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Nimm meine Hand

Der Weg aus der Einsamkeit
von

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Genin

Mehrere Tage waren schon vergangen, seitdem Yukiko nach Konoha gezogen ist. Sie hatte die meiste Zeit über versucht, den Haushalt in Schuss zu bringen. Vergeblich.

Shizune war keines Wegs unordentlich. Im Gegenteil. Wahrscheinlich war es für jeden anderen Menschen in Ordnung, wenn eine dreckige Tasse im Waschbecken stand oder wenn die Sofakissen nicht ordentlich gepolstert in den Ecken lagen.
 

Sie jedoch hatte wirklich einen fast schon krankhaften Drang zur Sauberkeit und Ordnung. Vielleicht weil es sie beruhigte, ihre Hände zu beschäftigen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass sie so erzogen worden war. Arisu war eine wirklich strenge Frau gewesen, die ebenfalls diesen Zwang zur Ordnung hatte. Als Yukiko noch jung war, hatte sie diesen verabscheut. Die damalige Yukiko schien so fern zu sein. Wenn sie nur daran dachte, wie oft sie sich nur allein deswegen mit Arisu gestritten hatte!

Möglicherweise war genau das der Grund für ihre Art Zwangsneurose. Wenn alles blitz und blank war, fühlte sie sich nicht so fern von ihrem früheren Leben. Dann erschuf sie sich ein Stück Vergangenheit in ihren vier Wänden. Es gab ihr das Gefühl, dass Arisu jeden Moment nach Hause kommen würde. Doch dem war nicht so. Niemals würde irgendjemand von früher nach Hause zurückkehren.
 

Das Einzige, was ihr blieb, war der Trost und die Geborgenheit, die sie sich selbst schenkte. Und dank Shizune und Tsunade war es ihr möglich, endlich ein kleines Stück gewohnter Normalität zurückzugewinnen.
 

Ein liebevolles zu Hause, sauber gewaschene Kleidung, welche ordentlich gefaltet im Schrank verstaut war und die warmen Mahlzeiten, die sie nun immer für ihre neuen Bekanntschaften zubereiten konnte.
 

Shizune hatte Yukiko einige ihrer Freunde vorgestellt. Allesamt waren sie Shinobi und doch

konnte man nicht anders, als sie auf den ersten Blick zu mögen. 

Andererseits, wenn Yukiko so recht überlegte, lag es auch vielleicht an ihren Kochkünsten, dass Shizunes Freunde immer milde gestimmt waren. Sie musste über diesen Gedanken schmunzeln.

Denn jedes Mal, wenn jemand zu Besuch kam, hatte sie eine Kleinigkeit gezaubert. Vielleicht, weil man mit vollem Magen immer leichter eine Freundschaft knüpfte?

Ein angenehmer Nebeneffekt, denn die Leute mochten es. Kurenai war von ihren Gerichten so angetan, dass sie sich sogar ein, zwei Rezepte mitgenommen hatte. 
 

Kurenai.
 

Sie war die schönste Frau, der Yukiko jemals begegnet war. Ihre Augen waren rot, was sie mit ihrer Kleidung und Schminke so in Szene setzte, dass es ihr irgendetwas Mystisches verlieh. Man hatte das Gefühl, wenn man sie sah, dass es sich um eine andere Spezies handelte. 

Andererseits, neben der Faszination für ihr Aussehen, war wahrscheinlich jede Frau ein kleines bisschen neidisch auf sie. Denn Kurenai war nicht nur außergewöhnlich schön, nein, auch ihr Charakter zeugte von Stärke und Warmherzigkeit. 

Es war kein Wunder, dass ihr Freund Asuma sie regelrecht anhimmelte, auch wenn er versuchte es hinter einer gleichgültigen Fassade zu verstecken. Jeder, der zwei gesunde Augen im Kopf hatte, wusste auf Anhieb, dass er sie regelrecht vergötterte. 
 

Neben diesem fast schon niedlichen Pärchen hatte Yukiko auch ihre Nachbarn kennengelernt. Ein merkwürdiger Haufen, wenn man sie fragte. Sie waren so unterschiedlich wie Tag und Nacht. Man konnte sich kaum vorstellen, dass sie so gute Freunde waren oder gar gemeinsam leben konnten. 

Denn ihr Nachbar Gai war ein abgedrehter Vogel, der nur über die Kraft der Jugend sprach. Yukiko mochte ihn, denn er brachte sie andauernd zum Lachen. Er war ein positiver Mensch und konnte einen sofort von düsteren Gedanken ablenken. Auch wenn man manchmal nur fassungslos den Kopf schütteln konnte. Denn was Gai nicht konnte, war definitiv das „Diskret sein“. Man hatte das Gefühl, dass er jeden seiner Gedanken gnadenlos laut aussprach, egal um was es sich handelte. 

Das führte oft dazu, dass der coole Asuma wie ein Kleinkind rot anlief oder der ruhigen Aoba laut wurde.

Letzterer war sein Mitbewohner. Das komplette Gegenteil von Gai. Er war ruhig und sehr in sich gekehrt. Wenn er mal was sagte, dann nur das Notwendigste. Aber es machte ihn nicht weniger sympathisch. Im Gegenteil. Wenn man mit einer Naturgewallt wie Gai zusammen war, tat die Ruhe von Aoba sehr gut. 
 


 

Yukiko seufzte leise, als sie vom Dach aus den Sonnenaufgang beobachtete. Sie mochte jeden einzelnen von Shizunes Freunden. Viel zu schnell hatte die Weißhaarige sie ins Herz geschlossen und doch waren sie ihr so fern. Denn niemand kannte sie wirklich.
 

Dieser Gedanke versetzte ihr ein Stich ins Herz. Ihr wurde plötzlich kalt, weshalb sie sich ihre Oberarme warm rieb. Die Menschen um sie herum verstärkten ihr Gefühl der Einsamkeit nur. Würde sie es wirklich schaffen hier glücklich zu werden?

Gestern Abend waren alle bei ihr gewesen und hatten den heutigen Tag gefeiert. Wobei sie das Ganze nicht nachvollziehen konnte.  Ihr war nämlich überhaupt nicht zum Feiern zu Mute, denn Iruka und Tenzou hatten Recht behalten.
 

Dass sie heute zum Genin ernannt wurde, hatte Tsunade gestern verkündet, ohne ihr vorher Bescheid gegeben zu haben. Wahrscheinlich war das für sie eine wundervolle Überraschung. Aus ihrer Sicht heraus sollte es als offizielles Willkommen angesehen werden. Nun war sie ein Teil dieser großen Familie namens Konohagakure. So hatte es Tsunade jedenfalls ausgedrückt, bevor sie darauf feierlich angestoßen hatten. 
 

Als der Feuerball vollständig über dem Horizont ragte, sprang Yukiko hinunter auf ihren Balkon und ging in die Küche, um sich und ihren Mitbewohnern einen Kaffee zu kochen. 

Nachdenklich sah sie zu Shizunes Zimmer. Genma war gestern über Nacht geblieben. Nach dem anfänglichen Schock über sein Aussehen, musste sie feststellen, dass auch Genmas Charakter Dai sehr ähnelte. 

Vielleicht war das auch der Grund, warum Yukiko ihn mochte. Sie freute sich riesig für Shizune, denn Genma war allem Anschein nach so etwas wie ein Lottogewinn für ihre Freundin. Nicht das sie darüber geredet hätten. Man bekam nichts aus Shizune heraus. Aber durch Genmas Verhalten konnte man sich alles denken. Er wirkte immer so unnahbar und kühl vor allen. Doch wenn er sich unbeobachtet fühlte, sah er Shizune mit einer solchen Wärme an, dass sie sofort rot anlief.
 

Yukiko stützte sich an der Küchentheke ab und beobachtete die schwarze Flüssigkeit, welche langsam und stetig in die Kanne tropfte. Sie freute sich wirklich für ihre Freundin. Shizune war immer schon eine Arbeiterin und viel zu vernünftig gewesen. Nie machte sie Fehler, oder ging das Risiko ein sich zu verlieben. Ihr war der Schmerz, den Tsunade durchgemacht hatte, viel zu abschreckend gewesen. Sie hatte immer gemeint, dass sie so etwas nie überleben würde und deshalb zur Sicherheit der Liebe aus dem Weg ging.
 

Mit einem leichten Schmunzeln schüttelte Yukiko ihren Kopf, als sie an die Zeit früher dachte. Sie würde es brennend interessieren, wie es Genma dennoch geschafft hatte. Oder war es einfach Liebe auf dem ersten Blick gewesen? Shizune hatte niemanden davor gekannt, und wusste wahrscheinlich auch nichts von der Magie der Liebe. Leise kicherte Yukiko bei dem Gedanken. Irgendwann erwischte es jeden.
 

Als der Kaffee fertig war, schenkte sich Yukiko eine Tasse ein und ging zurück in ihr Zimmer. Am Kaffee nippend saß sie auf dem Schreibtisch und starrte das dunkelblaue Kleid und die kurze hellblaue Hose auf ihrem Bett an. Sie hatte nicht schlafen können, weshalb sie passende Trainingsklamotten für sich ausgesucht hatte. 

Verzweifelt fuhr sie sich durch die Haare. Sie wollte das alles nicht! Eine Kunoichi zu werden, entsprach nicht den Vorstellungen, die sie gehabt hatte, als sie hier her kam.
 

Doch sie würde lügen, wenn sie behaupten würde, dass es sie überraschte. Denn Iruka hatte sie schon vorgewarnt gehabt und Shizune hatte ihr von der schwierigen Situation, in der sich Tsunade befand, erzählt.

Tsunade musste das Dorf wieder stabilisieren, aber es war keiner der früheren Hokage am Leben, um ihr zu helfen, sie darauf vorzubereiten oder ihr bei wichtigen Entscheidungen unter die Arme zu greifen. Alles lastete nun auf den Schultern von Tsunade und Shizune arbeitete wie verrückt, um ihr zu helfen.
 

Natürlich wollte Yukiko ihnen auch helfen. Sie irgendwie unterstützen. Doch sie war kein Shinobi. In den vier Jahren als Tsunades Schülerin hatte sie die nötigen medizinischen Jutsu gelernt. Gemeistert, wie man sein Chakra unter Kontrolle brachte. Aber es war fast unmöglich ihr das beizubringen. Niemals war sie so gut wie Shizune. Im Gegenteil, Tsunade verlor oftmals die Geduld mit ihr, weshalb Shizune immer eingesprungen war, um ihr weiterzuhelfen. Immerhin war sie damals schon zu alt gewesen, um diese Dinge zu lernen und jetzt sollte sie mit 25 eine Kunoichi werden?

Auch wenn ein Genin laut Shizune nicht an der Front war und niemals schwere Missionen zu erledigen hatte. So konnte Yukiko sich dennoch nicht vorstellen, dass sie nicht ab und an mit Dingen konfrontiert werden würde, auf welche sie liebend gern verzichten konnte.
 

Sie strich sich ihre Haare hinters Ohr und seufzte leise. Wie gern doch hätte sie einen kleinen Laden oder ein Restaurant, wo sie ihrer Leidenschaft nachgehen könnte. Etwas Normales.

Wehmütig ließ die Weißhaarige sich von ihren Gedanken in die Vergangenheit leiten. Verschiedene Bilder tauchten vor ihrem inneren Auge auf, eines grässlicher als das andere. Überall nur Blut und Schmerzensschreie, welche die Luft zum Vibrieren brachten. Menschen, mit denen sie einen Tag zuvor gelacht hatte, lagen nun tot vor ihr. 
 

Eine Träne machte sich den Weg über Yukikos Wange frei. Schnell wischte sie den salzigen Tropfen weg, denn sie weigerte sich, jetzt deshalb zu weinen. Sie wollte stark sein. Ihr selbsternanntes Ziel erreichen, auch wenn ihr erneut Steine in den Weg geworfen wurden. Lange hatte sie sich dagegen gesträubt, wieder in einem Dorf sesshaft zu werden. Aber sie hatte sich jetzt dafür entschieden und in Windeseile sogar Freunde gefunden, für die es sich lohnen würde, ihr verkorkstes Leben aufs Spiel zu setzten. Vielleicht sollte sie ihr Schicksal akzeptieren. 

Sie wollte Tsunade irgendwie nützlich sein. Und wenn sie das als Kunoichi war, dann würde sie es schweigend akzeptieren. 
 

Erschrocken zuckte Yukiko zusammen, als ihr kleiner Wecker losging. „Zeit aufzustehen“, murmelte sie vor sich hin, während sie ihn ausschaltete. 

Mit schweren Schritten ging sie zum Bett, nahm ihre Sachen und trottete ins Bad, ohne Shizune und Genma zu bemerken. 
 

„Was ist denn mit ihr heute los? Auf dem falschen Fuß aufgestanden, oder was?“, hörte sie Genma ein wenig bestürzt fragen.
 

Yukiko sah prüfend in den Spiegel, während sie sich die Zähne putzte und musste erschrocken feststellen, dass sie grauenhaft aussah. Auf ihrer viel zu blassen Haut sahen die dunklen Augenringe aus, als wäre sie gestern Nacht in eine Schlägerei verwickelt worden und ihre blauen Augen, die von lauter roten Adern umrandet waren, wirkten erschöpft und glanzlos.

Ihre kurzen Haare standen wild durcheinander vom Kopf ab, als hätte sie in eine Steckdose gegriffen. Yukiko griff zur Bürste und versuchte ihre Haare so gut es ging zu bändigen. Nach einer Zeit gab sie es aber auf und band sich ihr Kopftuch um. 
 

Gerade als sie aus dem Bad treten wollte, hörte sie Shizune kaum hörbar flüstern. „Naja. Yukiko unterscheidet sich von uns allen ein wenig. Im Gegensatz zu uns würde sie niemals freiwillig ein Ninja werden. Sie liebt es eine warmherzige Hausfrau zu sein und deshalb bekocht sie uns ja immer. Yukikos Traum …“
 

Irgendwie störte es sie, dass ihre Freundin ohne schlechtes Gewissens Details von ihr preisgab. Blanker Zorn entfachte in ihrem Inneren und heizte ihr Gemüt auf. Die Leere wurde von einem wilden Feuer ersetzt, dass ihr Blut zum Kochen brachte.

„Das reicht, Shizune. Du musst nicht alles an die große Glocke hängen“, patzte Yukiko sie an, was auch sie selbst erschrak. 
 

„Yukiko!“, schrie sie erschrocken auf. Anscheinend hatte sie nicht mit dem Eintreten Yukikos gerechnet. Ihre braunhaarige Freundin legte sich eine Hand auf die Brust, um sich zu beruhigen. „Ent … Entschuldigung.“ Shizune sah sie schuldbewusst an, ehe sie auf den Boden starrte.

Yukiko bereute ihre Reaktion sofort. Sie hätte nicht überreagieren sollen. Ihre Freundin hatte es bestimmt nicht mit bösen Absichten gemacht. So wie sie Shizune kannte, wollte sie vermutlich nur den diplomatischen Boten spielen und versuchen Yukiko vor Genma nicht schlecht dastehen zu lassen.
 

"Schon gut. Mir tut's auch Leid", seufzte Yukiko. Sie war heute nicht sie selbst. Es wäre das Beste, wenn sie heute auf so wenige Menschen wie möglich traf. Ihre Emotionen spielten an solchen Tagen viel zu verrückt und der Mangel an Schlaf machte sich auch erkennbar.
 

„Was steht heute am Plan? Naja du weißt schon … danach“, fragte sie Genma, um die angespannte Stille zwischen den Freundinnen zu brechen.
 

„Ich weiß es nicht. Mal sehen. Vielleicht muss ich gleich mit meinem Training anfangen. Wer weiß, was Tsunade vorhat“, erklärte sie ihm mit einem Ansatz eines Lächelns auf den Lippen.

„Apropos … Es ist kurz vor Acht. Ich werde jetzt zu Tsunade rüber gehen. Man sieht sich Genma“, sie lächelte ihn an, doch es war mehr eine Grimasse, als ein ehrliches Lächeln. 
 

„Warte ich komme mit dir mit“, rief Shizune ihr hinterher, während sie stampfend in ihr Zimmer ging.
 

„Ich will nicht warten, bis du dich fertiggemacht hast“, protestierte sie. Yukiko wollte diese ganze Sache nur schnell hinter sich bringen.  
 

„Ich muss mir nur schnell den Kimono anziehen, frisch gemacht hab ich mich schon, als du in deinem Zimmer warst.“ Shizunes Stimme hatte einen genervten Unterton bekommen. Wahrscheinlich fand sie Yukikos benehmen zu unreif.
 

„Das heißt, ihr lasst mich jetzt alleine zurück?“, brummte Genma beleidigt und ging Shizune hinterher.
 


 


 

Yukiko stand vor der Wohnungstür am Laubengang und blickte hoch zum Himmel. Er hatte wieder diese schöne blaue Farbe, die sie zu sehr an ihre Augen erinnerte. Sie seufzte und schüttelte den Kopf, in der Hoffnung nicht daran denken zu müssen.
 

„Heeeeei … Na kleine Nachbarin. Lust auf ein bisschen Training?“, riss sie ein bekanntes lautes Organ aus den Gedanken.
 

„Gai? Guten Morgen. Nein, heute lieber nicht. Ich muss zu der Hokage“, murmelte sie, als sie zu ihm sah. Er hatte seinen linken Fuß aufs Geländer gelegt und dehnte sich.
 

„Wieso so bedrückt, Yukiko? Sie wird dich schon nicht auffressen. Sonst bekommt sie es mit uns zu tun“, verkündete er euphorisch und streckte die Hand in die Luft.
 

„Ach? Wirklich?“ Yukiko musste grinsen. Dieser Gai kannte schlechte Laune anscheinend überhaupt nicht und das Beste an ihrem Nachbarn war, dass sein fröhliches Gemüt hochansteckend war.
 

„Aber klar. Immerhin bist du für uns unentbehrlich. Ich mein, wer soll uns denn sonst was Leckeres kochen“, lachte er laut los.
 

„Gai, schrei nicht so herum. Andere hier wollen noch schlafen“, kam es von Aoba, der gerade die Haustür abschloss. „Hallo Yukiko. Na, schon nervös?“ Er lächelte milde.
 

„Ich … weiß nicht. Nervös? ... Ja doch?“, stotterte sie und biss sich auf die Lippen, als ihr klar wurde, dass sie keinen geraden Satz mehr rausbekam.
 

„Du meine Güte, du scheinst total neben der Spur zu sein. Aber wie Gai schon sagte, beziehungsweise herum gebrüllt hat, Tsunade wird dich schon nicht auffressen. Außerdem kennst du sie doch", versuchte er beruhigend auf sie einzureden.
 

„Das wird sie bestimmt nicht. Komm Yukiko gehen wir. “ Sanft drückte ihr Shizune die Schulter, als sie rauskam. „Und Aoba hat Recht ,Gai. Schrei hier nicht immer so herum. Die meisten schlafen um diese Uhrzeit noch.“
 

Gai wurde rot und kratzte sich verlegen am Hinterkopf. „Tut mir leid.“
 

„Viel Glück, Yukiko! Ich nehme mal an, wir sehen uns dann heute zum Abendessen bei dir, falls keine Mission ansteht“, lächelte Aoba sanft.
 

Unfähig auch nur ein einziges Wort zu sagen, nickte ihnen die Weißhaarige zu und folgte Shizune.
 


 


 

Benommen starrte sie die Tür an, die ihre Freundin hinter sich geschlossen hatte.

Es trennte sie nur noch diese alte grüne Tür von ihrem Schicksal. Gleich würde man sie zu einer Kunoichi ernennen und ihr den Genin Rang zuweisen.

Yukiko versuchte langsam auszuatmen, um den Druck in ihrer Brust zu lindern. Sie hatte Angst davor. Panische Angst. War die Prüfung hier genau wie in Kirigakure? Musste sie einen Freund töten?

War das in Konoha üblich?

Sie wusste es nicht. Die letzten Tage wollte sie dieses Thema vermeiden. Ihr Schicksal, das letzte Nacht besiegelt worden war, nicht wahr haben.
 

Nachdenklich sah sie ihre Handflächen an. Sie konnte all das Blut sehen, mit denen sie beschmutz worden waren.

Blut.

Das rote Lebenselixier.

Schon viel zu oft hatte sie es gesehen. All das Leid, welches die Ninja hervorbrachten.

Die Schreie der Menschen, die sie so oft in ihren Träumen verfolgten.

Sie schloss die Augen und lehnte sich an die Wand neben der Tür. Niemals wollte sie eine von ihnen werden. Eine kaltblütige Maschine, die auf Befehle hin Menschen Leid zufügte.
 

„…iko? Yukiko?“ Shizunes Stimme riss sie aus ihren dunklen Gedanken.

Ihre Freundin musterte sie besorgt. Auf den Weg hier her hatten sie kein Wort gewechselt, denn die Stimmung zwischen ihnen war zu angespannt gewesen.

Natürlich wusste Yukiko, dass dies notwendig war für das Dorf. Sie brauchten jeden fähigen Menschen und sie war eine davon.

Leider.

Hätte sie gewusst, dass sie eines Tages wegen der Medizin-Jutsu zu einer Kunoichi ernannt werden würde, dann wäre sie nie auf die Idee gekommen, diese zu erlernen.

Sie hätte sich so vieles ersparen können.
 

„Yukiko, kommst du?“, bat Shizune mit Nachdruck.
 

Yukiko nickte nur und ging an ihrer Freundin vorbei, ohne sie noch einmal anzusehen.

Drinnen saß Tsunade auf ihrem Sessel mit dem kleinen Schwein im Schoß und Iruka stand rechts neben ihr.
 

‚Bitte nicht‘, schoss es Yukiko durch den Kopf. Warum war er hier?

Musste sie jetzt gegen Iruka kämpfen?

Ihre Hände fingen an zu zittern. Ihr panischer Blick blieb an Shizune haften, die ihr beruhigt eine Hand auf die Schulter legte.
 

„Yukiko… Es ist nicht so, wie in deinem Heimatdorf. Keine Angst“, lächelte Shizune sie an und gab ihr einen leichten Schubs nach vor. 

Es dauerte ein paar Sekunden, bis Shizunes Worte zu ihr hindurch drangen und sie realisierte, was ihr gerade gesagt wurde. Sie musste niemanden umbringen!

Nicht, dass sie es gekonnt hätte.

Erleichtert atmete sie aus. Sie hätte vor Freude fast . Umsonst hatte sie sich so viele Sorgen gemacht.
 

„Yukiko. Ich möchte dich heute zum Genin ernennen, damit du ein vollwertiges Mitglied unseres Dorfes wirst. Iruka ist ein Lehrer an der Schule und soll deine Ernennung zum Genin als amtlicher Mitarbeiter bezeugen können.“ Tsunades Stimme erfüllte den kleinen Raum, und bescherte Yukiko eine Gänsehaut. Irgendetwas an ihrem Ton sagte ihr, dass etwas Unangenehmes passieren würde.
 

„Da ich früher deine Lehrmeisterin war, weiß ich um all deine Fähigkeiten und als Medic-Nin bist du gut. Leider sind beim letzten Angriff viele Shinobi umgekommen. Nicht nur unsere militärische Kraft, auch unser Dorf hat einiges abbekommen, weshalb wir uns um den Wiederaufbau kümmern müssen. Als ein neues Mitglied der Gemeinschaft musst auch du deinen Teil der Verantwortung dem Dorf gegenüber übernehmen. Nach langer Überlegung bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass du als Kunoichi sehr nützlich sein könntest. Ein Medic-Nin und zusätzlich auch noch im Besitz eines Kekkei-Genkais! Es wäre verantwortungslos von mir, als Hokage jemanden mit deinem Können nicht einzusetzen.“
 

Yukiko war unfähig auch nur einen Mucks von sich zu geben. Ihre vorübergehende Freude war wie weggefegt. Tsunade verlangte von ihr, dass Kekkei Genkai zu nutzen. Die Person, die ihr einst so viel Hoffnung geschenkt hatte, zwang sie praktisch dazu, das zur Waffe zu machen, was sie schon von klein auf verabscheute.

Das war mehr als nur ein Schlag ins Gesicht.

Das war Verrat. Yukiko fühlte, wie sich jedes einzelne Wort tief in ihr geschundenes Herz bohrten. Als würde man ihr Nägel unter die Fingernägel bohren, breitete sich ein lähmender Schmerz in ihr aus. Eine Träne lief ihr über die Wange. Schon wieder wurde sie auf ihr Kekkei Genkai reduziert. Eine Waffe, um Menschen zu töten.
 

Ob es an dem Fluch lag, ein Kekkei Genkai zu besitzen, dass sie niemals ein normales Leben führen konnte? Sie wusste es nicht. Aber das sogar Tsunade es darauf abgesehen hatte, riss ein tiefes Loch in ihre Brust. Sie hatte Tsunade vertraut. Yukiko war sich zwar bewusst, dass sie nur als Hokage so entschied. Ihre oberste Priorität war die Sicherheit des Dorfes und Yukiko nicht einzusetzen wäre wahrscheinlich eine große Verschwendung. Eine weitere Träne stahl sich ihr aus dem Auge, doch sie beachtete diese gar nicht.
 

„Iruka wird dich Vieles lehren müssen, da du die Grundlagen eines Shinobi nicht kennst“, fügte Tsunade noch hinzu. Ihre Mentorin wandte den Blick ab und presste die Lippen zusammen.

Das schien Irukas Stichwort zu sein. Er räusperte sich und trat einen Schritt hervor. Yukiko stand wie ein Häufchen Elend mitten im Raum, wie ein Häufchen Elend und konnte nicht einmal die Kraft aufbringen, ihm in die Augen zu blicken.
 

„Da ich ein Lehrer an der Akademie bin, habe ich die Aufgabe dich als einen Genin auszuzeichnen. Dazu muss ich von dir irgendein Talent sehen. Ich vertraue Tsunade und da du ihre Schülerin warst, wird das sicherlich kein Problem für dich sein.“ Überrascht blickte sie von ihren Schuhen hoch und sah ihn an.
 

„Irgendetwas? Reicht eine kleine Demonstration meines Kekkei Genkais?“, fragte sie in der Hoffnung es schnell hinter sich bringen zu können.
 

„Ja. Danach werden wir dich zum Genin ernennen und dich als einen offiziellen Bürger in Konoha eintragen. Weil du aber außer den medizinischen Jutsu nichts kannst, wird dir später ein Sensei zugeteilt werden. Bis dahin solltest du selbstständig trainieren, denn die Realität drau …“ 
 

„Du … du brauchst mir nichts von der Realität da draußen zu erzählen“, fiel ihm Yukiko hart ins Wort.

Der Schmerz in ihrer Stimme war nicht zu überhören. Sie konnte erkennen, dass Tsunade ihre Schultern straffte und die Augen kurz schloss. Das sie Yukikos Schmerz nicht kalt ließ, war ihr eine Art Genugtuung.
 

Die Weißhaarige schritt langsam zum Tisch vor. Ihre Schritte hallten durch den Raum und je näher sie Tsunade war, umso kühler wurde die Luft im Raum. Sie streckte ihre rechte Hand nach vorne. Mit geschlossenen Lidern hielt sie Tsunade ihre Hand vors Gesicht. Ein kleiner Wirbel bildete sich auf ihrer Handfläche. Doch diesmal war es keine wunderschöne Eisblume.
 

„Reicht das für die Prüfung?“ Fragte die jüngere, als sie wieder ihre Lider öffnete und Tsunade direkt ansah. Die Hokage blickte gequält auf die Handfläche, wo sich zwei Hälften eines Herzens aus Eis befanden. Yukiko hatte sich bewusst für dieses Symbol entschieden. Sie wollte, dass ihre Freundin wusste, was sie von ihr verlangte. Eine Waffe für Konoha zu werden, dass wollte sie nicht.
 

„Ja. Das reicht. Gratuliere! Du bist nun offiziell ein Genin von Konohagakure. Im Laufe der Woche wirst du erfahren, wer dich trainieren wird. Bitte beschäftige dich bis dahin selbst mit dem Training“, meldete sich Iruka zu Wort, da die Situation den anderen zwei sehr zu schaffen machte. 
 

„Gut“, war ihre schlichte Antwort und sie machte auf Absatz kehrt.
 

Während sie aus dem Zimmer ging, klingelte das kleine Glöckchen bei jedem Schritt auf. Genervt von dem fröhlichen Klingen umschloss sie das Glöckchen, welches am Ende ihres Kopftuches angebracht war, und bildete einen Eisklumpen rundherum.
 

Als sie die Tür hinter sich schloss, lehnte sie sich erschöpft dagegen. Yukiko blickte auf ihre rechte Handfläche. Die zwei Herzhälften waren vielleicht ein wenig zu theatralisch gewesen. Vermutlich würde sie eines Tages darüber lachen, doch im Moment schrie ihr Herz, dass von den Worten ihrer Freundin geschändet wurde. Waffe. Sie wollte mit ihrer Gabe niemanden töten. Nicht noch einmal. Ihr Blick verschleierte sich. Verzweifelt blinzelte sie ihre Tränen weg, denn sie wollte nicht zum Heulen anfangen. Nicht hier.
 

Mit langen Schritten machte sie sich auf den Weg, um weit weg wie möglich von hier zu gelangen. Sie hielt es in diesem Gebäude keine Minute länger aus. Yukiko hatte das Gefühl hier zu ersticken. Sie brauchte frische Luft. Sie wollte einfach nur weg. Weg von ihrer unvermeidlichen Aufgabe, ein starkes Mitglied dieser Gesellschaft zu werden.
 

Plötzlich rannte sie in irgendwen hinein. „Entschuldige“, murmelte sie nur und ging, ohne aufzusehen. Sie wollte einfach nur weg hier. Auch wenn sie vielleicht überreagierte, sie brauchte jetzt Zeit für sich alleine. 
 


 

***
 


 

Verwirrt blickte Kakashi ihr nach. Das war doch Yukiko, die Freundin von Tsunade, gewesen! Was war passiert, dass sie völlig aufgelöst hier raus marschierte? Er zuckte mit den Schultern und setzte seinen Weg fort, denn eigentlich konnte es ihm ja auch egal sein. Seufzend warf er noch einen kurzen Blick über die Schulter. Denn diese Yukiko war ihm nicht egal. Irgendetwas an ihr reizte diesen Teil seines Gehirns, der ihm sagte, dass mit ihr etwas nicht stimmte.
 

Er beobachtete die kleine zierliche Gestalt, die mit langen Schritten von hier floh. Ihre ganze Körpersprache deutete darauf hin, dass sie litt. Die vorgebeugten Schultern. Der gesenkte Kopf. Das leichte schlürfen ihrer Schritte.

Etwas musste geschehen sein, denn so hatte sie bei ihrer Ankunft nicht ausgesehen. Nur zu gut konnte er sich an die hellen strahlenden Augen erinnern. Iriden, die etwas in ihm auslösten, das er seiner unfassbaren Neugierde zu ordnete. Was anderes konnte es nicht sein!
 

Kakashi schüttelte den Kopf, in der Hoffnung ihn endlich frei von ihr zu bekommen. Sie sollte ihn nicht weiter kümmern, es gab Wichtigeres, um das er sich sorgen musste. Er wollte gerade weitergehen, als etwas auf dem Boden seine Aufmerksamkeit auf sich lenkte. Es war eine Herzhälfte aus Eis. Verblüfft ging er in die Hocke und griff danach. Kakashi spürte, wie sein Herz zu einem Sprint ansetzte und pures Adrenalin durch die Adern gepumpt wurde. Er musterte das kleine Stück genau, doch je länger er es ansah, umso schwerer drückte sein Magen gegen die Gedärme.
 

Das Eis schmolz nicht.
 

Rasch stand er auf und sah sich genau um. Es gab nur wenige Menschen, die so etwas erzeugen konnten. Es war Hakus Kekkei Genkai. Ein Clan, der seine Wurzeln in Kirigakure hatte. Ein Clan, von dem man nicht viel wusste.
 

Neugierig sah er in die Richtung in die Yukiko gegangen ist. Gehörte sie dazu? Zum Yuki-Clan?
 

Kakashi steckte sich die Hand wieder in die Hosentasche. Er würde Tsunade vom Fund berichten. Sollte sie nichts davon wissen, müssten sie Alarm schlagen!



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