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Spherium

Kaiba/Yuugi
von

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Kapitel 3

Kaiba wollte sich gerade dem Briefstapel widmen, als es an der Tür klopfte. Er antwortete nicht und ignorierte den ungeladenen Besucher, der meinte, er könne ihn nach Lust und Laune von der Arbeit abhalten. Er hörte nur, wie seine Sekretärin davon stöckelte, die Tür dabei öffnete und dabei den Gast hineinließ, den Kaiba eigentlich am liebsten wieder wegschicken wollte.
 

„Nii-sama.“, begann der ungebetene Gast und lachte fröhlich. Mokuba war um einiges erwachsener geworden und grinste von einem Ohr zum anderen.
 

„Ich bin mit meinem Projekt fertig geworden und ich dachte, dass wir das mal ordentlich feiern sollten!“
 

Mit seinen 19 Jahren war Mokuba ganz schön schlagkräftig geworden. Im Gegensatz zu Kaiba selbst war dieser selbstbewusst und offen. Allein in den letzten drei Jahren hatte er vier Beziehungen gehabt und war sehr stolz auf seine neueste Errungenschaft. Ein junges Mädchen mit blonden Haaren. Angeblich ein IT-Genie, das ein Händchen fürs Hacken und Programmieren hatte. Wo immer er diese Frau hergeholt hatte, sie war wohl wirklich eine Bereicherung für ihn gewesen. Nicht nur, dass er sehr viel fröhlicher und noch gelassener war als sonst – was Kaiba auch so schon ausreichend zur Weißglut brachte – auch sein Verhalten hatte sich geändert. Er war viel ernster bei der Sache, aber behielt sich stets diese unverwechselbare Art bei, die Kaiba an ihm schätzte. Ohne Mokuba da wüsste er wirklich nicht, was er tun sollte.
 

Obwohl Mokuba selbst genug mit eigenen Projekten zu tun hatte, unterstützte er ihn regelmäßig und gab ihm die Luft zum Atmen, wenn er wieder einmal an seiner Arbeit zu ersticken drohte. Er brachte frischen Wind in seine Firma.
 

„Dafür habe ich keine Zeit, Mokuba. Du weißt, dass ich einen strikten Zeitplan habe.“
 

„Nii-sama...“, stöhnte Mokuba genervt und setzte sich, ohne zu fragen, direkt auf den teuren Mahagoni-Schreibtisch, warf ein Bein über das andere, während er seinen Kopf in den Nacken legte und aufgeregt mit den Fingerspitzen über die Tischplatte hämmerte.
 

„Man ist nur einmal jung und du könntest dir ruhig mal eine Pause gönnen. Du bist ja nur noch am Arbeiten, wenn du nicht aufpasst, liegst du schneller unter der Erde als dir lieb ist.“
 

„Im Gegensatz zu dir habe ich Verantwortung zu tragen, Mokuba.“
 

Mokuba schnalzte mit der Zunge. Er sah zu seinem älteren Bruder auf, aber was das Zwischenmenschliche anging war dieser eine Katastrophe. Immer nur Arbeit, Duel Monsters und sein Drang an der Spitze zu stehen. Für Mokuba war es unverständlich, dass sein Bruder an nichts anderes mehr dachte und selbst gar nicht bemerkte, wie viel Zeit er hier im Büro oder in seinem eigenen Keller verbrachte, wo er insgeheim neue Dueldisks bastelte.
 

„Ich sagte auch nicht, dass du alles hinwerfen sollst. Aber du musst lernen, deinen Angestellten mehr zu vertrauen und diesen auch mehr Aufgaben zu erlassen. Ist es wirklich nötig, dass du jede einzelne Anfrage persönlich bearbeitest? Oder dieser Briefstapel!“
 

Mokuba zeigte auf den großen Stapel neben Kaiba und zog dabei ungläubig eine Augenbraue hoch.
 

„Wozu öffnest du die Briefe überhaupt? Deine wichtigsten Partner antworten dir doch eh über E-Mail! Wer heutzutage ernsthaft Briefe verschickt, lebt in einem anderen Jahrhundert, Seto! Und du selbst sagst doch immer, wie wichtig die Digitalisierung für die Zukunft ist. Das ist unnötig Arbeit!“, erklärte Mokuba in seinem typischen Besserwisserton.
 

Kaiba hasste es, wenn Mokuba ihn belehrte und behandelte wie ein kleines Kind. Immerhin war er fünf Jahre älter und er erwartete etwas mehr Respekt! Nicht, dass Mokuba das sonderlich interessieren würde. Dieser war nun mal auch schon erwachsen und ließ sich nicht den Mund verbieten. Die beiden Brüder waren wie Tag und Nacht und je älter sie wurden, desto mehr gingen ihre Meinungen – insbesondere was die Leitung der Kaiba Corporation anging – auseinander. Mokuba hatte komplett andere Herangehensweisen und pflegte zu den meisten seiner Angestellten eine sehr gute Beziehung. In Mokubas eigener Entwicklungsabteilung wurde sogar jeden Freitag Nachmittag zu Kaffee und Kuchen eingeladen, wo sie gemeinsam über Fortschritte und Probleme sprachen.
 

Die Atmosphäre in Mokubas Abteilungen war tatsächlich vollkommen anders als in seinen eigenen, das konnte Kaiba leider nicht bestreiten. Die Leute dort lachten viel und wirkten generell viel motivierter. Wenn Kaiba sich einmal die Zeit nahm, mit seinen Abteilungsleitern zu reden oder überraschend in deren Büros aufzutauchen, war die Atmosphäre so angespannt, dass einem die Luft zum Atmen förmlich wegblieb. Seine Angestellten hatten Angst vor ihm. Im Normalfall genoss er es, wenn andere ihn fürchteten, doch in seiner Firma brauchte er motivierte Menschen, die nicht direkt einen Kreislaufkollaps erlitten, sofern sie ihren höchsten Chef persönlich sahen.
 

„Du musst echt mal mehr an deinem Teamwork arbeiten, Seto.“
 

Kaiba platzte der Kragen. Erst dieser nervige Sugorokou, der seine Zeit mit Smalltalk verschwendete, dann seine Sekretärin, die einfach nicht zum Punkt kam und ernsthaft glaubte, dass sie ihm seine Aufgaben erklären musste und jetzt auch noch sein Bruder, der ihn so frech von der Arbeit abhielt und dabei noch so unverschämt klugscheißerte.
 

„Runter von meinem Tisch.“, begann er noch relativ ruhig.
 

Mokuba zuckte zusammen. Die Augen seines Bruders waren eiskalt und so abweisend, dass es ihm einen Stich im Herzen versetzte. Rasch hüpfte er wieder runter und stellte sicher, dass er genügend Abstand schaffte. Wenn Kaiba diesen Blick hatte, war nicht mehr mit ihm zu spaßen und er wollte ihn nicht noch unnötig verärgern, indem er ihn provozierte. Mokuba testete gerne seine Grenzen aus und es machte ihm Spaß, seinen älteren Bruder dazu zu bringen, mehr von sich preiszugeben, indem er ihn ein bisschen triezte, aber heute war er wohl etwas zu weit gegangen.
 

„Mokuba. Das ist immer noch meine Firma. Du bist nur der Vize und wie ich meine Firma und meine Abteilungen leite, ist allein meine Sache. Ich nehme deine Vorschläge gerne an, aber ich habe wirklich genug zu tun und kann nicht so wie du einfach meine Arbeit liegen lassen. Ich trage Verantwortung. Für meine Firma, für meine Angestellten, unsere Produkte und den Ruf des Namen Kaiba. Ich kann mir keine Fehler erlauben und ich werde das tun, was ich für richtig halte.“
 

„Ich sage ja auch nicht, dass du das zwingend ändern musst...“, murmelte Mokuba und verschränkte die Arme. Sein kurzes Haar fiel ihm ins Gesicht, als er den Kopf leicht neigte und seinen Gegenüber misstrauisch ansah.
 

„Bist du wirklich glücklich...?“, fragte er dann.
 

Kaiba lachte nur gestellt. Glücklich? Es ging hier nicht um menschliche Gefühle oder darum, was er als Mensch wollte, sondern darum, was das Beste für seine Firma war und wie er der Welt beweisen konnte, dass sich niemand mit Kaiba anlegen konnte. All die Leute, die an ihm und seinen Ideen, seinen Technologien gezweifelt hatten, würden ihn anerkennen und seine Virtual Reality würde die Welt verändern. Er würden den Namen Kaiba reinwaschen und somit die dunkle Vergangenheit, die wie ein erstickender Schatten über ihn lag, endgültig vom Antlitz dieser Welt tilgen.
 

„Mokuba, in diesem Business ist kein Platz für Gefühle. Das solltest du am besten wissen.“
 

Der Schwarzhaarige riss für einen Moment die Augen auf, ehe er sich auf die Unterlippe biss und den Blick abwandte. Sein Bruder spielte darauf an, dass er von Pegasus gekidnappt wurde und dort wie ein Sklave gehalten wurde. Dies war acht Jahre her, doch auch heute dachte er immer wieder daran und wurde von Alpträumen geplagt. Eingesperrt in diesem Turm, umgeben von eiskalten Mauersteinen und einem winzigen Fenster, das ihn Ausblick auf Bäume und Natur gab. Eiskalter Wind und absolute Isolation, während man ihm nur das Nötigste zu essen gab, um ihn am Leben zu erhalten. Die Zeit in dieser Gefangenschaft konnte er nicht vergessen. Mokuba sagte nichts, aber es war ihm deutlich anzusehen, dass Kaiba einen wunden Punkt getroffen hatte.
 

„Mokuba“, begann der Ältere und noch ehe er etwas sagen konnte, wandte sich der Jüngere zum Gehen und vermied es so gut es ging, seinen Bruder anzusehen.
 

„Es tut mir Leid! Warte doch!“, rief er ihm hinterher und stand auf, lief ihm einige Meter hinterher. Er griff ihm am Arm und in seinen blauen Augen war der Schock deutlich abzulesen. Kaiba war selbst am meisten schockiert darüber, was er in seiner Wut gesagt hatte. Wobei er ganz genau wusste, wie sehr Mokuba gelitten hatte und dass dieser das Trauma bis heute nicht überwunden hatte.
 

„Schon gut, Seto. Ich habe verstanden. Du brauchst nichts und niemanden. Auch mich nicht.“
 

Wie sehr Mokuba sich verletzt fühlte, war in dem Beben seiner Stimme zu hören und Kaiba wünschte sich, dass er einfach die Zeit zurückdrehen und sich selbst eine Ohrfeige verpassen könnte, dass er seine Unzufriedenheit an seinem kleinen Bruder ausgelassen hatte.
 

„Seto, du wirst Yuugi niemals schlagen können. Und weißt du warum?“
 

Kaiba sagte nichts und hörte ihm aufmerksam zu.
 

„Yuugi – nein – viel eher der andere Yuugi, hat es dir damals schon gesagt. Solange du diese negativen Gefühle in dir nicht besiegen kannst, wirst du niemals ein wahrer Duellant werden können, geschweige denn Yuugi besiegen.“
 

Mokuba riss sich von seinem Bruder los und ging weiter, ließ die schwere Tür hinter sich zuknallen. Kaiba stand noch einige Minuten fassungslos vor der geschlossenen Tür und überlegte fieberhaft, wie er das wieder gut machen konnte. Es war ihm bewusst, dass Mokuba ihm nur helfen wollte und irgendwo, ganz tief in seinem Inneren, in der hintersten Schublade seines Verstandes, wusste er auch, dass dieser Recht hatte. Diese ganzen Briefstapel, die Anfragen und all diese Kleinigkeiten, die er selbst überwachte, waren einfach zu viel für einen Menschen allein. Auch für Kaiba Seto.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Mokubas Abteilungen – Mokuba arbeitet nicht nur in seiner eigenen Entwicklungsabteilung, die momentan an Capsule Coliseum arbeitet, sondern ist auch der Chef einiger kleinerer Abteilungen. Da Mokuba seinen Angestellten bedingungslos vertraut, überlässt er diesen viel mehr Aufgaben, weshalb er mehr Zeit für sich selbst und sein Projekt hat. Zu den Angestellten in seiner Entwicklungsabteilung hat er ein besonders gutes Verhältnis! Kaiba, der sämtliche Vorgänge in seiner Firma und sogar seine Angestellten überwacht, hat demnach viel weniger Zeit für sich selbst. Dass dies seine eigene Schuld ist, sieht er (noch) nicht ein.

Mokubas Gefangenschaft – Glücklicherweise wurde Mokuba im Manga nur einmal entführt, doch die Erlebnisse in Pegasus' Gewalt waren so schlimm und einschneidend für den damals elfjährigen Jungen, dass er bis heute ein Trauma davon hat. Im Manga sieht man Mokuba an, dass er Monatelang eingesperrt war und nicht gerade wie ein Gast behandelt wurde. Seine Kleidung ist zerrissen und schmutzig, er wirkt ausgezehrt und man könnte sogar so weit zu gehen, zu sagen, dass Pegasus Gewalt anwenden ließ, um Mokuba dazu zu bringen, ihm die Rechte an der Kaiba Corp zu übergeben. Ob Pegasus selbst Hand angelegt hat, bezweifle ich jedoch, aber sicher waren seine Untergebenen alles andere als freundlich zu Mokuba. Kaiba weiß davon, doch sie reden nie darüber. Kaiba selbst ist nicht in der Lage seine eigene Vergangenheit zu verarbeiten, weshalb Mokuba aus Rücksicht auf diesen, möglichst wenig von sich und seinen Ängsten zeigt.

Wir merken uns: Hier läuft so einiges schief! ;( Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Jitsch
2018-06-26T17:19:06+00:00 26.06.2018 19:19
Sehr gutes Kapitel. Verstehen kann ich Kaiba auch irgendwie, aber Mokuba hat in vielen Punkten recht. Tatsächlich fand ich schon beim letzten Kapitel dass Kaiba sich teilweise um Dinge kümmert die man eigentlich delegieren sollte (der Monatsabschluss? Hat man für so was nicht eine Accounting-Abteilung?) und hier wird deutlicher, dass das für ihn symptomatisch ist.
Tja, und Mokuba ist echt was geworden. Dass er deutliche Widerworte geben kann finde ich gut. Bin mal gespannt, wohin sich Kaiba jetzt wendet.
Von:  Glamorous91
2018-02-16T11:24:19+00:00 16.02.2018 12:24
Ich finde es gut dass du die Sachen die im Manga anderes sind als in der Serie dass su sie extra aufklärst :) werde mir wohl demnächst die Mangas besorgen. Klingen wirklich spannend :)

Ich finde mann kann sich in deine Charaktere sehr gut reinversetzen ♡

Vorallem lassen sie sich nicht mehe von Kaiba herumkommandieren woran man echt merkt sie sind grösser geworden.

Bin auf jedenfall gespannt aufs nächste Kapitel.
Mach weiter so.


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