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Pray

for a better Day
von

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Schmerzhafte Gedanken

Aufmerksam beobachtete der Preuße die Truppe Amerikaner, ausgelassen tranken sie einen Drink nach dem anderen und erzählten sich offenbar die wirschsten Geschichten.

Besonders einer von ihnen fiel Gilbert dabei eher unangenehm auf, er sah dem anderen zwar ziemlich ähnlich aber irgendwas mochte er nicht an ihm.

Vielleicht lag es an der Bomberjacke die er anhatte oder an dem lauten Organ welches er an den Tag legte. Wild gestikulierend und mit starkem Südstaaten Akzent schilderte der Amerikaner irgendwas, schwenkte dabei seinen Drink hin und her und lachte lauthals, während seine Kameraden irgendwann mit einstimmten.

Gilbert verdrehte genervt seufzend die Augen und blickte dann wieder zu dem anderen Amerikaner. Dieser strahlte eine Ruhe aus und hielt die Gruppe irgendwie in einem gewissen Gleichgewicht, was dem Preußen außerordentlich gut gefiel; Außerdem hatte der Junge ein wirklich hübsches Gesicht, seit Gilbert hier her kam hatte er selten sowas schönes zu sehen bekommen.
 

Er lächelte leicht wehmütig über seinen idiotischen Gedanken.
 

Er nahm schließlich den letzten großen Schluck seines Weines und schnappte sich seine Krücke, stand auf und ging langsam vor zur Bar wo er zahlte und großzügig Trinkgeld da ließ. Er schnappte sich schließlich seine Jacke vom Haken und zog diese über, ihn ließ das Gefühl nicht los bis eben beobachtet worden zu sein.

Der Grauhaarige öffnete die Tür und verließ die Kneipe in die kühle Nachtluft der Straßen von Neuilly-sur-Seine.
 

*
 

„Hey Matt, hörst du mir überhaupt noch zu?“, fragte der blonde Amerikaner seinen besten Freund, der wie erstarrt zur Tür hinsah.

Matthew zuckte etwas zusammen und schüttelte den Kopf: „Ja, natürlich höre ich zu, sorry Alfred, war wohl in Gedanken.“

„Das hat man gesehen Dude“, lachte Alfred und klopfte ihm auf die Schulter, ehe er seinen Drink weg exte. Matthew lächelte nur zaghaft und sah nochmal über seine Schulter zur Tür hin, er hatte gesehen wie dieser Mann ihn angesehen hatte und er fand es faszinierend, sonst sah man ihn nie wirklich an oder man hatte nur Augen für Alfred; Was er durchaus verstehen konnte, der Amerikaner war echt witzig und charismatisch.
 

Und dennoch hatte der Fremde ihn angesehen.

Der Fremde mit den grauen kurzen Haaren, die fransig in dessen Stirn hingen. Dieses blasse fein geschnittene Gesicht mit den scharfen Wangenknochen aber besonders im Gedächtnis blieben Matthew die Augen; Diese rötlich schimmernden schmalen Augen, die ihn mit einer Faszination gemustert hatten, die Matthew so gar nicht kannte.
 

Ein schmunzeln schlich sich auf seine Lippen und er hob sein Cognac Glas an und kippte die goldene Flüssigkeit in seine Speiseröhre, stellte das leere Glas schließlich auf dem Tisch ab und sah zu Alfred, der von einem lustigen Erlebnis in England erzählte wo er »Alice« kennen gelernt hatte – Er jedoch war der einzige der wusste das in Alfreds Leben keine blonde Frau Namens Alice existierte, sondern nur ein britischer Gentleman der auf den Namen Arthur hörte und an den Alfred bedingungslos sein Herz verloren hatte.
 

Die Gedanken des Kanadiers driften erneut zu dem fremden Mann an dem Tisch in der hintersten Ecke der Kneipe ab.

Er hatte eine Krücke bei sich und Matthew fragte sich ob er ein Kriegsveteran war. Vielleicht sogar einer der französischen Armee? Wobei, so wirklich französisch wirkte der Mann nicht auf ihn. Er senkte nachdenklich den Blick.

Was wenn er ein Deutscher Soldat war?

Kaum merklich schüttelte er den Kopf und verwarf den Gedanken. Sollte dies der Fall sein, könne er es ohnehin gleich vergessen und wer weiß, vielleicht würde er den Mann nicht mal wieder sehen.
 

Und falls doch, dann hat dieser ihn sicher längst wieder vergessen.

Matthew wusste, dass er den Leuten nicht sonderlich lange im Gedächtnis blieb und er war eigentlich auch ziemlich okay damit.
 

Doch irgendwas in ihm regte sich und hoffte darauf den fremden Mann wieder zu sehen.
 

*
 

Gilbert war wieder bei sich in der Wohnung angekommen, konnte den ganzen Weg über an nichts anderes denken, als an diesen jungen Mann den er in der Kneipe gesehen hatte.

Dieses schmale Gesicht, die großen blauen Augen und die aschblonden Haare mit dieser einen Locke die in seiner Stirn hing.

Seufzend hing er die Jacke an den Haken im Flur und lehnte die Krücke an der Wand an, er humpelte zum Balkon hin und öffnete die Tür, trat nach draußen und zündete sich eine Zigarette an, die er genüsslich rauchte.
 

Seine Gedanken schweiften erneut zu ihm ab.

Verflucht, dass hatte doch eh keinen Sinn. Er würde ihn vermutlich ohne hin nie wieder sehen. Außerdem war er Teil der amerikanischen Armee, wenn er erst mal herausfand, wer Gilbert wirklich war, würde er vermutlich festgenommen werden, schließlich war er ein abscheulicher Mensch und Verbrecher.
 

Exakt das war es, was er eigentlich war.

Er war ein Soldat, der für sein Land an der Front kämpfte und er war einer der Männer in Schwarz die glaubten mit dem Leben unschuldiger Menschen zu spielen.
 

Scharf sog er bei dem letzten Gedanken die Luft ein und pustete den Rauch aus.

Er durfte nicht wieder daran zurück denken.

An die Verluste die es an der Front gab und an die Verluste die er selber verursacht hatte.
 

Zitternd hielt er die Zigarette zwischen seinen Fingern und spürte einen leichten Schmerz in seinem Bein. Er kniff die Augen zusammen und drückte die Kippe im Aschenbecher aus, hinkte zurück in die Wohnung in das Badezimmer, wo er den kleinen Medizinschrank öffnete und sich eine Tablette rausholte.
 

Die Schmerzen wurden schlimmer.
 

Er nahm sich den Becher von der Anrichte und füllte diesen mit Leitungswasser, schluckte die Tablette und spülte nach. Sein Blick fiel in den Spiegel und er sah sich selbst entgegen.

Die Haut Aschfahl, dunkle Ränder unter den rötlich schimmernden Augen und einen leeren Blick in diesen.

Es gab nur wenige Momente in denen seine Augen mit Leben gefüllt waren.
 

Und seit Monaten wurden diese Momente immer weniger.
 

Er schnaubte verachtend und kehrte zurück in das Wohnzimmer wo er sich an den Tisch setzte, er streckte das kaputte Bein aus und die Tablette wirkte schließlich langsam. Er entspannte sich allmählich.

Seufzend zog er Papier und Stift zu sich, welches immer auf dem kleinen Holztisch lag und er beschloss seinem kleinen Bruder zu schreiben, das war etwas, was er nach Einnahme des Schmerzmittels für gewöhnlich immer tat, er wusste jedoch nicht ob Ludwig ihm je antworten würde oder ob dieser die Briefe überhaupt erhielt.
 

Wenn Ludwig denn überhaupt noch lebte.
 

Schmerzlich verzog er das Gesicht dabei und schüttelte den Kopf.

Nein, daran sollte er nicht denken, wenn er weiterhin glaubte sein Bruder würde leben, dann tat er dies auch.
 

Gott, Gilbert hoffte es zumindest.
 

Er konnte sich noch gut daran erinnern als er mit 18 endlich soweit war in die Armee zu gehen und für sein Land zu kämpfen.

Dann hatte man ihn in die Wehrmacht gesteckt und nach Italien geschickt. Seit dem hatte er nichts mehr von ihm gehört.
 

Dies war jetzt schon zwei Jahre her.
 

Gilbert schloss frustriert die Augen, legte den Stift weg und erhob sich; Auf wackeligen Beinen ging er in das Schlafzimmer und zog sich um, wobei er immer wieder an seinen vernarbten Körper erinnert wurde.

Sein linkes Knie wurde damals ziemlich demoliert, als man versuchte zu retten, was noch zu retten war. Was bedauerlicherweise nicht gerade viel war.

Er erinnerte sich noch genau daran, als ihm dieser Russe damals den Lauf des Gewehres entgegen hielt. Gilbert hatte bereits mit seinem Leben abgeschlossen aber nein, stattdessen hatte er ihn nur gestraft. Gestraft für den Rest seines Lebens.
 

Und wer weiß, vielleicht hatte er dies auch verdient.
 

Halt. Nicht wieder daran denken, mahnte er sich selber an und legte sich schwer auf die Matratze seines Bettes.
 

Einer der Nachteile der Schmerztabletten – Sie machten ihn furchtbar müde.

Er spürte wie seine Lider immer schwerer wurden, er schloss seine Augen und bekam ein klares Bild von dem jungen Mann aus der Kneipe. Ein Lächeln schlich sich auf seine Lippen, ehe er tief und fest einschlief.
 

Hallo Ludwig,
 

Ich weiß nicht ob du die Briefe bekommst und liest, vielleicht will ich auch nicht wirklich wissen ob du sie bekommst, weil das würde bedeuten dass du entweder am Leben bist und nur wenig Zeit hast zu antworten, was wirklich vollkommen okay wäre, das Leben als Soldat ist anstrengend - oder es bedeutet das du bereits… Ich kann es nicht ausschreiben. Tut mir leid.
 

Ich vermisse dich und hoffe das du gut auf dich aufpasst, wenn du das lesen solltest… Ich wollte dich nur wissen lassen, dass… Pass auf dich auf, versprich mir das bitte.

Der Krieg wird immer grausamer und ich befürchte es ist kein Ende in Sicht.
 

Dein großer Bruder, Gilbert.



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