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Afterglow

von

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One objection closer


 

„Sometimes all you need is twenty seconds of insane courage,

just literally twenty seconds of embarrassing bravery.

And I promise you, something great will come of it.“

[Benjamin Mee „We bought a Zoo]
 


 

Datum: 02.05

Uhrzeit: 12:42 Uhr

Ort: Gerichtssaal 2
 

„Und mit Hilfe des Staubsaugers war es Ihnen möglich Roberton von Königsturm zu töten ohne dass Sie überhaupt anwesend sein mussten. Alles, was dazu von Nöten war, war diese kleine Spielente, die Sie zuvor auf dem Universitätsflohmarkt gewonnen hatten. Ist es nicht so, Herr Ubert Fluss?!“
 

Phoenix Stimme hallte laut und klar durch den Gerichtssaal, während er anklagend mit seinen Zeigefinger auf die Person im Zeugenstand zeigte. Dort stand ein Mann in mittleren Jahren, dessen Frisur so geleckt wie seine Persönlichkeit war und in den letzten Minuten damit angefangen hatte, an seiner Krawatte zu nagen.

Jetzt wo sein Geheimnis am Mord des Professors für Astrologie an der verfeindeten Universität herausgekommen war, verschluckte er seine neongrüne mit pinken Punkten Krawatte und ließ einen schrillen Schrei von sich, bevor er wütend immer wieder mit seiner Hand auf das Podest schlug.

„Verdammt sind diese verdammten Studenten und ihre dumme Ziege! Wären sie nicht gewesen, hätte ich alles haben können. Die Stelle als Direktor der erfolgreichsten Universität des Landes und den Tod des Mannes, der mir immer im Weg stand. Warum?! Warum kann ich niemals Glück im Leben haben?!“
 

Phoenix schüttelte ungläubig den Kopf. „Herr Fluss….diese 'dummen' Studenten. Wissen Sie, weshalb sie das Verbrechen mit dem Diebstahl der Ziege geplant haben?“ Herr Fluss schaute unter wutentbrannter Miene zu dem Anwalt hinüber. „Was außer einen idiotischen Streich könnten Sie schon im Kopf gehabt haben?“ Kurz schloss Phoenix die Augen und atmete tief ein. „Sie haben das Maskottchen der gegnerischen Universität gestohlen, damit Ihr eigenes gewinnt. Ohne die gegnerische Ziege, hätten sie den kommenden Maskottchen-Wettbewerb gewonnen – und somit wäre Ihre Universität und insbesondere Sie als Direktor ins Rampenlicht gerückt.“

Während Phoenix sprach, verrauchte die Wut von Fluss und machte Verständnis platz. Schlapp sank er den Zeugenstand hinunter und gab ein humorloses Lachen von sich, was in Phoenix Ohren wie ein leises Schluchzen klang.

„Was für idiotische Studenten ich doch nur habe, nicht? Hoffentlich kümmert sich der nächste Direktor mehr um Ihre naive Loyalität und Gutherzigkeit...“
 

Danach fiel der Gerichtssaal in ein kurzes Schweigen, was schlussendlich durch den Richter durchbrochen wurde. Laut hallte die Urteilsverkündung mit der Untermalung des Hammers wieder, bevor der Saal in buntes Konfetti getaucht wurde.
 

Datum: 02.05

Uhrzeit: 13:01 Uhr

Ort: Gerichtsflur
 

Aus Rücksicht standen Phoenix und Maya einige Meter abseits der vier Studenten, die sich heulend in den Armen lagen. Dabei war ihr Klient der Mittelpunkt des Knäules und die anderen drei wiederholten immer wieder, wie Leid es ihnen tat. Mit einem Seitenblick zu Maya, konnte er sehen, wie sie ebenfalls kurz vor den Tränen war. Ein warmes Lächeln stahl sich auf die Lippen des Anwaltes und er überlegte schon, ob er das Medium in Ausbildung zu ihren Lieblingsburgerladen einladen sollte. Bevor er jedoch seine Überlegung laut aussprechen konnte, nahm er zwei bekannte Gestalten am Ende des Flurs wahr. Sogar in einem Meer aus Menschen würde er den alten Mantel und den roten, teuren Anzug wiedererkennen. Maya schien ebenso die zwei Männer bemerkt zu haben und fing an wie wild mit ihrer Hand zu wedeln.

„Herr Edgeworth! Detektive Gumshoe! Heyo!“, schrie Maya quer durch den Flur, wobei sie sogar ihre Hände zu einem Trichter vor ihren Mund formte.

„Maya! Etwas leiser, wir sind hier nicht auf dem Spielplatz!“, tadelte Phoenix sie, worauf die junge Frau nur beleidigt die Wangen aufblähte. „Das letzte Mal AUF dem Spielplatz hast du mir das Brüllen auch verboten. Wo bitteschön darf ich denn dann brüllen?“ Phoenix wollte gerade dagegen argumentieren, warum ein normaler Mensch nicht wie eine brünstige Seekuh durch die Gegend brüllen sollte, egal an welchem Ort, als ein freudiger Gumshoe einen etwas irritiert aussehenden Edgeworth zu ihnen hinüber gezerrt hatte.
 

„Maya! Herr Phoenix! Was machen Sie denn hier?“, begrüßte Gumshoe sie fast genauso laut, wie Maya mit ihrem Gebrülle einige Sekunden zuvor. Während Phoenix sich ein sarkastisches Kommentar verkniff, dass er hier war, um zu arbeiten, schien die Falte zwischen Edgeworths Augenbraue sich in Zurückhaltung zu üben, um nicht die Lautstärke des Detektives zu kritisieren.

„Phoenix.“

„Edgeworth.“

Obwohl ihre Begrüßung kurz war, war sie dennoch nicht emotionslos. Phoenix hatte über die Jahre gelernt, die kleinen Nuancen von Affektion und Empathie aus Edgewoths Stimme herauszulesen. Weswegen er nicht anders konnte, als seinen Kindheitsfreund breit anzugrinsen.

„Wir haben gerade einen Fall gewonnen“, verkündete Maya euphorisch, worauf Edgeworth ein knappes „Glückwunsch“ von sich ließ, was unter den Lauten von Gumshoe unterging. Dennoch erweckte der stolze Tonfall und Blick von Edgeworth etwas in Phoenix Magen, was ihn rasch von dem Anderen wegschauen ließ. Verlegen kratzte er sich an dem Hinterkopf und winkte lasch ab.

„Hahaha, es war kein Problem. Ein einfacher Fall, nichts besonderes.“

„Oh, wirklich?“ Maya legte den Kopf leicht schief. „Und was war dann mit dem Moment gewesen, wo du um Zeit zu schinden, die Liebesbeziehung zwischen Herrn Taschlamp und Herrn Schussig aufgedeckt hast?“

„Ah, ich-“, wollte Phoenix sich verteidigen, aber Gumshoe kam ihm zuvor.

„Eine Liebesbeziehung?!“
 

Aufgeregt nickte Maya, aufgehenden in dem Klatsch, den sie in der nächsten Sekunde von sich lassen konnte. „Ja! Herr Taschlamp ist ein Wachmann an der gegnerischen Universität unseres Klienten gewesen und Herr Schussig einer ihrer Mitstudenten. Allem Anschein haben sie sich bei einer Aktion kennengelernt, wo sie schon einmal versucht haben, die Universität zu schädigen. Aber sie konnten es niemanden wegen der Verfeindung erzählen.“

Gumshoe schien den Klatsch und Tratsch mehr als begeistert aufzunehmen, da er an den richtigen Stellen den Atem anhielt und wieder herausließ. „Fast wie Romeo und Julia!“

Energisch nickte Maya. „Genau. Und Nick dachte zuerst, es wäre Herrn Taschlamp gewesen, der in unserer Klienten verliebt gewesen war und deswegen das Opfer aus Eifersucht umgebracht hatte, weil sie-“

„In Ordnung Maya, ich denke das reicht. Du kannst Gumshoe ein anderes Mal die komplizierte Beziehungen zwischen all den Beteiligten erzählen“, unterbrach Phoenix sie, da ihre Klienten und alle Beteiligte noch immer nur ein paar Meter von ihnen entfernt standen und eventuell ihr Gespräch mitanhören könnten. Und so sehr es Phoenix um den Menschen und die Wahrheit ging, die er mit Herzblut verteidigte, er hatte auch nichts gegen eine Bezahlung, um weiter Miete zu bezahlen.

Verärgert schnaubte Maya nur und gab ein „Zumindest habe ich nicht die Idee gehabt, die Ziege zu verhören.“ Edgeworth warf Phoenix einen amüsierten Blick zu.

„Wirklich Wright, abermals der alte Tier-Verhör-Trick?“

Der Ton von seinem Kindheitsfreund löste rollende Murmeln in sein Magen aus, weswegen er rasch in die Verteidigung ging. „Zumindest habe ich nicht wieder meine Klienten zum Heulen gebracht.“ Edgeworth zuckte nur mit den Schultern, womit das Thema beendet zu sein schien.
 

„Und? Werdet ihr euren Erfolg jetzt feiern gehen? Irgendwo Besonderes, was für bestimmte Sachen mehr als perfekt ist?“, fragte Gumshoe so unschuldig und komischerweise spezifisch, dass nicht nur Phoenix, sondern auch Edgeworth ihn verwirrt anschauten. Nur Maya schien nichts von der seltsamen Formulierung zu bemerken, da sie munter auf die Frage antwortete.

„Nick und ich werden vielleicht zu dem Lampenfest Anfang des nächsten Monates gehen.“

„Oh, das klingt nett“, pflichtete Gumshoe bei, während Phoenix gleichzeitig verdutzt fragte „Werden wir?“

Kumpelhaft stupste Maya ihn mit dem Ellbogen in die Seite, was sie mit zu viel Schwung tat, weswegen er ein leichten Schmerzenslaut von sich gab, was jedoch alle Beteiligten ignorierten. „Natürlich werden wir das! Und Gumshoe und Herr Edgeworth wollen sicherlich mitkommen, nicht?“

„Oh natürlich“ - „Nein.“

Stille.

Alle Augen ruhten auf Edgeworth, der sich verlegen räusperte. „Ich denke, mein Terminplan lässt es nicht zu.“ Gerade als Maya und Gumshoe beide zu protestieren beginnen wollten und Phoenix endlich erleichtert darüber war, dass seine Rippen nicht mehr schmerzten, mischte sich eine altbekannte Stimme in ihr Gespräch ein.

„Oh, das Lampenfest? Wenn Sie nichts dagegen haben, würde ich Sie gerne begleiten.“
 

Sofort veränderte sich Gumshoes Gesichtsfarbe in ein lebhaftes Pink und seine Stimme nahm einige Oktaven zu. „M-Maggey!“ Maggey Byrde stand wie aus dem Nichts neben ihnen und salutierte. Sofort verwickelte Maya sie in ein enthusiastisches Gespräch, welches Phoenix nutzte, um Bryde genauer zu mustern. Es schien als hätte sie erneut ihren Job verloren und war nun Wachfrau im Gerichtssaal. Leise fragte sich Phoenix, wie oft ein Mensch einen Job verlieren konnte, bevor ihn niemand mehr anstellen würde und ob er letztendlich wirklich das vom Unglück verfolgte Mädchen als Assistentin aufnehmen musste.

„Oh, ich könnte einen meiner Yukata tragen“, vernahm er den letzten Gesprächsfetzen der zwei Frauen, worauf Gumshoe noch roter anlief und das Wort Yukata fast schon hauchte. Phoenix konnte nichts anders, als den anderen Mann etwas zu piesacken. „Solche Feste sind perfekt, um einander näher zu kommen“, sagte er zu dem Detektiv. Worauf Gumshoe fast einer Herzattacke erlag.

„W-Was willst du damit sagen, Kumpel?“, verteidigte er sich. Gespielt unwissend zuckte Phoenix nur mit den Schultern.

„Ich sage nur, dass es ein guter Zeitpunkt ist, sich näher zu kommen. Das Licht, die Nacht, romantische Stimmung, für die andere Person ein paar Standspiele gewinnen, sich Essen teilen und am Ende den Flug der Lampen beobachten. Ist es nicht so?“

„I-Ich glaube, du hast zu viele romantische Dramen gesehen. Zumal ich und Maggey, wir, wir sind...wir sind, Freunde. Nichts weiter!“, stammelte Gumshoe und innerlich seufzte Phoenix. Nun zumindest hatte er es versucht.

Erst jetzt bemerkte er, dass Edgeworth ihr privates Gespräch verfolgt hatte und als sich ihre Blicke trafen, schaute der Staatsanwalt rasch weg. Gerade als Phoenix fragen wollte, was das sollte, kam ihm Edgeworth zuvor. „Nun, einige von uns müssen arbeiten. Ihr entschuldigt mich“, sagte er brüsk und kaum hatte er zu Ende gesprochen, marschierte er davon.
 

„Mist“, fluchte Maya und Phoenix warf ihr einen fragenden Blick zu. Doch auch dieses Rätsel blieb für den Moment ungelöst, da jemand seinen Namen rief und seine Aufmerksamkeit forderte. Es stellte sich heraus, dass ihre Klienten und ihre Freunde sich endlich ausgeweint hatten.

So ließen sie einen nervösen Gumshoe und eine fröhliche Maggey zurück, die das Lampenfest-“Date“ miteinander ausmachten und konzentrierten sich darauf, alle restlichen arbeitsbedingten Sachen zu besprechen.

Am Ende des Tages hatte Phoenix den Plan mit dem Lampenfest vollkommen vergessen.
 

Datum: ?

Uhrzeit: ?

Ort: ?
 

[Person A]: Plan A ist fehlgeschlagen. Zielpersonen haben sich unserem Zugang verweigert.
 

[Person B]: Sollen wir somit auf Plan B zurückgreifen oder Plan A erneut versuchen?
 

[Person A]:
 

[Person B]: ?
 

[Person A]: Ich denke, wir sollten zu Plan Mega-Dringend-Und-Überhaupt-Nicht-Übertrieben-XXL-Version zurückgreifen.
 

[Person B]: Plan Mega-Dringend-Und-Überhaupt-Nicht-Übertrieben-XXL-Version????!!! Aber ist das nicht zu drastisch in diesem Stadium?!
 

[Person A]: Ehrlich gesagt, glaube ich, es ist die einzige Möglichkeit, wie wir ihr Leid beenden können. Das Ganze geht jetzt schon ein paar Jahre zu viel.
 

[Person B]: ………
 

[Person B]: In Ordnung.
 

[Person B]: Es tut mir wirklich Leid, dass es zu Plan Mega-Dringend-Und-Überhaupt-Nicht-Übertrieben-XXL-Version kommen muss, aber ich kann keinen weiteren Tag einen melancholischen „Aus-dem-Fenster-schauen-Tee-dabei-trinken-und-zu-100%-an-ihn-denken“-Seufzer ertragen!
 

[Person A]: Wem sagst du das. Wenn ich auch nur noch eine Geschichte darüber hören muss, was ihn alles an den Anderen erinnert oder er mag und dann das „Hahaha-aber-wir-sind-nur-gute-Partner!“-Lachen höre, springe ich aus dem Fenster.
 

[Person B]: Also ziehen wir Plan Mega-Dringend-Und-Überhaupt-Nicht-Übertrieben-XXL-Version wirklich durch?
 

[Person A]: Aber sowas von!
 

[Person B]: fjgzh?++###adag
 

[Person A]: W-Was ist los?
 

[Person B]: ….
 

[Person B]: Ich habe gerade mein Hotdog fallen gelassen ;_;
 

[Person A]: Omg, neeeeeeeeeeeein! (<0o0<)
 


 

Datum: 04.06.

Uhrzeit: 19:34 Uhr

Ort: Lampenfest
 

Unruhig wechselte Phoenix von einem Bein auf das Andere. Dabei klapperten seine hölzernen Geta, was jedoch in der lauten Geräuschkulisse um ihn herum unterging. Zwei lachende Kinder rannten an ihm vorbei, wobei ihm beinahe der Luftballon eines der Kinder, ins Gesicht geschlagen wäre. Innerlich konnte er schon Mayas Stimme hören, wie sie nach einem dieser monströsen Dinger betteln würde. Dafür müsste sie aber erst einmal auftauchen. Mit einem Blick zur Standuhr, die einige Meter entfernt stand, konnte er feststellen, dass Maya schon zwanzig Minuten zu spät war. Langsam aber sicher machte er sich Sorgen. Besonders da die Jüngere dazu tendierte in eine Schwierigkeit nach der anderen zu geraten – und er wollte sie wirklich nicht erneut verteidigen müssen. Ein Mensch konnte auch nur so oft in Mordverdacht geraten, bis ihm die Wachen schon eine extra Tasse reservierten.
 

Gerade als Phoenix nach weiteren zehn Minuten des Wartens entschied, dass es Zeit war, sich aktiv auf die Suche nach Maya zu begeben, erblickte er ein altbekanntes Gesicht. Überrascht starrte er den Bekannten an – und hörte damit auch nicht auf, als dieser vor ihm stand.

„Netter Yukata, Wright“, kommentierte Edgeworth sonderbar gefasst. Was Phoenix schließlich zurück ins Hier-und-Jetzt holte. Etwas verlegen kratzte er sich an dem Hinterkopf.

„Ah, hahaha, ja, Maya hat darauf bestanden, dass ich einen anziehe….“

„Hm“, erwiderte sein Gegenüber nur.

Stille.

„Was-“, fing Phoenix an, während Edgeworth zur selben Zeit „Wollen wir-“ sagte und sie beide innehielten.

Rasch gestikulierte Phoenix, dass Edgeworth sprechen sollte, worauf sich dieser räusperte und erneut seinen Satz anfing. Ihre gemeinsame Kommunikation war auch schon einmal flüssiger verlaufen. Doch dann waren meistens ein Gerichtsaal oder mehrere Leute zwischen ihnen. Tatsächlich konnte Phoenix sich nicht entsinnen, wann er und Edgeworth das letzte Mal mehr als fünf Minuten ohne lebensbedrohliche Situation alleine gewesen waren.
 

„Ich wollte sagen, dass wir uns gerne uns auf Fest begeben können“, erläuterte Edgeworth so sachlich, als würde er die Fakten eines Falls darlegen. Was in Phoenix nicht nur eine Frage aufkommen ließ.

„Wir?“, fragte er etwas dümmlich nach. „Ich meine, natürlich, aber -uhm, eigentlich warte ich noch auf Maya?“ Kaum hatte er die letzten Worte ausgesprochen, schaute ihn Edgeworth an als hätte er ihm versucht Quantenphysik zu erklären und das mehr als miserabel.

„Wright“, fing Edgeworth in dem Tonfall an, den er immer dann verwendete, wenn er ein äußerst lächerlichen Fakt im Gerichtssaal offen darlegte. „Ich vermute, du hast nicht auf dein Handy geschaut?“

„Mein Handy?“ Dadurch, dass er den Yukata trug, hatte er keinerlei große Wertgegenstände mitgenommen, lediglich einen kleinen Beutel mit Geld, um den endlosen Magen und unschlagbaren Spieltrieb von Maya an diversen Ständen zu stillen. „Das habe ich nicht dabei.“

Edgeworth seufzte nur leicht und holte sein eigenes hervor. Mit sachlicher Stimme las er allem Anschein eine Nachricht vor:

„Herr Edgeworth, es ist ein Notfall! Ich habe Nick versprochen mich mit ihm beim Lampenfest, um etwa 19 Uhr zu treffen! Aber jetzt musste ich dringend nach Hause wegen Medium-Zeug. Könnten Sie mit ihm hingehen, weil er unbedingt mal etwas unter Leute muss und sich auch schon wahnsinnig darauf gefreut hatte. Bitte!“
 

Erneute Stille breitete sich zwischen ihnen aus, bevor Phoenix genervt seufzte. „Bitte was?“

Allem Anschein schien Edgeworth seinen Unglaube an Mayas Natur als Zweifel der Wahrheit aufzufassen, da er ihm das Handydisplay hinhielt. Und tatsächlich war dort eine Nachricht von Maya zu sehen, wobei Phoenix es erstaunlich fand, dass Edgeworth die furchtbare Rechtschreibung und Abkürzungen von Maya in solch eine formale Nachricht umwandeln konnte.

Edgeworth zog das Handy wieder zurück und schaute ihn jetzt direkt an. „Wollen wir dann?“

Eigentlich wollte Phoenix dem anderen Mann mitteilen, dass es nicht er gewesen war, der unbedingt auf das Fest gewollt hatte. Wenn es nach ihm ginge, würde er jetzt eher die Füße auf den Tisch hochlegen, sich eine Pizza einverleiben und dabei einen Film schauen.

Doch irgendwas an Edgeworths Ausdruck und dem Gedanken alleine mit ihm zu sein, ließen ihn diese Wahrheit verschwiegen.

Stattdessen lächelte er nur und sagte: „Klar, von mir aus.“
 

Datum: 04.06.

Uhrzeit: 20:07 Uhr

Ort: Lampenfest
 

Zu sagen, dass eine sonderbare Anspannung zwischen ihnen lag, wäre untertrieben gewesen. Es war nicht so, dass sie keine Gesprächsthemen hätten oder schlecht darin waren, Konversationen zu pflegen. Doch irgendwas an der Situation schien eine seltsame Stimmung zwischen ihnen hervorzurufen. Womöglich war es aber auch nur Phoenix Kopf, der ihm einen Streich spielte. Höchstwahrscheinlich ausgelöst davon, dass er mehr als ein Pärchen auf dem Fest sah und Edgeworth sachte nach seinem Ellbogen griff, um ihn vor ein paar besonders wilden Kindern zu retten, ohne danach wieder loszulassen. Es war keinerlei Fantasie, die ihm unbekannt war, jedoch hatte er sie nur als das abgetan und nie damit gerechnet, eventuell mit ihr im echten Leben konfrontiert zu werden.
 

Während Phoenix tausend Tode starb, um sich nicht lächerlich zu machen und diesen friedlichen Abend in ein peinliches Etwas zu gestalten, schien Edgeworth die Ruhe selbst zu sein. Fast schon zu neutral wanderten seine Augen über die einzelnen Stände und nahmen das vielseitige Angebot auf. Dieses reichte von schmackhaften Essen und Trinken, bis hin zu kleinen Spielbuden, an denen man die unterschiedlichsten Preise gewinnen konnte. Gerade als Phoenix das Schweigen zwischen ihnen mit irgendeinem unsinnigen Kommentar brechen wollte, kam ihm der Andere zuvor.

„Es ist das erste Mal, dass ich auf solch einem Fest bin.“

Irgendwas in Phoenix verwunderter Mimik ließ Edgeworth die Lippen kräuseln und rasch fügte er an: „Ich hatte nie Zeit für solche Spielereien.“

Darauf schüttelte Phoenix nur leicht den Kopf und konnte sich ein warmes Lächeln nicht verkneifen, da es solch eine typische Verteidigung des Anderen war. Jedoch half es ihm dabei, dass er endlich seine Nerven beruhigen konnte.

„Wie du sehen kannst, sind hier mehr als nur ein Erwachsener unterwegs. Es ist also kaum eine „Spielerei“, sondern vielmehr eine schöne Freizeitbeschäftigung. Nicht, dass du sowas kennst, richtig, Edgeworth?“, neckte Phoenix ihn, worauf nur ein „Hmpf“ von sich gab.
 

Jedoch jetzt ermutigt und mehr in seinem Element, traute Phoenix sich dichter an Edgeworth heranzutreten und deutete auf einen Stand, wo man Goldfische fangen konnte.

„Aber wenn du noch nie auf einem Viertelfest gewesen warst, wie wäre es dann damit als Anfang? Jeder hat schon einmal einen Fish gefangen oder es zumindest versucht.“

Edgeworth warf ihm mit hochgezogener Augenbraue einen kritischen Blick zu. „Und was soll ich nach deiner Meinung mit einem Goldfisch?“

Phoenix grinste nur frech zurück. „Erst einmal musst du ihn überhaupt fangen.“

„Wright, du unterschätzt meine Fähigkeiten“, erwiderte Edgeworth arrogant.

„Oho? Und wo sind die Beweise deiner sogenannten Fisch-Fang-Fähigkeiten? Du weißt doch, alles was am Ende zählt, sind Beweise.“

Auf Phoenix kindische Provokation verdrehte der Staatsanwalt nur die Augen. Dennoch schüttelte er seine Ärmel aus und schritt auf den Stand zum Goldfische Fangen zu. „Fein. Ich werde dir Beweise liefern.“

Eigentlich hatte Phoenix den Anderen nur etwas aufziehen wollen. Aber ihn jetzt so ernst zu sehen, wärmte eine Ecke seines Herzens und er brachte es nicht über sich, ihn davon abzuhalten, den Stand um einige Fische zu erleichtern. Er hoffte Gumshoe war gerne ein baldiger Haustierbesitzer.
 

Bevor sie jedoch herausfinden konnten, ob Edgeworth das Talent besaß, Goldfische zu fangen, ertönte ein Schrei hinter ihnen. Sofort wandten sie sich um, nur um eine aufgeregte Menschenmasse zu sehen.

„Verbrecher!“, schrie eine schrillen Frauenstimme. Das heulen eines Kindes war zu hören. Dann: „Ich war es nicht, wirklich nicht!“, verteidigte sich eine tiefe Männerstimme.

Ohne ein weiteres Wort und nur mit einem Blick zwischen ihnen, sprinteten Phoenix und Edgeworth sofort zu dem Kern des Tumults.
 

Datum: 04.06.

Uhrzeit: 21:41 Uhr

Ort: Lampenfest
 

Unsicher musterte Phoenix, wie Edgeworth das Spielzeuggewehr hob und senkte, um zu testen, wie er es am besten halten sollte, um die Ziele zu treffen. Es war nicht so, als vertraute er dem Anderen nicht, so ein Spiel mit Bravur zu meistern, vielmehr war es der fokussierte und ernste Ausdruck des Staatsanwalt, der gemischte Gefühle in seinem Magen hervorrief. Er sollte wirklich nicht zu lange über solche Sachen nachdenken….

„Irgendwelche Einwände, Wright? Oder warum starrst du mich so an?“, fragte ihn plötzlich Edgeworth gelassen, was Phoenix ertappt kurz auflachen ließ. „Was?! Nein, nein, nein! Mach' ruhig! Alles gut bei mir.“

Edgeworth warf ihm einen Seitenblick zu, den er nicht deuten konnte, bis er sich mit einem „Hmph“ wieder der eigentlichen Aufgabe zuwandte.
 

Der Aufruhr hatte sich als eine Auseinandersetzung zwischen einer Mutter und einem fremden Mann herausgestellt. Die Mutter war felsenfest davon überzeugt gewesen, dass der Mann ihrer Tochter das Spielzeug geklaut hatte, welches sie zuvor an einem Lotteriestand gewonnen hatte. Da sie den fremden Mann dort ebenso erblickt hatte und sich darüber aufregen, dass er nur Nieten hatte, hatte sie also vermutet, dass dieser aus Neid das Kuscheltier in einem unachtsamen Moment entwendet hatte. Nach einigem Hin- und Her und der Einmischung von Phoenix und Edgeworth war schließlich die Wahrheit hinter das gesamte Missverständnis gekommen.
 

Die Tochter hatte von Anfang an ein anderes Kuscheltier gewollt und deswegen dem Mann heimlich untergejubelt, damit sie einen Aufstand proben konnte, um das zu bekommen, was sie ursprünglich haben wollte, aber ihre Mutter dagegen gewesen war. Da der Mann sich jedoch an das Mädchen erinnert hatte, hatte er lediglich ehrlich sein wollen und es zurückgeben wollen. Danach hatte Phoenix keine Ahnung, wie sie in diese Endsituation geraten waren, der Mann durfte das Kuscheltier behalten, während sie nun die glorreiche Aufgabe hatten, dass eigentlich gewünschte Stofftier zu gewinnen. Manchmal dachte Phoenix wirklich darüber nach, auf einen abgelegten Berg zu ziehen, damit er diesem Schwachsinn seines Lebens entkommen konnte.
 

Plötzlich erklang das Geräusch eines Art Schusses neben ihm. Ohne weitere Vorwarnung hatte Edgeworth das Spielzeuggewehr abgefeuert und mit einem lautem Klacken genau ins Schwarze getroffen. Die Blechente, die sich in einem ewigen Limbo befand, kippte um und nur ihre neun Geschwister blieben zurück. Edgeworth atmete tief ein, lud nach, zielte und schoss erneut. Abermals fand der Schuss sein Ziel. Phoenix konnte förmlich sehen, wie der Standbesitzer sich von dem Extrageld verabschiedete, welches er normalerweise von Leuten bekam, die der Ehrgeiz packte, aber weitaus weniger zielsicher waren.

Phoenix war froh, dass vor ein paar Jahren bei Edgeworths Fall niemand nachgefragt hatte, wie zielsicher der Staatsanwalt war. Denn mit dieser Treffsicherheit hätte es sicherlich zu einigen mehr Schwierigkeiten geführt. Trotzdem konnte Phoenix nicht anders, als diese zu bewundern.
 

„Nicht schlecht“, kommentierte er laut Edgewoths Schießwahn. Und dann, aus einem wahnwitzigen Impuls heraus, für den er sich sicherlich für die nächsten drei Jahre hassen würde, fügte er verschmitzt an: „Wenn ich es nicht besser wüsste, würde ich meinen du versuchst mich zu beeindrucken.“

Der Andere hielt im Schießen inne und innerlich wappnete Phoenix sich schon gegen die gehässige oder kalte Erwiderung. Zu seiner Verwunderung jedoch, verließen ganz andere Worte den Mund des Staatsanwalt.

„Wer sagt, dass ich das nicht tue?“ Obwohl seine Stimme bar von jeder Emotion war, gaben seine erröteten Ohren Edgeworths wahre Gefühlslage in der Sekunde auf.

Oh.

„Hahaha, was?! Das hört sich ja an, als wären wir auf einem Date, Edgeworth?!“, stieß Phoenix baff und mit viel zu hoher Stimme heraus.

Eine bekannte Stille folgte.

„Sind wir das nicht, Wright?“, war nur Edgewoths ruhige Antwort.

Ein weiterer Schuss folgte und eine weitere Ente fiel dem Talent von Edgewoth zum Opfer. Ebenso Phoenix, der gleichzeitig gestorben und wiedergeboren war.
 

Datum: 04.06.

Uhrzeit: 23:19 Uhr

Ort: Lampenfest
 

Die Lampen stiegen langsam gen Nachthimmel und Phoenix konnte nicht anders, als von dem Schauspiel eingenommen zu werden. Erst als er spürte wie eine warme Hand nach seiner griff, schaute er zu seinem Begleiter hinüber. Dieser jedoch starrte mit gequältem Blick geradeaus. Wenn Phoenix Edgeworth nicht so gut kennen würde und wüsste, dass dieser nur beschämt von seiner eigenen Geste war, würde er ihn fragen, ob alles in Ordnung wäre.
 

„Ah, ich bin echt froh, dass Maya so sehr darauf bestanden hat, dass wir auf dieses Fest gehen“, ließ Phoenix nachdenklich verlauten, um Edgeworth von dem Händchenhalten abzulenken.

„Hm“, machte dieser, bevor er gesprächiger fortfuhr: „Gumshoe war ebenso sehr verbissen darauf, dass ich den heutigen Abend frei habe. Er hatte all meine Termin und Arbeiten extra verlegt oder vorgezogen.“
 


 

Warte mal….
 

Phoenix und Edgewoth schauten sich entgeistert an.

„Nein, du glaubst doch nicht?“, hauchte Phoenix.

„Sie können nicht?“, stammelte Edgeworth.
 

Und über ihnen stieg auch das letzte Licht frei wie der Wind zum Himmel auf.
 

Datum: 05.06.

Uhrzeit: 15.22 Uhr

Ort: ???
 

[Person A]: Nick ist so gemein! Er hat mir heute einen ewigen Vortrag darüber gehalten, warum Menschen sich nicht in das Liebesleben von anderen Leuten einmischen sollen. So fies!
 

[Person B]: ...Herr Edgeworth hat mir mein Gehalt gekürzt, weil ich ja „statt Arbeiten, nur andere Flausen im Kopf hätte“ ;_;
 

[Person A]: Ich kriege einen Monat keine Hamburger mehr!!!! >____>
 

[Person B]: *seufz*
 

[Person A]: ...aber Nick sah so glücklich aus, wie seit Langen nicht mehr.
 

[Person B]: Herr Edgeworth hat auch gestrahlt wie sonst nie. Er hat sogar zwei Tassen Tee heute zum Frühstück getrunken, so fröhlich war er!
 

[Person A]: Dann war unser Plan ein voller Erfolg! Die Hunter of Love sind halt unschlagbar!
 

[Person B]: Hahaha, ja!
 

[Person A]: Dann können wir gleich unseren zweiten Fall anfangen!
 

[Person B]: Zweiter Fall?
 

[Person A]: Ja, du und Maggey!
 

[Person B]: WAAAAS? EINSPRUCH!!!!



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  KiraNear
2021-03-09T23:36:20+00:00 10.03.2021 00:36
Was soll ich sagen, die FF war sehr unterhaltsam und ich hatte beim Lesen sehr viel Spaß, besonders durch das Kopfkino hin und wieder. Aber sie war auch stellenweise richtig lustig. Alles in allem hat sie mir sehr gut gefallen, auch wenn es für Maya und Gumshoe am Ende nicht ganz so gut ausgegangen ist ;-)
Antwort von:  Rix
14.03.2021 18:04
Hehehe, dankeschön! Freut mich das du sie lustig fandest, denn dann hat sie genau das bewirkt, was sie sollte =D
Und keine Sorge, Phoenix und Edgeworth halten ihre Bestrafung für die Beiden eh nur ein paar Tage durch ;)


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