schon mit Iwa auf dem Sofa gesessen bzw. gelegen, aber meist war Iwaizumi zu den Zeitpunkten angetrunken gewesen, sodass es ihm weniger ausgemacht hatte. Doch jetzt, wo er nüchtern und dabei war, sich eine Freundin zu angeln, fühlte es sich komisch an, auf diese Weise mit ihm vertraut zu sein. So gern er es auch hätte, dass Iwaizumi Gefühle für ihn entdeckte, wollte er seinem Glück auch nicht im Weg stehen. Aber wenn sein bester Freund ihn zu so etwas herausforderte, konnte er doch nicht kneifen!

Mit einem Griff zog er die Decke von der Rückenlehne und legte sie sich über die Beine. So konnte er den Abend durchaus genießen, auch wenn er es nicht sollte. Aber vielleicht … Ganz vielleicht konnte er Iwa ja doch von sich überzeugen, bevor er die Beziehung zu Kaori einging? Nein, er sollte sich diesen Illusionen nicht länger hingeben! Das würde alles nur noch schlimmer machen. Der Herzschmerz war doch jetzt schon schlimm genug.

Also konzentrierte er sich auf die Akte X Folgen, die sie schauten und stellte sich trotzdem vor, wie Iwa ihm auch durch die Haare strich und allein bei dem Gedanken stellten sich seine Nackenhaare auf. Warum nur hatte er sich in seinen besten Freund verliebt?
 

Er spürte an seinem Rücken und in seinen Kniekehlen Arme und sein Kopf lehnte doch an einer Schulter, oder? Aber wieso? Was war los? Warum fühlte er sich so verwirrt? Hatte er nicht bis eben noch mit seinen Freunden auf dem Sofa gelegen und Akte X geschaut?

Verwirrt, was los war, öffnete er einen Spalt breit die Augen und erschrak für den Bruchteil einer Sekunde. Iwaizumi trug ihn durch die Wohnung? War er etwa während des Fernsehens eingeschlafen? Warum ließ er ihn nicht auf dem Sofa schlafen?

Noch ehe das Ass bemerken konnte, dass er aufgewacht war, schloss Toru die Augen wieder ganz, denn es war das erste Mal, dass er von ihm so zu Bett getragen wurde und er wollte es genießen, so lieb behandelt zu werden, auch wenn es falsch war. Er sollte nur Kaori so tragen.

Leise murmelnd kämpfte Iwa kurz mit der Tür, ehe er sie aufbekam und Oikawa betete, dass seinem Kumpel nicht auffiel, wie schnell und laut sein Herz gerade pochte. Das würde unnötig Fragen aufwerfen, die er ihm nicht beantworten konnte, geschweige denn wollte. Wie es schien, sollte er Glück haben, denn Hajime war sehr konzentriert darauf zu achten, dass er nirgendwo gegen kam und legte ihn geradezu vorsichtig auf seinem Bett ab.

„Was ist nur los mit dir zurzeit? Manchmal benimmst du dich wie ein Mädchen, das ihre Tage hat. Selbst für deine Verhältnisse ist das schon komisch“, murmelte er vor sich hin und der Setter spürte, wie Iwa anfing, an seiner Jogginghose herumzufummeln. Wollte er ihm die etwa ausziehen!?

Wenn er jetzt nichts unternahm, würde er so knallrot anlaufen, dass Iwaizumi sofort schnallte, dass er eigentlich wach war! Also half nur eins, bevor er seine Scharade aufgeben musste: Unverständlich murmelnd drehte er sich einfach zur Seite, von seinem Kumpel weg und dieser ließ überrascht von ihm ab.

„Gut, dann penn halt in deinen Klamotten, wenn das gemütlich für dich ist“, brummte er leise und zog behutsam die Decke unter ihm hervor. Wie er es am liebsten hatte, deckte er ihn bis zum Hals zu und achtete darauf, dass seine Füße unter der Decke waren.

Einen Moment lang war es still in dem Raum und Oikawa atmete bewusst langsam ein und aus, obwohl er beinahe die Luft angehalten hätte vor Anspannung. Woran dachte sein bester Freund gerade? Warum blieb er einfach stehen? Warum musste er auch immer so fürsorglich sein? Wie sollte man sich da denn nicht verlieben? Wieso war er nicht schwul wie er selbst? Wie hatte es sich so entwickelt, dass er jetzt unglücklich in ihn verliebt war?

Offenbar war ihm ja aufgefallen, dass sich etwas verändert hatte, sonst hätte er nicht den Mädchen Kommentar abgelassen. Das war nicht gut, denn es bedeutete, dass seine Maske Risse bekam und er zu offensichtlich wurde. Nein, er musste sich zusammenreißen. Egal, wie verlockend es war, Mattsun und Makki nachzuahmen, durfte er sich nicht mehr darauf einlassen.

„Schlaf gut, du Idiot …“, nuschelte Iwaizumi in so einem komischen Ton und verließ das Zimmer leise und schloss fast lautlos die Tür. Auf dem Gang hörte er noch ein paar Schritte, bis eine weitere Tür geschlossen wurde.

„Verdammter Mist!“, zischte Oikawa in die Dunkelheit, darauf achtend, dass er nicht zu laut sprach und starrte die Decke an. Heute Abend war er zu weit gegangen. Das würde ihm nicht noch einmal passieren. Dann kullerten die Tränen über seine Wangen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück