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Shards of Red

Endeavor x Hawks
von

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Wine Red

Enji kann Veranstaltungen wie diese überhaupt nicht leiden. Schon die Billboard-Charts sind für ihn ein nerviges Event gewesen, aber er hat die Notwendigkeit dahinter verstanden. Das Symbol des Friedens gibt es nicht länger, die Menschen brauchen Sicherheit, die er ihnen zu vermitteln versucht. Auch heute Abend geht es darum, präsent zu sein…gesehen zu werden und den Glauben an die Helden zu festigen. Es ist zwar mehr eine Spendengala, doch die Presse ist wie immer vor Ort und lässt sich vor allem die aktuelle Top Ten nicht entgehen.

Es ist bereits das zweite Mal, dass sie ihn erwischen, und dabei hat es nicht mal richtig angefangen. Noch sammeln sie sich alle in den dekorierten Räumlichkeiten, tauschen Floskeln und derlei Zeug aus. Nun, möglicherweise nicht alle…einige von ihnen verstehen sich wohl wirklich privat gut miteinander. Enji hat sich bislang nie bemüht, mit anderen Helden länger Kontakt als nötig zu halten. Keine Zeit, kein Interesse...bloß hinderlich für sein Ziel, das er mittlerweile auf einem Weg erreicht hat, der ihm missfällt.

„Endeavor-san!“

Er macht automatisch einen Schritt zurück, als Miruko mit so viel Schwung an seine Seite hüpft, dass sie ihn beinahe wegtackelt. Wie schafft sie das überhaupt in den hohen Schuhen? Das bodenlange, violette Kleid mit dem Schlitz an der Seite steht ihr wirklich gut, lässt sie ungewohnt elegant wirken. Enji hätte es nicht gewundert, wäre sie im Anzug erschienen, so burschikos, wie die Frau ist, doch tatsächlich…sie lässt heute Abend ihre feminine Seite raushängen.

„Das ist der Wahnsinn, nicht wahr?! Hast du das ganze leckere Essen gesehen? Ich freu mich schon auf die Karottensuppe, haha!“

Ihre weißen Ohren zucken aus ihren gleichfarbigen Haaren, die sie heute zu einem hohen Zopf zusammengefasst hat, die roten Augen strahlen ihn an. Er muss zugeben, sie ist eine Persönlichkeit, die Eindruck hinterlässt.

„Ja. Der Wahnsinn“, brummt er trocken und sie grinst ihn breit an.

„Etwas mehr Elan! Oh, hast du übrigens schon den neusten Tratsch gehört?“

Enji weiß nicht, wovon sie redet, aber das wundert ihn nicht. Er beteiligt sich nicht an irgendwelchem Klatsch aus der Presse, sondern filtert nur das Wichtige heraus. Außerdem ist er die letzten Wochen neben seiner Arbeit…anderweitig beschäftigt gewesen…

„Also~“, beginnt sie verschwörerisch, kommt aber nicht dazu, weiterzureden.

„Oh~ störe ich hier ein Date~“, zwitschert eine ihm viel zu bekannte Stimme, was ihn abrupt erstarren lässt.

Was zur Hölle…?!

Miruko scheint es amüsant zu finden, denn sie lacht auf, funkelt den Neuankömmling belustigt an.
 

„Eifersüchtig, Hawks?“, säuselt sie zurück, woraufhin der Winged Hero grinst.

„Unbedingt~! Was würden wir zwei für ein hübsches Paar abgeben, Miruko-san~“

Dabei zwinkert er ihr verrucht zu, zeigt ein strahlendes Lächeln…und Enji weiß nicht, wie und ob er reagieren soll. Was passiert hier gerade, zum Teufel? Und was ist das für ein beklemmendes Gefühl in seiner Brust? Es missfällt ihm. Die ganze Situation missfällt ihm, doch er bleibt nur mit finsterem Ausdruck neben ihnen stehen, hört zu.

„Oh oh! Pass auf, dass wir nicht das nächste Opfer der Klatsch-Presse sind~“, gibt sie zurück. „Leider bist du mir ein bisschen zu jung~“

„Oh nein, es ist passiert! Der erste Korb meines Lebens!“, kommt es von Hawks und er seufzt theatralisch. „Wie soll ich das nur überwinden…“

Miruko lacht abermals, ehe sie abwinkt.

„Ich wette, da gibt es Dutzende Mädchen, die dich darüber hinweg trösten…oder Männer~“, fügt sie noch zwinkernd an und Enji spürt den Stein in seinem Magen.

Nein. Nein, sie kann nicht wissen, dass sie beide…nein, das meint sie nicht mit Tratsch…oder? Waren sie zu unvorsichtig? Er versucht, seine Mimik zu kontrollieren, doch er wird leichenblass und spürt die Übelkeit in seinem Magen. Hawks scheint das kein bisschen zu tangieren, denn er scherzt munter weiter.

„Oh~ du kennst mich so gut, Miruko-san! Gib es zu! Du bist heimlich Mitglied meines Fanclubs!“

„Die Vorsitzende sogar~“, geht sie darauf ein und beide lachen.

Dann aber hält sie inne, spitzt die weißen Hasenohren und ihre Augen weiten sich.

„Oh, da ist Ryukyuu! Ciao, bis später!“

Und damit hoppelt sie davon – ja, sie springt tatsächlich mit ihren Absätzen davon. Enji ist immer noch speiübel, während sich sein Blick ganz langsam auf Hawks fokussiert, welcher gelassen zurücksieht. Seine blonden Haare wirken zerzaust wie immer, doch bei der Kleidung hat er sich etwas mehr Mühe gegeben als sonst. Er trägt eine lockere, graue Stoffhose, ein weißes Shirt und ein dunkelblaues Sakko darüber. Es steht ihm, wirkt nicht zu elegant, vor allem mit den Sneakern dazu.

Enji weiß nicht, was überwiegt; die Eifersucht wegen dem Flirt mit Miruko eben oder die Angst, dass sie Thema der Medien sind.
 

„Wow, ich kann dich schon wieder denken hören, Endeavor-san.“

Perplex blickt er auf, direkt in Hawks‘ unbeeindrucktes Gesicht, eine buschige Braue gehoben.

„Wundert es dich?!“, zischt er ihm so leise wie möglich zu.

„Nein. Nicht wirklich, aber bevor du dir Sorgen machst…es ist jetzt kein Geheimnis, dass ich ein Frauen- und Männermagnet bin. Guck dir meine Accounts auf Facebook und Instagram an…ich bin ein offenes Buch~ und das meinte sie auch. Sie hat ansonsten keine Ahnung. Beruhig dich.“

Mit diesen Worten, die Enji tatsächlich etwas ruhiger machen, deutet er mit dem Kopf in Richtung einer leeren Ecke. Kurz zögert er, doch dann folgt er dem Winged Hero, der auf dem Weg dorthin noch zwei Gläser Wein von einem Kellner abstaubt. Eines davon reicht er ihm und stößt mit ihm an, was Enji irgendwie unangebracht findet. Dennoch nimmt er einen Schluck…bloß für die Nerven.

„Also…“

Hawks lehnt sich gegen den weißen Stehtisch, wobei er den Blick schweifen lässt, die roten Flügel sind auf seinem Rücken zusammengefaltet.

„…gibt’s noch mehr, was dir auf der Seele brennt oder können wir uns einen schönen, entspannten Abend machen?“

Dabei lächelt er ihn so unschuldig an, als könne er kein Wässerchen trüben. Enji nippt noch mal an seinem Weinglas, ehe er antwortet.

„Was sollte das eben?“, knurrt er dann missgelaunt und Hawks blinzelt.

„Was sollte was?“

Enji knirscht mit den Zähnen, weiß nicht, ob Hawks ihn für dumm verkaufen will oder…es für ihn keine große Sache ist.

„Das eben…mit ihr…“, bringt er finster hervor und nun entgleisen dem Jüngeren die Gesichtszüge.

Eins, zwei…fassungslos…drei und…dann bildet sich ein so breites Grinsen auf seinen Lippen, dass es Enji schaudert. Die bernsteinfarbenen Augen fixieren ihn und…Enji kennt diesen Blick zur Genüge.

„Oh mein Gott…du bist eifersüchtig, eh? Endeavor-san?“

Enjis Wangen müssen mittlerweile in der Farbe seines Weins glühen. Es klingt so lächerlich...ist ihm so peinlich und er weiß, dass es keinen Sinn macht, es zu leugnen.

„Hmpf“, brummt er ausweichend, weil er hier nicht darüber reden will.

Die Wände haben Augen und Ohren. Er will nicht, dass jemand etwas mitbekommt. Unter allen Umständen muss ihre Beziehung geheim bleiben…andernfalls ist sein Ruf im Eimer. Endgültig.

„Keine Sorge, ich halte meinen Mund…ist bloß gut zu wissen. Wirklich, wirklich gut zu wissen. Oh Mann…du weißt nicht, wie glücklich du mich machst~“, schnurrt Hawks wie ein Falke, der seine Beute genüsslich zerfleischt. „Übrigens siehst du heiß aus! Dieser schwarze Anzug steht dir verdammt gut, Number One!“

„…danke“, bringt er eher genervt hervor. „Du…siehst auch…passabel aus.“

Ist es nicht schon ein Fehler, dass sie zusammen hier stehen? Andererseits…ist Hawks der Einzige, mit dem er mehr zu tun hat. Auf ihre Zusammenarbeit bezogen…alles weitere gehört nicht hierher. Hawks schmunzelt über das fragwürdige Kompliment, zwinkert ihm zu, während er einen Schluck Wein zu sich nimmt.

„Von welchem…Gerücht hat sie dann gesprochen?“, murmelt er dem Winged Hero zu, welcher ihn erheitert ansieht.

„Du lebst manchmal wirklich hinterm Mond, was?“

Enji packt das Weinglas fester, hört es gefährlich knirschen.

„Hör auf, mich zu verarschen, und sag mir, was hier läuft. Meine Laune ist so schon nicht die beste…“

„Uh~ wütend bist du nur noch heißer~“

„Hawks!!“

„Haha, schon gut, schon gut, ich werde es dir sagen. Also, pass auf, es-“

„Da ist Hawks!! Hawks!! Ein Interview, bevor es losgeht! Kommt hierher!! Schnell, die Kameras!!“

Keine zwei Sekunden später hat die Meute sie umzingelt – da sie Enjis Interview bereits haben, kann er sich wegschleichen. Ein Glück. Da Hawks wesentlich weniger Probleme mit der Presse hat, diese mit Leichtigkeit um den Finger wickeln kann, hat Enji kein schlechtes Gewissen dabei. Hawks wird ihn schon wiederfinden, wenn es soweit ist. Auch wenn es vielleicht besser wäre, sie würden nicht zu viel reden heute Abend. Was danach passiert, ist eine andere Sache…
 

„Oh, Endeavor! Guten Abend!“

Natürlich kann er nicht mal ein paar Minuten seine Ruhe haben, schon quatscht ihn der nächste Idiot an. Gereizt fährt er herum und blickt in die eingesunkenen Augen seines Gegenübers, der in seinem dunkelblauen Anzug so schmächtig und zerbrechlich wirkt, dass es ihn aufregt. So sollte er nicht aussehen. Nicht, bevor er ihn nicht übertrumpft hat.

All Might lächelt ihn freundlich an, ein Glas Wasser in seiner Pranke, die viel zu groß für seine dünnen Arme wirkt. Er ist ein Schatten seiner selbst…umso schwerer ist es zu glauben, dass er weitermacht. Das muss Enji ihm anerkennen; er gibt nicht auf und setzt sich zur Ruhe, sondern versucht weiterhin, etwas zu bewirken. Dennoch kotzt ihn diese schwache Form an…sie kränkt ihn in seinem Inneren.

„All Might“, erwidert er schroff, doch der Blonde lässt sich davon nicht abschrecken.

„Lange nicht gesehen“, beginnt er einen Smalltalk, den Enji eigentlich nicht will.

Dennoch bleibt er bei ihm stehen, zwingt sich zur Höflichkeit – weil er selbst weiß, dass alle anderen Reaktionen wie die eines trotzigen Kindes wirken würden. Sein persönlicher Groll hängt an seinem Versagen, nicht an All Might selbst.

„Hätte nicht erwartet, dich hier zu sehen“, gibt er zu, woraufhin All Might schief lächelt.

„Nun, sie haben mich eingeladen und…na ja, Ruhestand hin oder her, noch sind sie wohl interessiert an mir, wenn auch…“

Ein Schatten huscht über sein eingefallenes Gesicht, macht deutlich, dass es nicht nur einen Grund für sein Erscheinen hier gibt. Da muss etwas sein, das er nicht aussprechen will. Enji wartet lieber, anstatt in einer offensichtlichen Wunde herum zu puhlen. Eigentlich ist es ihm egal, wenn sich jemand durch seine ruppige Art angegriffen oder verletzt fühlt – aber der Respekt, den er für All Might tief in seinem Inneren fühlt, lässt ihn innehalten.

Er hat sich vorgenommen, sich zu ändern – das gilt nicht nur in Bezug auf seine Familie.

„Wie auch immer“, lenkt All Might mit einem wackligen Lächeln ein. „Ich habe immer noch meine Stiftungen und das hier ist eine wichtige Gala…ich denke, ich bin nicht ganz überflüssig. Aber genug von mir, wie geht es dir? Deine Wunde ist gut verheilt, wie ich sehe?“

Enji stutzt bei dem plötzlichen Themenwechsel, spricht diesen aber nicht an, sondern nickt. Stimmt ja. Seit jenem Kampf mit High-End haben sie sich nicht mehr gesehen…hm…die Narbe. Sein Mahnmal.

„Hn. Ja. Kann man so sagen“, brummt er und trinkt den letzten Rest Wein aus. „Es beeinträchtigt mich nicht, da er nicht das Auge getroffen hat.“

All Might lächelt schief.

„Das ist gut. Ich meine…ich hab den Kampf im Fernsehen verfolgt und…mir ist das Herz in die Hose gerutscht. Ich war so froh, dass du in Ordnung bist…und ich denke, du hast nicht nur mich beeindruckt.“

Beeindruckt hat er All Might? Es ist ihm ein bisschen unangenehm, von seinem Rivalen derart gelobt zu werden. Fühlt sich irgendwie falsch an, da kann er sich nicht helfen. Vielleicht steht zu viel zwischen ihnen, wer weiß, möglicherweise ist es auch Enjis gekränktes Ego.

„Todoroki-shonen war auch sehr erleichtert, sagte mir Aizawa-kun.“

Enji wird hellhörig, starrt All Might an…dann packt er dessen hagere Schultern und schüttelt ihn durch.

„Was hat Shouto gesagt?!“, entfährt es ihm ungläubig.

All Mights Kopf fliegt vor und zurück, was ihm ein Ächzen entweichen lässt.

„Uhm…genau kann ich dir das nicht sagen“, antwortet er ihm und versucht, sich aus dem Griff zu lösen. „Nur, dass er Angst um dich hatte…was ja normal ist. Er ist schließlich dein Sohn.“

Enji hört abrupt auf, das frühere Symbol des Friedens zu schütteln. Bei den Worten spürt er die Scham in sich aufsteigen…und es verpasst ihm einen Dämpfer. Sein Sohn? Ja…hätte er ihn nur nicht behandelt, als wäre er ein…Ding. Ein Werkzeug. Seine Fehler sind furchtbar, nicht mehr gutzumachen, auch wenn er verbissen darum kämpft…und nun sagt ihm All Might, dass Shouto Angst um ihn gehabt hat. Trotz allem, was er ihm angetan hat…und das lässt das Hochgefühl abebben. Er fühlt sich wie das Arschloch, das er gewesen ist. Reue hin oder her.

Sein Sohn hat ein zu gutes Herz, verdammt, wenn er wirklich Angst um ihn gehabt hat. Vielleicht gibt es doch noch Hoffnung…irgendwie einen Draht zu Shouto zu bekommen. Er hofft es…bemüht sich, mehr kann er nicht tun.

„Danke…dass du mir das erzählt hast“, murmelt er, als ihm bewusst wird, dass All Might ihn besorgt mustert.

All Might blickt ihn weiterhin an und auch er muss sich an damals erinnern. An das, was er zu ihm über sein Kind gesagt hat. Vielleicht weiß…oder ahnt der Blonde mehr, als Enji lieb ist, doch er hat den Anstand, nicht nachzuhaken. Wäre er immer noch eine Bedrohung für Shouto, würde er das wohl…doch sein Sohn wurde bereits gerettet. Von diesem grünhaarigen Zwerg. Midoriya Izuku…und dem sollte er wohl dankbar sein.

„Schon gut“, hört er All Might sagen, welcher ihn anlächelt. „Ich muss dann auch weiter…es beginnt bald und ich…sollte jemanden suchen…“

Enji runzelt die Stirn, als sich All Mights Wangen röten und er rasch in der Menge verschwindet.

Eigenartig. Sehr eigenartig, aber gut…sie haben scheinbar alle ihre Geheimnisse. Apropos…Hawks ist ihm noch nicht gefolgt. Entweder kaut er der Presse ein Ohr ab oder sie können nicht genug von ihm bekommen. Ein bisschen Zeit haben sie noch, sodass er sich ein zweites Glas Rotwein schnappt und nach draußen verschwindet.
 

Die kalte Abendluft tut ihm gut und die Terrasse ist groß genug, um einigen Menschen aus dem Weg gehen zu können. Er ist einfach kein geselliger Typ…umso weniger kann er es selbst glauben, dass er was mit Hawks angefangen hat. Seinem absoluten Gegensatz. In jeder Hinsicht.

Vermutlich würde die Presse es nicht mal glauben können, würde ihnen jemand den Floh ins Ohr setzen. Enji hofft es. Den Skandal muss er sich nicht geben. Nicht in Zeiten wie diesen und…auch sonst nicht.

„Hn.“

Er setzt das Glas Wein an die Lippen und nimmt einen großen Schluck, während er die Terrasse genauer betrachtet. Sie gleicht seinen Gärten, alles ist zurechtgestutzt, die Bäume gleichmäßig platziert…und ein paar Bänke gibt es ebenfalls. Die Terrasse ist recht leer, die meisten der Helden sind drinnen, genießen das Ambiente und den Austausch mit Kollegen. Sollen sie nur. Mehr Ruhe für ihn, bevor er sich wieder ins Getümmel stürzen muss, denn zweifellos wird er ein paar Worte sagen müssen.

„Er war doch gerade noch hier!“

„Ich könnte schwören, dass ich ihn gesehen habe!“

Enji runzelte die Stirn, als ein Rudel Reporter, das ihn bereits in der Mangel hatte, an ihm vorbei läuft. Wen haben sie denn jetzt schon wieder im Visier?

„Endeavor-san! Haben Sie ihn gesehen?“

Er sieht zu der jungen Frau im beigefarbenen Kostüm, die ihn hoffnungsvoll ansieht und ihm direkt das Mikrophon ins Gesicht hält.

„…wen?“, knurrt er, woraufhin sie schwer seufzt.

„Eraserhead! Er ist ganz sicher hier, aber irgendwie entwischt er uns jedes Mal!“

„Ah.“

Eraserhead? Enji versucht, sich daran zu erinnern, wer das noch gleich ist. Es will ihm nicht einfallen, auch wenn ihm der Name etwas sagt.

„Jemand hat All Might beim Buffet gesichtet!“

„Vielleicht ist er mit ihm dort!!“

„Hinterher!!“

Und schon stürmen sie zurück in die Halle, gleichen mehr denn je einem Rudel Bluthunde. Enji sieht ihnen nur kurz nach, sich dabei fragend, was All Might mit dem Kerl zu schaffen hat. Dann sagt er sich jedoch, dass ihn das nichts angeht und widmet sich wieder der Terrasse. Er macht ein paar Schritte auf die Balustrade zu, setzt gerade das Weinglas an die Lippen, als ihn ein Rascheln innehalten lässt. Perplex sieht er nach oben, wobei seine Braue nach oben zuckt; was zur Hölle?! In einer der sorgfältig getrimmten Baumkronen sitzt ein Mann im schwarzen Anzug und blickt ihm monoton entgegen.

„…“

„…“

Enji verengt die Augen, während er den seltsamen Kerl mustert, bis…es ihm wieder einfällt. Eraserhead ist ein sogenannter Underground-Hero…und er ist der Klassenlehrer seines Jüngsten. Aizawa Shouta. Er meidet die Medien und bis zu jenem Vorfall, bei dem ein Schüler der UA entführt wurde, ist er nie öffentlich in Aktion getreten. Heute ist er nicht so glatt rasiert wie im Fernsehen, was ihn älter aussehen lässt, aber er ist es zweifellos. Warum interessieren sich die Reporter so sehr für den Kerl?
 

„Sie sind weg“, brummt er gerade so laut, dass der Typ es nicht überhören sollte. „Haben es auf All Might abgesehen.“

Ein Schatten flackert über das Gesicht des Lehrers. Enji sieht ihn zögern, bevor er sich – und dabei ist er so agil wie eine verdammte Katze – von dem Ast, auf dem bis eben noch gesessen hat, herunterschwingt und in der Hocke landet. Warum ist er überhaupt hier, wenn er Aufmerksamkeit so sehr verabscheut? Als Underground-Hero hat er die Möglichkeit, nicht präsent sein zu müssen…anonym zu bleiben. Oder ist er ausdrücklich eingeladen worden?

Enji sieht, wie er sich ein paar Blätter aus den zusammengebundenen Haaren zupft, dabei verärgert aussieht.

„Wie Bluthunde…“, hört er ihn grummeln und trinkt schnell noch einen Schluck Wein, bevor der andere ihn grinsen sieht.

Da sind sie schon mal einer Meinung, auch wenn das nicht erklärt, warum er sich freiwillig hierher begibt.

„Warum kommt einer wie du überhaupt hierher?“, fragt er nach und der andere hält inne. „Dachte, ihr Unterground-Heroes bleibt solchen Veranstaltungen fern?“

Er sieht, wie Eraserhead die Brauen zusammenzieht und ihn regelrecht prüfend ansieht; hat er was Falsches gesagt? Nicht, dass das zwischendurch nicht vorkommt, aber die Frage ist legitim; wo ist das Problem?

„…oh“, murmelt er schließlich trocken. „Sie haben es noch nicht gehört.“

Wovon spricht der Kerl? Moment! Geht es schon wieder um dieses ominöse Gerücht, von dem alle reden und das er als einziger noch nicht kennt? So langsam beginnt es ihn zu wurmen…

„Was gehört?!“, schnappt er vielleicht eine Spur zu wütend, denn Eraserhead runzelt die Stirn.

„Schon gut. Hm. Ich sollte reingehen…ist nicht fair, mich zu verstecken, wenn er belagert wird.“

Verdutzt sieht er ihn an, wobei es ihm schwer fällt, ihm zu folgen; redet er von All Might? Hat er was mit dem Klatsch zu tun? Wenn er so darüber nachdenkt...hat All Might nicht gemeint, er würde jemanden suchen wollen? Etwa Eraserhead? Von einem neu formierten Team konnte man hier sicher nicht ausgehen, schließlich befindet sich All Might im Ruhestand. Hängt vielleicht mit ihren Lehrposten zusammen…das würde wenigstens etwas Sinn ergeben.

Nun, Eraserhead fehlt anscheinend die Geduld zu warten, bis er den Fall durchdacht hat, denn er hat sich längst abgewandt und ist in die Halle geschlichen.
 

„Hab ich dich gefunden, Number One~!“

Enji lässt beinahe das Weinglas fallen, als ihm eine Hand auf den Rücken schlägt, ihn herumfahren lässt. Verärgert sieht er Hawks an, der ihn breit angrinst, die roten Flügel gespreizt.

„Ah, hier kann man sich wenigstens mal ausstrecken…netter Ort!“, plappert er los und lehnt sich neben ihm gegen die Balustrade. Er stützt die Ellenbogen darauf und lässt den Blick schweifen. Eigentlich will Enji ihn anknurren, dass er sich zusammenreißen soll…tut es dann aber doch nicht. Was soll’s. Hier draußen zusammen gesehen zu werden, ist keine Sünde…sofern sie nicht die Dinge tun, die sie sonst…tun.

„Ohne die ganzen Leute wäre das hier echt ein toller Ort für ein Date, was? Was ich hier mit dir anstellen würde…“

„Hawks!“, grollt er mit rotem Gesicht, doch der Winged Hero lächelt bloß unschuldig zu ihm hoch.

„Hm~?“

„Nicht hier.“

Natürlich kann der Vogel nicht den Schnabel halten. Nicht auszudenken, wenn das jemand mitbekommt. Andererseits ist es Hawks, der sich immer hundertprozentig absichert, indem er seine Federn platziert, damit ihm nichts entgeht. Bezüglich ihres Arrangements sind sie sich scheinbar einig, dass niemand davon erfahren darf. Er weiß nicht, was Hawks‘ Gründe dafür sind, denn sonst hat er ja auch kein Problem damit, sein Privatleben zu teilen, doch er ist froh darüber. Vielleicht tut Hawks das wegen ihm, weil er weiß, dass es vorbei ist, wenn jemand davon Wind bekommt.

„Schon gut“, hört er ihn schmunzelnd sagen. „Lass uns einfach die letzten paar Minuten genießen, bevor es anfängt. Die sitzen schon alle auf heißen Kohlen…hast du ne Ansprache vorbereitet?“

„…nein“, brummt er. „Ich weiß, was ich sagen will.“

„Kurz und knapp, was?“

„Falls du mir nicht dazwischen quatschst.“

„Würde ich nie wagen, Endeavor-san~“

„Sicher.“

Sie schweigen eine Weile, blicken in die Ferne und Enji fällt wieder auf, wie normal es sich anfühlt, so mit dem anderen zu reden. Die Vertrautheit ist angenehm…und der Gedanke, später mit Hawks zu verschwinden…es ist etwas, auf dass er sich freut. Hawks gibt ihm das Gefühl, gewollt zu sein…und mittlerweile weiß er, dass es das ist, was er braucht. Manchmal, wenn Hawks in seinem Arm oder Schoß döst, wird Enji den Gedanken nicht los, dass dies vielleicht auf Gegenseitigkeit beruht.

Wenn der Winged Hero die Wahrheit gesagt hat, lässt er sonst niemanden so nah an sich ran. Es gibt diese Momente, in denen Hawks plötzlich ernst wirkt…so als gäbe es auch in seinem Hintergrund Dinge, die er ungeschehen machen will. Vielleicht sind seine Vermutungen Unsinn, denn seit wann ist er sensibel genug, um andere Menschen lesen zu können? Vielleicht will er es auch nur glauben, um sich selbst besser zu fühlen.
 

„Stellst dir vor, was nach der Gala passiert, hm?“, neckt Hawks ihn und wackelt mit den Brauen.

Enji schnaubt.

„Möglich?“, erwidert er, woraufhin Hawks lacht.

„Ich verspreche dir, es wird aufregender als diese lahme Gala! Ich meine…Sinn und Zweck, okay, verstanden, aber seien wir doch mal ehrlich…dieses oberflächliche Getue, die schicken Klamotten und das Gequatsche…alles Show, um die Leute einzuwickeln und abzulenken…ihnen eine heile Welt vorzugaukeln.“

Enji kann dem nur zustimmen, denn genau das ist der Sinn dieser Gala. Investoren finden, seine eigenen Projekte in den Vordergrund stellen, den Medien etwas geben, über das sie berichten können. Es ist das, was die Leute wollen…und was die Stain-Anhänger, von denen es immer mehr gibt, verachten.

„Sei nicht immer so vorlaut“, murrt er dennoch, woraufhin Hawks abermals lacht.

„Keine Sorge, ich hab mich bei der Presse zurückgehalten. Ihnen Honig ums Maul geschmiert und so weiter…ich weiß, dass das Ganze für einen guten Zweck ist. Ich will nichts sabotieren.“

„Besser ist es…und jetzt lass uns reingehen. Es wird langsam Zeit.“

„Zu Befehl, Boss!“

Enji funkelt ihn finster an, als der Jüngere gespielt salutiert, dann aber wieder in die Halle wuselt. Der Flame Hero schüttelt den Kopf über ihn, folgt ihm jedoch. Während er sich durch die Menge einen Weg in Richtung der Bühne bahnt, sieht er aus den Augenwinkeln einen blonden Wuschelkopf. Es ist All Might, der an einem der Stehtische steht…zusammen mit Eraserhead. Sie unterhalten sich – und da Enjis Ansprache in Kürze beginnt, haben die Reporter wohl von ihnen abgelassen. Enji will sich gerade abwenden, als er sieht, wie All Might mit einer seiner Pranken nach Eraserheads Hand greift…und diese drückt. Sein Lächeln ist sanft, seine blauen Augen leuchten…und der Underground-Hero sieht grimmig und gleichzeitig verlegen zur Seite – ohne seine Hand wegzuziehen. Plötzlich fügen sich die Puzzleteile des Abends zusammen und…verschlagen Enji die Sprache. Das kann doch nicht wahr sein…

Es fällt ihm schwer, doch schließlich wendet er sich von dem Anblick ab; er bezweifelt, dass in seinem Kopf jetzt Platz für seine Rede ist…aber da muss er durch. Und irgendwie diese verstörende Erkenntnis verdauen.
 

„All Might hat was mit…Eraserhead?“

Hawks hebt eine Braue, während er etwa eine Stunde später mit ihm an einem der Tische steht und vor ihnen beiden befindet sich jeweils ein neues Glas Wein. Den hat Enji jetzt auch nötig.

„Sieht ganz so aus, nicht wahr? Hab auch erst gedacht, dass das der übliche Klatsch ist, dem man nicht glauben kann…aber wenn man sich die zwei so ansieht…soweit ich weiß, haben sie’s nicht mal abgestritten.“

Enji setzt das Glas an die Lippen, nimmt einen kräftigen Schluck Rotwein zu sich. Betrinken erscheint ihm plötzlich vernünftig. All Might hat was mit diesem Typen. Mit diesem seltsamen, in sich gekehrten…Mann, der das komplette Gegenteil von ihm ist. Unweigerlich mustert er Hawks…Scheiße. Eine Gemeinsamkeit. Auch wenn bei den beiden der Altersunterschied wohl wesentlich geringer ist. Zumal All Might nicht verheiratet ist…und keine Kinder hat. Vermutlich feiern sie ihn für sein Outing, sollte es eines geben, während sie Enji mit Mistgabeln und Fackeln jagen würden. Er braucht mehr Wein.

„Schockiert dich das?“, fragt Hawks belustigt. „Du wirst doch nicht etwa homophob sein~“

Enji schaut ihn erbost an, woraufhin der Jüngere noch breiter grinst. Als ob er noch das Recht hat, irgendwen zu verurteilen…wahrscheinlich sollte er froh sein, dass der Fokus auf All Might und seinem…Freund liegt. Deswegen haben sie Eraserhead eingeladen, obwohl ihn kaum einer kennt. Vermutlich ist er nur gekommen, um All Might zu unterstützen, auch wenn er damit die Gerüchte erst recht anheizt – oder gar bestätigt.

„Wenn’s dich so sehr interessiert, können wir ja hin und hallo sagen? Fragen, ob sie miteinander gehen und-“

„Wie alt bist du?“, grollt Enji ihn an.

„Oh~ das weißt du ganz genau“, zwitschert Hawks amüsiert. „Ich mach doch nur Spaß. Lassen wir den beiden ihre Ruhe…und außerdem will ich bald hier abhauen. Du nicht auch?“

Bei diesen Worten blitzt etwas in Hawks‘ Bernsteinen auf, das heiße Lava durch seine Venen schießen lässt – jedenfalls fühlt es sich so an. Natürlich will er hier weg…mit Hawks allein sein, aber schon jetzt zu gehen, erscheint ihm nicht richtig. Es wäre einfacher, wenn es kein Geheimnis wäre, aber aus besagten Gründen wird es das für immer bleiben müssen. Es steht zu viel auf dem Spiel für ihn…und vielleicht auch für Hawks.

Enji fällt wieder auf, wie wenig Privates er über den Winged Hero weiß. Sicher, er kennt diese gestellten Fotos, auf denen er posiert…doch er fragt sich, was dahinter steckt. Gleichzeitig scheut er sich davor, Fragen zu stellen. Vielleicht will er es auf dieser Ebene belassen. Vielleicht reicht ihm die Oberfläche…denn alles, was Hawks über ihn weiß, hat er ihm mehr oder minder freiwillig mitgeteilt. Hawks hat nicht gefragt. Das tut er nie.

„Endeavor-san?“

Enji blinzelt, weiß gar nicht mehr, was Hawks zuvor gefragt hat…wobei…oh, doch, es fällt ihm wieder ein. Er brummt nur, gibt aber keine direkte Antwort, was Hawks den Kopf schief legen lässt.

„Bitte sag mir, dass wir kein Problem haben. Nicht schon wieder.“

Irritiert sieht er den Jüngeren an, braucht einen Moment, um zu verstehen.

„Nein“, erwidert er dann. „Haben wir nicht. Ich…schon gut. Es ist alles in Ordnung.“

Ihm entgeht Hawks‘ Skepsis nicht, doch er fragt nicht weiter nach; besser ist es, denn Enji will das hier nicht weiter ausführen.

„In einer Stunde kannst du verschwinden“, fügt er noch an und sieht, wie Hawks stutzt. „…ich komme nach.“

Anscheinend hat er geglaubt, dass es doch ein Problem gibt, denn er lächelt ihn an. Es ist ein erleichtertes Lächeln. Eins, das ihm warm werden lässt…und das ihm gut tut. Nein. Kein Problem…aber Enji kann es kaum erwarten, hier wegzukommen.
 

Diesmal ist es wieder ein Hotelzimmer. Enji hat es bereits vor der Gala reserviert und darauf geachtet, dass es nicht in der besten Gegend liegt. Das Letzte, was er will, ist, jemanden überraschend zu treffen. Er hat gerade die Tür hinter sich geschlossen, als sich das Federvieh auch schon auf ihn stützt – und das ist nicht übertrieben. Er sieht nur rote Federn und Bernstein, schmeckt den süßlichen Wein an Hawks‘ Lippen…und er ist verloren.

Er prallt im ersten Moment gegen die Tür, da der Jüngere viel Schwung genommen hat, dabei sein Hemd packt. Enji stöhnt in den leidenschaftlichen Kuss, während er seine Arme unter Hawks‘ Hintern schiebt und ihn hochhebt. Der Winged Hero schlingt sofort die Beine um ihn, klammert sich an ihn, ohne ihre Lippen voneinander zu lösen. Bereits jetzt spürt er die Erregung des anderen durch die Hose…und verdammt, er will ihn. So sehr, wie er noch nie einen anderen Menschen gewollt hat.
 

Hawks hält die Zügel in der Hand, während sie einander die Haare zerwühlen, an der Kleidung reißen, um mehr Haut zu spüren…und sich schließlich nackt im Bett zu räkeln. Jedes Mal, wenn ihn die Federn streifen, jagt es ihm einen Schauer über den Rücken. Hawks sitzt auf ihm, lässt sein Becken kreisen, was Enji keuchen lässt. Sein Glied presst sich so hart gegen das des anderen, dass er befürchtet, dass er allein von Hawks‘ Anblick kommt.

Er will mehr, will es rauszögern…obwohl er sonst eher ungeduldig ist. Seine Pranken liegen an den schmalen Hüften, während sich Hawks auf ihm bewegt…sich die Lippen leckt und leise stöhnt.

„Scheiße, ich will dich!“, hört er ihn raunen und schaudert erneut.

Wie kann man so ungehemmt sein? So einfach aussprechen und zeigen, was man will? Selbst in dieser Situation kann Enji es nicht über sich bringen, etwas Ähnliches zu sagen. Stattdessen greift er in Hawks‘ Nacken und zieht ihn zu sich runter, um abermals nach seinen Lippen zu schnappen. Dass das hier mehr als Sex ist…steht für ihn spätestens jetzt außer Frage. Dafür…fühlt er zu viel. So sehr er es auf eine belanglose Affäre herunterbrechen will…das ist es einfach nicht. Das Feuer in seinem Inneren lodert auf, als er spürt, wie Hawks‘ Hand zwischen ihre Körper gleitet…anscheinend hat er verstanden, dass es heute nicht zum Äußersten kommen wird. So sehr Enji ihn auch will…diesen Schritt kann er nicht gehen. Noch nicht. Keine Ahnung wann…

„Is…okay…nicht denken…mh…nicht jetzt…hah…“, nuschelt Hawks gegen seinen Mund, als hätte er seine Gedanken gelesen. „Mh…so gut…~“

Er stöhnt gegen Hawks‘ Lippen, die sich gegen seine eigenen bewegen…spürt dessen Finger an seinem Glied und drückt ihm sein Becken entgegen. Mit der freien Hand streichelt er über Hawks‘ Seite, seinen Rücken…hinab zu seinem Hintern und wieder hoch. Er verliert sich…wie jedes Mal, wenn sie auf diese Weise zusammen sind.
 

Sie gehen danach nicht direkt duschen – obwohl der Impuls da ist und Enji ihm nur schwer widersteht. Zwischen ihren Körpern klebt es, sie sind verschwitzt und eigentlich kann er das nicht leiden. Allerdings ist es unmöglich, sich von Hawks zu lösen, wenn sich dieser so an ihn schmiegt, das Gesicht an seiner Brust vergraben. Enji bleibt mit ihm liegen, während der Fernseher leise läuft…und er Hawks durch die blonden Haare krault.

Nein, das hier ist mehr als eine Affäre und es macht ihm gewissermaßen Sorgen…weil er nicht weiß, wohin das hinführt…oder was in Hawks‘ Kopf vor sich geht.

Enji lässt die Finger zu seinem Nacken hinabgleiten, bis hin zum Rücken, von wo aus er die roten Flügel berührt. Er fährt durch die dichten Federn, streift sie vorsichtig mit den Fingerkuppen. Einige sind weich und flauschig, andere fühlen sich steif und regelrecht scharf an.

Ein wohliges Seufzen ertönt von dem Winged Hero, während dieser weiter an ihn gelehnt bleibt.

„…du weißt, dass es…sowas nicht geben wird. Das…von vorhin, meine ich. Mit uns.“

Enji weiß nicht, warum er es sagt. Vielleicht muss er es für sich selbst klarstellen. Vielleicht liegt es an seinen Gefühlen, die er nicht einordnen kann, die aber definitiv tiefer gehen, als es ihm lieb ist.

Hawks hebt den blonden Wuschelkopf, sieht ihn mit müdem Blick fragend an.

„Huh?“

„…du weißt, was ich meine“, beharrt Enji. „So ein…was All Might mit…“

„Oh“, kommt es dumpf von Hawks. „Du meinst ein Outing.“

Enji nickt, bereut gleichzeitig, es angesprochen zu haben. Es ist ihm plötzlich unangenehm, weil er nicht weiß, wie Hawks wirklich dazu steht. Ob er hiermit eine Grenze überschreitet, denn…nur weil er mehr in das zwischen ihnen hinein interpretiert, muss Hawks nicht genauso fühlen. Was denkt er sich eigentlich? Hawks ist jung und attraktiv, steht am Anfang seine Karriere…das hier ist nichts für immer.

„Vergiss es“, murrt er und ärgert sich über sich selbst. „War ein harter Tag, ich-“

Er stockt, als sich Hawks auf ihn rollt, sich mit den Ellenbogen auf seiner Brust abstützt und seine Wangen umfasst.

„Ja. Ich weiß“, erwidert er ruhig und sieht ihm dabei in die Augen. „Versteh mich nicht falsch, Endeavor-san…aber ich will genauso sehr wie du, dass das mit uns…nun…unser Geheimnis bleibt. Es ist das Einzige, was ich…“

Hawks stockt, denn anscheinend hat er schon wieder etwas sagen wollen, bei dem er sich nicht sicher ist, ob er es preisgeben kann. Dann aber überwindet er sich, seine Mimik glättet sich.

„…für mich will“, endet er schließlich.

Enji sieht ihn an und spürt sein Herz schon wieder rasen, denn obwohl er die Worte nicht ganz versteht, merkt er, dass das mit ihnen auch für Hawks etwas Besonderes ist. Das Einzige, was er für sich will. Wie meint er das? Sollte er nicht alles haben können, was er sich wünscht? Was ist das für eine Bitterkeit in Hawks‘ Blick?

„Du kannst mit mir reden.“

Es ist die indirekte Frage danach, ob alles in Ordnung ist. Ob ihn etwas belastet, das er mit ihm teilen will. Hawks hält inne, weitet seine Augen leicht, als wäre das ein absurder Vorschlag…doch dann lächelt er. Es ist ein stilles, warmes Lächeln, das etwas in Enji trifft. Was verschweigt er ihm?

„Ich rede doch schon genug“, gibt er schmunzelnd zurück und lehnt die Stirn an seine. „Danke, aber…das hier ist perfekt. So wie es gerade ist.“

Damit drückt er ihm einen Kuss auf die Lippen und kuschelt sich wieder an ihn. Enji ahnt, dass er etwas verdrängt, so wie er selbst es auch oft tut. Andererseits hat Hawks Recht; das hier ist perfekt. Gerade ist es das. Für sie beide.

Enji lehnt sich zurück und fährt fort, Hawks durch die Haare zu streicheln. Entschlossen, jeden Moment zu genießen. Egal, von welcher Dauer diese Momente sein werden.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Palmira
2020-10-13T17:48:52+00:00 13.10.2020 19:48
Das ist so gut.
Angefangen bei der sprachlichen Qualität - wo es nicht nur keine Fehler gibt, sondern dein Stil so flüssig zu lesen ist; eher nüchtern, weil Enji der Erzähler ist, aber immer wieder aufgelockert mit Chatnachrichten, einzelnen Momenten der Poesie und Introspektive, die sich so angenehm liest, obwohl der Charakter kein leichter Stoff ist. Im ersten Moment war die Erzählzeit ungewohnt und ich musste eine Weile Sätze zwei Mal lesen, aber wenn man sich daran gewöhnt hat, ist es dynamisch und macht das mit der Introspektive "direkter".
Überhaupt - wenn es eher düster wird, weil Enji in Gedanken versinkt, ist Hawks' entgegengesetzter Sprachstil mit seinen flapsigen Bemerkungen superlustig. Nicht so, dass es etwas ins Lächerliche zieht, sondern es puffert die Kapitel gerade genug dagegen ab, traurig zu werden. Ich musste beim Lesen ständig schnauben, weil ich es wirklich witzig fand... und Enji hat keine Chance.
Handlungsweise ist es... so toll charakterisiert. Nicht verharmlosend und unter Einbindung von ganz gewöhnlichen Problemen eines Mannes mittleren Alters, der mit seinem Liebesleben eigentlich abgeschlossen hat und nicht aus seiner Haut kann. Beides lässt ihn bei dir aber nicht wie einen unterlegenen Charakter wirken, der zu irgendetwas gedrängt wird - er beobachtet Hawks genug und analysiert diesen, kann sich nur keinen Reim darauf machen. Großartig sind auch Details wie Intimität mit jemandem von vergleichbarer Stärke und die entgegengesetzten Lebenswirklichkeiten von einem jungen und einem älteren Mann. Das ist alles einfühlsam erzählt, ohne dass man dir irgendeine Wertung anmerkt (wie zum Beispiel beim Umgang mit Social Media).
Hawks ist sowieso klasse. Er lockert die Geschichte auf, aber das ist natürlich nicht alles - du bringst rüber, dass er sehr zäh und selbstbewusst ist, kein bisschen eingeschüchtert, aber eben auch nicht so oberflächlich, wie er tut. Ich liebe die Dynamik, die sich zwischen den beiden entwickelt und zunehmend auch von Enji ausgeht - und oh, das Ende dieses Kapitels war natürlich die Punchline. Ich war auch ohne nachzudenken davon ausgegangen, dass Hawks etwas Offizielles will, aber... tatsächlich, warum. Das war so ein kribbeliger Moment!

Falls ich das jetzt noch nicht ausreichend zum Ausdruck gebracht habe... Ich finde, dass das eine wirklich tolle Geschichte ist. Ich würde so gern mehr davon lesen, aber hetz' dich nicht. Ich lese das einfach noch mal!
Antwort von: lunalinn
17.10.2020 11:43
Hey :)
Ich hab mich riesig gefreut, als ich diesen langen Kommi gesehen habe.
Ich schreibe wirklich nicht oft aus dieser Perspektive und freue mich daher, dass sie bei dir so gut ankommt...ich denke auch, dass man sich aus dieser Sicht dem Charakter noch mal näher fühlt...und ich wollte es mal ausprobieren.
Die FF war ja eine spontane Entscheidung, weil EndiHawks eines meiner Lieblingspairings aus Bnha ist.
Ich mag die Dynamik zwischen den beiden und dass Enji, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht, Hawks nicht überlegen ist.
Umso mehr freut es mich, dass es so gut rüber gekommen ist.
Ich möchte hier auf jeden Fall weiterschreiben, aber aufgrund der momentanen Situation ist es schwer, kreativ zu sein und sich aufzuraffen.
Solche Kommentare sind da wirklich hilfreich, also danke noch mal und ich bemühe mich, hier bald mal wieder etwas neues zu posten. ^^

LG


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