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I’m Still Standing

von

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Nothin' But A Good Time

 

Wieder in Spinners End angekommen, schrie er sich den Rest an Seele, den er noch im Leib trug, hinaus. Er schrie so laut, dass ihm die Lunge in der Brust schmerzte. Wutentbrannt riss er einen seiner Kessel um und trat nach einem fein säuberlich Gestapelten Haufen Tagespropheten. Wie Wasser, ergossen sich die verschiedenen Seiten der mehr oder weniger aktuellen Ausgaben, über den Boden. Im Laufe der letzten Wochen und Monaten hatten sich die Titelseiten nur so an drastischen Warnungen überschlagen. Achtlos trat er drei Exemplare zur Seite, als er hinüber zur Tür schoss.
 

Montag, 11.02.1980

Inferi – Bleiben Sie Wachsam! Nicht bestätigte Sichtungen lassen vermuten, dass die Todesser jetzt möglicherweise Inferius einsetzen.
 

Freitag, 04.04.1980

Leiter der Abteilung für magische Strafverfolgung, Bartemius Crouch tappt im Dunkeln – Auroren können weitere Muggelangriffe nicht verhindern.
 

Mittwoch, 21.05.1980

Strafverfolgung greift durch – Ohne Verhandlung nach Askabahn – Mehr und mehr Verdächtige ohne Prozess in Haft genommen.
 


 

Draußen, auf den Stufen, lies er sich nieder. Den Zauberstab weiterhin krampfhaft in den Fingern haltend, schmachtete es in seinem tiefsten Inneren nur nach einem: Rache für diese Erniedrigung!
 

Wie Gift rauschte und pulsierte das Gefühl von Scham durch seine Adern und Venen. Druck und Beklommenheit hielten seine Brust in einer eisernen Umklammerung. Sein Atem kam in unruhigen, kräftigen Zügen durch seine Nasenlöcher.
 

„Noch ein weiteres, falsches Wort, ein weiterer gieriger Blick oder ein erhobener Zauberstab in ihre Richtung und der nächste Cruciatus-Fluch ist an dich adressiert.“
 

Das wäre nicht der erste und nicht der letzte Cruciatus Fluch gewesen, der an ihn adressiert war. Und außerdem: Als würde dieser Blutsverräter über ausreichende Fähigkeiten verfügen, um solch einen Fluch zu wirken.
 

Wie Paukenschläge, donnerten in einer Endlosschleife immer wieder die gleiche Abfolge von Gedanken in seinem Verstand wieder. Er hätte ihn vernichten sollen. Oder zumindest brechen.
 

Als Schande für die ganze Zaubererwelt würde sein Verlust nicht schwerwiegend sein. Reinblütig oder nicht… Ausschuss gab es immer.
 

Das allgegenwärtige Gefühl von blinder Wut erfüllte ihn nun gänzlich, hielt ihn gnadenlos umklammert. Blut rauschte in seinen Ohren, als er einen dürren Schemen entdeckte, der um die nächste Häuserecke trat.
 

Mager und mit ungesunden, kahlen Stellen im Fell, trat ein Hund in die Nähe seines Hauses, wohl verzweifelt auf der Suche nach etwas Essbaren. Schüchtern und unsicher inspizierte er den Unrat der umliegenden Nachbarschaft.
 

Sein schwarzes Fell und seine zottelige Mähne glänzten dumpf als ein grüner Blitz das Tier erfasste. Mit einem leisen Seufzten ging der Vierbeiner zu Boden und regte sich nicht mehr.
 

Für einen kurzen Moment besah Snape das reglose Tier mit Genugtuung und gab sich dem Funken Hoffnung hin, dass es der Animagus Black gewesen war. Die Befriedigung war jedoch nur von kurzer Dauer, da sich das Tier nicht mehr regte und auch seine ursprüngliche Gestalt beibehielt.
 

Zögerlich beleckte er seine Zähne und schmeckte dabei das holzig würzige Aroma des Schädelspalters, den er erst vor wenigen Momenten heruntergekippt hatte.
 

Sicherlich, der Alkohol hatte seinen Anteil daran, aber er hatte Schwierigkeiten sich zu beherrschen. Mit seiner Linken griff er sich an die Brust, tastete nach seinem rasenden Herzschlag und schmunzelte dann unvermittelt. Er hatte kein Bedürfnis danach sich zu beruhigen. Lieber wollte er jemanden die bittere Medizin zu schmecken geben, die er gerade von Potter und Black verabreicht bekommen hatte und die keine Ruhe geben würde, bevor er sie nicht mit anderen geteilt hätte.
 

Mit dem Tippen seines Zauberstabs verbarg er seine von Hass verzerrte Fratze hinter seinem „wahren“ Gesicht. Das Gesicht, dass ihm sein Meister vor vielen Monaten geschenkt hatte. Nur dessen Mimik sollte die Welt in von ihm zu sehen bekommen. Alles andere ging nur noch ihn selbst etwas an.
 


 

Wenig später apparierte er inmitten einer kleinen Wohnsiedlung. Die freistehenden Häuser ähnelte wie ein Ei dem anderen. Für Kreativität oder Selbstbestimmung war hier kein Platz. Die rotbraunen Ziegel der Dächer glänzten in der Sonne. Es hatte wohl kürzlich geregnet.
 

Mit großen Schritten trat er durch den Vorgarten, auf eines der Häuser zu und donnerte, als er die Haustüre erreichte, lautstark mit der Faust auf das Holz ein.
 

Davon aufgeschreckt, zog eine Frau, kaum größer als eineinhalb Meter, die Türe einen Spalt auf. Ihr blondes Haar, ihre zierliche Nase und ihre blauen Augen, die ängstlich zu Severus hinaufsahen, waren die einer durchweg schönen Frau.
 

Achtlos stieß er sein Hindernis zur Seite und betrat das Haus.
 

„Wo ist er?“, knurrte Severus wortkarg, während er sich prüfend umsah.
 

„Was? Wie?“
 

„Wo ist er, Lucinda?“, unterbrach der Todesser die verunsicherte Frau harsch.
 

„Jag mir doch nicht so einen Schreck ein Severus. Er ist im Wohnzimmer.“, erwiderte die ehemalige Quidditch-Kapitänin beleidigt und deutete den Flur hinauf.
 

Mit einem kurzen, verächtlichen Schnauben nahm er ihre Antwort zur Kenntnis und folgte ihrem ausgestreckten Finger.
 

Obwohl Mulciber dem Drängen seines Vaters erst kürzlich nachgegeben und eine Anstellung im Ministerium angenommen hatte, konnte sich Severus diesen Bären von einem Mann nur schwer auf einem Bürostuhl vorstellen.
 

„Snape?“, klang die Stimme des Hausherren mehr verwirrt als schockiert aus dem nächsten Zimmer. Gleich darauf stand er auch schon im Türrahmen und machte Anstalten ihm in dem engen Flur entgegen zu kommen. Als sie sich in der Mitte trafen, griff Severus beherzt nach dessen Arm und zwang ihn so, mit ihm zu disapperieren.
 

Wenige Herzschläge später erschienen sie taumelnd auf einer viel befahrenden Straße inmitten einer Einkaufspassage. Autos hupten ohrenbetäubend laut und vor allem nah und schafften es nur mit quietschenden Reifen den beiden Männern auszuweichen, die da wie aus dem Nichts im grellen Scheinwerferlicht aufgetaucht waren.
 

„Bist du jetzt total übergeschnappt!?“, schrie ihm Mulciber entgeistert entgegen und verhüllte sein Gesicht ebenso mit Hilfe seines Zauberstabs, hinter seiner Maske. Mit drei schnellen Schritten waren die beiden auf den Bürgersteig gesprungen, auf dem zu dieser fortgeschrittenen Uhrzeit nur noch wenige Personen unterwegs waren.
 

Ohne auf den laut zeternden Mulciber zu achten, richtete Severus mit einer raschen Bewegung den Zauberstab auf das nächstgelegene Gebäude und sprach mit bedrohlich ruhiger Stimme: „Confringo.“
 

Das Chaos, das kurz darauf losbrach, würde es sicherlich wieder in den Propheten schaffen, stellte Severus mit grimmiger Zufriedenheit fest. Die Schaufenster im Erdgeschoss und dem zweiten Stock barsten und gaben den Weg frei für das dahinter befindliche Inventar, Verkaufswaren, aber auch Mitarbeiter und Kunden. Ganze Teile der tragenden Wände und Fußböden bahnten sich explosionsartig einen Weg nach draußen und trieben dabei alles, was diesem Streben im Weg stand, vor sich her oder zerrissen es in kleine Stücke. Der Lärm war unbeschreiblich. Für einen kurzen Moment bestand Severus‘ Welt nur aus diesem, von Ihm motivierten Unheil. Wie in Zeitlupe beobachtete er mit kalter Genugtuung, dass keine betroffene Person unverletzt blieb und auch, dass bei weitem nicht alle Besucher des Ladenlokals es schafften den einstürzenden Trümmern zu entgehen.
 

Es waren diese wenigen Momente, die Severus wie in Zeitlupe wahrnahm, in denen sein Geist sich entspannt zurücklehnte, zum ersten Mal seit seinem unrühmlichen Abgang aus Lilys und Potters Heimstatt. Er wollte es sich nicht so recht eingestehen, aber das von Ihm heraufbeschworene Unheil war für seine geschundene Seele wie ein warmer, heilsamer Kokon, der ihn vor der Pein und der Ungerechtigkeit abschirmte, die seit dem auf ihn einschrie.
 

Mulciber, bis eben wütend auf seinen ältesten Schulfreund einredend, hielt mitten im Satz inne. Sein ganze Haltung spiegelte Erstaunen über den plötzlichen Wandel der Gesamtsituation. Dann stieß der Todesser etwas wie ein hysterisches, sich überschlagendes Jauchzen aus und hob seinerseits den Zauberstab. Zu solch einem Spaß lies er sich nicht zweimal bitten. Würde er seine Maske nicht tragen, würde Severus in den Augen seines Freundes dieses gierige Funkeln erkennen. Dieses kannte er schon aus ihrer gemeinsamen Zeit in Hogwarts. Immer wenn Severus ihm wieder einen neuen Fluch gezeigt hatte, blitzten Mulcibers Augen, als hätte er gerade einem Erstklässler all seine Schokofroschkarten verbrannt. Oder wenn sie wieder einem dieser Schlammblüter zugesetzt hatten.
 

Die Reaktion der Passanten war reines Entsetzen. Wie kopflose Hühner rannen sie schreiend in alle Richtungen davon, sprangen dabei über Trümmer, Verwundete und Tote gleichermaßen hinweg, nur das Heil ihrer eigenen Haut im Sinn. Einige wenige machten sich aber auch sofort und selbstlos daran, die unter dem Chaos begrabenen Personen zu befreien. Mulciber johlte und applaudierte. Wie ein kleines Kind sprang er vor Erregung von einem Bein auf das andere.
 

Die Wirkung von Severus Kokon lies spürbar nach. Der Schmerz der Erniedrigung und der Niederlage drangen immer lauter wieder zu ihm durch. Mit kalter, entschlossener Stimme befahl er ein kurzes „Expulso“ als er seinen Zauberstab erneut auf den verwüsteten Häuserblock richtete.
 

Den Knall, der die Explosion begleitete, übertönte die vielen Schreie der Muggel. Seinen Schulfreund schien dieser Akt von Gewalt noch immer nicht ausreichend. Die verängstigt fliehenden Menschen wurden von ihm, mithilfe verschiedener Schockzauber, hingestreckt.
 

Der schützende Kokon nahm Severus wieder in sich auf. Von hier drinnen wirkte die Welt so vollkommen in Ordnung, wie sie außerhalb aus den Fugen geriet. Blut überströmte Personen torkelten oder krochen wie betrunken vor einem Hintergrund brennender und qualmender Ruinen umher. Funken stoben aus zerrissenen Stromleitungen. Ihr Widerschein zog hundertfach gespiegelt über zerborstene Fensterscheiben und verbogene Metallteile. Irgendjemand stieß Severus im Vorbeirennen heftig gegen die Schulter. Severus taumelte. Der Schlag hatte ihn aus seiner tranceartigen Betrachtung gerissen. Als er sich gerade noch gefangen hatte, fuhr er wütend herum. Der Muggel, der ihn scheinbar einfach über den Haufen gerannt hatte, war selbst durch den Zusammenstoß ins Straucheln geraten, lief aber ohne sich umzusehen weiter. Wieder hob der Todesser seinen Stab. „Sectumsempra“. Wie eine Puppe, dessen Fäden man durchtrennt hatte, klappte die Gestalt mitten im Laufen zusammen und stürzte unsanft zu Boden. Dort krümmte und stöhnte sie, derweil der teuer aussehende Anzug schnell wachsende, dunkle Flecken aufwies. Schon bald ließ das Zucken nach und der Mann gab keinen Laut mehr von sich. Die größer werdende Lache unter dem nun ruhig daliegenden Körper ließ wenig Spielraum für Interpretation.
 

Eine Hand griff rau nach Severus Schulter. Wütend wirbelte er herum und hatte den nächsten Folterzauber schon auf den Lippen, als er die fein verzierte Maske von Mulciber am anderen Ende des Arms auf seiner Schulter erkannte.  Der große Mann war regelrecht euphorisch. „Mensch, Snape, du bist echt noch immer für Überraschungen gut. Schau, wie sie flitzen. Stupor!“ Mit kindlicher Begeisterung brachte er einen älteren, heftig aus einer Wunde am Kopf blutenden Mann zu Fall. „Ha, dieser nicht mehr.“ Er atmete schwer. „Aber du, ich glaube wir haben getan, was wir konnten. Lass uns jetzt hier abhauen“
 

In der ferne konnten sie leise Sirenengeheul hören, welches rasch näher kam. Wegen der Rettungs- oder auch Polizeikräfte machten sie sich keine Sorgen. Die würden ihr blaulicht-blaues Wunder erleben, sollten sie den Ort des Geschehens vor den Auroren erreichen. Aber die Regel war, dass letztere eben schneller waren. Severus nickte seinem Kameraden zu. „Recht hast du. Also los“ Sie packten sich beide bei der Schulter des anderen und disapperierten.

Als nur Augenblicke später drei Auroren auftauchten, war keine Spur vom Verbleib der Verursacher all der Zerstörung mehr zu finden.
 

Severus klopfte den Staub aus seinem Umhang. Am Ende, so ging es ihm durch den Kopf, würde Lily doch Recht behalten. „Du...Du bist ein Monster! Du hast sie einfach umgebracht!“. In Endlosschleife hallten Ihre Worte in seinem Kopf wider, wieder und wieder.
 


 

 



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