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The Splintered Truth

von

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Die Entführung IV --- Der Wachhund

[Illan]
 

Was war da geradeeben passiert? In seinen Gedanken kam er nicht auf einen gemeinsamen Nenner. Verunsichert blickte er nervös hin und her. Seine Finger kribbelten und er atmete schneller ein und aus. So ein Gefühl hatte er schon seit mehreren Jahren nicht mehr gehabt. Sein Herz klopfte ungewöhnlich schnell. Die unangenehmen Impulse von seinem Herzen störten seine Konzentration. Seine Finger verkrampften sich leicht an und gruben sich minimal in die äußere Baumrinde. Das alles passierte, weil sie ihn entdeckt hatte. Diese Überraschung hatte er nicht kommen sehen.
 

Er blickte um den Baum in die Ferne. Das Mädchen, das vor Schreck zu Boden gefallen war, war inzwischen aufgestanden. Illan kannte sie nicht. Vermutlich wieder ein Tourist. Den Jungen aber kannte er, sowie sein stürmisches Gemüt. Rick Nerafal, ein Mitglied der ortsansässigen Gilde. Soweit Illan das wusste, leitete Linda diese im Moment. Normalerweise müsste diese Gilde die Regeln der Insel kennen. Wieso er jedoch heute Abend in den Wald zur Grenze schlich verstand Illan nicht. Ein gefährliches Unterfangen, vor allem nachts. Doch Rick hatte Glück. Heute hatte Illan Dienst und der nordwestliche Wald war sowieso sein Überwachungsgebiet.
 

‚Dieser Junge lernt es nie!‘ Illans Blick schweifte zu dem Mädchen:
 

‚Und wer ist sie?‘ Sein Blick ging wieder zu Rick.
 

‚Hat das auch was damit zu tun, dass die Polizei anwesend war?‘ Die Polizisten waren jedoch wieder in die Stadt gefahren.
 

Illans Blick ruhte erneut auf dem Mädchen, das nervös mit Rick redete und in die Richtung zeigte, indem Illan zuvor noch seelenruhig stand und die beiden beobachtet hatte. Normalerweise wirkte Illans Magie auf andere wie ein Schleier, der seine Anwesenheit verbarg. Er würde somit aus der Wahrnehmung von den meisten Menschen gestrichen werden. Vor allem wenn es dunkel war. Magieunbegabte Menschen würden ihn so niemals unter normalen Umständen zufällig entdecken können. Illan hatte das oft angewandt bei seiner Arbeit. Bei Touristen war das immer eine ideale Möglichkeit sich an diese heranzuschleichen und diese ohne Vorwarnung außer Gefecht zu setzen.
 

Bei Rick hatte die Verschleierung vorher wunderbar geklappt.
 

‚Ich war unvorsichtig.‘ Genervt strich Illan sich über das Kinn, dann durch das Haar. Fokussiert begutachtete er das Mädchen. Nervös schaute sie immer wieder in den Wald.
 

‚Sie ist vielleicht eine Magierin. Das wäre sehr schlecht. Ich hätte besser aufpassen sollen.‘ Eine neue Magierin auf dieser Insel war selten. Es gab hier nichts von Interesse, vor allem nicht für Magier.
 

‚Hat sie etwas mit dem Polizeiaufenthalt zu tun?‘
 

Rick erhob plötzlich seine rechte Hand und verwies in Richtung Norden der Insel. Das Mädchen nickte zögerlich. Beide gingen im Anschluss weiter, nachdem Rick noch einmal mit prüfenden Blicken in den Wald sah.
 

‚Was will er in dieser Richtung? Hoffentlich bleibt er fort von der Grenze.‘
 

Wieder verkrampften sich seine Finger und sein genervter Blick ging kurz zum Gebäude des Hauptquartiers. Illan ärgerte sich, denn eigentlich galt seine Aufmerksamkeit einer anderen Person, die zur heutigen Nacht im Schatten des Gebäudes verweilte und das Hauptquartier beobachtete. Diese Person war sehr gut in das was sie tat. Illan hatte es noch nicht geschafft die Identität festzustellen, zudem verlor er die Spur, als das Mädchen angefangen hatte zu schreien. Illan schaute überrascht auf. Er suchte nach den beiden Jugendlichen.
 

‚Verdammt!‘ Illan bewegte sich von seinem Baum fort und eilte in die Richtung, in der Rick zuvor gezeigt hatte. Nicht unweit von ihm entfernt entdeckte er Rick.
 

Rick eilte hektisch voran. Seine Begleitung hatte Schwierigkeiten ihm zu folgen. Immer wieder schaute sie über ihre Schulter nach hinten. Illan hielt deshalb Abstand. Zur Verfolgung nutzte er sein Gehör. Nachdem sein eigener Herzschlag wieder ein normales Tempo erreicht hatte, konnte er seine Umgebung wahrnehmen. Ab und zu konnte er die Stimmen der beiden Jugendlichen verstehen:
 

„Keine Sorge Tina…, ich habe nichts gesehen. Da war wirklich niemand. Mir entgeht nichts. Wir bleiben auch fürs erste auf dieser Seite der Grenze. Ich glaube auch nicht, dass um diese Uhrzeit Wachleute unterwegs sein sollten.“
 

‚Dieser närrische Junge.‘
 

„Aber ich habe wirklich jemand gesehen…, glaube ich.“
 

„Ich habe noch niemand hier gesehen und ich kann jetzt keinen Rückzieher machen.“ Er klang zorniger und seine Stimme wurde lauter.
 

„Tut mir leid, ich wollte nicht.“ Rick nahm an Geschwindigkeit zu.
 

‚Wo zum Teufel will der hin? In dieser Richtung liegt auf deren Seite dieses Haus von diesem Wissenschaftler, aber… das halte ich für unwahrscheinlich… und auf unserer Seite nur das alte Schwimmbad und dieses riesige Gebäude.‘ Illan erinnerte sich an etwas anderem. Das alte riesige Gebäude, dass offiziell Mr. S gehörte, aber nicht von ihm bewohnt wurde, wurde im Moment von ein paar Jugendlichen aus der Stadt belagert. Illan hatte das mitbekommen und war kurz davor gewesen, den Typen einen Besuch abzustatten, aber Geschäftliches kam dazwischen. Er musste aber diese Angelegenheiten aus dem Weg schaffen bevor seine Kollegen davon Wind bekamen. Es würde zu viel Aufruhr in der Stadt verursachen.
 

‚Will er die Raudis aufsuchen?‘
 

Rick stoppte an einer alten gepflasterten Straße. Der Maschendrahtzaun war durch diese gezogen worden. Ohne großen Aufwand überwandte er die Grenze. Im Moment zeigte er auf seine Begleitung keine Rücksicht. Mit verängstigen Blicken folgte sie ihm zögerlich und sie brauchte zwei Anläufen der Maschendrahtzaun zu überwinden. Gestresst fuhr sich Illan noch einmal durch das Haar, als die beiden Jugendlichen weiter der verfallenen Straße folgten.
 

‚Anscheinend kennt er immer noch nicht die Konsequenzen.‘ Illan blieb stehen und schaute auf seine Hände.
 

‚Ich muss wohl ernst machen. Irgendwie muss ich die von dort verjagen.‘ Illan würde gern auf Gewalt verzichten und hoffte auf eine sich begrenzende Eskalation, wenn er auftauchte.
 

‚Linda würde das mir nie verzeihen.‘ Zornig schüttelte er seinen Kopf.
 

‚Sie hat ihm immer noch nichts gesagt.‘ Illan vermied die Straße und verblieb verborgen im Wald. Parallel folgte er der Straße und kam bald zu einer Lichtung. Auf dieser Lichtung stand ein großes Gebäude. Gebaut vor über mehreren Jahrzehnten. Es wirkte nicht zerfallen, aber seit der Grenzerweiterung hatte niemand mehr in diesem Gebäude gewohnt. Die letzte größere Sache an diesem Ort war die Gruppe von Sprayern, die von Ulya abgepasst wurde. Es hatte für viel Aufmerksamkeit in der Stadt gesorgt. Mr. S hatte sie dafür schwer bestraft, aber seit diesem Ereignis hatte sich lange niemand mehr hierher getraut. Von den Sprayern war nur noch der halbe Satz an der Hauswand übriggeblieben ‚Orange Slasher, wir sind…‘
 

‚Vergangenheit.‘ Geisterte Illan durch den Kopf.
 

Ein kalter Hauch fegte über den Waldboden. Er wirbelte ein wenig die heruntergefallenen Blätter auf. Die sich bewegenden Bäume sahen von der Lichtung aus wie ein Kreis aus Ungetümen, die sich erhoben und tanzend auf die Lichtung herabschauten. Das grelle Mondlicht verstärkte den Effekt, da es erst ermöglichte die Spitzen der Bäume von der Lichtung aus zu erkennen.
 

‚Vollmond, das hatte ich ganz vergessen.‘ Nervös blickte er sich um. Bisher war ihm noch nichts aufgefallen.
 

Bei Vollmond wurde die Stadt von einer Kreatur heimgesucht, die der Schatten genannt wurde. Illan hatte sie aus der Ferne schon mehrmals gesehen. Eine dämonische Kreatur, die manchmal die Form einer alten Frau annahm. Dieser Schatten wird auch als Fluch von Orange bezeichnet. Sie tauchte auf, wenn der Mond auf die Insel herabschien. Selbst wenn der Vollmond nicht vollendet war, tauchte sie auf. Vereinzelt griff sie Bewohner an und verletzte diese schwer. Der Wald war jedoch nicht ihr Revier, sondern nur die Stadt, jedoch beruhigte es Illan nicht.
 

‚Hoffentlich bleibt sie heute dort.‘
 

Illan folgte den beiden Jugendlichen bis zur Grundstücksgrenze des Gebäudes. Er wollte nah an sie herankommen, um sie zu überwältigen, aber weil das Mädchen immer wieder nervös um sich schaute, verblieb Illan unruhig im Schatten.
 

„Der Wald ist unheimlich. Ich… ich habe immer noch das Gefühl, dass er hier ist.“
 

‚Verdammtes Mädchen.‘
 

„Glaube ich nicht, sonst wären diese elendigen Dreckskerle nicht hier und Mr. S hätte die schon längst rausgeworfen.‘ Rick betrachtete das geöffnete Holztor, dann verwies er auf etwas auf den Boden. Im Anschluss ging er durch das Tor. Sein Blick blieb daraufhin bei einer anderen Stelle hängen. Er blickte in einen Krater.
 

„Da ist also… die zweite Einschlagsstelle.“
 

„Wieder ein Krater.“ Das Mädchen wirkte überrascht.
 

‚Was ist mit dem Krater?‘ Illan hatte sich die Stelle schon einmal genauer angesehen. Etwas schlug vor wenigen Tagen ein. Er hatte nichts gefunden.
 

Rick zog plötzlich weiter und eilte weiter zur Eingangstüre. Die etwas erhoben lag. Wenige Stufen führten zu ihr hinauf. Rick wies im Anschluss das Mädchen an sich neben dem Haupteingang nahe einem Gerätehaus zu verstecken.
 

„Wenn jemand kommen sollte, schreie laut oder eile zurück! Sollte was passieren, renn zu Linda sofort!“
 

‚Er lässt sie Draußen warten, das heißt er hält es zu gefährlich für sie drinnen zu sein als hier draußen. Dieser Idiot, wieso hat er sie hierher mitgenommen?‘
 

Ein plötzliches Rascheln und ein leises Ausatmen in der Ferne schockierte Illan. Sein Blick schweifte zur Seite und er blickte in die Tiefe des Waldes. Jemand kam mit langsamen Schritten auf ihn zugelaufen. Ungefähr zehn Meter von Illan entfernt.
 

‚Wieso ist er hier?‘ Seine Augen weiteten sich und sein Herz fing wieder an zu rasen. Langsam mischte sich Zorn in seinem Erstaunen.
 

‚Wieso!?‘ Die Person trat näher und das Mondlicht erhellte sein Gesicht.
 

„Verflucht Johann.“ Die Abneigung stieg mit jedem Schritt, der er auf Illan zutrat.
 

„Riechst du das denn nicht?“ Ein schmaler straffer Körper. Wildes Haar und lässige Klamotten. Die Hände waren in seinen Hosentaschen. Diese leicht angespannte Körperhaltung. Illan ahnte nichts Gutes.
 

„Wieso bist du hier? Das ist nicht dein Gebiet! Halte dich an die Regeln, sonst wirst du eine Lektion von Mr. S erhalten!“ Brummte Illan zornig.
 

‚Verflucht. Er ruiniert alles.‘ Illan blickte nervös zum verlassenden Gebäude.
 

„Riechst du das denn wirklich nicht? Es ist so frisch…, man riecht das meilenweit durch den Wald.“
 

‚Er wird sich die beiden schnappen, ärgerlich.‘ Johann trat näher an Illan heran. Johann war fast ein Kopf kleiner als Illan, aber er schaute nicht hinauf zu ihm.
 

„Widersetzt du dich den Befehlen von Mr. S? Dein heutiges Gebiet war der Osten der Insel, hier hast du nichts zu suchen.“ Illans unterdrückte den Drang lauter zu werden.
 

„Ich bezweifle, dass ich derjenige bin, der sich den Befehlen widersetzt, schwächlicher Wachhund.“ Die Augen des Jungen verfärbten sich leicht in einen roten Ton. Die Adern in seinem Gesicht schwollen an. Johann öffnete seinen Mund und sein Gebiss verformte sich. Illan nahm einen leichten Duft war. Ein Duft den er nur allzu gut kannte, aber mied.
 

‚Diese Verfärbung… er hat doch nicht vor kurzem…‘ Johann stieß Illan plötzlich zur Seite. Eine Wucht stieß Illan fast einen Meter zurück. Johann machte sich im Anschluss auf dem Weg zum Gebäude.
 

‚Nein!‘ Illan wandte sich kurz nach dem überraschenden Rückstoß Johann zu, eilte zu ihm, packte ihn am Nacken und setzte all seine Kraft darin ihn zurück in den Wald zu katapultieren. Illan schaffte es ihn tatsächlich zu ziehen und dann mit all seiner Kraft zu werfen, aber Johann schien dies erwartet zu haben. Er landete auf allen Vieren. Seine Hände hatten sich inzwischen zu Klauen verformt, die Adern stachen hervor und die Gelenke wurden massiv. Seine spitzen Finger gruben sie sich in den Boden. Die Augen verfärbten sich dunkelroter, die Haut schwärzer, die Zähne spitzer. Den Duft, den er aussendete, intensiver.
 

‚Er ist tatsächlich vollgepumpt, das wird unangenehm.‘ Johann sprang von der Stelle ab und stieß gegen Illan, der rückwärts gegen einen Baum geschleudert wurde. Beim Aufprall erfolge ein lauter Knall. Ein Hieb von Johann folgte, der versuchte mit seinem ausgestreckten Arm tiefe Furchen in Illan zu schlagen, aber Illan nutzte die sich durch den Angriff ergebene offene Deckung von Johann und stieß dem Jungen mit einer Handkante gegen die Halsregion. Ein normaler Mensch würde davon schwere Schäden tragen, aber Johann wich davon nur taumelnd zurück. Genug Zeit, sodass Illan sich nun vorbereiten konnte. Spitze scharfe Knochen fuhren aus seinen Fingern. Die Gelenke wurden massiver und auch die Adern stachen hervor, jedoch verfärbte sich die Haut nicht schwarz. Seine Augen verblieben normal. An jedem Finger war nun eine fast 10cm lange Klinge. Illan sprang aus dem Stand ab, um mit einem erneuten Handkantenschlagen gegen die Halsregion seines Gegenübers den Kampf zu beenden.



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