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Bodyguard

von

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Der nächste Morgen begann mit gewaltigen Kopfschmerzen. Ihr Schädel pochte und die junge Frau konnte sich noch nicht dazu durchringen die Augen zu öffnen. Noch hatte der Wecker immerhin nicht geklingelt und so lange dies nicht geschah, würde sie die Augen geschlossen lassen und sich so viel Ruhe vor dem nächsten Arbeitstag gönnen, wie sie kriegen konnte. Das waren Jodies erste Gedanken an diesem Tag, als sie langsam aber sicher ein wenig wacher wurde.

Schlagartig zurück im Hier und jetzt war sie allerdings, als sich eine Hand auf ihre Schulter legte und sie leicht schüttelte. „Aufwachen. Es wird langsam Zeit.“

Da sie ihr Appartement eigentlich allein bewohnte, sollte sie gerade weder eine Person direkt ansprechen, noch versuchen sie aufzuwecken, indem sie sie an der Schulter schüttelte.

Von jetzt auf gleich erschrocken und wach, riss sie die Augen auf und fuhr hoch.

Chris hatte sich über die Sofalehne gebeugt um sie zu wecken und nur den guten Reflexen der Schauspielerin war es zu verdanken, dass sie nicht mit den Köpfen zusammenstießen, als Jodie sich ruckartig aufsetzte.

„Hey, Vorsicht!“ Die grünen Augen ihres Gegenübers blitzten amüsiert auf. War sie eben rasch ein Stück zurückgewichen, um einen schmerzhaften Zusammenprall zu vermeiden, so lehnte die Blondine sich jetzt wieder bequemer auf die Sofalehne.

„Was...? Wo -“, begann die Agentin ein wenig neben der Spur, aber dann erkannte sie das Wohnzimmer wieder und wurde sich der Tatsache bewusst, dass sie aktuell nicht in ihrem Bett, sondern auf dem Sofa ihres Schützlings lag.

„Sag mir bitte nicht, dass ich hier gestern eingeschlafen bin.“, murrte Jodie verschlafen, ehe sie nach ihrer Brille griff, welche auf dem Wohnzimmertisch lag. „Wie spät ist es?“

„Scharf kombiniert, Sherlock.“, bestätigte Chris, bevor sie sich auf den Weg in die Küchenecke machte. „Du warst so betrunken, dass du nicht einmal gemerkt hast, wie ich dir ein Kissen unter den Kopf geschoben habe.“, ergänzte sie amüsiert. „Oh und es ist gleich 8 Uhr. In spätestens 45 Minuten müssen wir aus dem Haus.“

Die FBI Agentin massierte sich die Schläfen. Langsam konnte sie sich wieder daran erinnern, dass sie fast eine ganze Flasche Sherry allein getrunken hatte. Wie furchtbar peinlich es ihr war, dass sie irgendwann sturzbetrunken auf dem Sofa der anderen Blondine eingeschlafen sein musste!

Dann realisierte sie auch, dass sie gestern über den Alptraum aus ihrer Vergangenheit gesprochen hatten und das es ausgerechnet die Mutter der Schauspielerin war, die für all das verantwortlich war.

„Es tut mir leid, dass ich dir solche Umstände bereitet habe. Als ich gestern geschellt habe, war es eigentlich nicht meine Absicht, mir hier die Kante zu geben und dann als ungeplanter Übernachtungsgast zu bleiben.“, entschuldigte Jodie sich, ehe sie die Decke zurückschlug und vom Sofa aufstand. Ihr Kopf quittierte diese Aktion mit nur noch stärkeren Kopfschmerzen.

„Angesichts des Themas, über das wir gestern gesprochen haben, kann ich es dir nicht einmal verübeln.“, antwortete Chris ihr aus der Küchenecke.

Als die Agentin um das Sofa herumgelaufen war und sich schließlich zu der Wohnungsbesitzerin begeben hatte, zündete diese sich gerade eine Zigarette an.

Kurz musterte sie die geringfügig Ältere. Chris musste bereits vor einer Weile aufgestanden sein, hatte sie sich doch bereits umgezogen. Auch geschminkt war die Andere bereits und sogar die Zeit, ihre langen hellblonden Haare mit einem Lockenstab in Form zu bringen, hatte sie schon gefunden.

„Ich könnte es dir übrigens nach wie vor nicht verübeln, solltest du dich jetzt im nüchternen Zustand dazu entscheiden, den Job als mein derzeitiger Bodyguard doch einer anderen Person zu überlassen.“, fügte die Schauspielerin schließlich hinzu.

Zwar machte sich in der Magengegend der jungen Agentin wieder ein flaues Gefühl breit, als sie daran dachte, dass sie hier mit der Tochter einer Mörderin in der Küche stand, doch als sie Chris ansah, die aussah, als würde sie für das, was ihre Mutter damals getan hatte, am liebsten im Erdboden versinken, fühlte sie sich in ihrer Entscheidung nur noch einmal bestätigt.

Jodie bereute es, die Mutter der amerikanischen Schauspielerin nicht mehr zur Verantwortung ziehen zu können, doch dass die andere Blondine mit dem Trauma aus ihrer Kindheit rein gar nichts zu tun hatte, war ihr klar.

„Ich bleibe dabei, dass ich den Job behalte.“, stellte sie also gleich noch einmal entschieden klar. „Ich denke nach wie vor, dass du, im Gegensatz zu deiner Mutter, kein schlechter Mensch bist.“

Die Wohnungsbesitzerin nahm einen tiefen Zug an ihrer Zigarette und atmete den Rauch, welcher sich in einer größer werdenden Wolke in der Küche verteilte, langsam aus. Jodie fand, dass Chris nach wie vor einen recht unglücklichen Eindruck machte. Sie schien ihr gegenüber ein wirklich schlechtes Gewissen zu haben, auch wenn sie mit der ganzen Sache gar nichts zu tun hatte.

Erst einmal wedelte die FBI Agentin mit einer Hand den Rauch weg. Warum nur kannte sie so viele so starke Raucher?

Sie beschloss das Thema zu wechseln, da sie es nicht ertragen würde, noch einmal über den Mord an ihrem Vater und das Feuer zu sprechen. Ihre Kopfschmerzen hatten den Tag schon schlecht genug beginnen lassen.

„Hast du irgendwo eine Kopfschmerztablette?“, erkundigte sie sich bei der Wohnungsbesitzerin.

Angesprochene öffnete eine der Küchenschubladen und holte eine Packung Tabletten daraus hervor.

„Bedien dich. Und wenn du einen Kaffee möchtest : die Pads findest du neben der Kaffeemaschine und die Tassen im Schrank dort oben.“ Kurz nickte die Frau mit den hellblonden Haaren in Richtung eines Küchenschranks, dann lief sie zurück ins Wohnzimmer und begann einige Dinge zusammenzusammeln, die sie wohl mitnehmen wollte, wenn sie gleich das Haus verließen.

 

Als schließlich auch die Agentin sich für den Tag so weit zurecht gemacht hatte, wie es in einer fremden Wohnung eben möglich war, konnte es schließlich losgehen.

„Was willst du nun eigentlich wegen dem neuen Brief dieses Irren unternehmen?“, wollte Jodie von der amerikanischen Schauspielerin wissen.

„Naja, ich will mir gleich erstmal den Brief mit eigenen Augen ansehen und versuchen herauszufinden, ob der Mitarbeiter, dem der Brief aufgefallen ist, irgendetwas bemerkt hat.“

„Möchtest du nicht langsam mal die Polizei einschalten? Ich kann es dir wirklich nur wärmstens empfehlen.“, gab die FBI Agentin zu bedenken.

Die Ältere schnaubte abfällig. „Die helfen einem doch eh erst dann, wenn es zu spät ist.“

„Das würde ich jetzt nicht unbedingt behaupten. Es wäre wirklich nicht die schlechteste Idee, die Polizei langsam mal mit ins Boot zu holen.“

Die Blondine konnte jetzt schlecht erwähnen, dass sie berufsbedingt oftmals mit der Polizei zusammenarbeitete und daher wusste, dass die Beamten durchaus fähig waren, hielt ihr Schützling sie doch für eine Angestellte einer Sicherheitsfirma. Dennoch hoffte sie darauf, dass Chris vernünftig sein würde.

Die Wohnungsbesitzerin hatte währenddessen ihren Mantel angezogen und griff in der Diele nach ihrer Handtasche. „Ich will mir den Brief erst einmal selbst anschauen. Dann sehen wir weiter.“, entschied sie.

Gemeinsam verließen die beiden Frauen schließlich die Wohnung, liefen über den Laubengang, durch den Treppenflur und verließen das Haus schließlich.

„Bist du gestern mit dem Auto zu mir gefahren?“

Jodie nickte. „Ja, ich habe gleich dort drüben geparkt.“ Mit einer Hand deutete sie auf eine der Parktaschen, unweit vom Wohnhaus entfernt.

„Oh, dann hattest du wirklich Glück. Normalerweise ist es gar nicht so leicht, hier in der Gegend überhaupt einen Parkplatz zu finden.“

Bald schon hatten die beiden das Auto der Agentin erreicht. Da sie eh den gleichen Weg hatten, war es für beide nur logisch, gemeinsam zum Hauptgebäude des Filmteams zu fahren, auch wenn sie sich nicht abgesprochen hatten.

Die Besitzerin des Fahrzeugs machte einen Schritt vom Bürgersteig, ehe sie stehen blieb und damit begann in ihrer Handtasche nach dem Autoschlüssel zu suchen. Vermutlich befand dieser sich mal wieder irgendwo ganz unten in der Tasche...

Die andere Blondine folgte ihr, blieb jedoch mit der Spitze ihres Schuhs an einer Unebenheit im Bürgersteig hängen und stolperte der Agentin erschrocken entgegen. Diese sah das Unglück gerade noch kommen, reagierte schnell und griff nach ihrem Schützling. Auch die amerikanische Schauspielerin suchte reflexartig Halt, indem sie nach den Schultern der Anderen griff.

Zwar bewegte die Frau mit den hellblonden Haaren sich im Normalfall elegant und die Jüngere konnte sich nicht daran erinnern, sie in den vergangenen Wochen schon einmal stolpern gesehen zu haben, doch jedem passierte eben mal ein Missgeschick.

Der beinahe Unfall hatte gerade noch abgewendet werden können und für einen Moment lang starrten die beiden sich erschrocken an.

„Ist alles in Ordnung?“, wollte die junge Agentin wissen, ehe sie sich der Tatsache bewusst wurde, dass ihr Schützling durch den Sturz nach vorne nur noch wenige Millimeter von ihrem Gesicht entfernt war.

„Mir ist nichts passiert.“, erklärte ihr Gegenüber rasch. Langsam wich der Schrecken wieder aus ihrem Blick, doch als auch sie sich bewusst wurde, wie nahe sie sich gerade standen, zogen die blauen Augen der Jüngeren die Schauspielerin merkwürdigerweise in ihren Bann.

Der FBI Agentin erging es gerade ganz ähnlich. Während sie wie gebannt in die grünen Augen der anderen Blondine blickte, hörte sie ihre eigene Stimme scherzen :“Ich wusste gar nicht, dass einer Person wie dir, auch solch banale Missgeschicke passieren können.“

Chris schmunzelte. „Ach komm schon, ich bin eben auch nur ein Mensch.“

Die Agentin konnte den warmen Atem ihres Schützlings nun spüren, so nah waren sie sich, und als die Andere, die den Blickkontakt nach wie vor aufrecht erhielt, sich noch ein Stück weit zu ihr vorbeugte, tat die junge Frau es ihr gleich und schloss die Augen.

Doch anstatt dem Gefühl der Lippen der Schauspielerin auf ihren, spürte sie, wie die Ältere ihr lediglich den Zeigefinger leicht auf die Lippen legte.

Als Chris sich der Tatsache bewusst geworden war, was sie gerade im Begriff war zu tun, hatte sie sich zurück ins hier und jetzt geblinzelt. Nein, das war keine besonders gute Idee. Es war nicht nur die Überraschung darüber, dass ihr Bodyguard diese Annäherung zugelassen hätte, nein, viel mehr hatte ihr schlechtes Gewissen gegenüber der anderen Blondine sie zurückgehalten. Die FBI Agentin glaubte, dass Chris ein besserer Mensch wäre als ihre Mutter, sie selbst hatte die Andere in dem Glauben gelassen und das, obwohl sie nicht nur eine Kleinkriminelle war. Schlimm genug, dass sie ihr Vertrauen jetzt schon so missbrauchte, da hatte sie nicht das Recht, jetzt auch noch weiter zu gehen.

Jodie öffnete die Augen wieder und blinzelte ihrem Gegenüber ein wenig verwirrt entgegen. Die Schauspielerin warf ihr lediglich einen langen vielsagenden Blick zu, dann ging sie wieder auf Abstand, nahm der Jüngeren rasch etwas aus der Hand und lief auf die Fahrerseite des Autos zu.

„Hey! Was bitte war das denn gerade?!“, beschwerte die Agentin sich. „Und ist das mein Autoschlüssel da in deiner Hand?!“

Angesprochene schmunzelte lediglich. „Du hast gestern Abend so viel getrunken, da ist es immer noch besser, wenn ich fahre.“

Chris entriegelte das Fahrzeug und stieg schließlich ein. Jodie, die immer noch ein wenig durch den Wind war, nahm wohl oder übel auf dem Beifahrersitz platz.

Es war nicht nur die Tatsache, wie selbstverständlich hier gerade ihr eigenes Auto in Beschlag genommen wurde, nein viel mehr schockierte die Agentin die Erkenntnis, dass sie es zugelassen hatte, dass die Schauspielerin sie beinah geküsst hätte. Schlimmer noch, sie war beinahe schon so etwas wie enttäuscht, dass die Frau mit den hellblonden Haaren es sich im letzten Moment noch einmal anders überlegt hatte.

Diese Frau wurde vom FBI verdächtigt eine Kriminelle zu sein, die Mutter der amerikanischen Schauspielerin hatte ihren Vater auf dem Gewissen – da sollte sie eigentlich keine Sympathie für sie empfinden. Naja, ganz treffend war dieses Wort nun auch wieder nicht, musste sie sich spätestens jetzt doch erschrocken eingestehen, dass sie ausgerechnet für ihren Schützling mehr als nur Sympathie empfand.

Derweil hatte Chris den Wagen gestartet, parkte geschickt aus und lenkte den Wagen dann auf die Hauptstraße. Während der Fahrt zum Hauptgebäude des Filmteams, musste die FBI Agentin erneut feststellen, was für eine starke Raucherin die andere Blondine doch war, hatte sie während der Fahrt immerhin zwei Mal versucht sich eine Zigarette anzuzünden, was Jodie im letzten Moment noch zu verhindern gewusst hatte, indem sie ihr letztlich die Schachtel mit den Zigaretten abgenommen hatte. Was sie jedoch auch feststellte war, was für eine geschickt Autofahrerin die Schauspielerin doch war. Zwar war ihr Fahrstil wahrlich rasant, doch hielt sie sich gerade noch so an die Straßenverkehrsordnung, lenkte den Wagen routiniert durch die Stadt und parkte das Fahrzeug binnen aller kürzester Zeit in einer wirklich engen Parklücke, obwohl es nicht ihr eigenes Auto war und viele in so einem Fall eigentlich erst einmal ein wenig hätten umdenken müssen.

 

Etwa zwei Wochen waren seit diesem Tag vergangen. Die Szenen des Films, welche hier in Japan gedreht wurden, waren inzwischen fast schon abgeschlossen.

Neue Briefe von dem Stalker hatte es in der ganzen Zeit nicht mehr gegeben. Die Dreharbeiten liefen gut und die Agentin hatte sich inzwischen fast schon daran gewöhnt, derzeit den Bodyguard der amerikanischen Schauspielerin zu spielen. All zu viel zu tun gab es für sie jedoch nicht. Von diesem seltsamen Verfasser der Briefe fehlte auch weiterhin jede Spur und auch sonst wagten sich keine suspekten Personen in die Nähe des Drehs, weshalb sie viel Zeit mit den Mitarbeitern des Filmteams verbrachte und im Hintergrund die Schauspieler beobachtete.

Dadurch, dass sie gezwungenermaßen alles beobachtete, da ja sonst nichts ungewöhnliches passierte, hatte Jodie sich inzwischen irgendwie an das Filmset gewöhnt und dadurch, dass Chris und die anderen Schauspieler ihr ab und an ihre Texte gezeigt hatten, wusste sie ganz gut, wann was in welcher Szene passieren würde und was noch gedreht werden musste.

Doch obwohl es wirklich anstrengendere Jobs gab, als den Bodyguard in einem wirklich netten Filmteam zu mimen, in dem Gott sei Dank eh nichts passierte, war Jodie nicht wirklich zufrieden.

Nach wie vor war es ihre Aufgabe als eigentliche FBI Agentin die amerikanische Schauspielerin zu beschatten. Nach wie vor zeigte ihr Schützling jedoch keinerlei auffälliges Verhalten.

Dass die Andere sich ganz zu Beginn des Drehs, während der Feier am ersten Abend, so geschickt verkleidet hatte um sich aus dem Staub zu machen, ließ sich logisch damit erklären, dass sie eben früher gehen musste und dabei nicht riskieren wollte, dem Stalker auf dem Parkplatz über den Weg zu laufen.

Der silberhaarige Typ, welcher ihren Schützling an dem einen Abend besucht hatte, war zwar in der Tat sehr verdächtig, doch hatte sie gegen diesen Kerl rein gar nichts in der Hand. Chris hatte sich standhaft geweigert, ihr den Namen des Fremden zu verraten. Es ginge sie rein gar nichts an, mit wem sie da den Abend verbracht hatte und vermutlich würde sie den Silberhaarigen während ihres Japanaufenthaltes eh nicht mehr wiedersehen, hatte sie ihr sehr deutlich gemacht.

Jodie hatte schlecht weiter nachhaken können, wäre dann am Ende noch ihre Tarnung aufgeflogen. Die andere Blondine wiederum schien die Jüngere für irgendwie eifersüchtig auf den in schwarz gekleideten Fremden zu halten und hatte dementsprechend genervt reagiert.

So weit die junge Frau es beurteilen konnte, hatte ihr Schützling diesen Typen seit diesem Abend allerdings wirklich nicht mehr wiedergesehen.

Und die Tatsache, dass die Mutter der Anderen eine Brandstifterin und Mörderin war? Nun, dafür konnte man Chris nun wirklich nicht verantwortlich machen, war diese doch selbst noch ein kleines Kind gewesen, als das Unglück damals geschehen war.

Jetzt, wo sie jedoch den Namen der Mörderin ihres Vaters kannte, hatte die FBI Agentin Nachforschungen betrieben und festgestellt, dass ihr Schützling die Wahrheit gesagt hatte, als sie ihr neulich erklärt hatte, dass ihre Mutter vor einem guten Jahr an Krebs gestorben war.

Ansonsten...gab es rein gar nichts ungewöhnliches über die Schauspielerin zu berichten. Was den Stalker betraf, war sie vielleicht ein wenig unbekümmert, aber sie machte ihren Job wirklich gut, verstand sich mit ihren Kollegen, war äußerst schlagfertig und ihr gegenüber in letzter Zeit sehr viel umgänglicher geworden.

Jodie murrte frustriert. Nicht nur, dass das FBI am liebsten jeden Tag aufs neue einen Bericht von ihr sehen wollte, nein, sie hatte aktuell auch noch ganz andere Probleme.

Ihr Blick ruhte auf der Gruppe von Schauspielern, auf die derzeit die Kamera gerichtet war.

„Herzstillstand!“, verkündete eine als Krankenschwester verkleidete Schauspielerin derweil laut und deutete auf ein Gerät, welches mit dem 'Patienten' verbunden war und unter einem lauten Warnton aktuell eine gerade Linie zeigte.

„Los, hol den Notfallwagen!“, fuhr Chris einen ihrer Kollegen an, welcher einen Assistenzarzt spielte. Besagter Kollege eilte aus dem Raum, bis die Kameras ihn nicht mehr aufzeichneten.

Die amerikanische Schauspielerin, im Film eine Oberärztin, bearbeitete den angeblichen Patienten derweil mit einer Herzmassage, wobei sie sich große Mühe geben musste, die ganze Aktion echt aussehen zu lassen, allerdings nicht wirklich Kraft zu benutzen, wollte sie ihren Kollegen, der reglos im Krankenbett lag, ja nicht verletzen.

Gedankenverloren starrte die blonde Agentin rüber zu ihrem Schützling. Seitdem sie sich an dem Morgen vor ungefähr zwei Wochen vor dem Auto beinahe geküsst hatten, wusste sie einfach nicht mehr, woran sie bei der Anderen nun eigentlich war.

Für sie selbst war es schon irritierend genug überhaupt so für eine andere Frau zu empfinden, doch mit diesem Gedanken würde sie früher oder später schon klarkommen. Was sie hingegen wirklich verwirrte, war das Verhalten der Schauspielerin ihr gegenüber. Inzwischen kamen sie wirklich viel besser miteinander aus. Verspürte Jodie auch einen abgrundtiefen Hass gegenüber der Mörderin ihres Vaters, so traf das auf deren Tochter ganz und gar nicht zu.

Seitdem sie vor zwei Wochen sturzbetrunken auf dem Sofa ihres Schützlings übernachtet hatte, verbrachten die beiden mehr Zeit miteinander. Wenn sie gemeinsam im Auto saßen, herrschte kein unangenehmes Schweigen mehr, wenn sie während der Mittagspause zusammen saßen und aßen, war die Stimmung entspannt und freundlich. Ab und an hatte die junge Frau in letzter Zeit sogar das Gefühl, dass die Andere ganz bewusst mit ihr flirtete. Eigentlich eher flüchtige und zufällige Berührungen dauerten länger an, als es normal wäre, die Blickkontakte waren intensiver und oftmals warf die amerikanische Schauspielerin ihr ein recht vielsagendes Schmunzeln zu.

Neulich, als die Jüngere der Frau mit den hellblonden Haaren nach dem Dreh scherzhaft in ihren Mantel geholfen hatte, hatte die Andere sogar ganz plötzlich ihre Nähe gesucht und sich mit dem Rücken gegen sie gelehnt.

Doch kaum hatte die Luft zwischen ihnen wieder förmlich zu knistern begonnen und die junge Agentin hatte ihr Gegenüber in eine leichte Umarmung gezogen, da konnte sie auch schon spüren, wie ihr Schützling sich plötzlich wieder merklich anspannte, sich einen Schritt weit von ihr entfernte und so tat, als wäre nie etwas gewesen. In den grünen Augen der Älteren hatte zu diesem Zeitpunkt wieder etwas so schuldbewusstes gelegen.

Jodie fragte sich wirklich, was genau Chris Problem war. Hatte sie ihr gegenüber immer noch ein so schlechtes Gewissen wegen damals, obwohl es die Mutter der Schauspielerin war, die für dieses Trauma verantwortlich war und nicht Chris selbst?

Sie wusste, dass die andere Frau sehr intelligent war und ahnte, dass sie daher schon längst wusste, wie die Agentin fühlte. Bloß warum verhielt sie sich ihr gegenüber dann so? In einem Moment suchte die Schauspielerin selbst noch ihre Nähe, im nächsten Moment verhielt sie sich wieder so, als wenn nie etwas gewesen wäre. Ob die Ältere wenigstens selbst wusste, was genau sie wollte? Ansprechen konnte sie sie darauf nur schlecht...

„Sie ist trotz der Krankenhauskleidung wirklich nett anzusehen, was?“, riss sie plötzlich die Stimme eines Mitarbeiters des Filmteams aus ihren Gedanken.

Jodie blinzelte ertappt und verwirrt zugleich. „Bitte? What do you mean?“

Der Angestellte, welcher die ganze Zeit über neben ihr gestanden hatte, lachte. „Na du hast ihr doch gerade eben die ganze Zeit über auf den Hintern gestarrt, oder nicht?“ Der Mitarbeiter deutete mit einer kurzen Geste auf Chris, welche sich während einer kurzen Drehpause auf das Gitter des Krankenbetts gelehnt hatte und sich gerade mit ihren Kollegen, welche die Krankenschwester, den Assistenzarzt und den Patienten spielten, unterhielt.

Abwehrend hob die FBI Agentin sofort die Hände. „Oh, no no! Das ist ein Missverständnis.“, stellte sie klar. „Ich fürchte, ich war gerade nur ein wenig lost in meinen Gedanken.“

Innerlich seufzte sie. Wenn ein Mitarbeiter des Filmteams sie schon so gut beobachtete, was würden ihre FBI Kollegen dann erst sagen, wenn sie je herausfinden sollten, wie sie ausgerechnet über die Person, gegen die sie eigentlich ermittelten, dachte.



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