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und dann war alles anders

von

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Montag, 6. August 2018 – Vormittag

Der erste Schultag meines letzten Jahres in der High School begann – wie sollte es anders sein – mit einem extrem fetten Kater!

Mir war schlecht, mein Schädel dröhnte und die Hitze und Sonne draußen machten es nicht gerade besser. Ebenso wenig wie die Tatsache, dass ich in das Schuljahr mit meinem „Lieblingsfach“ starten durfte: Mathematik.

Mein Schädel!

Ich rieb mir die Schläfe und dankte Gott für die Erfindung der Sonnenbrille.

„Serena, nimm bitte die Brille ab.“ – das war ja so klar. Mr Byrd gönnte mir mal wieder gar nichts. Weder Spaß noch Linderung der Schmerzen.

Grummelnd nahm ich das Gestell von der Nase und kniff sofort die Augen zusammen.

Warum war Sonnenlicht nur so verflucht hell?

Unter dem missbilligenden Blick unseres Lehrers und dem schadenfrohen Gesichtsausdruck meines Bruders fing der gesamte Kurs an zu kichern. Mehr als die Hälfte von ihnen war wohl ebenfalls bei der Party am Vortag gewesen und konnte sich mit Sicherheit an mehr erinnern als ich.

„Hier Mausi, trink das.“

„Dank dir, Süße…“, murmelte ich und nahm den heißen Kaffeebecher von Grace entgegen. Sie grinste als sie mir dabei zusah, wie ich angewidert das Gesicht verzog. Sie liebte das Gebräu schwarz, ich war mehr für extra viel Milch.

„Ein wenig über die Stränge geschlagen?“, quetschte mich die Blonde weiter aus, während Mr Byrd mit dem Unterricht fortfuhr.

„Muss wohl, ich weiß gar nichts mehr. Und ihr habt Schuld!“

„Wir?“, fragte Grace verdutzt.

„Ja ihr! Ich wollte eigentlich was mit meinen besten Freunden unternehmen und dann seid ihr nicht da.“

Ich wollte sauer klingen, führte mich aber wohl eher wie ein bockendes Kleinkind auf, was Grace zum Lachen brachte. Gegen so etwas war sie immun.

„Ja, wir haben alle mitbekommen wie pissig du warst.“, verkündete sie.

„Alle?“, och nein… Das hieß wohl ich musste mir wieder eine große Entschuldigung einfallen lassen.

„Na ja, wir kommen damit klar, aber Lavinia hat ziemlich schiss vor dir bekommen.“

Ich grummelte. Ok, die war absolut egal. Wie viel Mitgefühl sollte ich mit einer haben, die sich einfach so in meine Clique drängte?

Grace sah mich weiterhin kichernd von der Seite an, während ich die Beine übereinander schlug und meinen kurzen Rock richtete.

„Also, schon irgendwelche Pläne für Sport heute?“, fragte Grace weiter. „Oder wirst du dich mit Elli wieder vor dem Lehrer verstecken?“

„Hundert pro verstecken!“, entschied ich. „Sehe ich so bekloppt aus zu Sport zu gehen? Heute ist Fußball dran! Vergiss es!“, ich winkte ab und lehnte mich zurück…

Was laberte unser Lehrer eigentlich an der Tafel?

Wie immer hatte ich nichts begriffen…

Wie sehr ich die Schule hasste!

„Ich gehe jede Wette mit dir ein, dass ich dieses Schuljahr wiederholen muss.“, verkündete ich wenig erfreut. „Mein Vater wird mich killen!“

„Wenn du ihn umgehen willst: Zieh doch ins Wohnheim! Ist ganz lustig bei uns.“

Ich lachte sarkastisch.

„Nein, ganz sicher nicht. Elli sieht furchtbar aus, seit sie da wohnt.“

„Serena, Grace, störe ich euch vielleicht?“, fragte Mr Byrd seufzend. „Vielleicht möchte eine von euch diese Aufgabe gerne an der Tafel lösen?“

„Nein Danke.“, Grace Lächeln war zum dahinschmelzen. „Aber würden Sie es uns noch einmal erklären? Das wäre gut. Aber bitte so, dass es auch verständlich ist.“

Das war sichtlich nicht die Antwort, die Mr Byrd hören wollte. Er seufzte erneut, während die Klasse zu Kichern begann – aber ob wegen seiner Reaktion, ihren frechen Worten oder weil sie sich über uns lustig machten konnte ich nicht sagen. Schließlich reichte Mr Byrd die Kreide an Kathrin weiter, die Klassenstreberin aus der ersten Reihe.

„Kathrin, bitte erkläre es doch noch einmal für alle.“, bat er und setzte sich frustriert auf einen Beistelltisch unter dem Fenster.

Grace rollte die Augen.

„Ich sagte verständlich.“, knurrte sie zu mir rüber und ich musste grinsen. Kathrin konnte tatsächlich nicht erklären. Sie war wohl sehr gut – sie und mein Bruder waren Klassenbeste – aber an sich plapperte sie nur jedes Wort nach, das der Lehrer bereits gesagt hatte.

„Das ist traurig.“, erklärte ich grinsend.

„Das ist Folter!“

„Apropos Folter, weißt du denn, was mit Elli ist? Hat sie dir inzwischen gesteckt, warum sie ins Wohnheim gezogen ist?“

Grace schüttelte den Kopf.

„Nicht ein Wort, sorry… Aber dass ihr Verhältnis zu ihrer Mutter irgendwann eskaliert war ja klar, oder?“

Ich zuckte nur die Schultern.

Leicht getroffen hatten wir es wohl alle nicht…

„Und du? Hast du diese Ferien mal deine Eltern gesehen?“, Grace wollte gerade antworten, als es zur Pause klingelte.

Endlich.

Eilig griffen wir unsere Materialien und wollten gerade flüchten, als Mr Byrd erneut das Wort an uns richtete.

„Grace, Serena, wartet bitte noch einen Augenblick.“

„Na toll, jetzt gibt es Ärger.“, grummelte ich in Graces Richtung, aber sie beachtete mich gar nicht – starrte lediglich Mr Byrd an.

Was war das denn für ein Ausdruck in ihren Augen…?

Ich runzelte die Stirn, doch ehe ich sie aus ihrem Traum reißen konnte war sie schon auf den schwarzhaarigen Mann mit den asiatischen Wurzeln zugetreten. Ich folgte wenig begeistert.

Mr Byrd steckte seine Utensilien in eine Tasche und setzte sich dann auf den Tisch. „Mädels, ihr braucht dringend Nachhilfe.“, verkündete er sichtlich enttäuscht.

Ich dagegen stöhnte gefrustet auf. Na toll, als ob wir nicht schon genug Zeit unseres Lebens in der Schule verschwendeten.

„Vielleicht sollten Sie einfach den Stoff besser erklären?“, verkündete Grace hart und ich sah sie überrascht an. Sie schien wirklich verletzt von seinem Entschluss. „Und es hilft ganz sicher nicht diese kleine Streberin Kathrin an die Tafel zu schicken.“

„Ich habe aber die Erfahrung gemacht, dass ein Schüler es den anderen oft besser erklären kann.“, konterte er mit leicht überraschtem Unterton – ihre scharfe Zunge überhörte er gekonnt.

„Ja, vielleicht, aber nicht bei Kathrin. Die wiederholt doch lediglich Ihre Worte.“

„Ok, was haltet ihr dann von Marco?“, schlug er unschuldig vor und sah uns beide an.

„Aber nur wenn sie mir vorher einen Kopfschuss verpassen.“, entschied ich.

Niemals! Nie würde ich freiwillig mit diesem Typen lernen.

Mr Byrd seufzte frustriert.

„Man Mädels, ihr macht es mir echt nicht leicht. Fakt ist, dass das so nicht weiter geht. Ihr seid die letzten beiden Jahre nur gerade so durchgekommen und dieses Jahr wird nicht gerade einfacher. Besonders was die Prüfungen angeht.“

„Dann erklären Sie es halt besser, damit wir es auch verstehen!“, forderte Grace erneut und er sah sie einen Moment an.

Einen Moment, in dem Grace leicht rot wurde?

Mr Byrd seufzte schließlich.

„In Ordnung. Wärt ihr damit einverstanden bei mir Nachhilfe zu nehmen?“, fragte er dann.

Ich wollte schon protestieren – ich hatte wirklich keine Lust noch mehr Zeit in der Schule zu verbringen – als Grace schon verkündete: „Das wäre wundervoll!“

Entsetzt sah ich in ihr freudiges Gesicht.

War die noch ganz bei Trost?

Doch es war schon zu spät. Unser Lehrer nickte und nahm seine Tasche.

„In Ordnung. Ich schaue mir meinen Plan an und dann reden wir nachher in Chemie.“, bot er an.

„Das klingt gut!“

Grace strahlte so sehr, dass ich ihr am liebsten Links und Rechts eine geklebt hätte, damit sie wieder zur Vernunft kam…

Es klingelte und Mr Byrd sah auf.

„Na dann los, Mädels, auf zum Unterricht. Wir sehen uns nachher.“

Das ließ ich mir nicht zweimal sagen. Ich ergriff sofort die Flucht und ging eigentlich davon aus, dass Grace mir folgen würde, aber als ich mich auf dem Flur nach ihr umsah stand sie noch immer im Klassenzimmer neben Mr Byrd und unterhielt sich mit ihm.

Verständnislos betrachtete ich diese Szenerie.

Seit wann war sie so sehr darauf versessen sich bei ihm einzuschleimen? Nur wegen des Abschlusses?

Als sie ihn endlich den Raum abschließen ließ und er sich eilig davon machte, um zu seiner nächsten Klasse zu gelangen, sah ich Grace fassungslos an.

„Können wir?“, fragte sie breit grinsend und unschuldig.

„Nachhilfe? Echt jetzt?“, fragte ich sie entsetzt, aber sie zuckte nur die Schultern: „Bei ihm ist das doch in Ordnung, oder?“

Ich seufzte.

Na ja ok, sie hatte ja Recht. Wir brauchten bessere Noten und: „Zumindest nicht mit Marco. Ich meine, geht ’s noch? Der muss doch wissen, dass wir uns nicht verstehen und dann will er, dass er uns Nachhilfe gibt?“

Grace kicherte. „Es wird schon nicht soweit kommen.“

„Hoffen wir es!“

Wir schoben die Tür zum Treppenhaus auf und eilten die Stufen hinauf in die Etage, wo unser Geschichtsraum war.

Als wir die Tür aufstießen, sahen uns die ganze Klasse und der Lehrer Mr Graham entgegen.

„Hups, sorry“, sagte ich grinsend und ging zu meinem Platz neben Elli. „Wir wurden von Mr Byrd aufgehalten.“

„Aha“, machte der große muskulöse Footballtrainer nur und musterte uns wenig überzeugt. Er hasste es, wenn jemand seinen hoch wichtigen Unterricht störte.

Als ich meine Sachen auf meinem Tisch ablegte streifte mein Blick den von Marco.

Beinahe angewidert sah er mich an…

Ich verkniff mir jedes Kommentar und wollte mich gerade setzen, als ich einen pinken Haarschopf erblickte…

Moment, Pink? Wer bitte hatte denn so wenig Geschmack, dass er pinke Haare trug?

Zwei Plätze neben mir saß ein Mädchen, das ich noch nie gesehen hatte. Da Nahele zwischen uns saß war mir sofort klar: Das musste diese Lavinia sein.

Seine Cousine.

Na klasse…

Schlagartig hatte ich wieder schlechte Laune und ließ mich auf meinen Platz fallen, während Mr Graham sich herumdrehte, seine langen brünetten Haare zusammenband und dann weiter an der Tafel schrieb.

„War Mathe so schlimm, dass ihr länger bleiben musstet?“, fragte Nahele neben mir neckend.

„Nicht ganz, er will, dass wir Nachhilfe nehmen.“

Er zog scharf die Luft ein.

„Oh nein! Der Weltuntergang“ – ich warf ihm einen vernichtenden Blick zu. Er verarschte mich schon wieder.

„Und bei wem?“, fragte Elli und warf kurz einen Blick zu Marco etwas weiter hinter uns. Sie war zwar in einem anderen Kurs, aber sie wusste, dass er einer der Besten des Jahrganges war.

„Nein, der zum Glück nicht.“

Sie stieß erleichtert die Luft aus, da stupste mich wieder Nahele an. Er lehnte sich weit zurück, sodass seine Cousine zaghaft an ihm vorbei lächeln konnte.

Och nö, musste das sein?

Ich wollte mich jetzt nicht mit der Neuen befassen. Ich hatte genug andere Probleme – sie war zwar eines davon, aber deswegen musste ich doch nicht mit ihr Kommunizieren, oder?

„Hi, ich bin Lavinia.“, raunte sie mir zu.

Ja doch, das wusste ich schon! Und ich hatte absolut null Interesse daran sie kennen zu lernen.

Ich schätze, dass sie es merkte, denn ich musterte sie einmal abschätzig von oben bis unten.

Süß, unschuldig… aber PINK als Haarfarbe?

Nein, sie war mir alles andere als sympathisch.

Spöttisch zog ich eine Augenbraue nach oben und wandte mich dem Unterricht zu.



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