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Cursed or not

von

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Verborgen - Etwas Besonderes

Dean: "You made an exception for me."

Castiel: "You're different."


 

Lautes Schweigen in seinem Kopf. Das Klopfen von Regentropfen gegen die marode Fensterscheibe. Sein eigener Atem hallte in seinen Ohren. Dean schloss die Augen, versuchte sich zu erinnern, wie es gewesen war. Spätes Erkennen. Vielleicht zu spät. Glück war etwas, das anderen Menschen passierte.
 

Was war bloß los mit ihm? Wieso schoss ihm dieser abwegige Gedanken durch den Kopf während er mit Cas sprach? Missmutig rührte Dean in seinem längst erkalteten Kaffee. Ich liebe dich auch. Der Impuls hatte ihn erschreckt, mehr als erschreckt, es hatte ihm Angst gemacht.
 

„Dean?!“
 

Der Angesprochene sah auf in Sams fragendes Gesicht: „Hm?“
 

„Du hast mir ja gar nicht zugehört.“
 

Das hatte er nicht. Viel zu sehr beschäftigten ihn die kürzlichen Ereignisse. Erledigt fuhr Dean sich mit der flachen Hand über das Gesicht. Dieser Engel raubte ihm noch den letzten Nerv. Hoffentlich merkte sein Bruder nicht, was in ihm vorging, das wäre wirklich demütigend. Dieser schien nicht verärgert zu sein, besorgt vielleicht. Dann zog er immer die Stirn kraus, so wie jetzt.
 

„War in Gedanken“, antwortete Dean.

Genau genommen war Castiel in seinen Gedanken. Nicht wortwörtlich, aber er spukte ihm in seinem Kopf herum, alles kreiste um diese eine Person. Als ob es nicht schon genug wäre, dass er in seinen Träumen auftauchte. Er war überall, nur nicht in seiner Gegenwart. Ob er es wohl jemals wieder sein würde? Ob der Engel jemals zurückkommen würde? Und wollte er das überhaupt? War es nicht vielleicht besser, wenn sie sich nie wieder sehen würden?
 

Wenn er Castiel ansah, sah alles, was er je gewollt hatte. Er sah sich selbst an und sah nichts, was er verdiente. Er hatte Dinge getan… schreckliche Dinge. Wie konnte er zulassen, dass der Engel bei ihm blieb? Durch seine Gefühle für Cas brachte er ihn in Gefahr. Eines Tages würde er sein Verderben sein, wenn er das nicht längst schon war. Zu viel schon hatte Cas für ihn opfern müssen. Dean wusste, er müsste ihn gehen lassen, aber dazu fehlte ihm die Kraft. Stattdessen hatte er den Engel stets in seiner Nähe behalten, zwar immer mit einigem Abstand, jedoch nie gänzlich fort. Weil er ihn brauche… Er brauche ihn so sehr… Und das war das Egoistischste, das er je getan hatte.

Abstand – Ja, Dean hatte ihn am ausgestreckten Arm verhungern lassen, gehalten und doch von ihm weggestoßen. Er hatte Angst. Angst ihn einzulassen und Angst, dass er ging. Aber das war keine Entschuldigung, denn er hatte dabei immer gewusst, was er Cas damit antat. Wenn auch nicht in dem Ausmaß, wie er nun erkannt hatte, aber er hatte es gewusst und doch nie beendet.
 

„Habe ich gemerkt.“ Sam machte sich in der Tat Sorgen. Die Nacht mit Castiel hatte bei seinem Bruder offenbar Spuren hinterlassen und das nicht nur körperlich. „Ich weiß, wie du dich fühlst, Dean.“
 

„Nein, das weißt du nicht! Du weißt nicht, wie es ist, wenn… wenn…“, er suchte nach Worten und fand doch keine für das, was geschehen war.
 

„Doch“, erwiderte der Jüngere mit fester Stimme, „Doch, das weiß ich.“
 

Dean sah ihn ungläubig an: „Du hast…“
 

„… es mit einem Mann getan?“, beendete Sam, „Ja, das habe ich.“ Sein Blick nahm einen glasigen Ausdruck an. „Das, was er mit mir gemacht hat… Ich wusste nicht, dass mein Körper so -“
 

„Whoa, stopp Sam! Keine Details!“, unterbrach ihn der Ältere und hob abwehrend die Hände. Er wollte wirklich keine Einzelheiten aus dem Sexleben seines kleinen Bruders wissen und erst recht nicht seine Experimente mit einem Mann. Nicht nachdem, was sich beim letzten Neumond zugetragen hatte. Nicht nachdem, was Cas getan hatte. Nicht nachdem, wie es sich für ihn selbst angefühlt hatte. (1)

Und doch zögerte er. Sam war vielleicht der einzige, der ihn verstehen würde. Wem sollte er sonst davon erzählen? Davon, dass es wehtat. Davon, wie sehr es ihn erschüttert hatte. Er wollte ihn fragen, ob es immer so sein würde, ob er immer solche Schmerzen haben würde. Aber dann beschloss er, dass er mit niemandem außer mit Cas darüber reden sollte. Er sollte ihm sagen, dass es okay ist.
 

Sam grinste und schaute dann etwas verlegen zu Boden. „Es ist nicht so, dass ich auf Männer stehen würde. Also nicht generell. Aber er… er war etwas Besonderes.“
 

„Ich weiß was du meinst“, Deans Blick verlor sich in der Ferne und so bemerkte er nicht, wie Sam ihn mit einem wissenden Lächeln betrachtete.
 

Dean schüttelte den Kopf als wollte er seine Gedanken loswerden und wechselte das Thema: „Wann ist das gewesen? Ich habe dich nie mit einem Kerl anbandeln sehen.“

Er hoffte, er hatte Sams Outing nicht vermasselt. Sein Bruder sollte nicht das Gefühl haben sich für irgendetwas in dieser Hinsicht rechtfertigen zu müssen. Schon immer war Sam ein aufgeschlossener Mensch gewesen, der nicht in Schubladen dachte. Und solange es ihn glücklich machte, war Dean der letzte, der sich dem in den Weg stellen würde.

Aber er wunderte sich doch sehr, denn normalerweise erfuhr er früher oder später von jeder der spärlichen Liebschaften seines jüngeren Bruders. Sam war nie solch ein Rumtreiber gewesen wie er selbst. Wenn sein Bruder etwas mit jemandem anfing, dann meinte er es ernst. Und dann war sie gestorben, jedes mal. Oder er. Der Preis ihres Jobs. Deswegen ließ Dean sich niemals auf etwas Festes ein. Was man nie hatte, musste man auch nicht vermissten. Was man nie festhielt, musste man nicht loslassen. Damit andere nicht seinen Preis bezahlen mussten. Schon zu viele hatten das getan. Jeder, der ihm je etwas bedeutet hatte, war gestorben, manche sogar mehrfach, wie Sam und Cas. Er war wie Gift. Jeder, den er… gern hatte, war dem Untergang geweiht. Charlie, Kevin, Benny, Jo, seine Mutter, sein Vater, Bobby… sie alle waren tot. Lieben bedeutete zerstören.
 

„Konntest du auch nicht. Du warst tot.“ Sam starrte ins Leere, gefangen in Erinnerungen.
 

„Sammy?“

Ihr ganzes Leben lang befanden sie sich zusammen auf der Flucht, auch wenn sie es Jagd nannten. Der Ältere konnte nicht anders als sich schuldig zu fühlen, seinen Bruder allein gelassen zu haben. So irrational dieses Empfinden auch war, aber er hätte für ihn da sein müssen, immer.
 

Auf Deans fragenden Gesichtsausdruck hin fuhr er zögernd fort: „Erinnerst du dich an die Sache mit der Zeitschleife? Die Dienstage, immer und immer wieder… Und dann, dann wurde es Mittwoch und du starbst. Gabriel, er… Ich hätte alles getan, um dich zu retten…“
 

Alles Blut wich aus Deans Gesicht, er wurde kreideweiß. „Sam… nein…“, er musste hart schlucken. Was hatte Sammy getan? „Bitte sag mir, dass du nicht…“, er konnte es nicht aussprechen. Er wollte es nicht mal denken, sich nicht vorstellen, wie sein kleiner Bruder…
 

„Es war nicht so wie du denkst. Und das auch nur anfangs.“
 

Dean wusste nicht, wie er die Worte seines Bruders deuten sollte, und wenn er ehrlich war, wollte er das auch gar nicht. Eine angespannte Stille breitete sich zwischen ihnen aus. Beide starrten in ihre Kaffeetassen, jeweils ihren Gedanken nachhängend, bloß nicht dem Blick des anderen begegnen, um nicht preiszugeben, was hinter dem eigenen lag. Dean schloss die Augen. Was hatte sein Bruder noch alles für ihn getan, wovon er nichts wusste?
 

„Wieso hast du nie etwas gesagt?“ Was für eine dumme Frage, schalt Dean sich selbst. Hätte er Sam sowas erzählt? Gewiss nicht. Er hätte nicht gewollt, dass Sam sich für irgendetwas die Schuld gab. So wie er ihm nicht erzählt hatte, dass er seine Seele für ihn verkauft hatte. So wie er ihm damals als Kind nicht erzählt hatte, dass er selbst schon seit Tagen nichts gegessen hatte, als er Sammy ihr letztes Müsli gegeben hatte. So wie er ihm nicht erzählt hatte, dass er die Lebensmittel für ihn gestohlen hatte. So wie er ihm nicht erzählt hatte, was ihr Vater mit ihm gemacht hatte, als er nicht gut genug auf seinen kleinen Bruder aufgepasst hatte und dieser unter seiner Aufsicht weggelaufen war. (2)
 

„Er hat es mich vergessen lassen“, unterbrach Sam seine Gedanken, „Erst an diesem einen Tag in dem Hotel der heidnischen Götter, da hat er den Gedächtniszauber wieder aufgehoben. Ich glaube, Gabriel wollte, dass ich mich an ihn erinnern würde, an alles. Er muss gewusst haben, dass er sterben würde.“
 

„Das… das tut mir leid, Sam.“ Dean wusste nichts, was er weiter sagen könnte. Er fühlte sich schlecht, weil er nicht die richtigen Worte fand. Gab es überhaupt Worte für Situationen wie diese?
 

Gäbe es ein Paralleluniversum oder eine zweite Chance, es würde doch immer auf dieselbe Weise enden. Gabriel würde sich opfern. Denn so war er. (3)

Sam schaute auf seine Hände, die noch immer die Kaffeetasse umklammert hielten. „Entweder er oder ich. Und er hat sich für mich entschieden.“ Nicht nur für das höhere Wohl, sondern für einen einzelnen Menschen. So unterschiedlich die beiden Engelsbrüder auch waren, darin glichen sie sich. „Castiel hätte genau dasselbe getan, für dich. Er hat es getan. So oft.“
 

„Mhm…“ Dean schien abwesend.
 

Was wollte Sam da andeuten? Dass Sam ihm überlegen war, dass er Zusammenhänge begriff, die er selbst gar nicht erst zu verstehen suchte, beschäftigte Dean weniger als die Blicke, die der manches Mal in die Ferne richtete. Dann verschwand Sam vor seinen Augen, obwohl dessen Körper bei ihm blieb, und wenn Sam zurückkehrte, dann konnte Dean sich sicher sein, dass sein Bruder einen neuen Weg entdeckt hatte, eine neue Möglichkeit, die Realität, die sie lebten, zu hinterfragen. Dean wagte nicht zu mutmaßen, zu welcher Erkenntnis er diesmal gekommen war.
 

Er warf dem Größeren einen Seitenblick zu, betrachtete ihn, während dieser nicht hinsah, und auch noch, als dieser ihn wieder ansah. Sie schauten sich in die Augen und da wusste er, dass Sam es wusste. Wie lange schon? Vielleicht schon immer. Vielleicht noch bevor er selbst es gewusst hatte. Vielleicht war Sam längst aufgefallen, was er so lange vor sich verborgen hatte.
 

Resigniert schüttelte Sam den Kopf. „Du verdammter Idiot... Er ist da draußen, er mag dich und er ist am Leben! Hast du auch nur die geringste Ahnung, wie viel Glück du hast?!“
 

Betretenes Schweigen. Das Klopfen des Regens an den Fensterscheiben.

Dann setzte der Jüngere erneut an, leiser nun, und bekräftigte: „Du kannst dich glücklich schätzen, du weißt gar nicht wie sehr.“ Sam lächelte ein trauriges Lächeln. „Mach nicht den selben Fehler wie ich. Rede mit ihm.“
 

"Don't make me lose you too."

Dean zu Castiel


 


 

1) "This whole thing couldn't be messier. You know, I used to be able to just shake this stuff off. Whatever it was. It might take me some time, but... I always could. What Cas did... I just can't..." Dean zu Emmanuel!Castiel 7x17

2) Quellen: Hunger - letztes Müsli - Dieb 1 - Dieb 2 - weggelaufen - Dad

3) Dieses Kapitel widme ich Gabriel und seinem selbstlosen Opfer 13x22.



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