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Ein ganz normaler Dienstagnachmittag

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Ein ganz normaler Dienstagnachmittag

"Wow, wer hätte je gedacht, dass es möglich ist, einen Vampir nur mit zwei Bleistiften und einer alten Kassette zur Strecke zu bringen?", sagte Sam erstaunt, während er und sein Bruder gerade dabei waren in den Impala zu steigen.

"Tja, und da soll noch jemand sagen, dass die Sachen aus unserer Kindheit heute keinen Nutzen mehr haben", erwiderte Dean und klopfte dabei stolz auf das Kassettendeck.

"Hat mich zwar eines meiner besseren Kassetten gekostet, aber das war es mir wert. Der Vampir war ein Scheißkerl und er hat es verdient, geköpft zu werden. Auch wenn es nach wie vor schade um das Band ist. Aber so fest, wie du das gezogen hast, lässt sich das unmöglich reparieren ...", sagte er und begann den Wagen zu starten.

"Tut mir leid, Dean", begann Sam sich bei seinem Bruder zu entschuldigen, doch dieser schüttelte nur den Kopf.

"Mach dir da keinen Kopf, Sammy", sagte er und legte den Rückwärtsgang ein.

"Es war zwar eine gute Mischung, aber nichts, was ich nicht wieder organisieren könnte. Immerhin kann man auch heute noch Lieder problemlos auf eine Kassette überspielen ... oder nicht?"

Sam hob sowohl Augenbrauen, wie auch die Schultern, was Dean nun seufzen ließ. Kaum hatte dieser den Wagen zurückgesetzt, wählte er nun den Vorwärtsgang und rollte den Wagen langsam den Parkplatz hinab zur Straße.

"Wie auch immer, an einen Ersatz werde ich schon rankommen, Ebay wird da bestimmt was haben", sagte er, blickte zu beiden Seiten mehrfach hinaus und fuhr auf die gegenüberliegende Spur. Wie immer blickten sie nicht zurück, Hauptsache nur aus der Stadt heraus.

Jäger kamen niemals in die gleiche Stadt. Jäger gingen aus einer Stadt und hinterließen nichts als eine Spur aus Chaos, Blut und Frieden. Jäger kamen, erledigten ihren Job und gingen wieder. Die beiden Brüder wollten es nicht anders halten. Der Job war getan, die Jagd war vorbei, jetzt konnten sie zurück in den Bunker gehen.

Sam leckte sich über die Lippen, Dean blickte hin und wieder zu ihm herüber und auch ihm schien etwas auf der Zunge zu liegen. So ging es eine ganze Weile, Landschaften, kleine Ortschaften und Farmen zogen an ihnen vorbei, ohne den geringsten Eindruck zu hinterlassen, als Dean abermals seufzte.

"Nur damit du es weißt, du musst dir wirklich keinen Kopf machen. Und egal, wie sehr du es versuchst: Dieser verdammte iPod Halter kommt mir nicht noch einmal ins Auto", sagte er streng, den Blick nicht von der Straße abgewandt.

"Naja, Dean, es gibt mittlerweile ganz gute Alternativen, heute kann man auch sein Auto per Bluetooth verbinden ..."

Ein genervtes Grunzen von seiner rechten Seite ließ Sam kurzzeitig verstummen. Er brauchte ein paar Sekunden, bevor er schulterzuckenderweise von seinem Vorhaben abließ.

"Gut, war nur eine Idee", sagte er, blickte aus dem Fenster und verbiss sich jeden weiteren Kommentar. So saßen die beiden Brüder nebeneinander, Stunde für Stunde, bis die Nacht eingebrochen war und die Welt in ihre übliche Dunkelheit gehüllt hatte. Um die Nacht nicht wieder im Auto verbringen zu müssen, fuhren sie das nächstbeste Motel an und suchten sich das billigste Doppelbett-Zimmer, welches sie um diese Uhrzeit noch bekommen konnten.

 

~

 

"Hier, sieh mal", sagte Sam und deutete auf den Bildschirm seines Tablets. Dean warf einen Blick darauf, entschied sich jedoch dafür, dass seine Zahnhygiene bedeutend wichtiger war und widmete sich wieder dem Badezimmerspiegel. Zwar hatten sie bei der Art des Etablissements keinen Luxus erwartet, dennoch hatten sie mit mehr als nur einem dunkel beleuchteten Schlafzimmer und einem seltsamen Mix aus Bad- und Wohnzimmer gerechnet. Die kleine Küchenzeile, welche mehr schlecht als recht in einer Ecke des Bad/Wohnzimmers angebracht worden war, sah viel zu billig aus, als dass ihre Benutzung nicht gleich den nächsten Häuserbrand verursachen würde.

Dean spuckte seine Zahnpastareste aus.

"Und, was steht da jetzt genau?", begann er zu fragen, bevor er einen kräftigen Schluck aus seinem Becher nahm und gurgelte, als wollte er damit jemanden beeindrucken.

"Möglicherweise etwas, was für uns interessant sein könnte", begann Sam, stand auf und ging zu seinem Bruder hinüber, um ihn den Tablet-Bildschirm ein zweites Mal zu zeigen.

"Offenbar gab es in einer kleinen Stadt namens Tekonscha in Michigan einen merkwürdigen Zwischenfall, den sich die Polizei nicht so richtig erklären kann. Etwas weiter außerhalb der Stadt, auf einer ehemaligen Farm, ist ein 56-jähriger Mann in der vergangenen Nacht verstorben. Er soll wohl vor kurzem in die verlassene Farm eingezogen sein und ist wohl an einer Hirnblutung gestorben. Zumindest wird das hier als Todesursache erwähnt", begann Sam zu erzählen.

Dean musterte seinen Bruder, wusch für wenige Sekunden und rubbelte mit dem Handtuch über Gesicht und Hände.

"Ja, das mag alles sein, aber was ist bitte an einer Hirnblutung so merkwürdig? Oder willst du damit sagen, dass der Mann in deinen Augen zu jung dafür war?", fragte Dean verwirrt nach. Sam schüttelte den Kopf.

"Nein, das Merkwürdige an der Sache ist, dass er wohl von seiner Frau, die aufgrund ihrer Arbeit erst in der vergangenen Nacht auf die Farm kommen konnte, im gemeinsamen Schlafzimmer gefunden wurde. Mit blutigen Augen, beziehungsweise leeren Augenhöhlen und blutverschmiertem Gesicht. Sagt dir das etwas, Dean?"

Dean, welcher bis eben noch einen belustigten Ausdruck auf seinem Gesicht an, sah nun ernst in den Spiegel vor sich, bevor er sich schnell von ihm abwandte.

"Ja, sicher doch, damals, die Bloody Mary Geschichte in Toledo. Als es diesen Vater und das Mädchen erwischt hat."

"Genau", fügte Sam hinzu. "Wir haben Mary damals in den Antiquitätenladen locken können, konnten ihren Spiegel und am Ende sie selbst vernichten. Du hast ihr den Spiegel hingehalten und sie hat sich für ihre eigenen Sünden selbst gerichtet."

Dean nickte, stolz auf seine eigene Leistung zur damaligen Zeit. Dass er dabei auch Angst um ihre beiden Leben gehabt hatte, besonders um das von Sam, behielt er lieber für sich. So wischte er sich mit der Hand über das frisch gewischte Gesicht, nahm Sam das Tablet ab und scrollte über den Artikel.

"Das ist wirklich merkwürdig", sagte Dean und überflog ein paar Zeilen.

"Soweit ich weiß, haben wir die Bloody Mary restlos vernichtet und seitdem gab es keine Vorkommnisse. DAS", sagte er und gab Sam sein Tablet zurück. "Das sollte eigentlich nicht möglich sein."

"Anscheinend schon", sagte Sam und schickte das Gerät in seiner Hand in den Standby-Modus.

"Was meinst du, sollen wir uns das mal ansehen?"

Dean kratzte sich am Hinterkopf. Dann warf er das Handtuch achtlos auf das Becken fallen und räusperte sich.

"Wenn’s ne Bloody Mary ist, gut. Wenn’s was anderes ist, auch gut. Aber erst mal will ich wissen, ob und was für eine Art von Job das ist", sagte er und ging an Sam vorbei.

"Sieht so aus, als würde dein warmes Milchbad für heute Abend ausfallen, Sammy."

Sam schüttelte amüsiert den Kopf, dabei warf er einen Blick auf die kleine Metallbadewanne hinter Dean, welche ihm eindeutig zu klein gewesen wäre.

"Du Spinner", sagte er mit einem Grinsen, dann folgte er seinem Bruder hinaus zum Auto und in den neuen Tag hinein.

 

~

 

"Guten Tag, Miss ... ähm ... Gartner, ich bin Agent Bangalter, das hier ist mein Partner, Agent De Homem Christo und wir hätten da ein paar Fragen an Sie", erläuterte Sam, während sie der Befragten ihre falschen FBI-Ausweise zeigten. Doch diese achtete nicht wirklich auf die Ausweise, stattdessen sah sie immer wieder auf ihre Finger. Nervös begann sie an diesen zu kratzen.

"Nun, Sie müssen wissen", begann sie und die beiden steckten ihre Ausweise wieder weg.

"Ich bin hier sowas wie die Ersatzmaklerin, aber auch nach dem Kauf zuständig für die Immobilien. Die Grundstücke und Gebäude gehen hier so schlecht weg, ja, ja, da will man die Kunden natürlich näher an sich heran binden, ich meine, eine gute Nachbarschaft ist doch immer ein guter Grund zu bleiben, nicht wahr? Besonders bei einem solchen Haus wie diesem hier", sagte sie und sah sich mit unheilvollem Blick um.

"So ein schönes Haus und dann doch verflucht."

In ihrer Stimme lag Bedauern.

"Gut ...", begann Sam das Gespräch in eine bestimmte Richtung zu lenken.

"Es heißt, die Frau des Verstorbenen hat die Leiche gefunden - und Sie danach gerufen? Warum?"

"Nun, das ist einfach, wie gesagt, es kommt mir einfach auf ein gutes Verhältnis zu Kunden und Nachbarn an, wissen Sie? Ach, dieses Haus ist so herrlich, aber es steht schon so lange leer. Als wäre es verflucht ... jedenfalls habe ich das irgendwann übernommen und die Franks haben das Haus dann schließlich gekauft. Nach fünf langen Jahren, seit ich die Maklertätigkeiten davor übernommen hatte! Sie glauben gar nicht, wie viele Interessenten bereits hier waren und sich danach nie wieder meldeten!"

Sie begann zu schnaufen, wischte sich ein paar Tränen mit einem Taschentuch weg, welches mehr Katzenstickereien aufwies als tatsächlichen Taschentuchstoff.

"Nun, es war ein ruhiger Abend, aber da ich ja wusste, dass Miranda, also Mrs. Frank, gestern Abend von ihrer Arbeit zu uns kommen würde, habe ich ihr bereits den Schlüssel überlassen. Wir haben auch viel telefoniert, ja, ja, das haben wir. Eine tolle Frau, das können sie mir glauben."

Ein zaghaftes Kichern, welches sie sofort im Keim erstickte. Dean warf ungeduldige Blicke in den Raum, doch Sam versuchte ihn seinerseits zur Geduld zu ermahnen. Auch wenn seine Augen dem älteren verrieten, dass Sam ebenfalls nicht mehr sehr viel an Geduldsspanne besaß.

"Nun, ich saß in meinem Fernsehsessel und ich habe den Franks immer gesagt: Wenn etwas ist, dann ruft mich an und ich komme zur Stelle. An diesem Abend hat mich Miranda angerufen, sie war so ... durcheinander, also musste ich natürlich sofort rüber und ... ach, die arme Miranda tut mir so leid. Und der arme David erst. Es sah ja so schrecklich aus, so schrecklich. Und dabei wirkte er doch immer so gesund! Ach, ach!"

Sie schlug die Hände auf ihre Wangen, sie hinterließen einen kleinen, roten Abdruck darauf.

Sam, der sich Notizen gemacht hatte, blickte erst zu Dean herüber, dann zu Miss Gartner zurück.

"Können Sie sich noch erinnern, was Sie an dem Abend gesehen haben? Wir haben natürlich den Polizeibericht gesehen, aber wir befragen die Zeugen dann doch lieber zur Sicherheit selbst", fügte er schnell hinzu, bevor die Frau etwas erwidern konnte. Doch das schien nicht in ihrer Absicht zu liegen.

"Furchtbar, sage ich Ihnen, furchtbar! Die Augen, also da, wo die Augen sein sollten, ganz blutig und so ... leer. Dieses Bild werde ich nie wieder vergessen. Und das ganze Gesicht voller Blut! Vom Wohnzimmer ganz zu schweigen. Den Teppich kann man vergessen, das bekommt man da im Leben nicht mehr raus. Seine Frau war natürlich auch voller Blut, offenbar war er mit dem Gesicht nach unten in seinem eigenen Blut gelegen und sie hat ihn erst mal umgedreht, um zu sehen, ob alles in Ordnung ist ... achja, da fällt mir ein, da gab es noch etwas. Das werde ich ebenfalls nicht vergessen."

Sie zog tief Luft ein, ihre Lippen bebten und ihre Hände zitterten. Das Kratzen an den Fingern verstärkte sich.

"Die Polizei hat dann später auch seine Augen gefunden. Sie lagen in der Küche, genauer gesagt in der Spüle, in einer kleinen Tasse mit Herzchen drauf. Ist das nicht ein schlechter Scherz? Nun ja, was halt von den Augen noch übrig war, sie wurden ihm offenbar erst eingedrückt und dann ausgerissen. Ach, dieser arme, arme Mann! Sowas verdient doch niemand", sagte sie jammernd und unterdrückte ein Schluchzen. Sams Stirn begann sich zu kräuseln.

"Moment, wie sagten sie, die Augen wurden gefunden?", sagte er und war ein wenig verwirrt. Dean teilte dies und sah nun abwechselnd seinen Bruder und die Frau an.

"Im Polizeireport stand allerdings nichts von den Augen, auch nicht in den Medien, sind Sie sicher darüber?"

Die Frau nickte, das Zittern hatte etwas nachgelassen, wenn auch nicht ganz.

"Nun, ja, natürlich bin ich mir sicher! Die Polizei hat die Augen gefunden und seine Frau konnte sie als die seinen identifizieren. Wenn sie mich nun entschuldigen ... ich brauche einen Augenblick für mich alleine", sagte sie, bevor sie sich umdrehte und überhastet das Gebäude verließ. Dean wartete noch, bis sie um die nächste Straßenkurve verschwunden war, dann schloss er die Türe und drehte sich zu Sam um.

"Ok, was läuft hier? Wir haben eine Bloody Mary, die ihrem Opfer die Augen erst zerquetscht und dann rausreißt, nur um sie dann in einer Herzchentasse zu verstecken. Komm schon, Sam, das kann doch unmöglich unser Ding sein, oder? Und im Polizeibericht stand wirklich nichts davon drin? Wofür halten die sich, die FBI?".

Fragend sah er seinen Bruder an, welcher bereits einen recht nervösen Eindruck machte.

"Sammy?" begann Dean zu fragen.

"Naja, um ehrlich zu sein, ich habe mir keinen Polizeibericht angesehen, da ich erst mal noch gucken wollte, um was für eine Art es sich hier handelt. Ich hab auch nicht so recht an die Bloody Mary geglaubt, und wollte mir erst mal ein Bild von der Sache machen. Es klingt wirklich nach einem kaltblütigen Mord, aber laut den Zeitungsartikeln gab es keine Spur von einem Einbruch. Vermutlich gingen sie deshalb von einer Hirnblutung aus. Warte mal, ich ... ich hole das schnell nach", sagte Sam, kramte sein Tablet hervor und begann, sich in die Akten der örtlichen Polizei zu hacken.

In der Zwischenzeit begab sich Dean in die Küche, machte sich einen Kaffee und belegte sich mehrere Brotscheiben mit Schinken. Diese auf einem Teller serviert, machte er sich wieder zurück ins Wohnzimmer, wo ihn Sam mit vorwurfsvollem Blick ansah.

"Alter, du willst doch das jetzt nicht ernsthaft essen, oder?", fragte er ihn fassungslos. Dean zuckte nur mit den Schultern.

"Die Frau ist gerade noch im Krankenhaus und wird seelisch notbetreut, die beste Freundin der Nachbarschaft ist auf dem Weg nach Hause ... Sammy, es wäre eine Schande, wenn der leckere Schinken deswegen verkümmern würde. Außerdem, wen juckt es?", sagte er, bevor er einen großen Bissen nahm. Sam schüttelte nur den Kopf, seufzte genervt und setzte seine Recherchen weiter fort. Erst nach einer Viertelstunde nahm er seine Augen vom Bildschirm ab.

"Wie immer hat die Polizei nicht alles veröffentlicht", sagte er tonlos.

"Hier steht, dass die Frau ihn tatsächlich am Abend gefunden hat; dass es keine Spuren eines Einbruchs gab und auch, dass die Augen in der besagten Tasse gefunden wurden. Jedenfalls, die Überreste der Augen. Die Frau hat ihren Mann gefunden, erst die Nachbarin zwei Querstraßen weiter angerufen und danach die Polizei. Diese vermutet nun, dass der Mann an einem schweren Hirnschlag litt, dabei hatte er wohl solche Schmerzen, dass er sich erst die Augen eingedruckt, dann ausgekratzt und sich dann anschließend ins Wohnzimmer geschleppt hat, wo er dann gestorben ist. Die einzige Auffälligkeit waren wohl seine Hirnströme, diese waren nicht sonderlich aktiv zum Zeitpunkt des Todes ... es wirkte wohl so, als wäre er spontan in eine Art Koma gefallen, bevor er gestorben ist. Dean, das klingt nicht normal, das klingt nach etwas, was in unsere Zuständigkeit fällt", sagte Sam, verstaute das Tablet und stand auf. Die Toaste mit Schinken ignorierend begann er die Haustüre zu untersuchen, anschließend sämtliche Spiegel des Raumes. Trotz seiner Größe besaß das Gebäude nur ein Geschoss und wenige, wenn auch große Räume, weshalb Sams Untersuchungen recht schnell ihr Ende fanden.

"Was meinst du, wie sollen wir jetzt vorgehen?", fragte er in Deans Richtung. Dieser verdrückte gerade deine letzten zwei Toaste, bevor er sich die Hände an der Hose abwischte und ebenfalls, wenn auch grob im Raum umsah.

"Hat sie nicht vorhin gesagt, dass es auch Gerüchte gab, dass es hier spuken soll?", fragte er und sah sich ebenfalls die Spiegel genauer an.

"Ja; die gab es", sagte Sam und kratzte sich am Hals.

"Angeblich wurde hier vor Jahren eine junge Frau umgebracht, auch eine Verletzung mit den Augen, aber genaueres weiß man nicht. Es wurde nicht wirklich aufgezeichnet und es ist auch rund 40 Jahre her, das wird hier keiner so schnell beantworten können. Zumindest konnte ich auf die Schnelle vorhin nichts finden. Außer, dass die meisten Menschen, die zu diesem Zeitpunkt hier gelebt haben, aus diversen Gründen vor Jahren in weiter entfernte Städte gezogen sind und danach die Stadt fast nur noch aus Zugezogenen besteht", sagte er und hob beschwichtigend die Arme.

"Also können wir uns die Befragung der Ortsansässigen vermutlich sparen", schlussfolgerte Dean und trat an einen besonders verschnörkelten Spiegel heran.

"Gut, dann wissen wir ja, was wir zu tun haben."

Sam sah ihn fragend an, bevor ihm Deans Absichten klar wurden.

"DEAN! Das kann doch nicht dein Ernst sein, oder?", sagte er und trat näher an seinen Bruder heran. Dieser hob beschwichtigend die Arme.

"Hey, was willst du sonst machen? Ja, ich will es sagen und ich werde es tun. Nimm doch einfach ... das da", sagte er und deutete auf den Schürhaken.

"Nimm doch den und wenn sie kommt, dann weißt du ja, was du zu tun hast", sagte Dean und drehte sich wieder zu dem Spiegel um. Frustriert fuhr sich Sam durch die Haare, nahm dann aber doch den Schürhaken und stellte sich neben Dean in Position.

Dean schluckte mehrere Male, befestigte seinen Stand vor dem Spiegel und blickte intensiv hinein, als würde sein Leben davon abhängen.

"Bloody Mary, Bloody Mary, Bloody Mary", zählte er schnell hintereinander auf und wartete darauf, dass etwas passierte. Doch nichts geschah. Verwirrt sahen sich die Brüder an, hatten sie etwas falsch gemacht?

Mit einem Mal begann das Licht zu flackern, die Raumtemperatur sank und im Spiegel regte sich etwas. Dean sah erneut in den Spiegel und sah das Ebenbild einer jungen Frau, welche ein wenig kleiner als er zu sein schien.

"Hallo, Mary?", begann er zu fragen, wurde jedoch von einem lauten, ohrenbetäubenden Schrei unterbrochen. Er konnte gerade noch seinen Bruder hören, wie er seinen Namen rief, dann wurde alles um ihn herum schwarz und stumm.

 

~

 

"Du da, wach auf! Wie lange willst du da eigentlich noch herumliegen? Komm, wir haben Arbeit zu tun"; sagte eine raue, wie auch vertraut klingende Stimme in der Nähe von Deans rechtem Ohr. Verwirrt öffnete dieser seine Augen und blickte in ein Gesicht, das er seit wenigen Jahren nicht mehr gesehen und auch am wenigsten zu sehen gerechnet hatte.

"Bo-Bobby!", stieß Dean aus und fuhr in die Höhe. Seine Hände fühlten einen weichen, gleichzeitig auch kratzigen Stoff unter sich. Ein Blick verriet ihm, dass es sich dabei um eine Decke handelte.

"Bobby - wie, bitte, ist das möglich? Ich dachte ... du wärst tot!"

Ungläubig rieb er sich die Augen und betrachtete Bobby ein weiteres Mal, von den Haarspitzen bis zu den Schuhen.

"Außerdem, wo ist deine Cap? Und warum trägst du so komische Sachen? Sind wir auf der Jagd?", fragte er und rieb sich die Stirn.

"Jagd? Was meinst du mit Jagd, Junge? Und was bitte soll eine Cap sein? Hast du gestern wieder zu tief ins Glas hineingesehen?", fragte Bobby, nun ebenfalls verwirrt. Er trat wenige Schritte zurück, gab Dean den Freiraum um sich vom Bett erheben zu können.

Ihn ohne seine vertraute Trucker-Cap zu sehen, war für Dean ein ziemlich ungewohnter Anblick. Doch auch der feine Anzug, die gepflegte Frisur und der mit doppelt so großem Aufwand gepflegte Bart, wie auch die teuer aussehenden Schuhe ließen Bobby wie einen komplett anderen Menschen aussehen. Lediglich der "Ich bin von Idioten umgeben-Blick" war Bobby auch in diesem Körper treu geblieben.

"Abgesehen davon, nein, ich lebe noch und wenn ich meinen Job nicht so verdammt gut machen würde, dann wäre ich längst tot. Und ich bin auch nicht anders gekleidet als sonst ... bis auf die Jacke, die ist neu. Seit wenn fällt dir denn sowas auf?", fragte er und schenkte zwei Gläser Whiskey ein. Dean nahm einen kräftigen Schluck, kaum dass ihm Bobby ein Gleis gereicht hatte; die bittere Flüssigkeit bahnte sich ihren Weg die Speiseröhre hinab; und doch konnte Dean nicht sagen, dass ihm der Geschmack unangenehm wäre.

"Langsam Junge, das soll dich nur mal wieder auf die Füße bringen, betrunken kann ich gar nichts mit dir anfangen. Denk daran, wir haben einen Job zu erledigen. Normal würde ich das ja mit Rufus machen, aber du kennst das ja mit ihm. 'Heute ist Sabbat, da kann ich nicht arbeiten' - Immer dieselbe Leier mit dem. Aber du bist mir auch ganz recht, nur an deinem Schlafverhalten solltest du noch arbeiten. So wirst du nie zu etwas werden. Ich habe gehört, du hast Talent, Junge, nutze es!", beschwerte sich Bobby immer lauter und grummelnder, die letzten Worte spuckte er gerade zu aus.

Konfus blickte Dean an sich herunter, alles, was er zu sehen bekam, war, dass er einen langen schwarzen Mantel, darunter eine schwarze Hose und eine weiße Bluse, wie auch schwarze Stoffhandschuhe trug. Er blickte zurück zum Bett, wo auf seinem Nachtkästchen ein schwarzer Fedora ruhte. Neben der Kopfbedeckung befand sich ein uraltes Telefon, wie auch ein ebenso antik wirkendes Buch im Neuzustand. Überhaupt hatte Dean den Eindruck, sich in einem Museum zu befinden. Einem Museum der 1960er Jahre.

"Wir ... wir sind Mafiosi!", sagte Dean aufgeregt, wofür er einen misstrauischen Blick von Bobby erntete.

"Natürlich sind wir das, das hat sich über Nacht nicht geändert. Hör zu: Der Don mag es gar nicht, wenn man in seinem Revier wildert und es dann so aussehen lässt, als könnte es jemand von uns gewesen sein. Abgesehen davon musst du wirklich noch eine Menge lernen. Wie oft denn noch, wir reden von uns nicht von der Mafia, wir sind eine Familie. Kapiert? Gut! Dann zieh deinen verdammten Hut an, es geht los!"

Hektisch griff Dean zu seinem Fedora und kaum hatte er ihn auf seinem Kopf platziert, begann Bobby ihn aus dem Haus und zu einem altertümlichen Wagen zu schieben. Gerade noch so konnte Dean einen genaueren Blick auf das Auto werfen, dabei kam er aus dem Staunen nicht heraus. Nach wenigen Sekunden, als er auf dem Beifahrersitz saß, brach es aus ihm heraus.

"Schön... schöner Wagen", sagte er und bewunderte die Innenseite. Zwar war es nichts im Vergleich zu seinem Baby, aber immer noch wunderschön in seinen Augen.

"Stimmt, den Wagen habe ich dir ja noch gar nicht gezeigt - hab ich erst letzte Woche bekommen, nachdem mir die dumme Sache da passiert ist ... egal, lass uns nicht darüber reden. Es ist eine Chevrolet Corvette C2 Sting Ray, mit den modernsten Ausstattungen. Sieh mal, es hat sogar ein funktionierendes Radio mit dabei. Natürlich konnte Rufus es mir so umbauen, dass ich nun auch den Polizeifunk empfange. Man muss immer einen Schritt voraus sein", erzählte Bobby verträumt und startete den Motor. Ein Geräusch, welches Dean wie Öl den Rücken runter und wieder hinauf floss.

"Jetzt sag doch mal, Bobby, um was für einen Job geht es hier genau?", fragte Dean misstrauisch, während er sich immer mehr an den Gedanken gewöhnte, mal wieder in der Zeit zurückgeflogen zu sein.

"Hat man dir nichts erzählt? Wie schade. Die Kommunikationswege sind auch nicht mehr das, was sie mal waren, trotz dieser neuartigen Telefonapparate. Wie dem auch sei, es geht um einen Mord, der vor kurzem stattgefunden hat. Zumindest stellt es die Polizei als Mord hin. Das Blöde ist, die junge Frau ist in einem unserer Reviere gestorben, hat aber keinen Kontakt zur Familie, stammt aus einem der anderen Viertel der Stadt, hat also nichts mit uns zu tun. Dennoch könnte die Polizei einen von uns verhaften, besonders, wenn die richtig geschmiert werden. Nun, das sollen wir nun heute verhindern ... holst du mir bitte was aus dem Fach da vorne? Danke!"

Während Dean an dem umständlichen Hebel herumdrückte, bis er das Fach vor sich öffnen konnte, fuhr Bobby in einer langsamen, aber dennoch angenehmen Geschwindigkeit durch die Straßen. Doch da er sich wie jeder andere an die Verkehrsregeln hielt und alle anderen in der gleichen Geschwindigkeit unterwegs waren, fielen sie zumindest in dieser Hinsicht nicht besonders auf. Er reichte ihm ein kleines Streichholzbriefchen, welches Bobby kommentarlos in der Jacke verschwinden ließ.

"Was ist denn genau passiert? Wurde ihr die Kehle durchgeschnitten? Hat sie Betonschuhe bekommen?", fing Dean an zu witzeln. Kurz darauf spürte er eine Hand auf seinem Hinterkopf, die seinen Hut mit einer leichten Wucht ins Gesicht schob.

"Stümper", sagte Bobby leicht genervt.

"Nein, der Frau wurden die Augen ausgestochen oder eingedrückt oder so. Auf jeden Fall hat sie jemand hinterher ausgekratzt und entsorgt. Die Polizei geht wie gesagt von einem Mord aus, aber ich weiß, dass es keiner aus unserer Familie sein kann. Niemand von uns macht sowas; aber sag das mal den zuständigen Polizisten! Dummerweise gehören die nicht zu denen, denen wir immer Gefälligkeiten erweisen, das sind ganz so gescheite, die es mit der Arbeit viel zu ernst nehmen, wenn du mich fragst."

Er unterbrach sich selbst, um einen Zeitungsjungen, welcher überhetzt auf die Straße lief, auszuweichen und fluchte ein klein wenig vor sich hin. Kaum hatte er sich beruhigt, fuhr er mit seiner Erzählung fort.

„Und wenn ich ganz ehrlich bin, denke ich nicht, dass das einfach nur ein einfacher Mord wie der bei einem Raub war. Nein, nein, hier hat jemand mit sehr viel Wut und Hass gearbeitet. Vermutlich war das arme Ding noch am Leben, als es ihr passiert ist. Grausam, wirklich grausam“, sagte er und verzog seine Lippe angewidert.

„Jedenfalls hat unser Don uns ausrichten lassen, dass er möchte, dass wir das so schnell wie möglich aufklären, bevor die Polizei noch auf dumme Gedanken bekommt und jemanden verhaftet. Es reicht schon, dass Sam ausgestiegen ist und Gabriel im Gefängnis sitzt, den müssen wir ja auch noch irgendwie wieder herausbekommen. So viel Ärger, der nicht sein muss“, sinnierte er und streichelte über das Lenkrad. Dean sah dagegen verblüfft aus dem Beifahrerfenster heraus. Schließlich kam ihm ein Gedanke, dem er auch zugleich nachgehen wollte.

„Sag mal, wie lautet eigentlich der Name unseres Dons nochmal … du weißt doch, ich hab’s nicht so mit Namen“, sagte er und versuchte, so locker wie möglich dabei zu klingen. Bobby sah ihn mehr als verwundert an, schüttelte anschließend den Kopf und verdrehte die Augen.

„Lass das unseren Boss ja nicht wissen, sonst wird er dir die vergessliche Nase langziehen“, sagte er und bog mit seinem Auto in eine Einfahrt hinein. Dort hielt er und stellte das Auto von ‚Drive‘ auf ‚Parking‘.

„Du solltest wirklich etwas mehr Interesse für die Familie zeigen, wenn du dir noch nicht mal Castiels Namen merken kannst. Dass mir diese Frage ja nicht noch einmal unterkommt, hörst du? Und nun steig aus, wir müssen das hier so schnell wie möglich erledigen“, sagte Bobby und ließ einen sprachlosen Dean zurück. Dieser schluckte mehrmals, starrte ungläubig und mit offenem Mund seinen Partner an, bevor er aus dem Wagen stieg und sich um einen normalen Gesichtsausdruck bemühte.

„Ausgerechnet Castiel ist der Don einer Mafia, wer hätte das gedacht. Und ich hätte auf Lucifer getippt“, sagte er leise vor sich hin. In wenigen Schritten hatte er Bobby eingeholt, welcher bereits den Tatort genauer unter die Lupe nahm.

„Und was genau sollen wir hier finden?“, fragte Dean und sah sich ebenfalls um. Mehrere Mülltonnen, eine davon mit Blut verschmiert wie auch den Boden, welcher ebenfalls noch Spuren von Blut aufwies. „Das ist ja fast schon wieder wie bei der Bloody Mary“, murmelte er gedankenverloren.

„Wie, hast du was gesagt?“, fragte Bobby, doch Dean schüttelte nur den Kopf. Stattdessen trat er zu seinem Partner herüber, welcher wie Dean keine weiteren Erkenntnisse von der Situation gewinnen konnte. Schließlich sah sich Bobby um. Kaum hatte er festgestellt, dass außer ihnen keine Menschenseele in der Nähe war, begann er, die Wände des umliegenden Gebäudes näher zu betrachten. Verwirrt beobachtete Dean ihn dabei, wie er auf einzelne Steine zu klopfen begann.

„Was genau machst du da?“, fragte Dean und näherte sich ihm. Bobby unterbrach seine Klopftätigkeit, biss sich auf die Unterlippe; man konnte ihm absehen, wie er in seinen Gedanken mehrere Optionen abwog. Schließlich sah er Dean direkt an.

„Eigentlich ist es ganz gut, dass du vorhin was von einer Jagd erwähnt hast, Junge“, sagte er und drehte sich zu Dean um.

„Aber ich wollte vorhin nicht genauer darauf eingehen und werde nachher sicherlich einem neugierigen Paar Ohren die Löffel langziehen müssen … wie du weißt, sind ja unsere Wohnungen verwanzt, seit der Sache mit deinem Bruder … wie dem auch sei, du weißt offenbar, was eine Jagd ist. Ich weiß zwar nicht, warum du das anhand meines Anzugs vermuten konntest, aber im Endeffekt ist es gut so. Dann muss ich dir wenigstens nicht so viel erklären. Ich gehe richtig in der Annahme, dass du auch ein Jäger bist?“, dabei sah er ihn fragend an.

Dean nickte.

„Ja, das hab ich von meinem Vater, er war auch Jäger. Es ist sozusagen in unserer Familie.“

Gerade wollte er noch hinzufügen, dass sein Bruder auch ein Jäger sei, doch das verbiss er sich lieber. Bobby schien auf Sam nicht sonderlich zu sprechen zu sein und er wegen diesem Thema das friedliche Klima zwischen ihnen beiden nicht grundlos gefährden.

„Das ist gut, das erleichtet mir die Arbeit wirklich sehr. Du musst wissen, dass mein Partner auch ein Jäger ist, deswegen machen wir solche Sachen immer zusammen, außer, es ist mal wieder zufällig Sabbat. Oder irgendein anderer Feiertag, wovon er sich die Hälfte mit Sicherheit ausgedacht hat. Keine Ahnung, hab's nicht so mit der Religion.“

Er drehte sich wieder zur Wand um und begann weiterhin, gegen Steine zu klopfen. Kaum hörte er das Geräusch, welches er offensichtlich zu hören erwartet hatte, klappte er sein Messer aus und stocherte um den Stein herum in die Mauer hinein. Dann nahm er den Stein heraus und blickte mit zusammengekniffenen Augen in die Öffnung hinein.

„Und du gehst davon aus, dass das hier eine Jägerangelegenheit ist?“

„Um ehrlich zu sein, es ist nur ein Verdacht, deswegen habe ich dich mitgenommen, für den Fall, dass es nicht so sein sollte, dass es wirklich nur ein normaler, wenn auch abartiger Mord gewesen ist. Ich habe sowas ähnliches schon mal erlebt, allerdings wurden damals dem Opfer die Hoden geklaut. Der arme Kerl hat geblutet wie ein Schwein, sowas von unappetitlich. Aber was soll man sagen, sein Geist hat es anscheinend so mitgenommen, dass er wiederum seinen Opfern das gleiche angetan hat. Erst, als wir seine Überreste verbrannt hatten, hat der arme Kerl endlich seine verdiente Ruhe gefunden. Wäre doch gut möglich, dass es hier das gleiche ist. Einer armen Seele werden die Augen geklaut, hier versteckt und dann sucht sich der Geist der Toten ein neues Opfer, mit dem sie dann das Gleiche machen kann. Rufus sah es als einen verzweifelten Akt der Rache, was mir widerfahren ist, soll auch ein anderer erleiden. So ganz daneben schien er ja nicht damit zu liegen … oh, sieh nur, was haben wir denn da?“, sagte er, zog einen Handschuh über und holte ein Glas hervor. Darin befand sich eine Flüssigkeit in einer ekelerregenden grünen Farbe, wie auch ein Augenpaar, welches alles andere als sanft behandelt worden war. In Deans Magengegend schien sich etwas zu regen.

„Ja, genauso haben wir damals die Hoden des Geistes gefunden, wenn auch nicht so schön konserviert, sondern … ach, lassen wir das“, sagte er, als ihm Deans blasse Gesichtsfarbe auffiel.

„Wir sollten den Job lieber erledigen, bevor der Geist noch ein weiteres Mal zuschlagen kann.“

Aus seiner Jacke holte er ein Päckchen mit weißem Inhalt heraus, welches Dean sofort als Salz erkannte. Mit angewidertem Blick verstaute Bobby alles bis auf das Päckchen in seinen Jackentaschen, dann öffnete er das Glas und holte die Augen heraus, welche er sofort auf den Boden ablegte.

„Glaub mir, die Hoden fühlten sich damals nicht angenehmer an“, dann streute er das Salz darauf. Aus seiner Jackeninnentasche holte er einen Flachmann hervor, begoss die Augen mit dem Inhalt und zündete ein Streichholz an. Die Augen begannen sofort zu brennen, ein gellender Schrei erfüllte den Huf, bevor sich dichter, dicker Rauch seinen Weg in den Himmel bahnte. Dean meinte, in dem Rauch eine schreiende Frau mit einem weitaufklaffenden Mund und leeren Augenhöhlen zu sehen, da hat sich der Rauch auch bereits in alle Winde verstreut. Bobby betrachtete sein kleines Feuer, da zog er einen weiteren Flachmann heraus und erstickte die kleinen Flammen mit Wasser. Anschließend sammelte er die Überreste in einer kleinen Papiertüte ein und verstaute sie mit dem Rest in seiner Jacke.

„Und was genau wirst du dem Don, also Castiel erzählen?“, sagte Dean neugierig und scharrte auf dem Boden. Bobby begann amüsiert zu schnauben.

„Nun, was wir hier gemacht haben. Wir haben die Überreste eines mordenden Geists verbrannt. Du bist wirklich fast noch ein Neuling, Kleiner. Castiel ist auch ein Jäger. Ich sage ihm einfach, was hier passiert ist und er wird das Ganze dann schon gegenüber der Polizei abdecken können. Offen gestanden bin ich froh, dass es ein Geist war und nicht ein Mensch, sowas können wir dann viel besser vertuschen oder anderen Leuten an den Hals hängen. Da fällt mir ein, Castiel braucht noch seine Rache für den Typen, der Gabriel angeschwärzt hat … wie dem auch sei.“

Er erhob sich und sah nun Dean tief in die Augen.

„Wird Zeit, dass wir wieder zur Trattoria zurückkehren, der Don ist schon ganz ungeduldig. Dean, du weißt, was du jetzt zu tun hast!“, sagte er; und wirkte dabei, als würde er Dean nun nicht mehr ansehen, sondern durch ihn hindurch. Verwirrt blickte Dean ihn an.

„Bobby, wovon sprichst du nun genau, ich verstehe nicht!“

„Oh doch, du hast mich verstanden“, sagte Bobby nun in einem ernsten Tonfall und verpasste Dean einen kräftigen Schubs. Dieser spürte, wie ihm die Beine wegfielen, er erwartete den festen Boden unter seinem Körper zu spüren, jeden Augenblick würde er auf den harten Beton aufschlagen. Er schloss seine Augen … doch nichts geschah. Mehrere Herzschläge abwartend, öffnete er seine Augen. Über ihn konnte er Sam erkennen, der Angstschweiß triefte ihm auf der Stirn und er konnte hören, wie dieser angestrengt seinen Namen rief. Er blickte zur Seite und stellte fest, dass Sam ihm die beiden Handgelenke zur Seite festhielt.

„Dean, oh mein Gott, Dean, du bist wieder wach!“, rief er und ließ die Handgelenke seines Bruders los. Stattdessen umarmte er ihn, als wäre Dean gerade von den Toten auferstanden.

„Was ist passiert?“, fragte Dean, nachdem die beiden sich wieder getrennt und sich erhoben hatten.

„Was soll ich sagen, erst bist du schreiend nach hinten umgekippt. Dann hast du die ganze Zeit was von Bobby und Cass gefaselt. Am Ende hast du angefangen, dir an den Augen zu kratzen und ich musste sie wirklich ziemlich stark festhalten, damit du dir nicht auch noch die Augen herauskratzt. War ganz schön viel Mühe … was hast du gesehen?“

Dean begann zu schmunzeln, auch wenn es nur ein Traum war, so hatte er es genossen, noch ein letztes Mal mit Bobby auf die Jagd gegangen zu sein. Er klopfte seinem Bruder auf die Schulter.

„Das erzähle ich dir gerne ein anderes Mal im Auto“, sagte er und begab sich erneut in die Küche, wo er auch sofort fündig wurde. Mit einem Salzpäckchen bewaffnet trat er aus der Küche heraus.

„Aber zuerst, zuerst müssen wir ein paar Überreste einer armen Frau finden und verbrennen, die hier vermutlich vor langer Zeit umgebracht wurde. Ich kann es dir jetzt noch nicht genau erklären, aber ihr rachsüchtiger Geist hat wohl Mister Frank hier auf dem Gewissen, in dem sie ihm das antat, was irgendein Mörder ihr damals angetan hat. Und sie wird es wieder tun, wenn wir sie nicht sofort aufhalten. Auf jeden Fall ist es keine zweite Bloody Mary, nur ein seltsamer Rachegeist“, erklärte er knapp und zog seinen Bruder durch die Eingangstüre hinaus.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  DragomirPrincess
2020-02-06T19:12:36+00:00 06.02.2020 20:12
Liebe Wichtelmama,
wie versprochen hier der Kommentar:

Die Geschichte war in sich super schlüssig und rund. Ich fand den Anschluss an die Geschehnisse der Serie sehr sehr gut und passend. Gerade der Einstieg mit der Kassette und den Stiften war witzig und hat mir gut gefallen.
In diesem Sinne kann ich direkt hier am Anfang auch betonen: Du hast die Charaktere wirklich sehr gut und „in character“ festgehalten. Ich hatte nie das Gefühl, dass da irgendetwas nicht passt und in meinen Augen hätte jeder dieser Dialoge so wirklich stattfinden könne. Auch die zahlreichen Querbezüge über z.B. den Ipod, aber auch die Bloody Mary und die FBI-Namen-Wahl etc. fand ich großartig!
Auch die Kombination von alltäglichen Dingen wie dem Zähneputzen mit dem Gespräch über die Jagd fand ich sehr passend und konnte es mir im filmischen Sinne beinahe wie ein Drehbuch vorstellen.
Dem Dialog mit der Zeugin fand ich ein wenig schwer zu folgen, aber es passte zu ihrem Charakter und der Art, wie sie dargestellt wurde.
Der Übergang von Gegenwart in die 60er war sehr glatt und auch hier möchte ich wieder betonen, dass es wirklich großartig zu der Serienvorlage passte, wenn ich an all die Folgen denke, in denen Dean mal wieder durch die Zeit fällt. Gerade die Auseinandersetzung mit den „Neuerungen“ dieser Zeit fand ich in Bobby gut zusammengefasst.
Auch der Bezug auf Rufus ist dir großartig gelungen!
Cas als Don konnte ich mir sehr gut vorstellen tatsächlich, sodass ich fast enttäuscht war, dass er nur in der wörtlichen Rede vorkam. Die Klischees, die Dean inhaltlich alle mitnimmt, fand ich sehr amüsant!
Es war tatsächlich ein bisschen so als würde ich einen Mafia-Schwarz-Weiß-Film schauen, als sie so durch die Straßen fahren.
Der Bezug der Gegenwart zu der Vergangenheit durch den Mordfall fand ich dabei sehr klar als rote Linie der Geschichte, die sehr gut gelungen ist. Den Übergang von ‚Wir sind Mafia‘ zu ‚Wir sind auch Jäger‘ hingegen war ein wenig holprig für mich, wurde dem Charakter von einem ‚Traum‘ aber durchaus gerecht. Mir hätte es ein wenig besser gefallen, wenn die Mafia-Szene eine ‚reine‘ Mafia-Szene geblieben wäre.
Als Dean zurück in der Gegenwart aufwachte, war ich überrascht, dass er sich dann sofort aufmacht die Knochen zu verbrennen, da ich dachte, die Augen müssten ja dann auch in der Realität dort sein und müssten zerstört werden, damit der Geist verschwindet? Vielleicht habe ich das aber auch einfach missverstanden und der Geist war gar nicht der erste Geist, sondern der des zweiten Opfers?
Es gab ein paar Schreibfehler und Wortdopplungen, über die ich aber eigentlich lachen konnte. Das hat aber den Lesefluss nicht eingeschränkt. Insofern sind das eher Schönheitsfehler als irgendetwas sonst.
Alles in allem handelt es sich bei deiner Geschichte also um eine absolut gut gelungene Case-Fic!
Vielen Dank dafür!
Antwort von:  KiraNear
06.02.2020 22:33
Und ich danke dir auch hier nochmal für deinen offen und ehrlichen Kommentar :-)
Hoffe, man sieht/liest sich mal wieder, irgendwann, im Rahmen einer anderen Wichtelaktion.


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