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Rivals' Reunion

von

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Startschuss


 

2. Startschuss

Isn't it strange

That we never keep up with

The breakneck pace, who we are how we were

Another case

Another reminder

The future’s here and we want something more.

I know I’m late, but it’s ok, because I’m on my way.

You said you've had a hell of a time

But do you find peace of mind when things change

You told me it's been so hard to find

But do you look deep inside when things change.

(Less than Jake)

 

Yugi Muto im Interview
 

Ich … entwickle Spiele. Also, Brettspiele. Ganz altmodisch. Ich mache quasi dasselbe wie Seto Kaiba, nur in analog (lacht). Ich muss sagen, mittlerweile habe ich einige Spiele rausgebracht, die ganz gut laufen. Ich kann definitiv davon leben, ja. 
 

Eine Zeit lang hatte ich extreme Selbstzweifel. Ich … wusste nicht mehr so richtig, wer ich eigentlich bin und was ich will. Ich hatte das Gefühl, keine eigenständige Persönlichkeit zu sein und nichts alleine hinzukriegen. Daran hatte ich lange zu knabbern. Und egal, wie viele Leute in deinem Umfeld dir das Gegenteil versichern … letztendlich bist du es selbst, der es glauben muss. Und das ist nicht so einfach. Du musst es von dir selbst hören. Dir selbst beweisen. 
 

Aber irgendwann hab ich dann doch kapiert, dass ich vielleicht nicht so schlecht bin in dem, was ich jetzt mache. Klar, ich hab immer noch meine schwachen Momente … es geht mir dabei gar nicht mal ums Gewinnen von Duel Monsters Turnieren. Seit dem KC Grand Prix hab ich schon noch das eine oder andere mal im Finale gestanden. Ich habe auch kein so großes Interesse mehr dran, in der großen Liga zu spielen. 
 

Es geht mir mehr darum, dass ich mir jahrelang eingeredet hab, dass mich keiner so richtig wahrnimmt. Dass ich alleine auch nichts ausrichten kann. Dass wenn meine Freunde die Wahl hätten, ob sie Yami oder mich um sich haben wollten, sie immer Yami wählen würden. Yami hatte so viel, das ich gerne gehabt hätte. Ich musste mich immer dafür anstrengen, anerkannt zu werden. Das dachte ich zumindest. Dann, wenn ich so darüber nachgedacht hab, wusste ich manchmal gar nicht mehr, was MICH eigentlich ausmacht, ob ich überhaupt jemand bin. 
 

Aber ja … das ist vorbei. Geschichte. Ich hab mittlerweile kapiert, dass man nicht gut daran tut, sich an anderen zu messen. Dass es nicht eine einzige Instanz gibt, an die man anknüpfen muss. Und dass Menschen nicht nur eine Person in ihr Herz schließen können. Ich habe gute Eigenschaften. Ich bin etwas wert. Und mir ist es wichtiger, dass Yami in mein Leben gekommen ist als eine Bereicherung. Und nicht als Bedrohung. 
 

Ja, manchmal muss ich mir das alles immer wieder vorbeten, damit ich es glaube. Auch heute noch. In dunklen Momenten. Aber insgesamt … ist es ok. Mit geht es gut. Ich bin erfolgreich und habe Spaß an dem, was ich tue. Was will man mehr? 
 

Also nochmal fürs Protokoll: Ich mag Yami. Ich habe ihm so viel zu verdanken und er ist für mich ein wahrer Freund. Nur falls das jetzt anders rübergekommen sein sollte …

 
 

~*~
 

Endlich erreichten sie ihren Zielort. Schweigend standen sie alle vor einem riesigen Gebäude, das ein wenig an das Spukhaus aus Psycho erinnerte. Es war erhaben und schlummernd.  Schichten um Schichten aus Zeit schienen sich über seine Mauern gelegt zu haben und eine anachronistische Welt zu formen. Man konnte sich nur schwerlich vorstellen, dass es innerhalb des Hauses warm und erleuchtet war und dass es sich bald mit Stimmen und Leben füllen würde. 
 

Drinnen angekommen zeigte man ihnen zuerst ihre Zimmer. Im ersten und zweiten Stockwerk gab es lange Korridore, die mit Türen gespickt waren. Das Innere der Zimmer verlieh einem das Gefühl, in einem Hotel zu sein, aber dennoch wirkten sie weniger steril, sondern vielmehr wie Gästezimmer aus einer anderen Zeit. Die Möbel waren verschnörkelt, die Bettwäsche und Vorhänge schwer und dunkel und das Licht schummrig. 
 

Ihnen war nur wenig Zeit gegönnt, um ihre Sachen abzustellen, dann wurden sie gebeten, sich im Speisesaal im Erdgeschoss zu versammeln. Vor ihnen erstreckte sich ein langes Buffet mit den erlesensten Köstlichkeiten. Dazu mehrere Flaschen Wein. Stehtische waren um das Buffet herum postiert. 
 

„Ich hätte ja lieber eine Eistorte!“, beschwerte sich Malik Ishtar lauthals, dem die Fülle der gebotenen Speisen offenbar nicht ausreichte und der erst gestern aus Ägypten angereist war, um an der Show teilzunehmen. Die Battle City-Zuschauer hatten Malik wegen seines exotischen Aussehens und seines durchtrainierten Körpers gefeiert und wollten nun sehen, was aus ihm geworden war. 
 

Joey hingegen war hin und weg. „Oh Mann, Leute, mir läuft das Wasser im Mund zusammen! Ich kann einfach nicht warten!“ Aufgeregt sprang er von einer Ecke der Tafel zur nächsten und kehrte mit prallvollen Backen und Händen zu dem Stehtisch zurück, an dem sich Yami, Yugi und Tea postiert hatten. „Joey, du bist unmöglich! Du hättest wenigstens warten können, bis wir angestoßen haben!“, raunte ihm Tea peinlich berührt zu. „Ach was“, tat Joey seine Bedenken ab, „das Leben ist zu kurz, um so förmlich zu sein!“ Yami musste schmunzeln. An der Dynamik ihres Freundeskreises hatte sich trotz der langen Zeit nichts geändert. Sie waren sich nicht fremd geworden oder zu schade, um unbeschwert zu scherzen.
 

Auch Umko war einer der ersten gewesen, der neugierig die Speisen auf dem Tisch begutachtet hatte. Er verschluckte sich jedoch unbeholfen an einem Reisbällchen, als Limono plötzlich hinter ihm stand und an ihm vorbei nach etwas auf dem Tisch griff. „Ich denke, hier ist etwas für uns“, bemerkte er unbeeindruckt. In der Hand hielt er einen versiegelten Brief, der neben dem Spanferkel drapiert gewesen war. Alle entschieden, dass Yugi die Ehre zukommen sollte, ihn zu öffnen. Darin stand: 
 

„Liebe Domino-Stars, willkommen in eurem neuen zu Hause für die nächsten Tage. Wir hoffen, unsere Eröffnungszeremonie gefällt euch und das Essen mundet. Denn dies wird die letzte Mahlzeit sein, die ihr nicht selbst zubereiten müsst. Alles, was ihr zum Kochen braucht, findet ihr in den Vorratskammern. Vergesst über die Woche nicht, das Haus zu erkunden, denn es birgt ein Rätsel, das es zu lösen gilt. Außerdem denkt daran, eure Haushaltsdienste einzuteilen. Denn natürlich müsst ihr euch selbst versorgen und organisieren. Und nun wünschen wir euch eine schöne und unterhaltsame Woche und einen guten Appetit!“
 

In dem Augenblick, in dem Yugis letzte Worte verklungen waren, öffnete sich knarrend die Tür zum Speisesaal. Verdutzt fuhren alle herum. Im Türrahmen stand Seto Kaiba und bedachte die Anwesenden mit einem unlesbaren Blick. Es war totenstill und die Luft zum Zerreißen gespannt, als er sich seinen Weg durch die Teilnehmenden suchte. Als er Yami passierte und ihre Blicke sich trafen, hatte dieser das Gefühl, er verweilte kurz und schien etwas in seinen Augen ergründen zu wollen. Die Antwort auf eine Frage, die er sich lange gestellt hatte. Yami sah so viel Stolz, aber auch eine hauchdünne Unsicherheit und Angerührtheit. Er hielt dem Blick stand und versuchte, ihm nicht mit Befangenheit zu begegnen. Warum sollte er auch? Es gab nichts, weshalb man gehemmt hätte sein müssen. Er hatte geglaubt, es sei Gras über Dinge gewachsen, die so viele Jahre zurücklagen, aber womöglich hatte er sich getäuscht? Und womöglich war auch er neugierig auf all das hier gewesen, weil die Frage an ihm nagte, ob alles hätte anders kommen können. 
 

Schließlich war es Seto, der seinen Blick abwandte und die Augen gen Boden senkte. Yami spürte, dass alles womöglich schwerer auf dem Firmenchef lag, als er es vermutet hatte. Der Drang erwachte in ihm, mit Seto zu sprechen und ihm mit einigen Worten diese Anspannung zu nehmen. Doch der Moment war vorbei und Seto stellte sich an einen Stehtisch zu seinem jüngeren Bruder, der ihn aufgeschlossen und freudig begrüßte. 
 

„Oh Mann, das ist das beste, das ich seit Langem gegessen hab!“, schmatze Joey mit vollem Mund, als sich die Situation wieder entspannt hatte und alle gelöst miteinander plauderten, „ich hoffe nur, das wird keine Henkersmahlzeit!“ Röchelnd verschluckte er sich an einem Stück Brot. Während Yugi ihm schmunzelnd auf den Rücken klopfte, bewegte sich ein silberner Haarschopf auf ihren Stehtisch zu. Im ersten Augenblick verkrampfte sich Yami, doch das bedeutungsträchtige Gefühl von vorhin blieb aus und auf den zweiten Blick sah er, dass es nicht Bakura, sondern Ryou war, der sie freundlich begrüßte. Yugi freute sich ehrlich, seinen alten Freund einmal wieder zu sehen. Während Ryou von seinen letzten Jahren in England berichtete, entschuldigte sich Yami und suchte sich seinen Weg durch den Raum. 
 

Abseits der anderen Kandidaten saß derjenige, den er suchte, auf einem großen Ohrensessel und beobachtete das Treiben in der Halle aufmerksam und mit einem leicht amüsierten Glimmen in den Augen. Ohne ein Wort zu sagen lehnte sich Yami an den Sessel und sah von der Seite aufmerksam auf Bakura herab. Auf dessen Mundwinkeln spielte nun ein Lächeln. 
 

„Na, Mumie, du warst lange weg. Hast du dir ein neues Königreich gesucht?“ Nun war es an Yami zu lächeln. „Sowas in der Art. Und du? Wo hast du dich rumgetrieben? Und was viel wichtiger ist: Warum bist du hier und wie kann es überhaupt sein, dass DU hierfür eingeladen wurdest?“
 

Bakura ließ ein amüsiertes Kichern vernehmen. „Ich wüsste gar nicht, was dich das zu interessieren hat. Aber naja, zu deiner letzten Frage nur so viel: Ich habe mir Ryous Ausweis ‚geliehen‘, um mich als er einzuschleusen. Aber die kleine Natter hat es irgendwie geschafft, trotz meiner Maßnahmen herzufinden und sich ebenfalls anzumelden. Als sie mitbekommen haben, dass wir uns gleichen wie ein Ei dem anderen, wollten sie uns beide in der Show. Die springen doch auf alles an, was auch nur im Geringsten die Quote hochtreiben könnte.“
 

Yami sah Bakura nachdenklich an. Wenn er nach seinem Geist tastete, dann war er sich ganz sicher, dass Zorc verschwunden war. Doch so beruhigend das auch im ersten Moment zu sein schien, so warf es doch viele weitere Fragen auf: Wer war Bakura? Und welche Ziele verfolgte er? Sein Gesicht sah vom Leben gezeichnet aus. Yami fragte sich ernsthaft, was er in den letzten Jahren getrieben hatte. 
 

Bakura schien bemerkt zu haben, dass es in Yamis Kopf arbeitete, während er ihn nun unverblümt ansah. Vielleicht hatte er auch die dünnen Fühler bemerkt, die der ehemalige Pharao nach seinem Wesen ausgestreckt hatte. Nun drehte auch Bakura seinen Kopf in Yamis Richtung und sah ihm unverhohlen in die Augen: „Pharao … oder Yami, wie du dich ja jetzt nennst … erinnerst du dich denn?“
 

Yami zuckte zusammen. Er zögerte kurz, bevor er antwortete, obwohl ihm nicht ganz klar war, ob Bakura eine spezielle Erinnerung im Sinn hatte oder seine Frage ganz allgemein gestellt war: „… An manches.“ Er konnte es schwer erklären, aber von Zeit zu Zeit überkamen ihn Bruchstücke von Erinnerungen aus seinem früheren Leben als Pharao. Ganz unvermittelt. Es konnte überall passieren: Auf einer öffentlichen Toilette, nachts im Bett, auf einer Gala oder beim Überqueren einer Straße. 
 

Bakuras braune Augen schienen ganz in sich zu ruhen und sahen ihn nun eindringlich an. Vielleicht versuchten sie zu ergründen, welcher Erinnerungen ihm bereits zur Verfügung standen und welche nicht. „Gut, gut“, sagte er schließlich, „vielleicht hast du ja endlich begriffen, dass weglaufen dich nicht im Geringsten weiterbringt.“ Yami biss sich auf die Unterlippe und machte ein knurrendes Geräusch. „DAS wiederum geht DICH nicht das Geringste an. Und abgesehen davon: Das alles ist 3000 Jahre her. Ist es nicht langsam mal Zeit, diesen verstaubten Kram ruhen zu lassen? Wie genau bringt es uns weiter, wenn wir ständig weiter darauf herumreiten?“ 
 

Er fühlte sich ertappt und gleichzeitig ärgerte es ihn, dass Bakura ihm solche unverschämten Vorwürfe machte. Er spürte, dass mehr Wahrheit in dem lag, was der Geist des Ringes gesagt hatte, als ihm lieb war. Vielleicht war er nach der Rückkehr aus dem alten Ägypten tatsächlich vor mehr Dingen weggelaufen, als er zugeben wollte. 
 

So vieles aus seiner Vergangenheit hatte ihn umklammert gehalten wie starke Ranken und er hatte nicht gewusst, wie er damit umzugehen hatte. Je öfter ihn diese Erinnerungsblitze ohne Vorwarnung überfielen, desto größer war seine Wut auf all das geworden, das sein Leben so alternativlos vorherbestimmt hatte. Was, wenn er das alles nicht wollte? Was, wenn alles, was er wollte, Zeit war, um herauszufinden, wer er war und WAS er wollte? Aber es war, als tippte ihm seine Vergangenheit ständig von hinten auf die Schulter und erinnerte ihn daran, dass er keine Wahl hatte. Nie gehabt hatte. Dass ihn alles ohnehin einholen würde.
 

Ja, er hatte seinen eigentlichen Namen erfahren. Und er hatte ihn wieder abgelegt. In seinem Youtubekanal und auch sonst überall in seinem Privatleben war er nur als Yami bekannt. Er hatte für sich selbst ein Zeichen setzen wollen, dass er im Hier und Jetzt nicht derselbe sein wollte. Dass ihm ein neues Leben geschenkt worden war. Dass er jemand anders war als zuvor. Und als eigene Person brauchte er einen eigenen Namen. Nur für sich. 
 

Der physische Abstand zu all jenen, die mit seiner Vergangenheit unentwirrbar verwoben waren, hatte ihm geholfen. Auch wenn er wusste, dass er ihre Stimme nicht zum Schweigen gebracht hatte, sondern nur aus ihrer Reichweite war. Irgendwann würde er sich damit auseinandersetzen müssen. So viel stand fest. Er fragte sich, ob dieser Zeitpunkt jetzt gekommen war. 
 

Noch immer hielt Bakura Yamis Blick stand und beobachtete offenbar, dass in seinem Inneren etwas geschah. „Du klingst vollkommen anders als damals“, stellte er dann nüchtern fest, „Woher diese Sinneswandel? Bei unserer letzten Begegnung warst du noch vom Schicksal und von deiner Vergangenheit geradezu besessen.“ Yamis Blick wurde hart und ein wenig überheblich. „Damals ist damals. Es ist lange her. Menschen ändern sich. Zumindest trifft das auf mich zu. Ob das auch für dich gilt, wird sich zeigen. Ich werfe in jedem Fall ein Auge auf dich, mein Lieber.“  Bakura lächelte, vielleicht ob der vertrauten Anrede, während Yami sich von der Sessellehne abstieß und den Geist des Ringes sich selbst überließ.

 



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