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Schatten der Vergangenheit

von

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Kapitel II - Zukunftsplanung

Abends saßen sie alle zusammen beim Abendessen. Eine ungewohnte Situation für alle Beteiligten. Eri und Ginzo saßen auf der einen Seite des Tisches nebeneinander und warfen sich verliebte Blicke zu während Ran und Aoko ihnen gegenüber Platz fanden. Die jungen Frauen wussten nicht so recht, wie sie das verliebte Turteln ihrer Elternteile einschätzen sollten. Somit aßen sie schweigend.

Dann plötzlich räusperte sich Ginzo und zog die stummen Blicke der drei Frauen auf sich. „Eri und Ran, dies ist ein ganz besonderer Tag in unserem Leben.“ Er hob sein Glas an. „Aoko und ich heißen euch in eurem neuen zuhause herzlich Willkommen und wir hoffen ihr lebt euch schnell hier ein.“

Eri und Ginzo stießen mit ihren Gläsern an, schwebten im siebten Himmel und turtelten erneut miteinander. „Das hast du schön gesagt“, hauchte Eri glücklich.

Aoko und Ran tranken irritiert einen Schluck Saft und stellten dann die Gläser wieder ab.

„Aber wir haben euch noch etwas wichtiges zu sagen“, sprach er plötzlich weiter, so unverhofft dass die beiden Mädchen verschreckt aufsahen. „Eri und ich, wir werden heiraten damit unser Familienglück perfekt wird.“

Heiraten?, dachte Ran überrascht.

„Heiraten?!“, sprach Aoko es entsetzt aus.

„Ja, wir sind uns sicher das es für die Ewigkeit halten wird“, antwortete Ginzo seiner Tochter und lächelte erneut Eri zu.

Ran schluckte, ließ diese Nachricht sacken. Ihre Mutter und Ginzo hatten sich vor einem dreiviertel Jahr kennengelernt. Sie haben sich lange Zeit genommen um zu sehen ob es was festes und dauerhaftes werden könnte und dann ihren Töchtern einzeln den neuen Partner in ihrem Leben vorgestellt. Erst vor wenigen Tagen erzählte Eri ihrer Tochter, dass sie zu Ginzo ziehen. Und damit Ran Aoko auch noch vor dem Einzug kennen lernte verabredeten sich zum Abendessen.

„Die Hochzeit ist im Oktober“, fügte Ginzo noch hinzu.

In zwei Monaten?!

Eris Augen leuchteten. „Die Einladungskarten sind bereits verschickt, die Feierlichkeiten sorgsam geplant und das Brautkleid habe ich auch schon bestellt. Es fehlen nur noch die Brautjungfern“, grinste sie die beiden Mädchen an.

Es wirkte alles so voreilig und unbedacht. Aber dieses Strahlen in den Augen ihrer Mutter hatte Ran in den letzten Jahren sehr vermisst. Und Ginzo brachte es zurück. Sie sah wie ihre Mutter aufblühte und darum freute sie sich. Und so wie es klang, würden sie wohl bald einkaufen gehen.

Aoko hingegen starrte stumm auf die Tischplatte. Dann stand sie auf. „Mir ist der Appetit vergangen.“ Schon verschwand sie zur Türe raus.

Betroffen starrte Eri Aoko nach, suchte nach Worten und blickte letztendlich Ginzo überfordert an.

„Gib ihr Zeit sich an den Gedanken zu gewöhnen. Es kam sehr überraschend für sie.“

„Du willst ihr nicht nachgehen?“

Ginzo schüttelte entschieden den Kopf. „Ich werde später mit ihr reden.“

Ran blieb auch sitzen aber nicht ohne Sorge um Aoko. Sie würde gleich nach dem Essen Aoko in ihrem Zimmer aufsuchen. Sie sah wie traurig ihre Mutter plötzlich wirkte, so hatte sich diese das bei weitem nicht ausgemalt. Wohl eher rechnete sie mit der Unterstützung beider Mädchen. Wenn Ran nun auch ging, würde ihre Mutter dies ebenso negativ aufnehmen.

Bedrücktes Schweigen überschattete das gemeinsame Abendessen.

Während Ginzo und Eri den Tisch abräumten und das Geschirr spülten, ging Ran hinauf ins Obergeschoss und klopfte an Aokos Zimmertüre.

Es gab vier gleichgroße Räume. Aokos Zimmer, daneben das Bad und gegenüber Rans Zimmer sowie das Elternschlafzimmer.

„Aoko? Ich bin es, Ran“, sagte sie noch, als keine Reaktion erfolgte. Erneut klopfte sie. „Aoko?“ Vorsichtig öffnete sie die Zimmertüre und blickte hinein. Das Zimmer war leer. Besorgt runzelte sie die Stirn trat weiter ein. Neugierig sah sie sich um. Ein großer Schrank mit Spiegeltüren fand sich zu ihrer linken Seite, rechts stand ein großes Bett und vor den Fenstern ein Schreibtisch.

Ihr Blick ging hinaus in die Abenddämmerung. Auf dem Nachbarbalkon stand jemand. Neugierig ging Ran zur Glastüre und öffnete diese. Dann trat sie in die warme Abendluft hinaus.

„Welch überraschender Anblick“, erklang eine melodische Stimme und sie blickte in die blauen Augen ihres neuen Nachbarn. „Ran, richtig? Ahokos Freundin“, stichelte er. „Hat dich unser Kampfhund allein gelassen?“

Ran runzelte die Stirn, verstand nicht warum er so beleidigend war. „Weißt du wo sie sein könnte? Sie ist verschwunden.“

Kaitos Gesichtsausdruck verfinsterte sich. „Keine Ahnung, du bist ihre Freundin.“

„Wenn es so einfach wäre“, entgegnete Ran und ließ den Kopf hängen. „Ich mach mir Sorgen um sie. Aber dann werde ich einfach hier auf sie warten.“ Sie blickte auf und wieder in diesen verschlossenen Gesichtsausdruck. Von seiner charmanten Art war nichts mehr zu sehen. Irritiert über seine wechselhafte Laune sah sie ihn kurz an. Schließlich verabschiedete sie sich. „Schönen Abend“, wünschte sie ihm und hob zaghaft ihre Hand um ihm kurz zu winken. Dann kehrte sie in das Zimmer ihrer Stiefschwester zurück und setzte sich auf den Stuhl. Eine ganze Weile saß sie hier und draußen wurde es dunkel, aber Aoko kehrte nicht zurück. So beschloss Ran in ihr eigenes Zimmer zu gehen und dort zu warten. Die Türe ließ sie offen stehen, damit sie hörte wenn Aoko zurück kam.
 

Aoko konnte nicht fassen, was sie da hörte. Es kam geballt zusammen und so schnell, dass sie keine Möglichkeit hatte die Ereignisse zu verarbeiten. Es war erst vor kurzem als ihr Vater von der neuen Frau in seinem Leben erzählte und sie zum Kennenlernen einlud und vor wenigen Tagen sprach er von seiner Idee Eri und ihre Tochter bei ihnen einziehen zu lassen. Dann nahm er sie mit zu Moris zum Abendessen, damit sie Ran kennenlernte. Zwar bat er Aoko noch um ihr Einverständnis, aber sie wusste es war schon längst beschlossene Sache. Ihr blieb überhaupt nichts anderes übrig als ihm zuzustimmen. Zum Glück war Ran nett und sie verstanden sich auf Anhieb. Das machte die Sache doch erträglicher. Aber sobald schon die Hochzeit? Das war zu viel für Aoko. Sie konnte sich nicht mehr zurückhalten, stand auf und ging in den Flur. Dort zog sie sich ihre Schuhe an, schnappte sich eine leichte Jacke und ihren Schlüssel und verschwand aus dem Haus. Wohin sie gehen sollte wusste sie nicht. Sie ging einfach – nicht weit weg, sondern in den Garten. Sie folgte keinem bestimmten Ziel, aber ganz automatisch trugen ihre Beine sie zu einem vergessenen Ort. Sie ging in den hinteren Bereich, der von vielen Büschen uneinsehbar war. Lange war sie nicht mehr hier. Wie verzaubert sah sie sich um und bis auf die ausufernden Büsche, hatte sich hier nichts verändert. Sie ging weiter und stand bald vor einer in die Jahre gekommenen Hollywoodschaukel. Ein zaghaftes Lächeln bildete sich auf ihren Lippen. Fast andächtig berührte sie den verwitterten Stoff mit ihren Fingern und ging um die Schaukel herum. Durch die Berührung schwankte diese sanft, aber nicht ohne ein fieses quietschendes Geräusch von sich zu geben. Das ganze Gestell müsste dringend mal geölt werden. Sie trat auf die Frontseite der Schaukel zu. Unbewusst hielt sie dabei den Atem an, erinnerte sich an die vielen nächtlichen Stunden in dieser Schaukel und betrachtete die Vorderseite. Ein paar Spinnweben hingen unter dem Dach, ansonsten sah sie immer noch so aus wie früher. Der in grau und rot gestreifte Stoff, der sich als Dach bis über die Sitzfläche hinab zog, war in den Jahren etwas verblasst. Die Sitzbank müsste auch mal wieder geschrubbt werden. Das anthrazitfarbene Gestell sah stabil aus.

Aoko suchte nach einem Stock und fand diesen auch. Dann machte sie sich daran die Spinnweben zu entfernen. Mit der Hand wischte sie dann noch über die Sitzfläche, warf den Stock weg und setzte sich auf die Bank. Sie versank in der Schaukel. Begleitet von einem erneuten kreischen des ungeölten Metalls unter ihrem Gewicht. Sie entschied sich stillzuhalten. Es reichte ihr auch einfach nur zu sitzen und ihre Gedanken zu ordnen. So wie früher. Sie kam immer hierher, wenn sie etwas bedrückte oder beschäftigte. Es war ihr Rückzugsort – ihr Geheimversteck.

Sie gönnte ihrem Vater ihr Glück. Niemand mehr hatte es verdient glücklich zu werden, aber warum musste er so voreilig sein? Eri und er kannten sich doch erst ein dreiviertel Jahr und wollten in zwei Monaten schon heiraten? Wie ihre Mama wohl reagiert hätte? Traurig blickte sie durch die dichten Blätter der großen Linde, welche unmittelbar neben der Hollywoodschaukel in den Himmel ragte.

Das dämmrige Licht bahnte sich einen Weg durch das dichte Geäst. Sicherlich hätte ihre Mama gewollt das Papa glücklich wird. Aber eine neue Mutter in ihrem Leben zu haben, mit diesem Gedanken hatte sie sich noch nie zuvor befasst.

Schritte näherten sich.

Sofort versteifte sich Aoko. Aufmerksam lauschte sie. Niemand kam sonst hierher. Warum ausgerechnet jetzt? Und wer war das bloß?

Eine große schlanke Gestalt trat aus den Büschen heraus und blickte sie überrascht an.

Aokos Augen wurden größer als sie erkannte wer vor ihr stand. Dann fasste sie sich wieder und funkelte den Jungen mit dem braunen Wuschelkopf wütend an. Sie wollte in Ruhe nachdenken und sich nicht mit diesem Idiot auseinander setzen. „Was willst du hier, Baka?!“, zischte sie ihn an.

„Das gleiche könnte ich dich fragen, Aho“, erwiderte er ungerührt und kam näher.

„Das geht dich nichts an. Verschwinde!“, fauchte sie, aber ihre Worte prallten an ihm ab.

Er blieb vor ihr stehen und betrachtete Gedankenverloren die Hollywoodschaukel. „Ich war lange nicht mehr hier“, stellte er fest.

Aoko schluckte überrascht. Sie nahm an, dass er diesen Ort regelmäßig nutzte. Immerhin war man hier ungestört und ungesehen. Gerade für ihn und seinen Lebensstil war es der passende Ort um die Mädchen reihenweise zu verführen. „Tatsächlich ja?!“, höhnte sie. Glauben konnte sie seinen Worten nicht. „Und jetzt verschwinde endlich. Ich möchte allein sein.“

Er blickte sie an und seine blauen Augen leuchteten wissend. „Du warst immer hier, wenn du aufgewühlt warst.“

Niemand kannte sie besser als er. Und dennoch war er nicht mehr Teil ihres Lebens. „Selbst wenn es so wäre, das geht dich nichts mehr an.“ Sie zog ihre Jacke hervor und schlüpfte hinein. Bockig verschränkte sie ihre Arme vor der Brust. „Ich hab dich nicht gebeten her zu kommen!“

Seine Augen verdunkelten sich, während er sie mit frostiger Miene ansah. Er schnalzte mit der Zunge und setzte an etwas zu sagen, als Aoko ihm dazwischen fuhr: „Wenn du solange nicht mehr hier warst, was machst du dann jetzt hier?!“

„Das geht dich nichts an“, bellte er zurück.

Sie stand auf. Ein ohrenbetäubendes Quietschen durchzog dabei die sonst so stille Umgebung.

Sie blickte zu ihm auf. Diesen körperlichen Vorteil, den er oft genug ihr gegenüber ausnutzte, würde sie wohl nie ausgleichen können. Dennoch würde sie ihm immer wieder die Stirn bieten. Ihre blauen Augen blitzten ihn an. „Auf Wiedersehen!“ Mit diesen Worten drehte sie sich um und folgte ihrem Weg zurück in den Garten und ließ den Jungen stehen.

Aufgebracht über diese zweite unfreiwillige Begegnung an diesem Tag, kehrte sie zum Haus zurück. Es war bereits dunkel und viel weiter war sie mit ihren Gedanken auch nicht gekommen. Dank diesem blöden Idiot, der so wie früher, einfach ungefragt auftauchte.



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