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Ein Mirakel zwischen zwei Identitäten

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Monster außer Rand und Band

Monster außer Rand und Band
 

Vier Tage musste ich unter ärztlicher Aufsicht verbringen. VIER VOLLE DÄMLICHE TAGE! Zum Glück habe ich damit nur zwei Tage Unterricht versäumt, aber dennoch finde ich es nicht in Ordnung, dass man mich zur Beobachtung hierbehält, nur weil ich eine leichte Gehirnerschütterung und eine Prellung am Rücken habe. Zwar hätte ich auf Gymnastik verzichten müssen, jedoch wäre es kein Problem gewesen mit weichen Kissen auf den Plätzen zu sitzen, um den Unterricht nicht zu verpassen. Meine Freunde sind jeden Tag gekommen und Adrien ist solange mit Ricardo sogar dageblieben, wie es nach der Besuchszeit halt geht. Vater wollte beide wirklich anfahren, aber dem habe ich ganz gezielt einen Riegel vorgeschoben, weil ich mich in den Hungerstreik begeben würde – das zieht bei ihm immer, weil ich es zudem einmal gemacht habe und na ja, wie man es nimmt. An sich will ich das nie wieder machen, doch muss er es nicht erfahren. Gelernt habe ich trotzdem. Der dicke Wälzer war zwar ein wenig beschädigt, aber dennoch habe ich ihn behalten, obwohl der Blonde diesen erneuern wollte – pure Verschwendung. Vaters tägliche Telefonate sind immer voller Sorge um mich und dass er doch besser mehr Sicherheitspersonal auf mich angesetzt hätte – Kami, bringt mir mehr starke Nerven, bitte. Im Gegensatz dazu behandeln mich meine Freunde genauso wie vorher auch – was mir die Sache der unnützen Zeitverschwendung besser durchleben lässt. Sogar Joel und Yuura waren mit Achromas da, der sich geärgert hat, dass er bei dem Schauspiel nicht dabei war. Da ich keine Ahnung habe, ob ich das geträumt habe oder nicht, werde ich dazu keine weiteren verrückten Thesen aufstellen, zumal sich nichts geändert hat und niemand von ihnen davon erzählt. Somit kann ich diesen verrückten Traum mit den Pokémon an acta legen. Besonders mein Kopf hat es mir mit weniger Schmerzen gedankt. Rein hypothetisch gesehen, könnte man davon sicher ein Buch veröffentlichen, was in meinem Kopf vorgegangen ist – die Überschneidung zweier Welten in einem Raum. Könnte von Achromas stammen, der mich ungefragt mit einem dieser – wie Yuura sie nennt – Magnetilo scannt, bevor er sagt, dass meine Hirnströme alle in Ordnung sind. Wenigstens das klingt gut. Dass er mich jedoch ebenfalls erforschen will, führt mich zur fünften grotesken Aussage von ihm – zumal er meint, dass ich gutes Forschungsmaterial bin, weil ich mystischen Ärger anzuziehen scheine. Vielen Dank auch, Monsieur verrückter Wissenschaftler. Mir berichtet der Weißhaarige zumindest, dass das Café bald eröffnet werden kann. Es fehlen noch einige Arbeiten und dann würden er und Yuura es gerne mit mir eröffnen, was ich sofort zusage. Allerdings muss ich Yuura ebenfalls in einen Vertrag setzen, was dieser hinnimmt, solange er bei seinem Verlobten bleiben darf. Rosarote Liebe – rein und unschuldig. Keisuke war keineswegs romantisch, aber ich wollte ihn nicht so haben – er passte zu der Zeit genau in mein Herz. Heute würde ich es anders sehen, mit ein wenig mehr Erfahrung. Kurz vor meiner Entlassung bekomme ich sogar einen Blumenstrauß mit einer Genesungskarte von Monsieur Agreste – eine sehr nette Geste von dem sonst eher kalten Mann. Nach der zu langen Bettruhe freue ich mich auf die Schule – und sei es nur kleine Kabbeleien mit Chloé. Abwechslungsreich ist es allemal. Hinsichtlich einer Sache hat man vergessen mir etwas zu erzählen – dass ein Kartenspiel aus Japan Paris erobert hat. Wie konnte ich davon nichts erfahren? Genug zu tun haben wir alle, aber dass dieses Ereignis sogar als Weltmeisterschaft hier stattfinden wird, finde ich eher erwähnenswert, zumal Vater damals leidenschaftlicher Duellant war. Vorstellen kann ich es mir schon, dass er heimlich mitmachen will. In jedem Erwachsenen steckt ein Kind. Ob ich auch teilnehmen sollte, nur um ihn ein bisschen aufzuziehen? Schwierig ist das Spiel ja nicht, doch dazu komme ich später eher, weil der Unterricht Vorrang hat. Am Abend werde ich von Vater überrascht, der schon lange nicht mehr pünktlich zurückgekommen war. Betrübt scheint er zudem auch noch zu sein. Auf meine Frage hin, wieso er bedröppelt aus der Wäsche schaut, antwortet er, dass Monsieur Agreste keine Intention hat, bei solch einem Kinderkram mitzumachen, obwohl es gute Publicity wäre. Yu-Gi-Oh! und Vater wird zu einem Kleinkind, welchem man es nur schwer rechtmachen kann. Wenn ich irgendwas aus meiner Kindheit beibehalten habe, dann ist es das Bild eines glücklichen Mannes, wenn er dieses Kartenspiel spielt. Dass er vom Kung-Fu-Kämpfer zu einem Designer wurde, mit diesem Hobby ist schon ein krasser Wandel, aber er hat mir damals gesagt, dass es besser ist, als wenn er andauernd bei Wettkämpfen mit mir wäre. Er lebt wirklich eher für mich, als für sich. Deswegen wird es Zeit, dass ich ihm ein bisschen helfe, indem ich Adrien anrufe und diesen meinen Vater zeige sowie erkläre, wer diesen Zustand ausgelöst hat. Entschuldigungen bringen zwar nichts, aber bei seinem Vater ist Adrien einfach so. Nichtsdestotrotz scheuche ich ihn zu Monsieur Agreste, damit meine Idee umgesetzt werden kann. Es wundert mich, dass es ihn stört, wenn sein eigener Sohn zu ihm kommt, aber er scheint ein Arbeitstier zu sein. Solche Sprüche sind dann wohl normal. Auf alle Fälle lasse ich mich nicht so leicht abwimmeln, wie sein Sohn, den ich schnurstracks kommandiere, dass er sein Handy seinem Vater gibt.

„Ah, Mademoiselle Fleur, wie ich sehe geht es Ihnen besser, zumal Sie meinen Sohn gut im Griff zu haben scheinen.“

„Ihnen ebenfalls einen schönen Abend, Monsieur Agreste. Merci für die schönen Blumen und der Genesungskarte. Im Griff habe ich Adrien nicht, aber es geht gerade um eine Person, die Sie ebenfalls kennen.“

Ihm zeige ich eben mal meinen Trauerkloß von Vater.

„Was hat mein Geschäftspartner denn?“

Will der mich veralbern?!

„Dies müssten Sie doch wissen, Monsieur. Immerhin hat er Sie persönlich eingeladen seine Leidenschaft mit Ihnen zu teilen – womit er mich immer nur vollgelabert hat. Können Sie sich denn keinen Ruck geben? Er sieht Sie als Freund an und seit Mutters Tod hatte er nur Hosuke und mich.“

Seine Visage zeigt keine Regung, also komme ich mit der Tour wohl nicht sehr weit.

„Kinderkram bleibt Kinderkram – egal in welchem Alter man ist. Für solche Kindereien fehlt mir schlichtweg die Zeit.“

Einen Nerv hat er bei mir getroffen, denn diese abfällige Aussage reizt mich wegen dem Ton enorm.

„Monsieur Agreste, ich bin an sich recht geduldig, aber Sie haben gerade meine Geduld mit Ihrem Ton zunichtegemacht. Spielen Sie gefälligst mit Vater bei der Weltmeisterschaft mit und holen Sie sich die Publicity sowie Inspiration, sonst können Sie sich sicher sein, dass ich Ihnen maßgeblich auf die Nerven gehen werde! Schönen Abend noch!!“

Wütend beende ich das Telefonat stumpf und brauche einige Minuten um mich zu beruhigen. Diesen Ton hasse ich genauso wie affektierte Verhaltensweisen. Beides geht oftmals ineinander und da brennt meine Lunte durch. Noch seufzt Vater traurig vor sich hin und bekommt nicht viel mit – dies wirkt sich negativ auf die Arbeit von ihm aus, weswegen ich anders handeln muss, sollten meine Worte von vorhin nichts bewirkt haben. Drohungen auszusprechen finde ich weniger amüsant oder charmant, aber hier geht es um Vater – der Mann, der sich all die Jahre liebevoll, streng und aufopferungsvoll um mich gekümmert hat – da darf ich eben Löwenmama spielen. Lediglich zwanzig Minuten muss ich warten, bis ich angerufen werde – womit ich zu dieser Zeit nicht mehr gerechnet habe und es ist Adrien.

„Ich weiß nicht wie du es geschafft hast – außer mit der lauten Drohgebärde vielleicht – aber mein Papa will zumindest versuchen mit deinem Vater dahingehend eine Einigung zu finden. Er sieht es noch als Geschäft an, entschuldige.“

„Kein Ding, Adrien. Hauptsache er geht ein Stück auf Vater zu, denn ihn so zu erleben bricht mir das Herz.“

„Kann ich verstehen. Wir sehen uns morgen, Shirado. Gute Nacht.“

„Gute Nacht, Adrien.“

Den freudigen Ausruf von Vater kann ich in meinem Zimmer hören, also hat Monsieur Agreste gerade ihm den Vorschlag gemacht und wie ich ihn kenne, hat er nur das gehört, was er hören wollte. Dass die beiden an einer Weltmeisterschaft teilnehmen werden, wird sich noch in der Vorrunde der Entscheidungen feststellen. Ob Vaters Karten überhaupt zugelassen werden hier? Immerhin können nur wir beide sie lesen oder er hat heimlich neue gesammelt, ohne meines Wissens. Väter und ihre Hobbies – immer wieder eine lustige wie teure Angelegenheit. Nach den Hausaufgaben sollte ich allerdings ins Bett, denn die Angelegenheit hat mich doch mehr abgelenkt, als ich es eingeplant habe.
 

Zwei Tage später hat kaum jemand keine Yu-Gi-Oh!-Karten bei sich. Mir kommt es so vor, als ob eine Epidemie ausgebrochen ist, nur weil Paris der Austragungsort der Weltmeisterschaft sein wird. Verstehe einer die Masse. Kaum auf dem Schulvorhof werde ich von Alya in ein Interview verwickelt, weil sie wissen möchte, ob ich wirklich an der Weltmeisterschaft teilnehme, was mich verwirrt. Seit wann nehme ich Laie denn daran teil? Vater ist doch der mit dem Faible dafür. Somit erkläre ich erstmal, wer von meiner Familie daran teilnimmt und sie hakt noch nach, wieso es gerade mein Vater ist. Asiatischer und Ozeanischer Meister zu sein hat damit sicherlich auch zu tun, aber dass er es genießt, einfach mal von der Arbeit weg zu sein, gebe ich als Hauptgrund an. Ihr Interview beendet sie und zeigt mir im Internet, dass ich dennoch angemeldet wurde und zwar mit Adrien im Tag-Team, direkt unter Monsieur Agreste und Vater. Wer von denen hat das eingefädelt? Nino ist mit Alya ebenfalls dabei – nur Marinette und Nathaniel nicht. Die beiden haben allerdings an dem Tag ein Date zusammen, wie sie mir erfreut mitteilt, sodass ich in ihren Jubel mit einsteige. Endlich kommen die zwei ein Stück weiter. Zudem nimmt unser Zeichenmeister an dem Wettbewerb für den besten Designer teil. Zehn Karten muss jeder Teilnehmer entwerfen und sie schmackhaft präsentieren – also hat ihr Date einen anderen Hintergrund. Dennoch gehen wir beide davon aus, dass die zwei sich näherkommen werden. Im Unterricht erfolgt die nächste Überraschung für mich – das traditionelle Wichteln. Na toll, ich ziehe bestimmt gleich Chloé aus dem Hut, den Madame Bustier extra mitgebracht hat. Nach und nach sind andere an der Reihe und sie wartet, damit der eigene Name nicht genommen werden kann. Natürlich darf niemand wissen, wer wen gezogen hat. Schicksalhaft ziehe ich selbstverständlich Chloé und muss ein lautes Stöhnen unterdrücken, weil die anderen sofort wissen würden, wen ich habe. Zuletzt zieht Adrien, der ziemlich glücklich zu sein scheint. Wen er wohl hat? Wir werden nochmals daran erinnert, dass niemand darüber reden darf, weswegen die Pause daraufhin eine reine Geduldsprobe ist. Dies ist doch gerade ein Thema, über das gesprochen werden sollte. Schwierig den Mund zu halten – schwierig die Stille zu ertragen – schwierig nicht ein anderes Thema auf dieses hinzulenken. Argh! Ich muss mit jemanden darüber reden! Von meinen Freunden verabschiede ich mich kurz, um zu telefonieren und zwar direkt nach Japan. Sobald ich fließend und flott in Japanisch spreche, kann mich niemand hier mehr verstehen außer Adrien und Madame Bustier, weshalb es die perfekte Lösung wäre.

„Hey, Babe, was geht?“

Muss Keisuke mich immer noch so nennen?

„Guten Abend, Keisuke – ich weiß, dass es in Japan Abend ist, also schaue mich nicht so an, als ob ich von einem anderen Planeten wäre! Außerdem bin ich nicht mehr dein Babe, vergiss das bitte nicht wieder.“

„Hast du etwa einen Neuen?“

„Mag sein – er ist charakterlich das Gegenstück zu dir, aber sonst rein körperlich gesehen kommt er dir nahe.“

„Der eine Typ, der so großkotzig zu mir war?“

„Da musst du schon präziser werden – jeder Typ wird auf kurzer Zeit bei dir so.“

„Ganz ruhig, Babe, ich habe dich nicht angerufen, okay?“

„Stimmt, ich habe dich angerufen, damit du mich zu deinem Vater bringst.“

„Wieso das denn?“

„Er hat mir angeboten zu helfen, wenn ich Hilfe brauche und auch wenn meine Art des Hilfegesuchs anders ist, als er vielleicht meint, brauche ich ihn, also hoch mit dir und ziehe dir was an.“

„Woher weißt du, dass ich mir gerade nackt einen runterhole?“

Und in den Typen war ich verknallt? Totaler Schwachkopf passt besser zu ihm. Wenigstens zieht er sich was an und hält sein Handy weg, was mir die Sache vereinfacht.

„Entschuldigt bitte, aber bis ich euch in den Himmel befördere, muss ich noch was erledigen. Nehmt schon mal das Zeug.“

„Ja, Yato-sama.“

Der Kerl hat wirklich Nerven mich Babe zu nennen, wenn er zwei Kerle bei sich hat. Sicherheitshalber rufe ich ihn nicht mehr an, wenn es Abend wird – bei seinem Lebensstil bin ich mir nicht mal sicher, ob ein früherer Anruf effektiver wäre.

„Wer waren die beiden?“

„Höre ich da etwas Eifersucht aus deiner Stimme?“

„In deinen Träumen vielleicht.“

„Zwillinge – beide erst 19, aber sie haben eine verbotene Beziehung und ich habe sie von der Straße aufgelesen. Sie sind von ihren Eltern davongelaufen und auf der Straße gelandet – du weißt, wie es da abläuft – weshalb ich sie auf eine erträgliche Dosis bringen möchte, um ihre Umstellung einzunehmen. Aus Dankbarkeit sind sie meine Betthäschen geworden – lenkt mich gut von dir ab.“

Trotz allem ist er noch eine gute Seele, die allerdings gerne sündigt. Wenigstens versucht er endlich von mir loszukommen, obwohl wir uns nur geküsst haben früher – für mehr wäre er ins Gefängnis gekommen. Liegt auch eher daran, dass unsere Väter Stillschweigen darüber bewahren. Es dauert, bis er in dem Teil ist, welcher von seinem Vater bewohnt wird, doch unterhalten wir uns über alltägliche Dinge, bis er ihn im Arbeitszimmer erreicht.

„Shirado für dich. Morgen hole ich mein Handy wieder ab. Gute Nacht.“

Ohne auf eine weitere Antwort zu warten geht Keisuke raus und ich schüttle innerlich den Kopf. Hosuke braucht wohl noch ein paar Sekunden, bis er den Auftritt von seinem Sohn verarbeitet hat, bevor er das Handy nimmt und mich begrüßt, wie ich ihn ebenfalls. Über meine Idee macht er sich zwar Sorgen, aber er wird versuchen was er kann, um diese umzusetzen, damit das Wichtelgeschenk auch eine nachhaltige Wirkung hat. Dankend wünsche ich ihm noch einige schöne Tage und lege auf, da gleich die Pause vorbei ist.

„Warum hast du noch seine Nummer, wenn du über ihn hinweg bist, Shirado?“

Furchtbar erschrecke ich mich und hätte beinahe mein Handy fallengelassen, als der Blonde mir diese Frage direkt stellt. Sieht er gerade sauer aus oder täusche ich mich?

„Weil man seine erste Liebe niemals vergisst, Adrien, und außerdem müsste ich dir dies nicht beantworten. Liebe ist immerhin reine Privatsache zwischen zwei Personen – außer man hat Freunde, die helfen wollen, dass die Liebe beider Seiten zueinander findet.“

Mit einer Faust haut er gegen die Mauer, die sogar eine kleine Kuhle aufweist – was erstaunlich ist – aber er scheint verstanden zu haben, was ich damit sagen möchte. Es kann keineswegs angehen, dass er mir jetzt verbieten will, dass ich mit Keisuke telefoniere. Immerhin hat Hosuke erklärt, dass ich für ihn zur Familie gehöre, weswegen ich nachgefragt habe ob er das machen kann, was ich mir in den Kopf gesetzt habe. Er entschuldigt sich und meint, dass es ihm nicht so gut geht, weshalb er mich bittet ihn bei Madame Mendeleiev abzumelden, was ich für ihn gerne mache. Armer Kerl, dass er sich aus dem Bett quält, obwohl es ihm keineswegs gut geht – Sturkopf würde allerdings ebenfalls passen. Heute muss ich dann wohl alleine Yu-Gi-Oh!-Karten einkaufen für die unangekündigte Teilnahme. Sicherlich war das eine kleine Racheaktion von Monsieur Agreste, weil ich ihn angefahren habe – verdient, wie ich finde. Gleichstand haben wir also nun. Vielleicht überrascht er mich, wie Adrien es andauernd macht. Wie versprochen melde ich ihn bei Madame Mendeleiev ab und sie akzeptiert es, obwohl er es selber hätte machen müssen. Dies wusste ich bis dato keineswegs, aber ich gelobe es mir zu merken. Nachdem der Unterricht insgesamt vorbei ist, habe ich Vater angerufen, der gerade wirklich mit Monsieur Agreste die Regeln durchgeht und einige Karten vorstellt, um anzumerken, dass ich jetzt – dank der unausgesprochenen Einladung an dem Turnier teilzunehmen – Karten kaufe, was diesen freut und er mir erlaubt, drei Läden aufzukaufen, wenn ich denn möchte, bevor er stumpf auflegt. Was ist denn in ihn gefahren? Ihn hat wohl das Spielfieber gepackt. Mich hat Alya über die ganzen Regeln informiert, die bei der Weltmeisterschaft herrschen und dass es Einzelduellanten wie Tag-Teams gibt. Die Liste der verbotenen und eingeschränkten Karten hat sie mir auf mein Handy geschickt, wo Ricardo wieder herumwerkeln darf, denn ich labere Felix voll, den ich ab und zu leider vergesse. Vor einem kleinen Eckladen halten wir an, der sich auf das Kartenspiel fast gänzlich spezialisiert hat und dort kaufe ich einige Plastikhüllen mit Inhalt, einige kleine Kartons und ein Regelwerk, sodass gut dreiviertel vom Geschäft wie leergefegt sind. Beim nächsten Laden brauche ich nur noch kleine Kartons, die ich vorher nicht bekommen habe und weitere Plastikhüllen und beim dritten Laden sind nur noch die Plastikhüllen, die ich gebrauchen kann. Leergekauft habe ich sie alle zwar nicht, aber dennoch habe ich so einiges von Vaters Vermögen ausgegeben und komme mir mulmig zumute vor. Bis auf die Fahrerseite und einen Platz hinten, ist die Limousine voller Verpackungen mit Yu-Gi-Oh!-Karten. Zuhause die alle auszupacken und zu sortieren dauert sicherlich eine halbe Ewigkeit. Das Regelwerk muss ich auch noch durchlesen und mir die Liste mit den Einschränkungen angucken, um keine Karten davon im Deck zu haben, was ich bilden muss. An sich müsste ich noch lernen, weswegen ich keine Ahnung habe, wie ich das noch einquetschen kann. Mal schauen. Daheim angekommen tragen wir drei alles hoch, damit mein Zimmer vollgepackt wird. Erst die Arbeit, dann noch mehr Arbeit, Arbeit, Arbeit und danach schlafen – klingt schlimmer, als es sein sollte.
 

Am nächsten Tag bin ich keineswegs ausgeschlafen. Bis um zwei Uhr war ich vertieft in die ersten Verpackungen und deren Inhalt, sodass ich zu spät gemerkt habe, dass meine Schlafenszeit längst überschritten war. Beinahe wäre ich zu spät wieder aufgestanden, aber der Wecker ist unnachgiebig, da er auf meinem Schreibtisch steht und nicht auf der Nachtkommode. Murrend stehe ich auf und falle die letzten Stufen der Treppe hinunter, ehe ich die Welt kurz verfluche und mich aufraffe, um die Melodie auszustellen. Nebenbei versuche ich nicht die Kartenhaufen umzuwerfen. Schleppend erfolgt meine Routine und ich wäre am Frühstückstisch wieder eingeschlafen, wäre Vater nicht andauernd am Erzählen, wie schnell Monsieur Agreste lernt, wie sein Lieblingsspiel funktioniert. Lieber würde ich schlafen. Schlafend durchlebe ich die Limousinenfahrt und werde von Ricardo geweckt. Niemals wieder verpasse ich meine Schlafenszeit. Schlurfend gehe ich den Weg hinein und blende meine Umgebung aus, bis ich auf meinem Platz sitze – dann holt mich die Realität ein, sodass ich kämpfen muss um wach zu bleiben. Körperlich gesehen baue ich ab und geistig läuft nicht viel. Adrien fehlt zudem und ich hoffe, dass es ihm gut geht. Hinsichtlich einer Sache bin ich mir sehr sicher – ich stelle mir von Ricardo mein Handy so sein, dass es mich an meine Bettgehzeit erinnert. Demnach würde ich nie wieder mich durch den Tag schleppen.

„Hat da jemand vergessen seinen benötigten Schönheitsschlaf zu nehmen? Armes Ding, du.“

Muss Chloé mich in der letzten Pause verbal attackieren? Dafür bin ich im Moment weniger aktiv.

„Immerhin kann ich auf diesen verzichten, was du unbedingt vermeiden solltest.“

Spiel, Satz und Sieg auf ganzer Linie, denn die Lacher sind höher in der Anzahl als bei ihr gewesen, zumal sie sauer abrauscht. Trotzdem nutze ich erneut Nino zum Ausruhen, wie schon die anderen Pausen. Zuhause lege ich mich erstmal hin, bevor ich überhaupt an Hausaufgaben denken kann. Drei Stunden später werde ich wach und sehe noch, wie ein schwarzes Wesen von meinem Balkon in die Ferne springt. Was war das denn? Seit der Sache mit meiner Gehirnerschütterung sollte ich besser aufpassen, dass ich Realität und Traum unterscheiden kann. Da alles seinen Platz hat und ich keine klitzekleine Veränderung bemerke, kann ich davon ausgehen, dass ich in der Realität bin. Vom Bett geht es an den Schreibtisch, um die Hausaufgaben zu beenden, bevor ich weiter die ganzen Packungen leeren will. Merkwürdig, habe ich gestern nicht noch mehr zu tun gehabt? Irgendwas stimmt hier nicht, da auch die Stapel größer sind. Ein gefaltetes Blatt Papier – auf dem mein Name steht – liegt vor meinem Wecker. Dieses nehme ich und entfalte es.

„Überanstrenge dich nicht allzu sehr – Dein Heldenprinz.“

Awwww, Cat Noir war hier und hat mir geholfen, obwohl er sicherlich eine Menge wichtigere Tätigkeiten verrichten müsste. Bei ihm muss ich mich bedanken, weil er sich Zeit für mich genommen hat. Ganz anders als Keisuke… Irgendwie muss ich Adrien zugestehen, dass ich in letzter Zeit häufiger an diesen Trottel denken muss. Was ein Widersehen alles aufrütteln und verändern kann… Ich sollte mich weniger in die Gedankenwelt begeben, sondern die angefangene Arbeit weiterführen – gleich nach den Hausaufgaben und der Nachricht an Adrien, dass er schon Recht hat, dass ich in letzter Zeit mehr an meinen Ex denke. Vielleicht muntert es ihn ein wenig auf, denn wenn Kerle Recht bekommen, fühlen sie sich meistens besser und ich hoffe sehr, dass es ihm nach dem Wochenende gut gehen wird. Alya und Marinette sind bei ihren fast festen Freunden, wie es den Anschein macht, weshalb ich niemanden verpasse und volle Konzentration auf mein eingekauftes Chaos haben kann.
 

Die letzten Tage vor den Vorrunden der Weltmeisterschaft stehen an. Das Wochenende habe ich nur mit dem Auspacken und Sortieren dieser Karten verbracht sowie dem ganzen Regelwerk, bevor ich schlafen gegangen bin. Glücklicherweise taucht Adrien wieder auf und ihm geht es vollkommen gut. Immerhin müssen er und ich noch ein Tag-Team-Deck zusammenstellen. Aufeinander abgestimmt muss dieses Zusammenspiel schon sein, da wir uns sonst blockieren würden. Darum bin ich froh, dass wir uns heute bei ihm treffen, was sein Vater gestattet hat. Zwischen dem Mittagessen und dem Ende der Pause habe ich Ricardo gebeten alles soweit einzupacken, wie ich es auf meinem Schreibtisch habe, denn wir brauchen die Karten ja für das Zusammenstellen. Er bringt sie direkt zum Anwesen der Agreste. Persönliche Vorliebe von mir ist es ebenerdig zu wohnen, aber Vater hat da eine andere Vorstellung gehabt, weshalb wir das Penthaus haben. Na ja, Hauptsache wir können irgendwo in Paris wohnen. Nachdem die letzte Stunde für heute vorbei ist – für ihn fechten und für mich das Warten auf ihn, weil ich noch nicht Gymnastik machen darf – werden wir von seiner Managerin und seinem Bodyguard abgeholt. Wie es sich gebührt stelle ich mich natürlich mit einer Verbeugung vor, auch wenn es im Sitzen anders aussieht, als normalerweise. Hinter dem hohen Eingangstor hält der Wagen an und wir können aussteigen. Ehrfürchtig sehe ich mir das Anwesen an und muss zugeben, dass es stilvoll ist – dabei habe ich das Innere noch nicht gesehen, was sich in diesem Moment ändert. Man merkt den Reichtum der Familie geradezu. Alles sieht schlicht und hinweg supermegateuer aus. Memo an mich selbst – hier niemals die Kontrolle verlieren – würde zu teuer werden. Unser Penthaus sieht dagegen wie ein Billigmarkt aus. Ob man sich hier drinnen überhaupt wohlfühlen kann? Verstehen kann ich es schon, dass Adrien gerne woanders hingeht, aber hier wohnt er halt, da kann er noch so oft weg sein, wie er möchte. Eine Tür öffnet sich und Monsieur Agreste kommt hinaus. Kurzum überrasche ich alle damit, dass ich ihn kurzerhand zur Begrüßung umarme, mich noch für die Anmeldung von Adrien und mir schelmisch bedanke und ihm einen angenehmen Tag wünsche, falls wir uns nicht mehr sehen sollten. Dass alle verdutzt oder überrumpelt ausschauen, war genau mein Ziel gewesen und ich bin glücklich. Im Zimmer von Adrien muss ich erstmal staunen, denn er hat sogar mehr Platz als ich und ich bin schon recht ausgeweitet. Er möchte sich noch kurz frisch machen, weswegen ich mich umschaue. Die Karten liegen in ihren Koffern neben dem Tisch. Für mich ein Zeichen, dass alles glattgelaufen ist. Allerdings sieht die Couch davor wie eine kleine Müllhalde aus. Isst er etwa so viel Camembert oder gehört dies zur Genesungskultur der Franzosen, wenn man krank ist? Zeit aufzuräumen hatte er wohl nicht mehr, also mache ich das eben, solange er noch im Badezimmer braucht, bis mir auffällt, das unter all dem Verpackungsmüll ein kleines schwarzes Maskottchen liegt. Sieht aus wie eine Katze mit zu großem Kopf – dennoch richtig niedlich. Vorsichtig nehme ich es hoch und streichle es. Bei der weichen Struktur ist es sicherlich ein Maskottchen fürs Kuscheln, wenn man sich einsam fühlt. Braucht Adrien das wirklich? Einsamkeit ist schon schlimm, wenn sich diese bis ins Herz gefressen hat. Nein, er ist nicht so einsam – er hat uns als seine Freunde. Zu viel interpretiere ich auch gerade hinein, denn ich habe keine Anzeichen gesehen, dass er tiefe Einsamkeit empfindet. Dennoch finde ich es süß, dass er solch ein kleines Schnuffeltier hat. Dieses lege ich vorsichtig auf den Tisch, damit ich weitermachen kann und den Mülleimer fülle. Ein Stück Camembert ist noch übrig und da ich frech bin, probiere ich dieses Stück einfach. Definitiv nicht für meinen täglichen Bedarf geeignet, aber man kann ihn essen. Gebacken wird er sicherlich besser schmecken – muss ich mal ausprobieren. Noch braucht er wohl Zeit im Badezimmer, weshalb ich mich ungefragt auf die Couch setze und schon mal einen der Koffer auf den Tisch hieven möchte. Beinahe hätte ich das Maskottchen zerquetscht, welches ich lieber wieder zu mir nehme.

„Tut mir Leid, dass ich dich putziges Kerlchen fast zerquetscht hätte. Mit dir hat Adrien sicherlich einiges besprochen, was mir noch verborgen bleibt, aber ich bin guter Dinge. So einen guten Freund wie ihn hatte ich noch nie. Weißt du, kleines Kerlchen, dass ich auf einer Privatschule in Japan war? Dort waren nur die reichsten Kinder der reichsten Leute. Unter uns gesagt – ich habe es dort verabscheut. Alle haben sich arrogant, affig und versnobt aufgeführt als wären sie allein es wert auf dem Boden zu gehen, der allen gehört. Deswegen war ich froh, dass ich als Idol arbeiten konnte – dadurch konnte ich den Frust und was ich gehört habe in meinen Liedern verarbeiten und unter die bringen, die wenig von so etwas mitbekommen. Leider hat es nicht viel gebracht, da die Reichen das Sagen haben, aber zum Glück ist Vater nicht so. Er ist ebenerdig und hat mir dies gezeigt, sodass ich keine affektierte Art an den Tag lege, obwohl er nach Mutters Tod sicherlich andere Sorgen hatte. Ihm habe ich sehr viel zu verdanken und einen Teil meines Selbst hat er geprägt. Meine andere Seite hat Keisuke geweckt. Sage es nicht Adrien, aber der Trottel hat noch immer einen Teil von meinem Herzen. Die erste Liebe vergisst man einfach nicht so leicht, auch wenn man mit dieser abgeschlossen hat. Davon hast du sicherlich keine Ahnung, so als Maskottchen, aber ich bin froh, dass ich mal darüber reden kann. Ich habe das Gefühl, dass Keisuke und Adrien irgendeine Art Rivalität entwickelt haben, ohne sich lange zu kennen. Okay, nach seinem Auftritt auch kein Wunder, dass er hier keinen guten Ruf mehr hat. Trotzdem wäre es schön, wenn dein Besitzer sich weniger Gedanken um diesen Trottel macht. Der ist auf der anderen Seite der Welt – und nach der Sache lässt Hosuke, sein Vater, ihn nicht mehr raus. Ach ja, sie sind Yakuza. Du kennst sie sicherlich als Mafia. Wer sich gegen sie stellt, wird meistens nicht mehr lebendig gefunden. Allerdings wollen die sich ändern, was irgendwie an Vater liegt, denn der Yakuzaboss und er sind alte Schulfreunde. Nun nicht direkt Schulfreunde, eher Kung-Fu-Brüder. Ja, der Vergleich passt besser. Beide sind 36 Jahre alt und sehr erfolgreich, obwohl sie spät erst in ihrem jeweiligen Business eingestiegen sind. Aber ich schweife ab, kleines Maskottchen. Was könnte ich dir noch anvertrauen? Ah, ich weiß was. Kennst du vielleicht Cat Noir? Er sagt zu mir, dass er mein persönlicher Heldenprinz in schwarzer Rüstung ist und irgendwie bin ich gar nicht mehr so abgeneigt davon. Klingt vielleicht recht bescheuert, aber seine angeberische Art und dass er trainiert, um mich zu beeindrucken, finde ich regelrecht anziehend. Haargenau weiß ich es noch nicht, aber ich glaube, dass ich langsam anfange mich in den Kater zu verlieben. Dieses Geheimnis bleibt aber unter uns, in Ordnung, kleines Maskottchen? Cat Noir soll sich lieber mehr auf die Sicherheit der Bewohner von Paris konzentrieren, anstatt mir persönlich zu helfen – was auch sehr freundlich von ihm war, wofür ich mich noch bedanken muss – jedoch fühle ich mich schlecht, wenn ich ihm als Gegenleistung nichts bieten kann. Superheld hin oder her – er hat sicherlich genug zu tun und ich mache mir vielleicht auch zu viele Gedanken, aber ich lasse mir irgendwas einfallen – das schwöre ich dir. Danke, dass du dir so viel von mir angehört hast, kleines Maskottchen. Mir hat es gutgetan.“

Dem süßen Ding gebe ich einen Kuss und reibe meine Wange an dem angenehm weichen Stoff, ehe ich es vorsichtig auf eine Anrichte in der Nähe lege, damit kein Unglück geschieht. Kaum sitze ich wieder und will den Koffer öffnen, werden mir die Augen zugehalten, was mich erschreckt, bis ich die schelmische Stimmlage von meinem Gastgeber erkenne. Seit wann ist er denn wieder zurück? Hat er etwa gelauscht, was ich seinem Maskottchen gesagt habe? Nein, sonst würde er sich anders verhalten. Geschwind springt er über die Lehne und sitzt neben mir, sodass wir uns an die Arbeit machen können, um ein wundervolles Deck zu erstellen. Zur Sicherheit machen wir lieber mehrere, da ich keine Ahnung habe, ob man mit nur einem oder mit gemischten Decks antreten darf – damit niemand einen Vorteil erhält, nur weil man ein vorheriges Duell für eine eventuelle Analyse nutzt. Sollten alle in jeder Runde bei Null starten, wäre es richtig super. Gespannt bin ich schon darauf.

„Ach ja, Adrien, wo hast du denn dieses putzige Maskottchen her? Ich würde mir gerne auch so eines zulegen.“

„Plagg?“

Dass er sich plötzlich erschrocken den Mund zuhält wundert mich zwar, aber manchmal hat er solche Allüren – genauso wie Marinette. Kein Wunder, dass die beiden Freunde geworden und geblieben sind.

„Heißen diese Maskottchen Plagg?“

„Äh, ich, nein, weißt du, es ist nur, dass, äh, ich ihn so genannt habe. Und, äh, er ist ein Einzelstück. Ihn wirst du keineswegs ein zweites Mal finden.“

„Schade. Bei dem weichen Stoff, der genutzt wurde, hätte ich ebenfalls gerne solch ein Maskottchen gehabt. Er erinnert mich nämlich an jemanden. Aber genug davon – was hast du dir vorgestellt bei einem Deck?“

Bis in den späten Abend hinein haben wir unsere Decks aufgestellt, ausprobiert und abgestimmt, sodass wir auf viele Eventualitäten gefasst sind. Wie unsere Gegner sein werden, weiß ich nicht, denn wir sind ein unbeschriebenes Team für sie, wie andere für uns. Ricardo holt mich ab und ist so lieb, dass er die Koffer trägt. Einige von ihnen enthalten unbenutzte Karten, während einer meine Decks beinhaltet. Adriens Decks hat er in einem Koffer sowie einen weiteren mit Ersatzkarten. Somit hätten wir den Tag auch geschafft und können noch einige Tage verschnaufen, bevor es richtig losgeht.
 

„Wundervolles Wetter für die Vorrunden der Yu-Gi-Oh!-Weltmeisterschaft hier in Paris! Spieler aus aller Welt haben sich versammelt – sogar aus unterschiedlichen Altersklassen – um sich den Titel zu holen! Ich heiße… Woah! Wer sind Sie?“

„Monsieur Pierre, ich freue mich so, dass Sie ebenfalls hier sind.“

„Äh…, Madame, ich bin nicht Monsieur Pierre, sondern…“

„Nicht?! Joel! Joel, Achromas!! Monsieur Pierre ist nicht Monsieur Pierre! Was machen wir nun?“

Merkt Yuura überhaupt, dass er sich im Moment vor der ganzen Welt lächerlich macht? Fremdschämen ist angesagt. Als Vater mir jedoch eine Hand auf die linke Schulter legt und lächelnd zu dem heulenden Yuura sieht, denke ich mir, dass es doch in Ordnung ist. Yuura ist eben Yuura – der eine verrückte eigene Welt hat.

„Pass auf, Spatz, ich heiße Monsieur Luftikus bei ihm. Das, was wir sehen, ist das Produkt machthungriger Widerlinge, weswegen wir uns nicht schämen, sondern stolz sein sollten, dass dieses Individuum zu unserem Team gehört. Außerdem hatte dein Vertrag ein paar Lücken, die ich füllen musste.“

War ja klar, dass ich einiges vergessen habe, aber er hat Recht. Eher schäme ich mich jetzt für meine Gedanken, da ich Yuura Unrecht getan habe. Mein Vater weiß mehr und ich werde es sicherlich auch bald erfahren, weshalb ich nur Geduld haben brauche. Der Moderator, Joel und Achromas schaffen es nicht ihn zu beruhigen und der Sicherheitsdienst kennt wohl solch einen Fall nicht, denn sie stehen ratlos daneben.

„Und dieses Kind soll mit auf den Laufsteg, Monsieur Fleur? Ich sehe dies reichlich skeptisch.“

„Nicht doch, nicht doch, Monsieur Agreste. Yuura ist eine herzensgute und naive Frohnatur, die ja nicht Vollzeit für uns arbeitet, sondern nur zu bestimmten Anlässen. Da wird schon nichts passieren und Sie werden sehen, dass mich meine, wie Sie es nannten, kindische Art in keinster Weise beeinträchtigt. Schauen Sie zu und lernen, was es heißt, Herzen zu erobern.“

Vater gibt Monsieur Agreste einen Einblick in die Welt, wie er sie sieht. Ob das bei dem irgendwas bringt, würde mich wundern – auch wenn ich ihn umarmt habe. Viel Gegenreaktion habe ich keineswegs bekommen. Der heulende Yuura scheint jedoch einige zu berühren und sie rufen laut Monsieur Pierre, wobei ich keineswegs fehlen darf.

„Na gut, ihr habt es nicht anders gewollt. Mein Name lautet Monsieur Pierre und ich bin ihr fabelhafter Moderator für diese hochranginge Weltmeisterschaft!“

Erneut wird er angesprungen und Yuura knuddelt ihn fröhlich. Dieser gewiefte Kerl von einem Vater hat gewusst, dass dies passieren wird, was man an seinem siegessicheren Grinsen ablesen kann und die entzückten Ausrufe danach, als Yuura sich an den Moderator geschmissen hat, waren die Belohnung dafür.

„Ich muss mir eingestehen, dass ich dahingehend noch zu lernen habe, Monsieur Fleur. Dafür ziehe ich meinen Hut.“

„Danke dafür, Monsieur Agreste. Manche meinen, dass ich immer falsch setze, weil ich nicht auf teure Magermodels setze oder die von irgendwelchen bescheuerten Modelshows – aber bisher kann ich mich keineswegs beklagen, einfach auf meine Gefühle zu hören.“

Heute wird es sicherlich ein wunderbarer Tag werden, wenn Vater solch ein Glück verströmt.

„Da wir das nun geklärt haben, bin ich…“

„Noch nicht ganz. Wo ist Ihr Zylinder und Ihr toller glitzernder Anzug? Was ist mit Clavion und Ihrem Stab?“

Okay, ich muss mit den meisten Menschen hier in der riesigen Halle lachen, weil das wirklich wie abgestimmt herübergekommen ist und der Moderator mehr als überfordert zu sein scheint. Irgendwas macht Achromas und seine nun fünf Maschinen scannen den Mann, bevor er plötzlich wirklich alles soweit hat, dass es stimmt – einer seiner Roboter gibt sich sogar als ein Pokémon aus, damit Yuura glücklich ist – voll süß. Unser neuer Monsieur Pierre fragt sich wohl gerade, ob er noch schläft oder wirklich gerade arbeitet. Das Publikum klatscht und scheint mit allem zufrieden zu sein – besonders der niedlichste Mensch, dem ich je begegnet bin.

„Umgezogen und bereit?“

Dass er jetzt auch noch die drei fragt, ist zum Schießen. Sie nicken – zumindest die älteren Herren, da der Jüngere sich mit diesem Clavion zu unterhalten scheint.

„Meine Damen und Herren von überall auf der Welt – es wird Zeit die Decks vorzubereiten!“

„Was hat Monsieur Pierre gerade gesagt, Achromas? Ich habe es nicht verstanden.“

Einige können sich kaum halten vor lauter Lachen. Da hat der Moderator auch nicht mit gerechnet und schaut verdutzt, dass die Person, die ihn in die Sache reingeritten hat, kein Englisch versteht, da er sich an die ganze Welt gerichtet hat. Achromas erklärt es ihm und Joel hält bewusst das Mikrophon weg, damit keine weitere unbedachte Aussage aufkommt, die den Ablauf verzögert.

„Und damit alle Feuer und Flamme für die Duelle werden, haben wir uns gedacht, dass eine kleine Show keineswegs fehlen darf! Madame Glaceo tritt heute auf – in Begleitung ihres Verlobten und deren beider guter Freund Monsieur Colress!“

Jetzt guckt Vater überrascht aus der Wäsche, denn dass die drei eine eigene Truppe sind, wusste er genauso wenig wie wir anderen auch.

„Ähm…, hallo?“

„Hallo!“

„Nett von euch mich zu grüßen. Hoffentlich gefällt euch die kleine Showeinlage, denn geübt haben wir nur zweimal. Kann man mich überhaupt verstehen, Joel? Ich spreche doch nur eine Sprache.“

Er macht sich andauernd um andere Sorgen, dass es wahre Herzensgüte ist, die er ausstrahlt – daran gibt es nichts zu rütteln. Den Zuspruch von seinem Verlobten scheint er dringend zu brauchen und Achromas sagt auch noch irgendwas, was ihn weniger nervös macht. Kurz darauf verdunkelt sich die komplette Halle und von überall kommen vereinzelt bunte Lichter, die wie Quallen in der Luft und durch jedes Hindernis schweben. Alleine dieser wunderschöne Anblick lässt mein Herz höherschlagen. Plötzlich wird es dort hell, wo die drei ihre Plätze eingenommen haben und sie tragen verschiedene Kleidungsstücke, wobei Yuura und Joel aufeinander abgestimmt sind. Der Wissenschaftler mimt den DJ und der Weißhaarige macht tatsächlich alles bereit für einen flammenden Schwerttanz. Herzensstar Nummer Eins jedoch hebt seinen linken Arm und drückt mit dem Zeigerfinger der rechten Hand wohl irgendwas – sofern ich es erkennen kann – da von dort aus Licht entströmt und ihn umfasst. Genau in diesem Moment setzt Musik ein und Lichtstrahlen sammeln sich über der Mitte der Halle, um eine leuchtende Discokugel zu bilden, die alles noch funkelnder erscheinen lässt, als es sowieso schon ist. Man kann behaupten, dass dies alles magisch ist. Mir kommt zudem diese Musik bekannt vor – es ist Ready von Folder 5! Schade, dass er nichts Eigenes singt, aber ich glaube eher, dass es ums Tanzen hier geht. Kaum beginnen die Stimmen einzusetzen, springt Yuura mit solcher Eleganz über die Zuschauer, dass man nur staunen kann. Noch mehr gibt es zu staunen, als er nicht fällt, sondern einfach seine Schritte in der Luft ausübt, als wäre es ganz normal. Immer höher steigt er und falls er jemanden berührt, schwebt dieser ebenfalls mit hoch, was man an Joel und Achromas sehen kann, die mit ihren Sachen ebenfalls den Luftraum unsicher machen. Wie machen die das bloß? Zudem wirkt Yuura konzentriert, aber strahlt vor Freude zusätzlich, dass ich mich frage, wie das sein kann. Für mich Unwissenden ist dies spektakulär, zumal es mehr Lichtgestalten werden, die Form annehmen und mittanzen, während die mitgenommenen Personen ebenfalls einbezogen werden. Spektakulär ist diese Show allemal. Einmalig und fantastisch. Simpel ausgedrückt – ein Traum. Träume ich etwa? Nein, Adrien steht neben mir und sieht genauso verzaubert aus, wie wohl so gut wie alle hier in der Halle. Am Ende des Liedes macht Yuura einen Fall hinunter und schließt alles mit einer Endpose, die er noch in der Luft macht, ab. Seine beiden Begleiter und die anderen Zuschauer sind schon vorher sicher gelandet. Das Licht geht an und er scheint aus seiner Konzentration herauszukommen, denn er fällt dadurch auf vier Personen, bei denen er sich entschuldigt und keine Sekunde später seinen Joel belagert, um zu kuscheln, wie es aussieht. Deswegen muss Achromas übernehmen.

„Dies war unsere kleine Show. Wir hoffen, es hat Ihnen hier in der Halle gefallen und wünschen allen Teilnehmern Glück sowie Erfolg.“

Erst müssen seine Worte verhallen, ehe wir Zuschauer applaudieren können. Unglaublich war diese Show wirklich.

„Ihren Erfolg bezweifle ich nie wieder, Monsieur Fleur.“

„Hahaha, Monsieur Agreste, selbst ich wurde gerade eben überrascht. Dass die drei Bühnenkünstler sind, haben sie mir keineswegs verraten, aber für solch wunderschöne Überraschungen bin ich gerne zu haben.“

Einige der Leute suchen wohl nach den Drahtseilen, wo alle drangehangen haben, aber es gab keine. Yuura habe ich in Aktion erlebt, wie er ohne zu gehen auf einmal verschwinden kann und bei seinem Verlobten auftaucht. Eine besondere Kraft muss das sein und ich bin froh, dass die beiden sich gefunden sowie einen guten Beschützer haben.

„Konkurrenz für dich, Shirado.“

Adrien versucht mich zu necken, aber das schafft er nicht.

„Gewiss nicht, mein lieber Duellpartner, denn ich singe und tanze dazu – die drei bauen eine Geschichte in ein Lied ein und performen diese mit all ihren verfügbaren Mitteln – ohne Drahtseile oder anderen Kram.“

Dafür verdienen die hoffentlich sehr viel Geld, denn das hat sicherlich eine Menge Zeit gekostet überhaupt zu kreieren.

„Für die Zuschauer an den Bildschirmen – die technischen Störungen waren bis vorhin für uns unauffindbar und deswegen entschuldigen wir uns in hohem Maße, da Sie eine grandiose Show verpasst haben. Jedenfalls freue ich mich nun die Vorrunden ankündigen zu können. Einzelduellanten – bitte begebt euch in den südlichen Teil der Halle und alle Tag-Team-Duellanten finden sich im Norden ein. Dort werdet ihr jeweils mit Fotos an den Leinwänden durchgemischt, um die ersten Duelle für heute zu eröffnen – wer siegt steigt auf – wer verliert, darf noch zuschauen, aber das war es dann für euch. Mögen die Vorrunden beginnen!“

Gemeinsam begeben wir uns in den Norden der Halle – was bei dem Gedränge dauert – und treffen dort Alya sowie Nino. Dieser und Monsieur Agreste scheinen wohl einen kleinen Disput zu haben, denn die Stimmung zwischen beiden wirkt abgekühlt. Nichtsdestotrotz begrüßen wir uns. Sie jammert, dass sie nicht den besonderen Auftritt aufnehmen konnte und ihr Handy erst jetzt wieder einwandfrei funktioniert. Sicherlich ist da ein gewisser Wissenschaftler für zuständig gewesen, da er mal irgendwas in dieser Art ausgesprochen hat. Wie es wohl Marinette und Nathaniel bei dem Designwettbewerb geht? Meine Daumen habe ich für unseren Zeichenkünstler nämlich gedrückt. Auf der Leinwand mischen sich die Bilder von allen Teilnehmern und dieses Ausmaß ist enorm. Sicherlich sind das nicht alle Spieler auf der Welt, aber die, die es hierhergeschafft haben. Dann wollen wir mal loslegen!
 

Knapp haben wir das letzte Duell für die Vorrunde und damit den Einstieg in das Finale gewonnen. Ohne die Zauberkarte Handzerstörung von Adrien wären wir zwei Exodias hilflos ausgeliefert gewesen. Unsere Gegner haben sich ebenfalls viele Gedanken gemacht, um individuelle Decks zusammenzustellen. Mit wie viel Herzblut einige an dieser Sache herangegangen sind, berührt mich, denn Vater gehört ebenfalls zu ihnen. Gegen ihn und Monsieur Agreste ist bisher niemand angekommen und wir sind mit ihnen im Finale. Die Einzelduelle scheinen schneller vorüber gewesen zu sein, denn dort stehen die 32 Finalisten schon fest – bei uns hat es halt länger gedauert. Zu unserem Glück können wir morgen mit den letzten Decks antreten, die wir gestaltet haben. Schade, dass Nino und Alya raus sind. Gegen die beiden hätte ich gerne gespielt, aber sie waren recht weit gekommen. Wie es bei Marinette und Nathaniel ausgesehen hat, werde ich wohl erst am Montag wirklich erfahren, denn es ist spät und mein Bett ruft schon seit vier Stunden nach mir.

„Was hast du denn, Shirado?“

„Nichts – nur die Müdigkeit. Es war ein langer Tag.“

„Stimmt schon, aber er war auch sehr aufregend. Nie hätte ich gedacht, dass Vater nach Mutters Verschwinden sich gehen lassen würde.“

„Tja, es gibt wohl einfach Sachen, die können jeden Eisblock aufbrechen.“

Beide lachen wir vergnügt und erschrecken uns, als wir eine ganz bestimmte Stimme zu hören bekommen.

„Eisblock, Mademoiselle Fleur? Ich bitte Sie nicht über mich herzuziehen.“

„Jawohl, Monsieur und entschuldigen Sie.“

Besser nachgeben anstatt darauf zu beharren, dass es nicht so gemeint ist. Da er nickt, findet er es soweit in Ordnung und ich bin froh, dass nicht mehr hinterhergekommen ist. Zudem hat es mich gewundert, dass keiner der Verlierer rasend wurde und akumatisiert war. Entweder war derjenige, der die schwarzen Schmetterlinge aussendet heute krank oder anderweitig beschäftigt. Alle Abenteuer brauche ich keineswegs erleben und bin froh, dass es soweit ruhig war. Der darauffolgende Tag wird sicher kein Zuckerschlecken sein.
 

Wie ich meine Vermutung gestern bezüglich dieses Tages verachte, kann sich niemand vorstellen. Chancen auf den Sieg haben wir durchgehend, aber der Weg dahin ist mit Spinnern gepflastert. Vorurteile gibt es, keinen Zweifel und gegenüber meiner Wenigkeit gibt es hundertprozentig welche, aber ich kann mir unsere Gegner sonst nicht erklären. Spinner passt zu ihnen am besten. Wer kleidet sich denn bitte als sein Lieblingsmonster und benimmt sich die ganze Zeit so, als wären seine Tabletten abgesetzt worden? Cosplay verstehe ich, jedoch sind mir unsere Gegner zur Zeit sehr suspekt. Geifer aus dem Mund, als wäre man der begehrte Preis oder schlimmer noch – das nächste Fressen. Findet bitte jemand eine Regel gegen solches Benehmen? Sieg für Sieg heimsen wir uns ein und bisher scheinen wir es richtig zu machen, da wir uns dem Endduell nähern. Nur noch vier Tag-Teams sind vorhanden. Allerdings wird das Halbfinale für uns gestoppt, da das Finale der Einzelduellanten stattfindet. Gut so, denn ich muss dringend mal auf Toilette und in dieser riesigen Halle dauert es sicherlich, bis ich kann, ohne gesehen zu werden, weil ich ja eine spezielle Rolle noch an den Tag legen muss. Überraschend wenig sind da, denn die wollen nichts von dem Finale verpassen, wie mir scheint. Somit kann ich auf Toilette und mich noch ein bisschen frisch machen. Wieder bei Adrien scheine ich die Siegerehrung verpasst zu haben, denn ich sehe niemanden mit Pokal. Eine Erklärung erfolgt, dass der Einzelduellant, der gesiegt hat, sich nun aus den anderen Teilnehmern jemanden rauspicken darf, gegen den er antritt. Soll das ein Witz, eine Farce oder eine Ehre sein? Nummer Zwei liegt bei mir ganz weit an der Spitze. Viele melden sich sogar freiwillig, aber ich möchte nicht, denn ich habe mich auf ein Tag-Duell eingestellt und das soll auch schön bleiben. Manchmal hasse ich das Schicksal schon, denn er wählt genau mich aus. Die Krönung ist noch, dass ich sonst nicht mehr teilnehmen kann und diesem Druck muss ich mich beugen. Genervt stampfe ich auf den Boden auf und will Luft machen, als Adrien mich zwingt ihn anzusehen, sodass ich mich beruhige. Recht hat er zwar, aber mir gefällt es nicht, dass ich gezwungen werde, ein Einzelduell zu machen. Dafür brauche ich noch Zeit, da ich ein neues Deck gestalten muss, welches auf niemanden aufbaut. Noch mehr Zeit geht flöten, nur weil der Kerl sich mich ausgepickt hat. Der sitzt schon auf dem Stuhl und wartet lässig, dass ich mich ihm gegenüber hinsetze. Fertig mit dem neuen Deck nehme ich meinen Platz ein und wir mischen das Deck unseres Gegners durch. Vlad, der rumänische Gewinner ohne Nachnamen, wirkt siegesgewiss auf mich. Er beugt sich nach dem Mischen vor und spricht auf Englisch, dass er das Duell interessanter gestalten will. Wenn er gewinnt, wovon er tierisch sicher ist, dann darf er mir in den Hals beißen und mein Blut trinken. Oh Kami, der ist ein Verrückter in sehr hohem Maße. Aber diesem das schmierige Grinsen aus dem Gesicht zu wischen, würde mir eine riesige Freude bereiten. Sollte ich gewinnen, habe ich irgendwas bei ihm gut, was ich noch nicht genau benennen kann. Diesen Deal gehen wir beide ein und ziehen unsere Starthand. Meine Wenigkeit darf sogar anfangen und ich muss eine Verteidigung haben, bevor er richtig zuschlagen kann. Seine Duelle habe ich ja nicht verfolgt und bin ratlos, aber mit hoher Verteidigung kann nie etwas passieren, wie ich finde. Leider doch, denn er schafft es tatsächlich in seiner Runde einen Vampirlord auf das Feld zu bekommen und hat es hingekriegt, dass mein Monster in den Angriffsmodus gedreht wird, sodass sich der Effekt bezahlt macht und ich eine meiner Monsterkarten auf den Friedhof legen muss. Immerhin kann ich mein Deck mischen und vielleicht eine Wende erzeugen.

„Ich ziehe, Vlad! Topf der Gier erlaubt es mir zwei weitere Karten zu ziehen. Pokal der Asse braucht einen Münzwurf, um zu entscheiden, wer von uns zwei Karten zieht und… ich bin es. In Angriffsposition rufe ich Schweigsamer Magier Level 4 aufs Feld. Zusätzlich aktiviere ich Aufgestiegen! von meiner Hand und kann somit von meinem Deck aus Schweigsamer Magier Level 8 spezialbeschwören. Noch bin ich nicht fertig, denn ich kann den Ritualzauber Shinatos Arche spielen, um Shinato, König einer höheren Ebene herbeizurufen. Zudem verbanne ich Magier des schwarzen Chaos sowie Schweigsamer Magier Level 4 um Schwarz Glänzender Soldat – Gesandter des Anfangs zu rufen. Da du vergessen hast, mehr in deine Verteidigung zu investieren, habe ich wohl dieses Duell gewonnen – Schwarz Glänzender Soldat – Gesandter des Anfangs greift deinen Vampirlord an und kann danach dich direkt angreifen, womit schon 4.000 Schadenspunkte weg sind. Die 6.800 zusätzlichen Schadenspunkte von Schweigsamer Magier Level 8 und Shinato, König einer höheren Ebene machen deutlich, dass Schluss ist. Darf ich nun wieder zu meinem Partner? Immerhin habe ich mit ihm gemeinsam Decks konzipiert und diese Einzelduelle finde ich weniger berauschend.“

Glück spielte vorhin eine sehr große Rolle, das steht fest. Vlad wirkt verstört, dass ich ihn so schnell plattgemacht habe und dies mit Pauken und Trompeten. Wer mich gegen meinen Willen zwingt irgendwas zu machen – und nicht zur Familie gehört – der muss mit hohem Gegenfeuer rechnen.

„Gebt ihm schon den Pokal und Titel – ich möchte mit Adrien versuchen zu gewinnen und wenn nicht, dann hatten wir unseren Spaß.“

Dass ich am liebsten weg möchte, sollte ich nicht sagen, denn diese Stimmung ist irgendwie merkwürdig, da die anderen wohl nicht mit einem Sieg meinerseits gerechnet haben, weil ich vorhin erst das Deck zusammengebastelt habe. Hauptsache jetzt ist Ruhe und wir können die Weltmeisterschaft hinter uns lassen. Trotz der Siegerehrung und dem Titel wirkt er keineswegs mehr von sich eingenommen.

„Du hast ihn entmannt, Shirado. Bitte mache das nie bei mir.“

„Ich bitte dich, Adrien, ich hatte Glück mit dem Umstand und fertig ist. Es war nur ein Showduell, denn er hatte den Titel sowieso schon.“

„Ja, das stimmt, aber deine Kombination war unbeschreiblich. Es kam einem vor, als wärst du mit taktischem Kalkül an die Sache herangegangen und hast gewusst, was er machen würde, bevor er es erahnt hatte.“

Augenrollend schüttle ich meinen Kopf und merke, dass diese Kombination keine gute Idee war. Wie kommt er auf diese absurde Annahme, dass ich vorhergesehen habe, was er macht? Kein einziges Duell von Vlad habe ich verfolgt. Zudem muss ich noch von dem kuriosen Deal erzählen und schon ist der Blonde anderer Meinung – berechenbarer geht es keineswegs. Seine Sorge um meine Sicherheit ehrt ihn, aber er darf nicht vergessen, dass er ein eigenes Leben hat – auch wenn wir beide uns gut verstehen und viel gemeinsam machen. Halbfinale bei den Tag-Teams – wir gewinnen haushoch, aber dies Dank meinem Partner, der seine Chance genutzt hat, weil die Gegner von uns sich nur auf mich konzentriert haben – solche Idioten. Ihre Angst zu verlieren hat ihre Gedanken beherrscht und somit alles ruiniert, obwohl sie hätten gewinnen können. Natürlich treffen wir im Finale auf Vater und Monsieur Agreste, die den derzeitigen Rekord von nur einem einzigen Zug halten. Ob wir ebenfalls in einem Zug vernichtet werden, steht noch aus. Keine Seite gönnt der anderen irgendwas und wir haben es geschafft, nach zwölf Runden immer noch keinen einzigen Lebenspunkt verloren zu haben. Langsam wird das Duell zu kompliziert, denn man muss bei den beiden auf wirklich alles gefasst sein. Unsere Felder sind blank, bis auf einige verdeckte Karten in der Zauber- & Fallenkartenzone. Monsieur Agreste ist an der Reihe und beschwört tatsächlich Ultimativer weißer Drache mit Polymerisation aufs Feld um seinen Sohn anzugreifen. Unsere Fallenkombination wird durch Fallenfalle ausgeschaltet, aber wir haben es uns gedacht und lassen nun den Schaden auf uns zukommen, um mit der Fallenkarte Die Goldenen Äpfel den Schaden als Lebenspunkte zurückzuerhalten sowie eine Spielmarke zu beschwören, welche den Wert des Schadens als Basiswerte bekommt. Adrien ist am Zug und ruft ein schwächeres Monster auf das Feld, doch darum geht es im Moment nicht, denn er will Die Atmosphäre rufen. Spielmarke plus Monster plus Monster aus dem Friedhof verbannen, um sie zu beschwören. Durch den Effekt rüstet sich die Karte mit einem Monster des Gegners aus und wir haben somit 5.500 im Angriff, den er sofort ausführt. Allerdings kommt nun Vater dran und der ist für zu viele Überraschungen gut. Sogar auf Glück setzt er, indem er den Zeitzauberer spielt und dessen Effekt nutzt – kurzerhand ist unser Monster auf dem Friedhof gelandet und er greift an. Okay, Shirado, mal schauen, was du zu ziehen bekommst. Topf der Gier lässt sich gut spielen und durch zweimal Pokal der Asse zu meinen Gunsten, habe ich einige Karten mehr auf der Hand. Durch Doppelbeschwörung, kann ich zwei Normalbeschwörungen durchführen. Diese wende ich an und habe Herbeigerufener Totenkopf nun auf dem Feld, der Zeitzauberer vernichtet. Eng wird es für die beiden älteren Herren schon. Mehr geht im Moment nicht und Monsieur Agreste ist am Zug. Zu unserer Verblüffung spielt er ebenfalls Topf der Gier und zweimal Pokal der Asse zu seinen Gunsten, sodass er eine gute Hand zu haben scheint. Wiedergeburt lässt ihn den Drachen zurückholen und er nutzt noch eine Polymerisation um Blauer Meteordrache zu beschwören. Mit Gedankenkontrolle übernimmt er unser Monster um freie Bahn zu haben, sodass wir schutzlos dem geballten Angriff ausgeliefert sind – obwohl wir genau 7.000 Punkte auseinanderliegen. Keine Verzögerung von ihm kommt und er greift an, doch Adrien lächelt nur und spielt unseren letzten Trumpf aus, sodass diese Fallenkarte ein Unentschieden bringt, da alle Lebenspunkte auf Null gesetzt werden. Spannend war es und die beiden sind überrascht, dass wir solch eine Karte beigemischt haben, um gegen sie zu bestehen. Jedoch kann es nur ein Tag-Team geben, welches den Titel trägt – und zum Glück kein weiteres Duell bestimmt, da wir sehr lange gebraucht haben – und Adrien sowie ich waren von Anfang an dafür, dass wir es keineswegs möchten, sodass wir unseren Vätern – zumindest meinem – eine große Freude machen können. Müde und geschafft lehne ich mich an meinen Partner und würde gerne schlafen. Lange muss ich nicht warten, denn nach der Siegerehrung wird alles beendet und wir können nach Hause gehen. Auf das Bett von mir habe ich mich riesig gefreut und dennoch spukt mir Vlad im Kopf herum. Vielleicht sehe ich ihn noch, um ein weiteres Duell zu spielen, wenn er denn möchte – einen Gefallen schuldet er mir ja. Ohne einen Deal und Druck macht es sogar mir Spaß und mit einem guten Freund gleich doppelt so viel.



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