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Leere Stille

von

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II - November 2000

November 2000.
 

Als Luna ihre Tasse absetzte, klirrte das rot-weiße Porzellan leicht. Es war ein helles Geräusch. Wie das Seufzen einer Dangeldinfee, dachte Luna. Gedankenverloren wischte sie einen Tropfen des Tees vom Tassenrand und führte den benetzten Finger zu ihren Lippen. Das Küchenfenster stand offen und von draußen drang Blätterrauschen und das Geschrei spielender Kinder aus dem angrenzenden Park in die Küche. Die Geräusche waren voller Leben und Freude. Luna ließ ihren Blick durch die Küche wandern, die mit ihren altersgrauen Wänden und verrußten Möbeln ganz im Gegensatz zu den fröhlichen Geräuschen von draußen standen. Seit Harry und Ginny in das alte Haus der Blacks eingezogen waren, hatte sich hier nichts verändert. Luna huschte kurz der Gedanke durch den Kopf, ob die beiden hier gar nichts verändern wollten – oder vielleicht einfach noch nicht konnten?

In diesem Moment bemerkte sie, wie Ginny sie erwartungsvoll ansah und auf etwas zu warten schien.

„Entschuldigung, hast du etwas gesagt?“

Ginny lachte und schüttelte den Kopf. „Du bist wie eh und je. Ich habe gefragt, wo dich deine Arbeit die letzten zwei Wochen hin verschlagen hat.“

Luna legte ihren Kopf leicht schief und fing an, die Zuckerstückchen von einem Keks abzuzupfen und in ihren Tee fallen zu lassen. „Ach, das kann ich gar nicht genau sagen. Ich war in der Nähe von Cornwell und bin Aufzeichnungen meines Vaters zu den Prallatischen Wurzknöllern gefolgt. Und danach war ich… hm, naja, das weiß ich nicht. Auf jeden Fall bin ich am Schluss in Cheltenham gewesen.“ Sie nickte, als sei dies ein überaus präziser Reisebericht gewesen.

Ginny schenkte sich aus der Kaffeekanne nach. „Sicher, dass du keinen Kaffee möchtest?“ Luna schüttelte den Kopf.

Nach einer kurzen Stille fuhr Luna unvermittelt fort und überraschte Ginny, die bereits gedacht hatte, dass Luna erneut in ein längeres Schweigen verfallen wäre. „Es ist schön. Dort draußen, meine ich. Ich kann das Werk meines Vaters fortführen. Er hat gerade nicht die Zeit dazu, weißt du?“ Sie überlegte kurz und warf einen Blick zum Fenster, von dem her kurz das Schimpfen einer Mutter über ihren unartigen Sohn hereinwehte. „Es ist ruhig dort.“

Ginny nickte verstehend.

Luna steckte sich den Keks ohne Zuckerstreusel in den Mund und rührte ihren Tee um. Urplötzlich wechselte sie das Thema. „Wo ist Harry?“

„Er ist in der Arbeit“, antwortete Ginny. „Ron und er haben aktuell in der Aurorenzentrale viel um die Ohren. Nach und nach erhalten sie mehr Verantwortung. Und…“, sie dachte kurz nach, wie sie es am geschicktesten formulieren sollte. „Ich habe das Gefühl, dass sich die dunkle Seite der Gesellschaft wieder etwas sicherer fühlt. Kurz nach dem Krieg waren die Menschen sehr friedensbedürftig und jede Untat fiel sofort auf. Die Auroren waren noch lange in höchster Alarmbereitschaft. Das ist immer noch so, versteh mich nicht falsch! Aber die – ich nenne sie jetzt mal so – Unholde werden unvorsichtiger. Da hat Harry natürlich mehr zu tun.“

Luna nickte. „Und wie geht es ihm?“, fragte sie vorsichtig nach einem kurzen Zögern. Dabei beobachtete sie Ginny auf ihre ganz eigene Art und Weise. Ginny hatte gerade einen Schluck von ihrem Kaffee genommen und stellte die Tasse nun ab. Ohne den Blick auf Luna zu richten, sagte sie: „Gut. Gut geht es ihm. Es geht ihm… ich meine… es geht ihm unverändert“. Sie schürzte die Lippen, schaute Luna an und zuckte mit den Schultern. „Wie es uns wohl allen geht“, schloss sie und grinste etwas verloren.

Luna musste auch grinsen. „Ja, so ist das wohl." Sie ließ ihre Zustimmung einen Moment im Raum stehen, ehe sie fortfuhr: „Und du findest deine Freiheit weiterhin auf dem Besen?“

Ginny lachte. „Ja. Wie immer.“ Sie dachte an den rauschenden Wind um ihre Ohren und die winzig klein erscheinende Welt unter ihr, wenn sie auf dem Besen ihre Runden drehte und musste lächeln. „Ich möche aktuell nichts anderes tun."

Draußen vor dem Fenster tröstete die Mutter ihren weinenden Sohn. Die beiden Frauen schauten sich vielsagend an und genossen den kurzen Moment der Versöhnung. Als die Mutter mit ihrem Sohn weiter zog und nun nur noch das Rauschen der Herbstblätter zu hören war, leerte Luna ihre Teetasse.

„Jetzt hätte ich gerne einen Kaffee.“ Während Ginny ihr einschenkte, fragte Luna: „Hast du was von Neville gehört?“



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Sayamilana
2017-08-31T11:00:54+00:00 31.08.2017 13:00
Allerliebste Kollegin,
du hast wirklich einen sehr schönen und malerischen Schreibstil - beinahe bildhaft. Die Situationen wirken echt und ungekünstelt und ich kann mir sehr gut vorstellen, dass das Leben der Charaktere nach dem Krieg so verläuft. Großes Lob! ;)

Antwort von:  Roter_Panda
31.08.2017 20:21
Vielen herzlichen Dank! Das freut mich wirklich zu hören! ^^


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