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Der Tag, an dem ich sterben sollte

von

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Prolog

Es hatte begonnen, zu schneien. Das grüne Land war bald mit weißer Seide übermalt. Die drei Grauwölfe, die Kōga seit Welpenalter folgten, tobten durch das beginnende Weiß und jagten sich gegenseitig spielerisch durch die fallenden Schneeflocken. Der Blick des Ookamiyōkai ruhte einen Moment liebevoll auf den drei kraftvollen Tieren. Die Menschen waren so voller Vorurteile. Sie fürchteten sie, dabei waren sie hungrig, genau wie sie. Sie sorgten sich um ihre Jungen, ihre Familien, genau wie sie.

Jetzt, wo es kälter wurde, lief er nicht mehr auf bloßen Füßen. Leicht gefütterte Schuhe aus feinem Leder hielten die Kälte fern, die Bänder waren gewickelt bis unter die Knie über Beinkleidung aus feinem Stoff, dem man seine Wärme auf den ersten Blick nicht ansah und die Rüstung trug er nun unter einem Überwurf aus edlem hellgrauem Wolfsfell.

Manchmal, da genoss Kōga die Einsamkeit, fernab von seinem Rudel ein wenig durch die Wälder streifen, wie er es als Welpe so oft getan hatte. Nur in Begleitung seiner Treuesten.
 

Es war plötzlich still geworden. Alle drei Wölfe waren stehen geblieben und hatten die Nase aufgeregt schnuppernd in den Wind gestreckt. Kōga tat es ihnen gleich und tatsächlich; Ganz schwach wehte da ein Geruch her, der in seinem Revier nicht zu sein hatte. Der Geruch eines Menschen.

Kōga verengte die Augen. Die meisten Menschen wussten doch, dass das hier Wolfsgebiet war. Er pfiff leise, was die Wölfe aus ihrer Starre und an seine Seite holte, dann folgte er der Witterung. Er hörte bald das Rauschen des Flusses, vermutlich machte das Wasser den Geruch so schwach.

Der Fluss entsprang einem Quell weit oben in den Bergen und sein Wasser war klar und rein. Sollte es zumindest sein. Das Ufer war recht steil und das Wasser an dieser Stelle reißend. Sie ermahnten ihre Welpen immer strengstens beim Spielen nicht zu nah ans Wasser zu kommen, denn vor einigen Jahren hatte es ein Unglück gegeben - einer der Welpen war ertrunken, die dröhnenden Massen hatten das kleine Geschöpf erbarmungslos in die Tiefe gerissen.

Leichtfüßig sprang der Yōkai den steilen Abhang herab, ohne auch nur ein einziges Mal auszugleiten und kam sicher auf beiden Füßen auf. Der Geruch wurde intensiver und er folgte ihm weiter, hin zu einer Stelle, die sehr verborgen war von Bäumen und Fels.

Kōga verengte die Augen als er etwas Weißblaues durch die Äste schimmern sah. Geschickt wischte er sie zur Seite und suchte sich einen Weg über glattgewaschene Steine.
 

Es war ein Mensch. Zweifelsohne ein Mensch, vermutlich tot. Allerdings bezweifelte Kōga, dass er ertrunken war, denn nicht einmal das Wasser hatte die tiefroten Verfärbungen von Blut aus dem weißen Stoff waschen können. Abgebrochene und ganze Schäfte von Pfeilen steckten in seinem Körper, das Gesicht lag halb im Wasser, verdeckt von einem Vorhang schwarzer Haare, die wohl irgendwann mal zu einem Zopf geflochten gewesen sein mochten, jetzt jedoch nurmehr aus einem orientierungslosen Gestrüpp schwarzer Zotteln und Strähnen bestanden. Die weiße Kleidung war beinahe durchsichtig und klebte an dem schlank-muskulösen Körper.

Entweder, dachte Kōga, während er näher trat um den schlaffen Körper mit dem Fuß von der Seite auf den Rücken zu drehen, ist er seinen Verletzungen erlegen bevor er in den Fluss gestürzt ist oder er ist längst erfroren. Menschen waren nicht sehr widerstandsfähig, was Temperaturen anbelangte.

Die Rüstung vorne war gesprungen, die war wohl nicht mehr zu gebrauchen. Sonst schien der Mensch nicht wirklich etwas bei sich zu führen, von dem es sich lohnen würde es mit heimzunehmen. Er wollte seinen Wölfen schon erlauben, den Toten zu fressen, doch irgendetwas ließ ihn inne halten. Er konnte nicht einmal sagen, was es war. Er ging in die Hocke und ihn sich genauer an. Er schnüffelte an ihm. Er roch nicht nach Leiche. Als er noch näher kam, konnte er sogar den schwachen Atem spüren.

Wie aus dem Nichts begehrte der leblose Körper plötzlich auf und spie mit einem widerwärtigen Röcheln einen Schwall schwarzes Blut aus und für einen kurzen Moment, wohl eher aus Reflex hatte er die Augen aufgehabt. Sie waren blau. Wie Saphire. Abwesend wischte Kōga sich das Blut von der Wange.

Und dann beschloss er, dass dieser Mensch heute nicht sterben würde.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Weissquell
2019-05-21T17:55:25+00:00 21.05.2019 19:55
Soooo, hier kommt das zugesicherte Kommi! Ich bin zwar im allgemeinen kein großer Fan von Shonen Ai, aber in der Welt der FFs lernt man damit zu leben. ;-)
So, nun zu deiner Geschichte. Also was mit zunächst aufgefallen ist, ist die bildhafte Beschreibung der Situation. Du hast viel Wert auf eine schöne Sprachmelodie gelegt und benutzt viele schöne Ausdrucksweisen zum Darstellen der Szenerie.
Viel passiert ja noch nicht, von daher ist zur Handlung noch wenig zu sagen.
Meine persönliche Meinung ist, dass es jetzt schon recht deutlich ist, dass es auf eine Art Romance hinausläuft. Das mag an der sehr blumigen Ausdrucksweise an vielen Stellen liegen. Die Stimmung beim Lesen ist eher leicht, verspielt und idealisiert die Situation. Wie gesagt es ist schön und wortgewandt geschrieben, aber wenn du eine andere Grundstimmung möchtest, solltest du vielleicht andere Beschreibungen wählen. Natürlich kann das auch alles genau so beabsichtigt sein. :-)
Von daher werd ich mal weiterlesen und schauen wohin das noch so führt.

L.G. Weissquell


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