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The show must go on

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Bitte nehmt den Ablauf der Gerichtsverhandlung nicht allzu ernst. Ich habe die Abfolge und den Inhalt der Zeugenaussagen so gewählt, wie sie emotional am besten zu dem gepasst haben, was ich mit diesem Kapitel darstellen wollte. Dass meine Gerichtsverhandlung sehr wenig mit Verhandlungen, wie sie tatsächlich in Japan stattfinden, gemein hat, ist mir bewusst. Ich hoffe, ihr lasst mir diese künstlerische Freiheit durchgehen. ;) Komplett anzeigen

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Klappe, die Neunzehnte

Er fühlte sich, wie zu Schulzeiten, wenn er etwas ausgefressen hatte und vor dem Büro des Schulleiters warten musste, bis er eingelassen wurde. Nur dass er diesmal keinen verbalen Klaps auf die Finger zu befürchten hatte, sondern sich einem viel größeren Gegner würde stellen müssen – seiner eigenen Angst. Satochi und Yukke saßen rechts und links neben ihm auf der unbequemen Holzbank und obwohl ihre Gegenwart unter anderen Umständen beruhigend auf ihn wirken würde, hatte er nun beinahe das Gefühl, sie würde ihm jegliche Luft zum Atmen nehmen. Er hasste sich für diese Schwäche, die seine Hände zittern ließ, als er die schweißfeuchten Handflächen an seiner grauen Stoffhose trocken zu reiben versuchte.

 

„Ist alles in Ordnung?“ Yukke sah mindestens so angespannt aus, wie er sich fühlte, und ohne zu zögern, umfasste er seine Hand, verschränkte ihre Finger miteinander. Er nickte abgehakt, brachte es jedoch nicht über sich, auch verbal zu antworten. Sein Freund schien ihm dies nicht übel zu nehmen, lächelte nur kurz und drückte seine Finger, bevor er erneut Löcher in die Luft zu starren begann. Auch Satochis Nerven schienen nur noch an einem seidenen Faden zu hängen, was ihm ein Blick zu seiner Rechten bestätigte. Gara ging schon seit Minuten immer wieder den zugigen Flur, in dem man sie warten ließ, auf und ab, während Yumiko so gebannt auf die Zeitschrift in ihrem Schoß starrte, als wäre dort der Sinn des Lebens abgedruckt worden. Der Einzige, der nicht so wirkte, als würde er jeden Moment türmen wollen, war Miya, doch auch im Gesicht des Produzenten zeichneten sich deutlich tiefere Sorgenfalten ab, als üblich für ihn waren. Die beiden Türen aus dunklem Eichenholz ihnen gegenüber schienen mit jeder verstreichenden Sekunde bedrohlicher auf sie herabzublicken, und als sich eine von ihnen unerwartet öffnete, konnte Tatsuro nicht verhindern, dass sein gesamter Körper wie unter einem Blitzschlag zusammenzuckte.

 

„Sie können den Gerichtssaal nun betreten“, verkündete ein uniformierter Gerichtsdiener, der im entstandenen Türspalt erschienen war, und nickte ihnen freundlich zu. „Die Durchsicht der Videobeweise ist abgeschlossen.“

 

Tatsuro verzog bei der Erwähnung besagter Beweise das Gesicht, erhob sich jedoch und straffte die Schultern. Er würde Nobu nicht auch noch die Genugtuung geben, nun duckmäuserisch das Gericht zu betreten. Schlimm genug, dass er sich von Doktor Suemura hatte überzeugen lassen, dass es für ihn und seine Mitstreiter gesünder war, sich die Videos nicht anzusehen.

 

„Sie denken also, ich würde es nicht ertragen, zu sehen, was dieses Schwein mir angetan hat? Newsflash, Doc, ich war dabei.“ Tatsuro war so unglaublich wütend gewesen, doch der Psychologe hatte keine sichtbare Reaktion auf seinen Ausbruch gezeigt. Nicht einmal ein beruhigendes Lächeln hatte sich auf die ernsten Züge gelegt, was er beinahe noch nervtötender gefunden hatte, als das, was er ihm zu sagen gehabt hatte.

 

„Ich behaupte nicht, dass sie schwach sind, Herr Iwakami. Ich behaupte auch nicht, dass sie es nicht ertragen würden, sich die Videobeweise vor Gericht anzusehen. Aber ich garantiere ihnen, dass es nicht förderlich für sie sein wird. Sie wollen Ihre enormen Fortschritte der letzten Wochen doch nicht nur deswegen aufs Spiel setzen, um sich oder irgendjemandem etwas zu beweisen?“

 

Der so typisch sonore Tonfall des Therapeuten hatte es auch an diesem Tag – wie jedes verdammte Mal zuvor – geschafft, seine Wut so schnell im Nichts verpuffen zu lassen, als wäre sie nie da gewesen. Tatsuro erinnerte sich, wie ertappt er sich in diesem Augenblick gefühlt hatte, denn Doktor Suemura hatte mit seiner Einschätzung den Nagel auf den Kopf getroffen. Er hatte tatsächlich befürchtet, schwach zu erscheinen, wenn er die Videos nicht genau wie alle anderen auch ansehen würde, und diesen Triumph wollte er Nobu keineswegs geben. Aber jetzt, als er den Gerichtssaal betrat und ihm die Blässe im Gesicht seines Bruders und der angespannte Zug um Yukkes Mund auffielen, war er heilfroh, einmal nicht stur gewesen zu sein. Nicht seinetwegen – er war noch immer der Überzeugung, dass er es ohne Folgen für seine mentale Regeneration überstanden hätte – aber für die beiden Männer an seiner Seite. Für sie war es die richtige Entscheidung gewesen. Weder Yukke noch Satochi hätten ihn das allein durchstehen lassen und sie hatten weiß Gott schon genug ertragen müssen.

 

Tatsuros Blick war starr nach vorn gerichtet, als er sich neben seinen Anwalt an den Tisch links vom Richterpult setzte, während seine Mitstreiter auf einer langen Bank hinter ihm Platz nahmen. Er erwiderte das begrüßende Nicken der Richterin und schaffte es sogar, den bohrenden Blick Nobus zu ertragen, als dieser nach vorn in den Zeugenstand beordert wurde.

 

„Ihr Name ist Ogawa, Nobu Kenichi, ist das korrekt?“, begann die Richterin ohne Umschweife, während Tatsuros Anwalt seine Unterlagen auf dem Tisch vor sich ausbreitete. Für einen Moment betrachtete er die Blätter, schnappte hier und da Worte auf, die sich Shiroda-san handschriftlich notiert hatte. Ein Schauer rann ihm über den Rücken, als er begriff, dass es die Reaktionen der Geschworenen auf die Videos waren, die der Anwalt analysiert und festgehalten hatte. Der kollektive Konsens schien Entsetzen gewesen zu sein, was ihn hätte freuen sollen, bedeutete dies doch, dass sie gute Chancen haben würden, Nobu seiner gerechten Strafe zuzuführen, aber andererseits … Ihm wurde schlecht, als ihm bewusst wurde, wie viele Fremde nun wussten, haargenau wussten, was er durchgemacht hatte.

 

„Das ist korrekt, ehrenwerte Richterin.“

 

Er presste seine Lippen fest aufeinander, als Nobu mit klarer Stimme und ohne zu zögern auf die Frage antwortete. Verflucht, wo nahm dieser Kerl die Selbstsicherheit her, mit der er hier auftrat? Als wäre das alles nur eine weitere Rolle, für die er sich qualifizieren wollte.

 

„Sie sind am 29. November 1975 in Kyoto geboren?“

 

„Auch das ist korrekt.“

 

„Herr Ogawa, nachdem dem Gericht die erschütternden Beweise Ihrer Tat vorgeführt wurden, was haben Sie zu Ihrer Verteidigung zu sagen?“

 

„Ehrenwerte Richterin …“, begann Nobu und machte eine kunstvolle Pause, für die er ihm am liebsten ins Gesicht geschlagen hätte. „Ich bekenne mich schuldig, die vorgenannten Taten begangen zu haben, möchte jedoch auf das Gutachten meiner Psychologin, Frau Chang, hinweisen, dass ich zum Zeitpunkt der Tat nicht schuldfähig war.“

 

Ein Raunen ging durch den Gerichtssaal, sodass die Richterin mit zwei Schlägen ihres Hammers auf den vor ihr liegenden Resonanzblock für Ruhe sorgen musste.

 

„Ruhe! Ruhe, bitte! Herr Ogawa, bitte führen Sie ihre Behauptungen näher aus.“

 

„Ich leide seit frühster Kindheit unter einer manisch-depressiven Persönlichkeitsstörung …“

 

Tatsuro schloss sein gesundes Auge – das andere hielt er unter einer schwarzen Augenklappe verborgen – und widerstand nur mit großer Mühe dem Drang, sein Gesicht hinter den Händen zu verstecken, als sich Nobu in ausschweifenden Erklärungen verlor. Erklärungen, die ein komplett anderes Bild der Geschehnisse zeichneten und ihn in einem deutlich besseren Licht dastehen ließen. Verflucht, genau davor hatte ihn sein Anwalt gewarnt.

 

In seinen Ohren hatte sich ein hohes Pfeifen breitgemacht und als Nobu endlich den Zeugenstand verließ, hätte er weder sagen können, was genau der andere alles erzählt hatte, noch wie viel Zeit vergangen war. Mit zitternden Fingern griff er nach dem Wasserglas vor ihm, leerte es in nur wenigen, großen Schlucken und nickte Shiroda-san dankend zu, als er ihm nachschenkte.

 

„Es werden nun nach und nach alle Zeugen aufgerufen. Auch Herr Ogawas Bruder wird seine Aussage machen“, flüsterte Shiroda. Erstaunt hob Tatsuro den Kopf und sah sich zum ersten Mal richtig im Gerichtssaal um. Tatsächlich, auf der Bank hinter Nobu und seinem Verteidiger saß Kaisuke. Beinahe hätte er ihn nicht wiedererkannt. Das lange Haar des jungen Praktikanten wirkte strähnig und ungewaschen, das hagere Gesicht noch blasser als sonst und generell sah er so aus, als hätte er seit Wochen nichts mehr gegessen. Erschreckend, war das einzige Wort, das ihm bei diesem Anblick in den Sinn kam, aber er fand es nicht in sich, Mitgefühl für ihn zu empfinden.

„Wenn Sie zu einem Zeitpunkt eine Pause brauchen, zögern Sie nicht, den Saal zu verlassen. Das steht Ihnen jederzeit frei.“ Erneut riss ihn die Stimme seines Anwalts aus seinen Gedanken und er nickte, ohne richtig zugehört zu haben, weil gerade Yukke in den Zeugenstand gerufen wurde.

 

Wie gebannt hing sein Blick an seinem Freund, an der geraden Linie seiner Schultern, dem scharfen Schwung seines Kiefers. Himmel, wie gerne wäre er jetzt wo anders, weit weg von all dem hier. Wie gerne würde er Yukke nun in seine Arme ziehen, um in seiner Gegenwart alles vergessen zu können.

 

„Wann werde ich mit meiner Aussage dran sein?“, erkundigte er sich ebenso flüsternd und presste die Lippen fest aufeinander, als Shiroda ihm eröffnete, dass er der Letzte sein würde. Verdammt, wie sollte er das aushalten?

 

~*~

 

Miya musste zugeben, dass es ihm alles andere als leicht gefallen war, seine Aussage zu machen. Dementsprechend erleichtert war er gewesen, als er es endlich hinter sich gebracht hatte. Wenn er jedoch geglaubt hatte, damit das Schlimmste überstanden zu haben, hatte er sich gehörig geirrt. Yukkes Schilderungen zu hören, war schon hart gewesen, aber als es an Satochi war, die Ereignisse zu rekapitulieren, hatte er sämtliche Willensstärke aufbringen müssen, um sich nicht schützend an die Seite seines Partners zu stellen. Sein Magen krampfte noch immer, wenn er sich an den Moment zurückerinnerte, als Satochi die Stimme beinahe versagt war, während er den grauenvollen Zustand beschrieben hatte, in dem sich sein Bruder befunden hatte, als sie ihn in diesem Kellerraum entdeckt hatten. Natürlich hatten die Geschworenen zu diesem Zeitpunkt bereits alles gesehen und es schauderte ihn, daran zu denken, welche Details sich auf den Videobändern verbargen, von denen sie alle, bis auf Tatsuro natürlich, nichts wussten. Dennoch war es notwendig gewesen, dem Gericht zusätzlich auch ihre individuellen Erlebnisse zu schildern. Ein naiver Teil in ihm war sich sicher gewesen, dass ihn nach Satochis Aussage nichts mehr aus der Fassung bringen konnte, doch Tatsuro bewies ihm gerade das Gegenteil.

Jedes seiner Worte bohrte sich wie spitzes Glas in das kollektive Trauma, das sie alle in dieser Nacht erlitten hatten. Er konnte es kaum ertragen, der monotonen, nahezu klinischen Berichterstattung des Schauspielers zuzuhören und mehr von den Unmenschlichkeiten, die Nobu ihm angetan hatte, zu erfahren, als er jemals hatte erfahren wollen. Und wenn er sich schon so fühlte, wie musste es da den beiden Männern gehen, die Tatsuro um so vieles näherstanden als er? Er wagte einen Blick zur Seite, musterte Satochis angespanntes, blasses Profil und beschloss, seine Prinzipien für den Moment in den Wind zu schlagen, als er nach den verkrampften Fingern seines Partners griff. Miya war ein rationaler Mensch, schon immer gewesen, und oftmals wurde ihm deswegen Gefühlskälte unterstellt, aber in diesem Augenblick hätte er alles gegeben, um wenigstens einen Teil des Schmerzes, der sich in Satos Augen widerspiegelte, auf sich nehmen zu können.

 

„Hältst du es noch aus?“, wisperte er, um den Ablauf der Gerichtsverhandlung nicht zu stören. „Wir können für einen Moment nach draußen gehen, wenn es dir damit besser geht.“

 

„Nein, ich möchte hier sein, falls er mich braucht.“ Satochi legte seine freie Hand auf ihre verschränkten Finger, als würde er so den Halt suchen, der ihm verloren gegangen war. Und wenn es Halt war, den er in dieser schweren Stunde brauchte, dann würde Miya ihm genau diesen geben. „Aber danke, dass du gefragt hast.“

 

„Nicht dafür.“ Er lächelte nicht beruhigend, drückte auch nicht in einer Geste, die Mut machen sollte, Satochis Hand, aber er war da, würde immer da sein, wenn der andere ihn brauchte.

 

„Wie können sie nur zulassen, dass er das alles noch einmal erzählen muss?“, wisperte Yukke, der auf seiner anderen Seite saß so leise, dass er sich nicht sicher war, ob seine Worte tatsächlich an ihn gerichtet waren. „Reicht es nicht, dass er vor der Polizei schon alles im Detail ausbreiten musste? Sie haben doch gesehen, was dieser Mistkerl ihm angetan hat.“ Yukkes Blick war so starr auf Tatsuro gerichtet, als könne er es kaum ertragen, in diesem Augenblick räumlich von ihm getrennt zu sein. Ein Gefühl, das Miya nur allzu gut nachvollziehen konnte. „Wer jetzt noch denkt, Nobu sei unschuldig, der hat in diesem Gerichtssaal nichts verloren.“

 

„Yukke“, murmelte er mit nur einem Hauch eines mahnenden Untertons in der Stimme. „Damit hilfst du ihm nicht.“

 

„Sieh ihn dir doch an. Ich ertrage es nicht, ihn so zu sehen. Nicht schon wieder.“

 

„Ich weiß.“

 

„Herr Iwakami.“ Die unerwartet feste Stimme des Anwalts ließ nicht nur Miya für eine Sekunde zusammenzucken, als er das Wort an seinen Mandanten richtete. „Ich danke Ihnen sehr für Ihre Schilderung. Ich weiß, dass das nicht leicht für Sie gewesen ist.“

Tatsuro nickte lediglich, das unbedeckte Auge starr vor sich auf einen Punkt gerichtet, den wohl nur er sehen konnte.

„Herr Iwakami. Was hat Ihrer Meinung nach Herrn Ogawa dazu gebracht, diese Tat zu begehen?“

 

„Einspruch!“, rief der Verteidiger aus, noch bevor Tatsuros Anwalt zu Ende gesprochen hatte. „Das sind reine Mutmaßungen, die lediglich das subjektive Empfinden des Zeugen widerspiegeln würden.“

 

„Ganz genau. Gerade deswegen würde ich sie sehr gerne hören. Einspruch nicht stattgegeben“, hakte die Richterin ein, deren scharfer Blick eine Spur einfühlsamer wurde, als sie sich direkt an Tatsuro wandte.

„Herr Iwakami, wenn Sie sich dazu in der Lage sehen, die Frage Ihres Anwalts zu beantworten …“

 

„Ich … Ich denke, es hat schon angefangen, als Nobu kurz vorm Finale der dritten Staffel von WORLD OF DECEPTION aus dem Drehbuch geschrieben wurde. Er hat mir dafür die Schuld gegeben, hat mir unterstellt, ihn vor den Produzenten schlecht gemacht zu haben und ihn …“ Hilflos zuckte Tatsuro mit den Schultern. „Er hat so getan, als wäre mir unsere Beziehung, die zu dem Zeitpunkt schon seit mehreren Monaten Bestand hatte, nie ernst gewesen. Als hätte ich ihn nur benutzt, verführt wie er es genannt hat, um …“ Tatsuros Stimme versagte. Der stoische Ausdruck, der sein Gesicht bis dahin dominiert hatte, verschwand und ließ erahnen, wie es wirklich in ihm aussah.

 

„Wir haben Zeit, Herr Iwakami“, erklang die ruhige Stimme der Richterin erneut und Tatsuro nickte, griff nach dem Glas Wasser, das vor ihm stand, um einen großen Schluck zu trinken. Seine Hand zitterte so stark, dass etwas Wasser über den Rand des Glases schwappte und kleine Pfützen auf der Tischplatte bildete, doch er schien dies gar nicht zu bemerken.

 

„Warum tut sie ihm das an?“, flüsterte Satochi und Miya verzog kurz das Gesicht, als sich die Fingernägel des anderen unangenehm fest in die Haut seiner Handfläche drückten.

 

„Ich bin mir nicht sicher“, antwortete er, obwohl er nicht wusste, ob Satos Frage nicht nur eine rein rhetorische war. „Ich könnte mir vorstellen, dass Sie damit Nobus Aussage entkräften will.“

 

„Denkst du wirklich, irgendjemand nimmt diesem Schwein ab, dass er zum Zeitpunkt der Tat nicht im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte war? Das ist doch Bullshit“, zischte Yukke und anders als Satochi, der müde und niedergeschlagen wirkte, konnte er aus der Stimme seines langjährigen Freundes die Wut heraushören, die sich immer mehr in ihm aufzubauen schien.

 

„Das weißt du und wissen wir, Yukke, aber wir sind nicht die Geschworenen“, murmelte er und atmete unwillkürlich erleichtert aus, als sich Gara, der auf der Bank ganz außen saß, etwas über Yumiko beugte, um dem Schauspieler besänftigend eine Hand auf die Schulter legen zu können.

 

„Wenn du dich nicht beruhigst, verweisen sie uns noch des Gerichtssaals …“

 

Yukke verzog das Gesicht, als wäre ihm tatsächlich jetzt erst bewusst geworden, dass Garas Warnung ein Szenario beschrieb, das durchaus so passieren konnte und das er tunlichst verhindern wollte. Miya seufzte unhörbar und rieb sich über die Schläfen, hinter denen sich Kopfschmerzen anbahnten. Ohne es zu wollen, fiel sein Blick dabei auf Nobu, der mit einer irritierenden Gelassenheit Tatsuros Schilderungen zuhörte. Verdammt, war diese fast apathische Ruhe, die er zur Schau stellte, ein weiterer Bestandteil seiner Taktik, sich als nicht zurechnungsfähig zu präsentieren? Ihm musste doch klar sein, dass sämtliche Aussagen und Beweise gegen ihn sprachen und er nicht einmal mit viel Glück einer harten Strafe entgehen würde. Sie hatten Tapes, auf denen seine Verbrechen im Detail zu sehen waren, verdammt noch mal, wie konnte er da noch so zuversichtlich lächeln?

‚Als wäre es ihm egal, wie die Gerichtsverhandlung für ihn ausgeht … oder als wüsste er, dass er am Ende doch gewinnt.‘

 

„Ich danke Ihnen, Herr Iwakami.“

Miya blinzelte, als sich die Richterin erhob und es ihr die Versammelten gleichtaten. War er wirklich so in seinen Gedanken und Beobachtungen versunken gewesen, dass er das Ende von Tatsuros Ausführungen nicht mitbekommen hatte? Verstohlen rieb er sich über die Unterarme, über die sich eine dicke Gänsehaut zog, und versuchte, das ungute Gefühl, das ihn in den letzten Minuten überkommen hatte, wieder loszuwerden.

„Die Verhandlung ist für heute beendet. Verehrte Geschworene, ich erwarte Sie morgen um zehn Uhr zur Urteilsverkündung.“ Ein zustimmendes Raunen ging durch die Reihen der Schöffen, während sich die Türen des Gerichtssaals von außen öffneten. Zwei uniformierte Männer traten ein, nickten der Richterin grüßend zu und postierten sich links und rechts neben Nobu. „Sie können den Angeklagten abführen“, erklärte sie, bevor sie hinter einer unscheinbaren Tür am Kopfende des Raums verschwand, während die Polizisten ihrer Aufforderung nachkamen.

 

Tatsuro war der Einzige gewesen, der sich gerade nicht erhoben hatte, und so saß er noch immer bleich und kränklich wirkend an Ort und Stelle, bis Yukke die wenigen Meter zu ihm überwunden hatte.

 

„Gehts?“, hörte Miya ihn sagen, bevor er sich abwandte und gemeinsam mit Satochi, Gara und Yumiko den Saal verließ.

 

„Ich brauch eine Zigarette“, murmelte er und hatte kaum fertiggesprochen, als er sich von Satochi am Arm gefasst und durch die Anwesenden dirigiert wiederfand. Ein feines Lächeln legte sich auf seine Lippen, bevor ihm ein langer Seufzer entkam, als ihn endlich frische, unverbrauchte Herbstluft umgab.

 

„Gott, ich hätte es keine Sekunde länger da drin ausgehalten“, gab Satochi zu und lehnte sich gegen die hohe Betonwand, die den Innenhof umgab, in den er sie gelotst hatte. „Ist es schlimm, wenn ich gerade nicht genug Kraft habe, um an Tatsuros Seite zu sein?“

 

„Ich denke nicht, dass er dir das übel nehmen wird“, nuschelte Miya, eine Zigarette zwischen den Lippen klemmend, die er mit einer Hand vor dem Wind abschirmte, um sie sich anstecken zu können. Erst, als er einen tiefen Zug genommen hatte und den blauen Dunst langsam wieder ausatmete, sprach er weiter: „Außerdem ist Yukke bei ihm, der passt auf ihn auf.“

 

„Du hast recht. Wie ich meinen Bruder kenne, will er sowieso nicht, dass ich ein großes Drama aus der ganzen Sache mache. Das will er nie.“ Sato fuhr sich durchs Haar, bis ihm die dunkelbraunen Strähnen in alle Himmelsrichtungen vom Kopf abstanden. Miya schmunzelte, fand das Verhalten seines Partners trotz des Ernsts ihrer Situation schlichtweg bezaubernd, und streckte eine Hand aus, um wenigstens einige der Strähnen wieder glatt zu streichen.

 

„An seiner Stelle würde es mir wohl ähnlich gehen, aber ich kann mir gut vorstellen, wie sehr es dich frustrieren muss, ihm nicht helfen zu können.“

 

„Du meinst wohl eher, ihm nicht helfen zu dürfen. Das ist eigentlich das Schlimmste an der Sache.“

 

„Geht es dir nicht oft genug genau wie ihm gerade?“ Miyas vielsagender Blick ruhte auf Satochis Gehstock, auf den er sich mindestens so schwer stützte, wie er gegen die Wand gelehnt dastand. Er wusste, dass sein Partner schon seit dem letzten Wetterumschwung wieder unter heftigen Schmerzen litt – die verschreibungspflichtigen Schmerzmittel, die er überall mit sich herumtrug, sprachen Bände – und doch hatte er immer abgewiegelt, wenn Miya ihn gefragt hatte, ob alles in Ordnung sei.

 

„Tu das nicht.“

 

„Was denn?“

 

„Mir so deutlich unter die Nase reiben, dass du mal wieder recht hast.“

 

„Tue ich das?“ Nun zupfte ein verhaltenes Grinsen an Miyas Mundwinkel, als er einen Schritt auf Satochi zuging und ihm nach einem schnellen Blick zu allen Seiten einen kurzen Kuss auf die Lippen drückte. „Ich meine ja nur, dass dein Bruder und du euch gar nicht so unähnlich seid. Es fällt euch beiden nicht leicht, Hilfe anzunehmen, und ich bin nur froh, dass Yukke einen Weg gefunden zu haben scheint, wie er Tatsuros Sturkopf diesbezüglich umgehen kann.“

 

„Ja, das ist gerade auch das Einzige, das mich ein wenig beruhigt, wenn ich ehrlich bin.“

 

„Das ist doch schon mal etwas.“ Er drückte seine Zigarette in einem nahestehenden Aschenbecher aus und bot Satochi seinen Arm an. „Na, komm, lass uns wieder zu den anderen und dann nach Hause gehen.“ Sein Herz machte einen glücklichen Sprung, als Sato nur für einen Sekundenbruchteil zögerte, bevor er sich bei ihm unterhakte und zuließ, dass er ihn stützte.

 

~*~

 

Tatsuro fühlte sich wie unter die Räder gekommen, als er an Yukkes Seite den Verhandlungsraum verließ. Sein Kopf dröhnte und sein gesundes Auge machte mit deutlichem Brennen darauf aufmerksam, dass er es überanstrengt hatte. Das Schlimmste jedoch waren der fade Nachgeschmack, den Nobus selbstsicheres Auftreten im Vergleich zu seinem eigenen Beinahe-Zusammenbruch hinterließ und diese aalglatte Stimme, die sich in seine Gehörgänge eingebrannt hatte, ihn zu verfolgen schien. Sein Magen befand sich in hellem Aufruhr und hätte er heute auch nur einen Bissen gegessen, spätestens jetzt wäre er ihn wieder losgeworden.

 

„Herr Iwakami?“ Er schaute von der Betrachtung seiner Schuhspitzen auf und in das seriöse Gesicht seines Anwalts. „Ich wollte Ihnen nur noch kurz Bescheid geben, dass Sie morgen nicht zwingend persönlich bei der Urteilsverkündung anwesend sein müssen, wenn Sie das nicht möchten. Ich habe alle Vollmachten, um in Ihrem Sinne handeln zu können, und werde mich selbstverständlich unverzüglich bei Ihnen melden, sobald die Entscheidung des Gerichts getroffen wurde.“

 

Im ersten Moment wusste Tatsuro nicht, wie er auf dieses Angebot reagieren sollte. Im nächsten Moment fühlte er sich bevormundet, als würde ihm erneut jemand vorschreiben wollen, was er im Stande war auszuhalten und was nicht. Letzten Endes fiel sein Blick auf Yukke, in dessen Gesicht er unendliche Müdigkeit und so etwas wie ein stummes Flehen zu erkennen glaubte. Er seufzte leise, nickte jedoch und versuchte, seinem Gegenüber ein dankbares Lächeln zu schenken.

 

„Ich wäre Ihnen sehr verbunden, wenn Sie das für mich tun könnten, Shiroda-san.“

 

„Selbstverständlich. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen Abend.“

 

„Ihnen auch“, murmelte Tatsuro, während sich der ältere Herr kurz verbeugte und Yukke, Gara und Yumiko zur Verabschiedung zunickte, um dann mit brüsken Schritten auf den Ausgang des Gerichtsgebäudes zuzugehen. Tatsuro atmete lang gezogen aus, was sich beinahe wie ein Seufzen anhörte, auch wenn er dies geleugnet hätte, hätte ihn jemand darauf angesprochen. Langsam blickte er sich um, stutzte jedoch, als er weder seinen Bruder noch Miya entdecken konnte. „Wo ist eigentlich Sato abgeblieben?“

 

„Wir sind hier“, erklang Miyas Stimme von rechts, während er mit seinem Bruder im Schlepptau auf sie zukam.

 

„Schön, wenn wir jetzt alle vollzählig sind, würde ich gern nach Hause gehen“, meldete sich Yumiko zu Wort und hakte sich bei Gara unter. Ihr war nur zu deutlich anzusehen, wie sehr sie die letzten Stunden mitgenommen hatten, und damit war sie, wie Tatsuro nach einem schnellen Rundumblick feststellte, in bester Gesellschaft.

 

„Das ist der einzig gute Vorschlag, den ich heute den ganzen Tag über gehört habe“, gab er zu und gönnte es sich, nach Yukkes Hand zu greifen, um ihre Finger fest miteinander zu verschränken. Sein Freund lächelte ihn von unten herauf an, lehnte sich für einen Moment gegen seine Seite, bevor sie sich gemeinsam mit den anderen in Bewegung setzten.

 

„Hast du Kaisuke gesehen?“, murmelte er und schaute über seine Schulter nach hinten, als könnte er den Praktikanten noch immer auf der Holzbank im Gericht sitzen sehen. „Er sah aus wie ein Geist.“

 

„Erschreckend, nicht? Es wundert mich, dass er eine Aussage gemacht hat. Immerhin hat er sich damit selbst belastet.“

 

„Ich glaube, das haben die Tapes schon zur Genüge getan, aber du hast recht, er hätte sich nicht äußern müssen. Was mir da gerade einfällt; weißt du, ob Kenta und dein Freund Seek als Nebenkläger aufgetreten sind?“

 

„Ich weiß es nicht genau. Seek meinte nur vor ein paar Tagen, dass er eine schriftliche Stellungnahme abgegeben hat, aber von Kenta ist mir nichts bekannt.“

Er brummte verstehend und war froh, als Yukke das Thema wechselte.

„Kommst du heute mit zu mir?“, fragte er, einen hoffnungsvollen Ausdruck im Gesicht, dem Tatsuro nicht einmal hätte widerstehen können, wenn er das gewollt hätte. „Nach all dem hier hätte ich Lust, für uns zu kochen, was hältst du davon?“

 

„Du willst kochen?“

 

„Ja, sag das nicht so entsetzt, ich kann das. Außerdem entspannt es mich. Also wäre das was?“

 

„Als hätte ich schon einmal nein zu gutem Essen gesagt.“ Tatsuros Mundwinkel hoben sich zu dem ersten, ehrlichen Lächeln des Tages, das sich länger auf seinen Lippen gehalten hätte, hätte sie Yumiko in diesem Augenblick nicht noch an die letzte Hürde erinnert, die es zu nehmen galt.

 

„Setzt euer Gameface auf, Jungs, wir haben Gesellschaft.“

 

Stimmengewirr und ein wahres Blitzgewitter dutzender Kameras begrüßten sie, als sie das Gerichtsgebäude verließen und auf die große Freitreppe hinaustraten. Gerade so gelang es ihm, nicht genervt das Gesicht zu verziehen, als ihm die ersten Fragen zugerufen wurden. Wieso konnten ihn diese Geier nicht in Ruhe lassen? Hatte er heute nicht schon genug ertragen müssen?

 

„Herr Iwakami, ist das Gericht bereits zu einer Entscheidung gekommen?“

„Können Sie unseren Zuschauern kurz berichten, wie es für Sie war, Ihrem Peiniger heute gegenüberzustehen?“

„Wie fühlen Sie sich nun, Tatsuro-san?“

„Sind Sie zuversichtlich, dass sie gewinnen werden?“

 „Tatsuro-san! Saeko Mori, Channel J. Was sagen Sie zu den Gerüchten, dass die Anschuldigungen gegen Nobu-san lediglich ein Komplott Ihrerseits sind, um ihn ein für alle Mal aus dem Showgeschäft zu drängen?“

 

Tatsuro erstarrte, als er die letzte Frage hörte. Er hätte damit rechnen müssen, dass seine Busenfreundin von Channel J mit derartigen Verleumdungen aufwarten würde, aber diese nun tatsächlich ausgesprochen zu hören, war wie ein Schlag ins Gesicht.

Er hatte den Mund geöffnet, auch wenn er nicht wusste, ob er ihr raten wollte, lieber ihr Schandmaul zu halten, oder sie anbrüllen, dass sie ihn ein für alle Mal in Ruhe lassen sollte. Aber noch bevor auch nur ein Ton seine Lippen verlassen hatte, sprang sein Manager für ihn in die presche. Man mochte es Gara anhand seiner wenig beeindruckenden Größe und feingliedrigen Statur nicht zutrauen, aber wenn er wollte, konnte er zu einer wahren Löwenmutter werden, die ihre Babys verteidigte. Gara baute sich vor ihnen auf, schirmte sie allein durch seine Präsenz ab und wandte sich mit deutlichen Worten an die Meute. Obwohl er nicht laut sprach, hallte seine Stimme über den Vorplatz, als es mit einem Mal Mucksmäuschen Still um sie herum wurde. Nur das muntere Zwitschern einer Spatzenschar, die es sich für die Nacht in einem nahestehenden Ahornbaum gemütlich gemacht hatte, war über die Geräusche der Stadt hinweg noch zu hören.

 

„Die Urteilsverkündung ist für morgen um zehn Uhr vormittags angesetzt. Ich werde Ihren jeweiligen Agenturen den Termin für eine danach zeitnah stattfindende Pressekonferenz zuleiten. Und nun entschuldigen Sie uns bitte, wir haben alle einen sehr ereignisreichen Tag hinter uns.“ Mit geübten Bewegungen bahnte Gara ihnen einen Weg zwischen den erneut wild schnatternden Reportern hindurch und lotste sie zu mehreren bereitstehenden Taxen.

 

„Eines muss man dir lassen, du weißt wirklich, wie man mit diesen Hyänen umgehen muss“, murmelte Tatsuro und versuchte die Fragen, die ihm noch immer zugerufen wurden, weitestgehend zu ignorieren.

 

„Gib es zu, in Momenten wie diesen fällt dir wieder ein, warum dein Manager unverzichtbar ist.“

 

„Na, ich weiß nicht. Soweit würde ich nun doch nicht gehen.“

Tatsuro wusste, dass Gara den entrüsteten Seitenblick nicht ernst meinte und wirklich gut war ihm dieses Schauspiel auch nicht gelungen, aber er fühlte sich gerade großmütig und war seinem Manager ehrlich dankbar, sodass er beschwichtigend die Hände hob.

„Schon gut, schon gut, wir wissen beide, dass du’s drauf hast.“

 

„Das wollte ich hören. Und nun verschwindet, bevor sie uns doch noch mal umzingeln.“

 

Tatsuro riskierte einen flüchtigen Blick über die Schulter, stellte jedoch zu seiner Erleichterung fest, dass einige Polizisten ihnen zur Hilfe geeilt waren und die Reporter körperlich daran hinderten, erneut an sie heranzukommen. Dennoch verlief die Verabschiedung gehetzt und keinen Augenblick später fand er sich neben Yukke auf der Rückbank eines der Taxis wieder. Sein Freund hatte dem Fahrer bereits die Adresse seines Wohnblocks durchgegeben und noch bevor er sich richtig angeschnallt hatte, fuhr der Wagen an. Erst, als das Gerichtsgebäude und die Reporter hinter einer Biegung verschwanden und sie vom hektischen Feierabendverkehr verschluckt wurden, gönnte er sich ein erleichtertes Ausatmen. Seine Schultern waren steinhart und schmerzten mit seinem Kopf um die Wette – ein weiteres, untrügliches Zeichen dafür, wie angespannt er seit Stunden war.

 

„Alles okay?“ Yukkes Hand war angenehm warm, als sie sich auf seinen Oberschenkel legte, und beinahe wäre diese kleine Geste des Mitgefühls zu viel für sein überstrapaziertes Nervenkostüm geworden. Er schob sich die Augenklappe in die Haare und presste Zeige- und Mittelfinger gegen seine Nasenwurzel, um zu verhindern, dass die Tränen, die so plötzlich in seinen Augen brannten, fallen würden. Himmel, wann war er nur so emotional geworden?

 

„Nein, im Moment ist noch nichts okay, aber das wird.“

 

Yukke drückte seinen Oberschenkel kurz, bevor er schweigend seine Hand zurückzog und ihm somit den Freiraum gab, den er brauchte, um sich wieder sammeln zu können. Eine Welle der Dankbarkeit schwappte über ihn hinweg und nicht zum ersten Mal in den letzten Wochen fragte er sich, wie es sein konnte, dass so ein herzensguter Mensch, wie Yukke einer war, ausgerechnet an ihm Interesse hatte.

 

„Du bist wirklich unglaublich, weißt du das?“

 

„Wieso, was hab ich denn gemacht?“

 

„Nichts. Du bist einfach du, das reicht schon.“

 

Yukke lächelte ihn an und täuschte er sich oder zog sich da gerade eine feine Röte über seine Wangen? Tatsuro lächelte, sagte jedoch nichts weiter, und auch sein Freund schwieg, schien seinen eigenen Gedanken nachzuhängen.

 

„Irgendwie hätte ich nachher Lust auf Fisch. Lachs müsste ich sogar noch im Gefrierfach haben. Gemüse dazu und zum Nachtisch … Mmmh, wie war das mit dir und Mangos noch gleich?“

Tatsuro lachte. Ungezwungen. Herzhaft. Und es tat so unglaublich gut. Ein Gefühl, das er in dieser Intensität noch nie gespürt hatte, machte sich in ihm breit und vertrieb für einen herrlichen Augenblick all den Schmerz und all die negativen Emotionen, die er nun schon so lange mit sich herumtrug. In diesem so unscheinbaren Augenblick, auf der Rückbank eines Taxis, wurde ihm eines klar; er würde nicht aufgeben, würde sein Trauma verarbeiten und wieder ein normales, glückliches Leben führen, wenn er sich nur Yukkes erdender Präsenz an seiner Seite sicher sein konnte. Romantische Menschen würden dieses Gefühl wohl Liebe nennen – für ihn selbst fühlte es sich jedoch mehr danach an, als wäre er endlich zu Hause angekommen.

„Was denn?“

 

„Nichts. Mir ist nur gerade etwas klar geworden.“

 

„Und was wäre das?“

 

„Dass ich auch Mangos essen würde, wenn es dich glücklich macht.“



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