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Das sechste Jahr

Wie weit würdest du gehen, um deine Liebe zu beschützen?
von

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Date wider Willen

„Wir sollten ausgehen.“

 

Harry schaute von seinem Buch auf, mit er sich eben auf der Couch im Gemeinschaftsraum gemütlich gemacht hatte und blickte in braune Augen, die ihn bestimmt ansahen.

 

Ginevra Weasley hatte sich direkt neben Harry fallengelassen und saß beinahe auf seinem Schoß. Ihre normalerweise aufgesetzte Junge-Hexe-ohne-Zauberstab-Attitüde hatte sie abgelegt. Stattdessen starrte sie ihn an, als ob sie keine Widerrede dulden würden.

 

Harry versuchte, etwas Platz zwischen sie beide zu bringen. „Ginny…“

 

Sie ließ ihm keine Chance. Kaum war er ein Stück weggerutscht, schon hatte sie sich wieder an ihn gepresst. Ihre Brüste drückten gegen seinen Arm, in dem er immer noch sein Buch hielt. „Stopp, Harry. Bevor du was sagst… Ich weiß, dass du dir Sorgen machst wegen Ron. Weil ihr beste Freunde seid und so.“

 

Das war nicht gerade das, worüber er sich Sorgen machte. Vielmehr war ihm ihre Aufdringlichkeit unangenehm. Falls er wirklich mit ihr etwas hätte anfangen wollen, wäre ihm die Meinung seines ehemals besten Freundes völlig egal gewesen.

 

„Aber ich habe schon mit ihm gesprochen und für ihn ist es okay, solange wir nicht andauernd vor seinen Augen rumknutschen.“ Sie lächelte ihn hoffnungsvoll an. Das Feuer aus dem Kamin tanzte in ihren Augen, warf Schatten auf ihre sommersprossenbesprenkelten Wangen. Ihre glatten langen roten Haare fielen wie ein Vorhang neben ihrem Gesicht herunter. Hatte er nicht mal jemanden sagen hören, dass sie seiner Mutter ähnlich sähe?

Harry kannte seine Mutter zwar nur von Fotos, aber er konnte keine Ähnlichkeit feststellen. Nicht einmal der Rotton ihrer Haare war gleich. Sie hatte die gleichen orangeroten Haare wie alle Weasleys. Seine Mutter dagegen hatte einen kräftigeren, dunkleren Rotton gehabt. Viel schöner und eleganter. Aber auch wenn keine Ähnlichkeit zwischen ihnen vorhanden war, hatte er dennoch keine Lust, sie zu küssen.

 

Hilfesuchend sah Harry sich um, aber die einzigen, die seine Situation zu bemerken schienen, waren Weasley und Granger und die sahen eher so aus, als würden sie ihnen die Daumen drücken. Zumindest Granger. Weasley schaute ein bisschen säuerlich, aber nickte Harry zustimmend zu. Granger strahlte sie an.

 

Harry seufzte innerlich. Hätte dieses Weib sich nicht auf jemand anderen fixieren können? Sie war doch mal mit diesem Corner aus Ravenclaw zusammen gewesen und auch mit Thomas hatte sie etwas gehabt. Warum konnte die denen nicht auf die Pelle rücken? Harry war sich sicher, niemals auch nur eine Andeutung gemacht zu haben, dass er an ihr interessiert wäre.

 

„Machst du dir keine Sorgen, dass du verflucht werden könntest, wenn du zusammen mit mir gesehen wirst? Die letzten Mädchen, die ich daten wollte, sind nicht so gut weggekommen.“ Er sah sie eindringlich an und hoffte auf ein winzig kleines Zeichen in ihren Augen, dass sie den Wink verstanden hatte.

 

Aber Harrys Hoffnungen wurden enttäuscht. Mini-Weasley lachte nur und klammerte sich um seinen Arm, zwang ihn, sein Buch herunterzunehmen. „Überhaupt nicht. Ich bin schon groß, weißt du, und kann sehr gut auf mich aufpassen. Du wirst schon sehen.“ Sie zwinkerte ihm zu und Harry musste sich stark zusammenreißen, um sein Gesicht nicht vor Ekel zu verziehen. „Los! Gib uns eine Chance.“

 

Die Wahrheit war, Harry hatte einfach keine Lust, Mini-Weasley zu daten. Es gab einen Grund, warum er für seinen Plan niemals Gryffindors und schon gar nicht sie in Erwägung gezogen hatte. Er würde sie nie wieder los werden; egal wie schlecht das Date verlaufen würde, nicht mal, wenn sie verflucht werden würde. Aber Draco würde ihm diesen Gefallen ohnehin nicht mehr tun. Er würde ihn nicht mal beobachten. Voldemort hatte ihn von dem Auftrag abgezogen. Es gab also keinen Grund, sich überhaupt mit jemanden zu verabreden. Andererseits… Vielleicht wäre es auch gar nicht so schlecht, sich darauf einzulassen. Es wäre eine willkommene Abwechslung. Seine letzten Versuche waren durch Draco ein völliges Desaster geworden. Diesmal würde er nicht in der Nähe sein, um es zu verhindern. Wenn er es richtig anstellte, würde Draco nicht mal etwas davon erfahren, bevor es soweit war.

 

Er hatte sowieso vor beim nächsten Hogsmeade-Wochenende in das kleine Zaubererdorf zu gehen. Chang hatte ein Date und er wollte dabei sein, wenn sie zum ersten Mal richtig begriff, dass etwas nicht stimmte. Wenn er selbst ein Date hätte und diesem nichts passieren würde, würde die Lehrer ihn vielleicht endlich wieder in Ruhe lassen und ihn nicht permanent beobachten. Ja, das wäre perfekt.

 

Harry hätte sich ein besseres Date als Mini-Weasley vorstellen können, aber bei der aktuellen Lage, hatte er keine große Auswahl. Die kleine Klette war die einzige, die sich noch traute mit Harry auszugehen. Er würde sich schon etwas einfallen lassen, um sie hinterher wieder loszuwerden.

 

„Okay. Lass uns ausgehen.“ Den leichten Widerwillen in seiner Stimme schien sie nicht zu hören.

 

Weasley strahlte Harry an. „Oh! Ich freue mich so.“ Sie schlang beide Arme um seinen Nacken und presste sich an ihn. Harry drückte sich weg, bevor sie ganz auf seinen Schoß klettern konnte.

 

„Ich freue mich auch.“ Harry zwang sich zu einem liebevollen Lächeln. „Ich würde sagen, wir gehen am Samstag kurz vor Mittag los. Dann kannst du noch in Ruhe ausschlafen und wir können dann gemütlich nach Hogsmeade Laufen und dann in Madam Puddifoot’s Café zu Mittag essen.“

 

Weasley war ein Langschläfer genau wie ihr nächstältester Bruder. Sie würden bestimmt das ganze Wochenende verschlafen, wenn man sie ließe. Aber das war perfekt. Wie Harry mitbekommen hatte, war Chang auch erst zum Mittag mit ihrer neuesten Eroberung verabredet. So musste er nicht Stunden mit der kleinen Göre verbringen, bis endlich etwas Spannendes passierte. Zwar musste er danach noch etwas Zeit mit ihr verbringen, aber dann hatte er etwas Schönes, woran er dabei denken konnte. Er hätte diesen Moment viel lieber mit Draco erlebt, aber das war leider nicht möglich.

 

Er sollte sein Date mit Weasley verheimlichen, bis es soweit war. Nur zur Sicherheit. Für den unwahrscheinlichen Fall, dass Draco doch etwas dagegen unternehmen würde. Harry war sich nicht ganz sicher, was ihm lieber wäre.

 

„Das klingt perfekt! Ich kann es kaum erwarten.“ Weasley stand abrupt auf und wollte weggehen, zweifellos, um allen zu erzählen, dass sie beide ein Date hatten, ob das nun jemand hören wollte oder nicht, aber Harry hielt sie schnell am Handgelenk fest.

 

„Warte!“

 

Überrascht setze sie sich wieder neben ihn.

 

„Mir wäre es lieb, wenn wir das erst einmal für uns behalten würden.“, meinte Harry ruhig.

 

Weasley schaute ihn mit einer Mischung aus Verwirrung und Enttäuschung an.

 

Harry verdrehte innerlich die Augen. Jetzt musste er auch noch Rücksicht auf ihre Gefühle nehmen. „Mir geht es darum, dass wir immer noch nicht wissen, wer meine letzten Dates verflucht hat oder warum. Ich finde es unglaublich mutig von dir, dass du dennoch mit mir ausgehen willst, aber wir sollten nichts provozieren. Ich möchte einfach nicht, dass dir etwas passiert.“

 

Ihr Gesichtsausdruck wurde wieder etwas weicher und sie lächelte ihn an. „Ich verstehe. Ich finde es süß, dass du dir Sorgen um mich machst. Es ist zwar nicht notwendig, aber wenn es dir dadurch besser geht, tue ich dir den Gefallen und behalte es für mich. Wir werden es aber dennoch Ron und Hermine sagen müssen. Sie würden uns das ziemlich übelnehmen, wenn wir das vor ihnen verheimlichen würden.“ Sie schaute zu ihrem Bruder und dessen Freundin; Harry folgte ihrem Blick.

 

Granger tat, als würde sie in einem Buch lesen, aber Harry konnte sehen, wie ihr Blick immer wieder zu ihnen huschte. Ihr Weasley dagegen hatte sich völlig abgewandt und beobachtete interessiert ein paar Drittklässler, die Zauberschnippschnapp spielten.

 

Harry seufzte. Auf das Gespräch mit seinem ehemals besten Freund freute er sich bestimmt nicht. Er konnte jetzt schon die halbherzigen Warnungen hören, dass er seine kleine Schwester nicht verletzen soll. Und er würde es ihm immer und immer wieder versichern.

„Ich werde nachher mit ihnen reden und dafür sorgen, dass sie es ebenfalls für sich behalten. Zumindest vorerst.“

 

Sie nickte zustimmend und lächelte eines ihrer wenigen Lächeln, die Harry als angenehm empfand, weil es nicht aufgesetzt wirkte. Wer weiß, in einem anderen Leben hätte er sie ja vielleicht mögen können.

 

Nachdem Harry ihr Handgelenk wieder losgelassen hatte, stand Weasley auf und ging zu ihren Freundinnen. Es dauerte nicht lange und das Granger-Weasley-Doppelpack, das sich ausnahmsweise mal nicht stritt, hatte sich zu ihm gesetzt. Innerlich seufzend legte Harry sein Buch zur Seite. Heute würde er den Abschnitt über die Vervielfältigungszauber nicht mehr schaffen. Er war gerade mal bei dem Gemini-Zauber angekommen und es gab noch ein paar weitere. Diese Zauber waren bestimmt praktisch, um potentielle Diebe zu verwirren.

 

„Und?“, fragte Granger. Ihr breites Grinsen war in ihrer Stimme zu hören und Harry musste sich anstrengen, zu lächeln, während er sich zu ihr drehte.

 

„Wir haben uns für das nächste Wochenende verabredet.“, sagte Harry leise.

 

„Oh, das ist ja fantastisch.“ Granger quiekte erfreut und umarmte Harry kurz, aber fest. Weasley daneben grummelte nur vor sich hin.

 

„Ich wollte euch aber bitten, es vorerst für euch zu behalten. Ich will nicht, dass Ginny ins Visier gerät, falls die anderen Mädchen wirklich meinetwegen verflucht worden sind.“ Harry schaute besorgt zwischen beiden hin und her. Granger sah ihn mitfühlend an und nickte, während Weasley ihn anstarrte, als ob Harry sich einen von Hagrids knallrümpfigen Krötern als Hut aufgesetzt hätte.

 

„Ins was gerät?“

 

„Ins Visier.“ Granger verdrehte ihre Augen. „Das ist ein Muggelsprichwort. Harry will nicht, dass der, er auch immer die Flüche benutzt hat, Ginny ebenfalls verflucht und will einfach keine Aufmerksamkeit auf sie lenken. Verstehst du?“

 

„Kann er das dann nicht einfach so sagen?“ Beleidigt sah Weasley erst seine Freundin, dann Harry an.

 

„Sorry, Ron. Für Hermine und mich sind solche Sprichwörter ganz normal und da vergesse ich eben manchmal, dass sie nicht jeder hier verstehen kann.“ Aber das war wirklich selbsterklärend gewesen. Aber Nachdenken ist zu anstrengend für Ronald Weasley. ‚Wie hält es Granger nur mit diesem Idioten aus?‘

 

„Ach, ist schon gut. Es ist ja auch häufig andersherum.“, grummelte Weasley vor sich hin.

 

Harry zog seine Augenbrauen nach oben. Das war es vielleicht am Anfang gewesen, als Harry noch neu in der Zaubererwelt gewesen war. Aber in der Zwischenzeit gab es immer weniger, was er über das Leben und die Kultur – wenn man es so nennen wollte – nicht wusste, und so gut wie nichts mehr, was ihn noch überraschen konnte. Weasley dagegen war der Muggelwelt gegenüber völlig ignorant. Er hatte zwar einen Vater, der regelrecht besessen von Muggeln und ihrer Art zu leben war und seine beiden besten Freunde lebten in der Muggelwelt, waren dort aufgewachsen, aber dennoch schien er kaum etwas über sie zu wissen. Selbst jetzt, da er eine muggelstämmige Freundin hatte, schien er kein Interesse zu haben, etwas über ihre Welt und ihr Leben zu lernen.

 

Granger schien das genauso zu sehen, wenn Harry sich so ihren missbilligenden Blick anschaute. Er sollte schnell das Thema wechseln oder die beiden hätten bestimmt gleich ihren nächsten Streit.

 

„Sag mal, Ron. Ich hätte eigentlich mit einer kleinen Ansprache gerechnet. Tu-meiner-kleinen-Schwester-nicht-weh oder sowas Ähnliches.“

 

„Hermine hat es mir verboten.“, antwortete er kleinlaut.

 

„Natürlich habe ich das! Harry würde Ginny niemals wehtun. Wir sind doch alle Freunde.“ Granger schaute Weasley an, als wäre ihm ein zweiter Kopf gewachsen.

 

„Ja, ja. Tu mir nur den Gefallen und knutscht nicht vor meinen Augen rum.“ Mit einem leicht angewiderten Blick drehte er sich weg.

 

„Das wird sich kaum vermeiden lassen. Wir knutschen auch vor Harry und Ginny rum. Da kannst du es den beiden nicht verbieten.“

 

Harry sah bedauernd auf sein Buch hinab. Die beiden waren wieder so sehr mit sich selbst beschäftigt, dass sie ihn nicht mehr wahrnahmen. Aber an Lesen oder sich Wegzuschleichen war nicht zu denken. Also schloss er die Augen und versuchte diese sinnlose Diskussion auszublenden.

 

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Es war Samstagmorgen. Hogsmeade-Wochenende. Harry saß bereits beim Frühstück mit der neuesten Ausgabe des Tagespropheten vor ihm ausgebreitet. Es war noch sehr ruhig, nicht ungewöhnlich für ein Wochenende, aber schon bald würde sich die große Halle mit Schülern füllen, die nach Hogsmeade wollten, um vorher noch schnell ein kleines oder größeres Frühstück herunter zu schlingen.

 

Harry war erst für später verabredet. Er hätte auch noch länger schlafen können, aber ein unruhiger Traum hatte ihn aus seinem Bett vertrieben. Eine heiße Dusche und eine Tasse Kaffee – mit Milch und viel Zucker – später, fühlte er sich bereit, den Tag zu beginnen.

 

Im Tagespropheten stand nichts Aufregendes. Es hatte keine neuen Übergriffe von Voldemort gegeben und die Autoren mussten sich mit Berichten über Quidditch und die neuesten irrwitzigen Gesetzesvorschläge von Rufus Scrimgeour zufriedengeben. Es gab sogar einen kleinen Artikel über Weasleys Zauberhafte Zauberscherze und wie sie das Leben in dieser dunklen Zeit ein bisschen freundlicher gestalteten. Erst ganz am Ende des Artikels wurde erwähnt, dass man dort auch magische Schutzkleidung oder nützliche Hilfsartikel für unbemerktes Entkommen erhalten konnte.

 

Sehr innovativ, das musste Harry zugeben. Allerdings machte dieser Artikel, so unscheinbar er auch war, den kleinen Scherzartikelladen zu einem potentiellen Ziel der Todesser. Voldemort würde bestimmt nicht tatenlos zusehen, wie die Weasley-Zwillinge seine Gegner unterstützten. Das war bedauerlich. Harry konnte die beiden trotz allem gut leiden. Vielleicht konnte er Voldemort überzeugen, sie in Ruhe zu lassen, zumindest vorerst. Dann hätte Harry in den Sommerferien Zeit, etwas über die Zauber in Erfahrung zu bringen und sie könnten sie dann vielleicht neutralisieren. Er machte sich keine Hoffnung, die beiden auf seine Seite ziehen zu können. Sie würden sich niemals gegen ihre Familie stellen. Nicht einmal für Harry.

 

Die Halle begann sich zu füllen. Dennoch waren gab es noch viele freie Plätze. Die Schüler, die erst am Nachmittag oder gar nicht nach Hogsmeade wollten, würden erst zum Mittagessen aufstehen. Die einzige Ausnahme waren die Ravenclaws. Ihr Tisch war wie immer fast voll besetzt. Das genaue Gegenteil von Gryffindor. Sein Tisch war fast leer. Nicht, dass es Harry störte. So hatte er wenigstens seine Ruhe.

 

Aber natürlich gab es auch in seinem Haus eine Ausnahme.

 

„Guten Morgen, Harry. Du bist ja früh auf.“ Granger setze sich neben ihn und überprüfte die Auswahl, bevor sie sich für ein Müsli mit getrockneten Kürbisstückchen entschied. Das gleiche, das Harry sich heute genommen hatte.

 

Harry schaute auf seine Muggelarmbanduhr. Es war bereits nach zehn Uhr. Alles andere als früh. In einer Stunde hatte er sein Date.

„Findest du? Ich finde, du bist ganz schön spät dran für deine Verhältnisse.“

 

„Wieso?“ Bevor Harry etwas erwidern konnte hatte Granger sich über seine Müslischale gelehnt und nach seinem Handgelenk gegriffen. Sie zog seinen Arm zu sich und Harry hatte Mühe sein Gleichgewicht zu halten und nicht von der Bank zu fallen, als er mit einem Ruck herumgewirbelt wurde.

„Oh! Ist es wirklich schon so spät? Bist du dir sicher, dass deine Uhr richtig geht? Vielleicht hat sie eine Überdosis abbekommen. Nicht alle Muggelsachen vertagen sich gut mit Magie.“

 

„Meine letzte Uhr hat hier vier Jahre gehalten. Und sie ist nicht wegen Magie kaputt gegangen, sondern weil sie nicht wasserfest war. Sie funktioniert richtig. Du hast einfach mal länger geschlafen. Ist doch nicht schlimm.“ Harry zog seinen Arm zurück. Die Armbanduhr war noch fast neu. Er hatte sie letzten Sommer aus dem Müll gefischt, nachdem sein verwöhnter Cousin sie weggeworfen hatte, weil sie für ihn zu billig für ein Geburtstagsgeschenk gewesen war. Harry hatte sie verstecken müssen. Die Dursleys hätten sie kaputt gemacht, bevor sie sie ihm überlassen hätten.

 

Granger grummelte. „Verdammt! Ich habe noch nie verschlafen. Der halbe Tag ist um.“ Missmutig nahm sie ihren Löffel und begann, ihr Müsli zu essen.

 

„Du übertreibst. Du lernst immer so lange, bis spät in die Nacht hinein. Irgendwann holt der Körper sich den Schlaf, den er braucht.“ Wen versuchte er hier eigentlich zu überzeugen? Ihm ging es doch auch nicht anders.

 

„Nicht jedem fällt alles in den Schoß. Manche von uns müssen lernen, um die Prüfungen zu bestehen.“, erwiderte sie bissig.

 

Harry sah sie einen Moment lang ungläubig an, bis er leicht den Kopf schüttelte und sich wieder seinem Essen widmete. Er würde darauf einfach nicht reagieren. Sollte sie sich doch einreden, was sie wollte.

 

Eine Weile saßen sie schweigend nebeneinander, jeder in sein Essen und seine Gedanken vertieft. Es kam Bewegung in die Große Halle. Einige der Schüler brachen auf nach Hogsmeade und wurden von den Langschläfern ersetzt, die noch die letzten Reste des Frühstücks abgreifen wollten. Chang und ihr Date Wayne Hopkins, ein Hufflepuff aus Harrys Jahrgang, saßen auch bereits an ihren Tischen. Sie unterhielten sich mit ihren Klassenkameraden, warfen sich aber hin und wieder verstohlene Blicke zu. Harry hoffte, dass sie sich nicht entschlossen früher loszugehen. Er wollte das um nichts in der Welt verpassen.

 

In dem Moment kam Draco mit hocherhobenem Haupt durch die Tür. Neben ihm lief Zabini. Den Gesprächsfetzen nach zu urteilen, unterhielten sie sich über die letzte Stunde Zaubertränke. Sie gingen geradewegs auf ihren Tisch zu und schenkten ihnen keine Beachtung. Hinter ihnen kamen die anderen Babytodesser des sechsten Jahrgangs. Die Mädchen versuchten sich an dem Gespräch zu beteiligen – zweifellos in dem Versuch Dracos Aufmerksamkeit zu erhalten – wurden aber ignoriert.

 

Sie setzten sich an ihren fast leeren Tisch, Draco genau gegenüber von Harry, sah aber nicht einmal auf. Das versetzte Harry einen kleinen Stich. Auch wenn es besser so war, vermisste er die Zeit, als Dracos Blick permanent auf ihn gerichtet war. Seine Gedanken gingen zurück zu dem einen Abend in der Dusche der Quidditch-Umkleide. Er stellte sich vor, was passiert wäre, wenn Draco damals schon auf Idee gekommen wäre, ihn zu küssen. Unter dem heißen Wasserstrahl, Draco klitschnass, seine Sachen an seinem Körper geklebt, unter denen sich jeder Muskel dieses perfekten Körpers abzeichnete…

 

„Harry!“ Eine schrille Stimme riss ihn aus seinen Gedanken. Zwei Rotschöpfe hatten die Halle betreten und Mini-Weasley beeilte sich, um an ihren Bruder vorbeizukommen und setzte sich neben Harry. Wie immer viel zu nah.

 

Der Aufschrei lenkte die Aufmerksamkeit der anderen Schüler auf sie. Inklusive Draco. Harry sah, wie er ihn und Mini-Weasley musterte und dann leicht verärgert seine Augen zusammenkniff.

 

„Wollen wir los?“ Weasleys braune Augen leuchteten aufgeregt.

 

Harry wollte am liebsten seinen Kopf auf den Tisch knallen lassen. Worauf hatte er sich nur eingelassen? Er überlegte fieberhaft, ob er da noch irgendwie rauskommen konnte, aber ihm fiel einfach nichts ein. Es half nichts. Da musste er jetzt durch.

 

Er sah auf die Reste seines Müslis. Es war aufgeweicht und tropfte unappetitlich von seinem Löffel.

 

„Jetzt mach doch mal keinen Stress, Ginny.“ Weasley Zwei hatte endlich auch den langen Weg von der Eingangshalle zu ihnen geschafft. Er ließ sich neben seine Freundin fallen und entschied spontan, dass ein Teller ein ebenso bequemes Kopfkissen sei, wie das in seinem Bett.

 

„Ron! Kannst du dich nicht ein bisschen zusammenreißen? Du hast doch wirklich genug geschlafen.“ Granger sah angewidert auf ihren Freund. Der murmelte etwas vor sich hin und bemühte sich nicht einmal, seine Augen offen zu halten.

 

Harry nutzte die kurze Ablenkung und schaute zu Chang und Hopkins. Beide waren bereits mit Essen fertig. Lange würde es nicht mehr dauern.

 

„Wir können gleich los. Ich müsste nur vorher noch mal auf die Toilette.“ Das Jungenklo war nah genug, dass der spüren konnte, wenn die beiden losgingen und dann könnten sie ihnen in unauffällig in einigem Abstand folgen.

 

„Okay, wir treffen uns dann gleich draußen.“, antwortete sie ein bisschen zu enthusiastisch.

 

Harry schenkte ihr ein Lächeln und stand auf. „Bis später, Leute.“

 

„Bis später und viel Spaß!“, rief Granger ihm hinterher.

 

Harry beeilte sich, aus der Halle herauszukommen, sah dabei weder nach links noch nach rechts und versuchte besonders, nicht zum Slytherin-Tisch zu schauen. So bemerkte er nicht, wie Dracos Blick sich verfinsterte.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Yamis-Lady
2020-01-11T01:32:49+00:00 11.01.2020 02:32
uhhhh, harry ist nicht zu beneiden...

mal sehen, was draco machen wird~
er nimmt das sicher nicht so hin 😁

Antwort von:  CruelLamia
11.01.2020 09:05
Einfach furchtbar. Oder? Ein Date mit Ginny.
Ich wollte es vermeiden, aber wer hätte sich nach allem sonst noch mit Harry verabreden wollen?
*seufz*
Draco wird das ganz sicher nicht so hinnehmen. 😈

LG Lamia 🐱
Antwort von:  Yamis-Lady
11.01.2020 14:27
hm... vllt wäre es weniger auffällig gewesen, wenn harry einen jungen begleitet hätte, der eventuell auch zuvor abgeblitzt war? xD
das hätte dracos eifersucht sicher noch weiter geschürt.
thehehehe~
Antwort von:  CruelLamia
11.01.2020 16:37
Mit Sicherheit. Aber Harry wollte ja Draco glauben lassen, dass er nur auf Frauen steht, damit er nicht die falsch - richtigen! - Schlüsse zieht.
Von:  Sandy
2018-11-23T22:08:36+00:00 23.11.2018 23:08
Huhu ..ich bin's wieder ...Sandy...

Cool es gab wieder ein neues Kapitel..raus juhu..
War echt toll wieder auch wenn's kurz war aber auch ruhig..

Armer Harry das er sooo bestraft wurde das er mit Ginny ausgehen muss..
Nur das er aus der schussline der Lehrer kommt .

Bin gespannt wie es weiter gehen wird und was Draco macht in dem Moment wo Harry auf die Toilette gegangen ist .. hat ha echt grimmig geschaut .. wegen Ginny und Harrys Date ..

Auf jedenfall Weiter so..
Hoffendlich bis bald wieder würde mich Riesig freuen wenn die Annäherung zwischen Harry und Draco Fortschritte macht..würden ...

Mir hat das Kapitel wieder gefallen drotz das es ruhig war.. aber Ron und Hermine sind echt doff das Sie Harry nicht helfen..können ..tze

Und Hermine am Frühstückstisch echt doff muss sie Harry soo an die Pelle rücken wegen der Uhr..dann hat sie eben verschlafen was soll's blöde Kuh die granger. Tze..
Auch Ronschläft Minuten der großen Halle ein tze oh je..

Auf jedenfall tolle ff weiter so.
Bis zum nächsten mal wieder würde mich sehr freuen
LG Sandy
Antwort von:  CruelLamia
24.11.2018 00:29
Hallo Sandy,

danke für deinen Kommentar. ^___^

Ja, das Kapitel war kurz und ruhig. Ich hatte mir für dieses Chap eigentlich mehr vorgenommen, aber es hat dann doch den Rahmen gesprengt, weswegen ich es quasi halbiert habe. Dafür kommt aber definitiv nächste Woche das nächste Kapitel und es wird wieder mehr passieren.

Und auch Harry und Draco kommen sich näher. Viel näher. ^_~

Ich weiß gar nicht, wie ich auf die Armbanduhr gekommen bin. Sie ist aber praktisch. Deswegen habe ich Harry eine neue verpasst. Die magischen Uhren sind alle etwas wirr und ich kann mich mit den Tempus-Zauber, der in vielen FFs benutzt wird, einfach nicht anfreunden.

Für mich ist Hermine der schwierigste Charakter in dieser FF. Als ich mit der Story angefangen hatte und der grobe Verlauf feststand, hatte ich schon eine Szene relativ am Ende im Kopf gehabt, in der sie sich so verhält, wie wir es von der normalen Hermine in den Filmen bzw. Büchern in so einer Situation (will jetzt nicht zu viel verraten) erwarten würden. Während ich aber die Geschichte schreibe, gab bzw. gibt es so viele kleinere und größere Momente, in denen sie ihr Verhalten völlig umkrempelt und sie und Harry eigentlich zu Rivalen werden. Mit Harrys und ihrer Entwicklung müssten sie sich bis zum Ende hin völlig verstritten haben. Aber dann passt meine eine Szene nicht mehr so hinein und ich hänge viel zu sehr an ihr, als dass ich sie umschreiben könnte. Deswegen bemühe ich mich, Szenen zu schreiben, in der die beiden auch normal miteinander umgehen und Hermine nicht sauer auf Harry ist. Wenn es also jemanden so vorkommt, als hätte sie extreme Stimmungsschwankunken, liegt das daran. Mea culpa.

So, genug gefaselt. ^^

Nochmals vielen Dank für deinen Kommentar.

LG Lamia ^-^~


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