Zum Inhalt der Seite

Manus manum lavat

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Ihr Lieben, es geht weiter. Das Kapitel ist lang, aber ungemein wichtig und (ich hoffe) aufschlussreich.
In der Hoffnung, euch mit dem Kapitel schocken zu können, wünsche ich euch einen schönen Abend :) Komplett anzeigen

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Vegeta, Son Goku! Findet die Wahrheit!

 

Veni, vidi, vici

- Gaius Iulius Caesar
 

 

 
 

~*~

 

 

- Kapitel vierundzwanzig -

 

 

Alles um Bulma herum wirkte surreal. Als befände sie sich wieder in einer ihrer Traumschlösser, das jedoch prompt angegriffen wurde, um das Mädchen in die Realität zurückzuholen und seitdem Turles hier im Haus schlief, war sie jeden Morgen in seinem weißen Umhang aufgewacht – eingekuschelt in den weichen Stoff, in den sich die blauhaarige Saiyajin unbesorgt anschmiegen konnte. Eine Geste, die ihr ein sicheres Gefühl vermittelte. Es waren Momente, die sorglos waren. Sie zeigten Bulma, wie leichtherzig und unbeschwert alles sein konnte, wenn man jemandem Vertrauen entgegenbrachte und obwohl sie den Umhang jeden Morgen über einen der Küchenstühle legte, war sie am nächsten Tag wieder darin eingewickelt. Ob er ihr anhand dieser Nettigkeit sagen wollte, dass sie ihm nicht egal war? Aber wieso bekam sie ihn seitdem noch weniger zu Gesicht? Alles was sie von Turles sah, war sein Umhang, da der Saiyajin es ständig geschafft hatte, sich erfolgreich aus einer Annäherung ihrerseits zu entziehen. Zudem war das nächste Unheil über sie hereingebrochen, denn so sicher sich Bulma jeden Morgen fühlte; jenes Gefühl war verschwunden, nachdem Son Gokus älterer Bruder vor ihrer Tür gestanden und sich Zutritt zu ihrer Zufluchtsstätte verschafft hatte. In jenem Moment wünschte sie sich einen Freund – der sich schützend vor sie stellte. Doch weder Turles, noch Son Goku waren hier gewesen...

 

„Bevor... Bevor wir das Haus verlassen, möchte ich wissen, wohin wir gehen?“, begann Bulma schluckend, während sie widerstandslos dem Mann gefolgt war. „Entfernen wir uns sehr weit vom Haus?“ Der hinzugekommene, kontemplative Kampf, sich nicht zu widersetzen und Radditz zu folgen, glich einem Gang über ein Minenfeld. Jeden noch so vorsichtigen Schritt den Bulma tat, war ausführlich überlegt, indem sie sowohl den Boden, als auch ihre Füße betrachtete.

 

„Ist das von Bedeutung?“ Abschätzig starrte er das Mädchen an, bevor er die Tür passierte. Sein Auftrag war klar – das Mädchen nach draußen zu bringen. Das würde er tun.

 

„Nein, eigentlich nicht, aber -“

 

„Wir gehen nur nach draußen.“ Radditz wollte weder ihre Belange, noch ihre Einwände hören. Ihm war klar, dass sie wegen Turles nachfragte, sofern dieser zurückkäme, aber das war irrelevant. „Gibt es sonst noch irgendwelche Fragen, die du unbedingt beantwortet haben möchtest?“ Der große Saiyajin konnte lediglich spekulieren und würde keineswegs die Hand dafür ins Feuer legen, aber Turles musste ihre Ankunft auf der Erde bemerkt haben. Sein Scouter hatte mit Sicherheit Alarm geschlagen und ihm die jeweiligen Kräfte angezeigt haben – was scheinbar der Grund für Turles' Flucht war.

 

„N-Nein, keine weiteren Fragen.“

 

„Gut“, brummte Radditz, der inzwischen nach draußen getreten war und sich mit verschränkten Armen dem Mädchen zugewandt hatte. „Ich erwarte nämlich auch, dass du mir die Wahrheit sagst – ganz gleich, welche Frage ich dir stelle.“

 

„In... In Ordnung.“ Dahingehend beschloss Bulma, Sicherheitsabstand einzuhalten, denn Vertrauen war – im Bezug auf diesen Saiyajin – wohl kaum möglich. Schließlich war Radditz ihr fremd und wenn sie sich mal sahen, verliefen diese Treffen weniger harmonisch. „Was... Was möchtest du mich denn fragen?“ Hinzu kam das fehlende Gefühl, das Bulma in Gegenwart ihrer Freunde spürte. Sie war sich auch sicher, dass er nicht sehr freundlich zu ihr sein würde – insbesondere, wenn Bulma keine logische Erklärung auf seine Fragen hätte.

 

„Du hast unseren König belogen, nicht wahr?“ Seine finstere Miene wurde noch düsterer, nachdem die Frage wie eine dunkle Wolke über ihnen schwebte. Zeitgleich stemmte er die Hände in die Hüften, während er das Mädchen noch eindringlicher ins Visier nahm.

 

„Was? Ich -“

 

„Du magst zur Zeit auf einem anderen Planeten leben, Mädchen, doch ist und bleibt Vegeta dein König. Vergiss das nicht.“ Kurz wollte Radditz sich dazu hinreißen lassen, den Blick von ihr abzuwenden und nach hinten zu sehen – einfach um sicherzustellen, dass Vegeta zufrieden gestellt war. Aber er verzichtete auf diesen so wichtigen Blick, da die Augen des Mädchen ihm gefolgt wären, wodurch er nun gezwungen war, auf sein Gefühl – das nicht einmal einen Teelöffel ausfüllte – zu bauen.

 

„Radditz, ich habe Vegeta nicht angelogen“, beschwichtigte sie ihn mit erhobenen Händen. Außerdem... War nicht sie immer diejenige, die belogen und hintergangen wurde – von Menschen, denen sie vertraute? War es nicht ihr Leben, das zunehmend aus der Bahn geworfen wurde? War es nicht ihr Leben, das aus einem Fundament aus Lügen aufgebaut worden war, indem man ihr die Wahrheit vorenthielt und sie über ihre wahre Herkunft nicht informierte? Völlig ungeachtet, ob es ihr schaden könnte oder nicht? „Ich kann mich jedenfalls nicht daran erinnern, deinen König belogen zu haben“, fügte sie waghalsig hinzu, sich sicher, dass das das Letzte sein könnte, was der Saiyajin vor ihr hören wollte.

 

„Wie kannst du es wagen, Mädchen?“ Erzürnt über die Dreistigkeit seines Gegenübers, stand Radditz kurz vor einer Explosion.

 

„Wann und inwiefern soll ich Vegeta belogen haben? Anstelle von tiefgründigen Gesprächen, in denen ich deinen König hätte belügen können, haben wir uns viel mehr gestritten.“ Bulma wusste, dass sie Son Gokus Bruder provozierte, aber in ihren Augen war Vegeta noch weit davon entfernt, ihren Respekt zu erhalten, angesichts seiner königlichen Stellung.

 

„Du lügst!“, knurrte Radditz, dessen geballte Faust reaktionär knackte, nachdem sie nach oben geflogen war. Er wusste, dass sie schon wieder los. „Und davon abgesehen, er ist auch dein König.“ Das Gespräch hatte eine interessante Wendung angenommen, befand Radditz. Noch eben konnte er ihren Körper wie Espenlaub zittern sehen, doch davon war nichts mehr zu erkennen. Stattdessen griff sie Vegeta verbal an und es war Radditz' Berufung, seinen König vor solchen und körperlichen Attacken zu bewahren. „Was erlaubst du dir eigentlich, mir so forsch zu antworten, ohne dich dabei zu schämen? Ich versichere dir, du wirst dich dem König gegenüber anders verhalten.“

 

„Nein“, entgegnete die blauhaarige Saiyajin gelassen. „Das werde ich nicht tun, Radditz.“

 

Unverzüglich veränderten sich die Gesichtszüge beider männlicher Saiyajins. Während Radditz' Mimik sich veränderte, musste der versteckte Saiyajin innerlich lachen, hinsichtlich der Sturheit. Sie war so versessen darauf, Radditz nicht zu gehorchen, woran Vegeta allmählich Gefallen gefunden hatte – auch, weil er sich selbst mit ihr und ihrer Standfestigkeit messen wollte. Außerdem hatten all ihre Streitigkeiten ihm eines gezeigt: Dass er in Bulmas Augen nicht gleicher war als die anderen. Im Gegenteil. Dieses Weib behandelte ihn, als wäre er ein gewöhnlicher Mann. Dass er ein Saiyajin war, wie jeder andere. Im Grunde hätte ihn das ärgern müssen, da er stets Wert darauf legte, anders zu sein, aber dieses Mal war es ihm egal. Insgeheim würde er es nicht wollen, dass sie sich letztendlich noch fürchtete, wenngleich er selbiges mal zu ihr gesagt hatte und sobald er sich ihr wieder nähern dürfte, würde er ihr schon zeigen, dass sie ihn zu respektieren hatte.

 

„Werd bloß nicht großspurig, Weib.“

 

Inzwischen hatte auch Bulma die Arme vor ihrer Brust überkreuzt, während sie augenrollend Radditz' Worten lauschte.

 

„Erzähl mir lieber“, fuhr der Saiyajin mit den langen schwarzen Haaren fort, „was vor sechs Jahren geschah – als du mit Kakarott nach den Dragonballs gesucht hast?“

 

„Wieso willst du das wissen?“

 

„Hinterfrag nicht alles – antworte!“

 

Indessen tippte ihr schmaler Zeigefinger unaufhörlich gegen ihre geschlossenen Lippen, während sie gleichzeitig an die hinter ihr liegenden Abenteuer mit Son Goku zurückdachte. Es bescherte ihr ein Lächeln, obwohl ich gar nicht nach Lachen zumute war und die Herausforderungen damals nicht gerade leicht waren, aber... Son Goku und sie hatten sie gemeinsam gemeistert – mit Yamchu, Oolong und Pool. Es lag schon so lange zurück, aber Bulma erinnerte sich daran, wie sie schlussendlich in Pilaws Schloss ankamen. Ihm gelang es – aufgrund ihrer aller Nachlässigkeit – in den Besitz der Kugeln zu kommen, ehe er den heiligen Drachen Shenlong herbeirief. Dem Zufall war es damals zu verdanken, dass sie Pilaws Wunsch vereiteln und dem Gefängnis entkommen konnten, weil...

 

Oh nein...

 

Augenblicklich weiteten sich Bulmas Augen. Ihre verschränkten Arme sanken zur Seite, ehedem eine ihrer Hände betroffenen vor ihrem offen stehenden Mund landete. Plötzlich konnte sie die Zusammenhänge zusammenfügen, bevor sie ihren Kopf zur Seite neigte und nochmals zu Radditz blickte, der herausfordernd vor ihr stand.

 

Sie wusste, inwiefern sie Vegeta belogen hatte, da ihr klar geworden war, welches Volk im Stande war, sich in Affenmonster zu verwandeln. Damals war es Son Goku, mit dessen Hilfe sie aus Pilaws Schloss flüchten konnten. Ein zweites Mal sah sie, wie Turles derjenige war, dessen Züge sich veränderten, eheer sich in etwas verwandelte... Allerdings war Bulma zuvor aus ihrem Traum hochgeschreckt...

 

Und genau das wollte Radditz aus ihrem Mund hören. Dass sie Vegeta belogen hatte, bevor er sie zwingen würde, ihm weitere Informationen mitzuteilen, aber darauf könnte er lange warten. Nichts würde Bulma diesem Fiesling verraten – gar nichts. Stattdessen wog sie ab, ob es klug wäre, vor Radditz zu flüchten – was es nicht wäre, da er ihr überlegen wäre. Jedoch siegte die aufkeimende Überheblichkeit, woraufhin die junge Frau ihre Beine in die Hand nahm und zum Haus zurückeilte, das in greifbarer Nähe war. Zusätzlich sah sie nicht nach hinten, weil es eine Handlung wäre, die ihr Tempo gestoppt hätte. Bulma baute einfach darauf, dass sie es schaffte und ignorierte Radditz' Schrei. Ja, sie würde nicht kampflos aufgeben und noch weniger würde sie Radditz Auskunft geben. Umso erleichterter war sie, als sie der Tür näher kam – die Hand hechelnd, aber lächelnd nach vorne gestreckt, um nach der Klinke zu greifen. Ihr Körper dagegen machte Anstalten, sie anschließend mit bösen Seitenstechen zu strafen, aber diese Bürde nahm sie in Kauf.

 

Es war auch gar nicht mehr weit. Es... Es war nur noch ein... ein Stückchen. Vermutlich hatte sie auch den gänzlich falschen Weg eingeschlagen – sich ausgerechnet in ein Haus zurückzuziehen, das ihr keinerlei Sicherheit bot, wie Vegeta es ihr damals schon einprägsam bewiesen hatte. Jedoch war die Angst gewachsen. Sie war größer geworden, aber Bulmas Fehler war es gewesen, in allem eine Art Sicherheit zu sehen, was sie von Radditz abschottete. Zugegeben, es war eine bröckelnde Sicherheit, die jederzeit umgangen oder zerstört werden konnte, doch das wollte die flüchtige Saiyajin in ihrer Not nicht sehen. Stattdessen klammerte sie sich an den Strohhalm, tatsächlich dem großen Saiyajin zu entkommen und in der Not klammerte man sich eben an alles – so klein und zerbrechlich die Hilfe auch war.

 

„Das reicht.“ Ein Flimmern erschien vor der rettenden Tür, das immer klarer wurde – bis Radditz' Körper vollständig erschienen war. Er baute sich zu seiner vollen Größe auf und starrte mit bitterbösem Blick zu dem Mädchen hinab, das ihn in den Wahnsinn trieb. „Ich mache deine kleinen Spielchen nicht länger mit und wenn du tatsächlich glaubst, mir entkommen zu können, muss ich stark an deiner Wahrnehmung zweifeln.“ Im Anschluss setzte er hämisch grinsend einen Fuß vor den anderen, wodurch er Bulma weiter vom Haus treiben konnte. Es war zum Kotzen, dass er sich dieses Theater antat, nur um Vegeta zu besänftigen, der seine grenzenlose Eifersucht nicht mehr kontrollieren konnte. „Also? Was ist nun?“, warf er ein. „Erzähl mir, was dich gerade erschreckt hat? Was war der Auslöser deiner Flucht?“

 

„Das geht dich gar nichts an“, fauchte Bulma, die mit geballten Fäusten zurückweichen musste.

 

„Erzähl es mir trotzdem. Dann sehe ich auch davon ab“, warf er belanglos ein, „dir die Knochen zu brechen.“ Allzu viele Möglichkeiten blieben dem Mädchen nicht. Davon aber abgesehen entdeckte er, dass sich Vegeta zu erkennen gab, der sich schleichend Bulma näherte, die wiederum mit ihren rückwärtigen Schritten direkt in die Arme des Königs lief. Irritiert darüber, hob Radditz verwundert eine Augenbraue, doch bewahrte er Stillschweigen, da er die Handlungen des Königs nicht anzweifelte. Schon gar nicht, nachdem Vegeta ihn in die königliche Garde berufen und ihm somit aus der Gosse verholfen hatte.

 

Wieder wurden ihre blauen Augen größer, als ihr die Konsequenzen aufgrund ihrer Verschwiegenheit aufgingen. „Ha, das sagst du nur, aber meinst es nicht so. Du würdest mir -“

 

„Das hängt von dir und deiner Kooperationsbereitschaft ab, Fräulein.“

 

„Ich kooperiere nicht mit -“ Abrupt hielt Bulma inne, nachdem ihr Rücken gegen einen ihr unbekannten Widerstand stieß. Binnen Sekunden hatte sie sich erschrocken umgedreht, woraufhin sie in Vegetas pechschwarze Augen sah, die ihr amüsiert entgegenblickten. Geradezu ängstlich atmete Bulma ein, bevor sie einen Schritt zurücktrat – wohl wissend, dass ihr das nicht half, da Radditz ihr ebenfalls im Nacken saß.

 

„Eine unkluge Entscheidung, Onna.“

 

„Unklug? Er würde -“

 

„Würde er nicht“, schnitt der König ihr das Wort ab. „Schon gar nicht, wenn ich hinter dir stehe.“

 

Sie konnte gar nicht anders, als ihn entrüstet anzusehen. Zu gebannt war sie von seiner Erscheinung – hier auf der Erde. Ob jetzt ein geeigneter Zeitpunkt wäre, um ohnmächtig zu werden? Vielleicht sollte sie – hier in der Einöde, wo sie niemand hörte – um Hilfe rufen? Aber selbst das würde ihr nicht gelingen, da sie ihrer letzten Kraft beraubt wurde, nachdem er in ihrem Blickfeld erschienen war. Ihr würde, infolge ihrer umher schwirrenden Augen noch ganz schwindelig werden, aber sie musste ihn bestaunen – von der Spitze seiner weißen Stiefel, bis nach oben zu seinen schwarzen Haarspitzen.

 

„Das... Das ist ja sehr schön, aber er will mir nicht glauben, dass ich nicht weiß, wovon er spricht. Ich -“

 

„Du willst es ihm bloß nicht erzählen, das ist alles“, durchleuchtete er ihre schlecht einstudierte Ausrede, die selbst Kakarott enttarnt hätte. „Du kannst von Glück reden, dass er dir – aufgrund meines Befehls – niemals etwas antun wird, denn für gewöhnlich haben Saiyajins ihre Mittel, um jemanden zum Reden zu bringen.“ Die Angst, die zu berühren, war allgegenwärtig. Doch der Drang, seinem seelischen Leid ein Ende zu setzen, war so viel drängender und intensiver. Parallel konnte er sein aufgeregtes Herz pumpen hören. Vegeta vernahm das Blut, das durch seinen Körper rauschte, während er sich auf Bulma fixierte.

 

„Gewalt scheint für einen Saiyajin immer eine passable Lösung zu sein“, konterte Bulma pikiert, die nach wie vor kein Freund der saiyajinischen Methoden geworden war. Sie würde solche Maßnahmen auch niemals befürworten. „Aber der Zweck heiligt nicht die Mittel, Vegeta.“

 

„Doch. In unserem Fall schon, aber wie dem auch sei: Es geht darum, dass du mich belogen hast.“

 

Nein, sie hatte ihn nicht wirklich angelogen. „Ich habe dich -“

 

„Schweig, Onna!“, befahl er herrisch, mittels seiner erhobenen Hand. „Du wusstest, dass wir in Vollmondnächten eine andere Gestalt annehmen und hast es mir nicht gesagt. Das war kein besonders netter Zug von dir, dass du mich in der Zelle belogen hast, Onna.“

 

„Nein, das... das stimmt nicht“, wehrte sich Bulma gegen seinen Vorwurf. Ferner sah sie abwechselnd zu Radditz und... und ihm. Zuzüglich musste sie die beiden Körper, die unheimlich schnell agieren konnten, haargenau im Auge behalten, wenngleich es ihr nichts bringen würde, da sie ihnen sowieso unterlegen war. „Ich konnte mich nur nicht mehr daran erinnern.“

 

„Natürlich“, quittierte Vegeta ihre Aussage mit einem nonchalanten Lächeln. „Ich hoffe, dass du keine weiteren Erinnerungslücken hast. Wäre für deine Eltern nicht von Vorteil.“ Es war absolut nicht in Ordnung, dass er ihre Eltern als Druckmittel missbrauchte, aber er hatte ja bereits eingesehen, dass er erbärmlich war. Zumal er sich ihretwegen auf den Weg zur Erde gemacht hatte und somit wissentlich seine Rasse in Gefahr brachte. Im Austausch konnte er auch die Wahrheit erhalten, oder?

 

„Das ist die Wahrheit. Ich... Ich konnte mich nicht einmal mehr an Chichi erinnern“, gestand Bulma, deren Arme inzwischen um ihren Körper geschlungen waren. „Ich habe Chichi schon in meiner Jugend kennengelernt und sie danach aus den Augen verloren. Als ich sie dann während meines Studiums auf der Erde wiedersah, wusste ich nicht, dass sie es gewesen war.“

 

„Bete zu Shenlong, Onna, dass – solltest du mich wieder anlügen – ich niemals davon erfahre“, knurrte er ungehalten, ehe er zu der Saiyajin herangetreten war und sie an ihrem Handgelenk zu sich gezogen hatte. Die andere Hand legte er bedächtig auf ihrem Steißbein nieder, während seine Nasenspitze in ihren Haaren verschwand und seine Lippen ihr linkes Ohr streiften. „Ansonsten wirst du die Erde – so, wie du sie kennst – nicht mehr wiedererkennen. Ich werde alles niederreißen und dafür Sorge tragen, dass ein Leben auf diesem Planeten unmöglich sein wird.“ Berauscht von der Nähe zu ihr, bemerkte er gar nicht, wie seine Nasenspitze über ihre weichen Strähnen glitt, was zusätzlich dazu führte, dass seine Hand sich tiefer in ihrer Taille vergrub. Ihr ausgestoßenes Zähneknirschen versetzte ihn noch mehr in Rage, wodurch es dem König umso schwerer fiel, sich ihrem betörenden Duft zu entziehen. Aber er riss sich zusammen und sah in ihr Gesicht zurück – in diese tiefblauen Augen, die so undurchdringlich wie der weiteste Ozean waren. „Ich frage dich jetzt also noch einmal, und ich möchte, dass du mir ehrlich antwortest: Hast du jemals einen Weraffen gesehen, Onna?“

 

Bulma überlegte sehr lange, bis Vegetas ungeduldiger Blick sie dazu trieb, zurück in sein Gesicht zu sehen. „Ja, habe ich.“

 

„Wo und wann?“

 

„Als... Als ich in Turles' Haus aufgewacht bin, hatte ich diesen Traum.“

 

„Welchen Traum?“, drängte Vegeta.

 

„Turles... Er konnte sich mithilfe eines Powerballs verwandeln, aber noch ehe die Verwandlung abgeschlossen war, bin ich schweißgebadet aufgewacht.“

 

„Was?“, entkam es Radditz, der abseits gestanden und lediglich zugehört hatte – bis gerade eben. „Vegeta, sie... sie kennt die Powerballs.“ Sein eher farbenprächtiges Gesicht verlor plötzlich seine gesunde Farbe. „Das... Das ist unmöglich. Das kennen doch -“

 

„- nur Elite-Kämpfer der königlichen Armee, ja“, beendete Vegeta den Satz. „Nur sie sind im Stande, eine solche Energie zu bündeln, was uns sagt, dass sie nicht lügt.“ Zuerst sah er Radditz an, bevor sein Blick langsam zu ihr wanderte. In ihrem blassen Gesicht konnte er erkennen, dass sie die Wahrheit sagte. Hinzu kam ihre Beharrlichkeit, sich nicht mit den Gebräuchen der Saiyajins auseinandersetzen zu wollen – wie sollte sie demnach einen Powerball erkennen, geschweige denn die Bedeutung kennen? Auch kannte sie womöglich in ihrem Umfeld niemanden, der ihr von den Fähigkeiten eines Elite-Kämpfers hätte erzählen können – abgesehen von... von Turles. Aber es war unwahrscheinlich, dass ausgerechnet Turles etwas erzählen würde. Und eins wurde dem König sonnenklar – ihre Träume mussten der realen Zukunft entsprechen, was schlecht war, da niemand wusste, wann ein derartiger Angriff hätte stattfinden können. Und wenn die Zukunft seines Volkes sowieso schon vorherbestimmt war, wieso machte er sich überhaupt noch die Mühen, diese Katastrophe irgendwie abzuwenden?

 

Aufgrund seines Stolzes. Niemals dürfte er seinen Stolz verlieren – so ausweglos die Lage auch war, denn der Stolz eines Saiyajins war etwas, das man nicht aufgab. Selbst wenn man dem Tod gegenüberstand und das Leben am seidenen Faden hing, ein stolzer Saiyajin würde mit erhobener Faust zum Angriff übergehen.

 

„Wann“, brummte Vegeta, nachdem er sich der Saiyajin erneut widmete, „soll dieser Angriff stattfinden? Siehst du das in deinen Visionen?“ Es brachte ihn fast um den Verstand, so dicht neben ihr zu stehen. Ebenso die Tatsache, ohne sie nach Vegeta-Sei zurückzukehren. Der Gedanke, sie hier mit Turles alleine zurückzulassen... er starb innerlich zehntausend Tode, aber er alleine hatte diese Situation herbeigeführt. Er war der Antrieb, Vegeta hatte die Entscheidung getroffen, seinen Lakaien mit ihr auf diesem Planeten zurückzulassen, angesichts des Umstandes, dass er Turles andernfalls erwürgt hätte. Die Gefahr war zu groß, seinen Krieger etwas anzutun, weil er wusste, dass... dass Turles Bulma mochte.

 

„Das... Das weiß ich nicht.“

 

„Bist du dir sicher?“, wollte er eindringlicher wissen.

 

„Ich sehe wirklich nur diesen Angriff – nichts weiter“, wisperte Bulma mit zusammengekniffenen Augen. „Ich -“

 

„Onna, belüg mich nicht noch einmal!“

 

„Ich gebe dir mein Wort, Vegeta“, versprach die Saiyajin, ehedem sie vorsichtig ihre Augen aufschlug und diesen undefinierbaren Blick in den Augen des Königs erspähte. Man konnte ihm deutlich ansehen, wie niedergeschlagen er war, weil er scheinbar nichts weiter tun konnte, als darauf zu warten, dass sein Planet angegriffen wurde.

 

„Und wann kommt Turles zurück?“, wollte er wissen, nachdem er sich zurückzog und mit einer Hand über seine müden Augen rieb. Für ihre nichtssagende Aussage kam er hierher? Er hatte zumindest auf einen anderen Ausweg gehofft.

 

„Ich kann dir nicht sagen, wann Turles wiederkommen wird.“ Bewegungslos war sie stehen geblieben, weil sie noch etwas perplex von dieser kontroversen Sicherheit – die Vegeta ihr gab, während er sie gehalten hatte – gewesen war. Wieder einmal erinnerte sie sich an das Szenario auf Vegeta-Sei zurück. Dort waren sie sich so nahe gekommen, doch wurde diese Nähe abrupt gestört – zwischen beide Saiyajins wurde eine Distanz gebracht, die – wie es am Anfang schien – unüberbrückbar war und doch stand Vegeta hier; hier vor ihr. Mühsam versuchte sie unterdessen, sich dieser schönen Erinnerung nicht hinzugeben. Bulma wollte sich nicht noch einmal täuschen lassen, denn als er sie in den Kerkern aufgesucht hatte, hatte Vegeta ihr sehr plakativ vor Augen geführt, dass das – was zwischen ihnen passiert war – nichts weiter als ein dämliches Spiel für ihn gewesen war. Dieses Auftreten bestärkte Bulma in ihrem Bestreben, Turles kennenlernen zu wollen – sich auf einen Saiyajin einzulassen, der es ernst mit ihr meinte.

 

„Wieso nicht?“ Hatte er diesem Volltrottel – der Kakarott zum Verwechseln ähnlich sah – nicht ausdrücklich befohlen, auf dieses Mädchen aufzupassen?

 

„Weil er sich nicht abmeldet – wir reden auch nicht sonderlich viel miteinander.“ Das taten sie wirklich nicht.

 

Verdammt nochmal. Er sollte auf sie aufpassen. War das so schwer? Immerhin war ihr Schicksal das seinige! „Umso besser“, murrte er, weil es ihn glücklich stimmte, dass sie nicht so viel miteinander zu tun hatten. „Du wirst ihm nichts von unserem Besuch erzählen. Ist das klar?“ Zaghaft schob er zwei Finger unter ihr Kinn, um ihren zur Seite gerichteten Kopf zurückzudrehen. „Onna, wenn du ihm erzählst, dass wir hier waren, sehen wir zwei uns sehr schnell wieder und wie mir zu Ohren gekommen ist, ist das etwas, das du nicht willst.“

 

Er wollte einfach kontrollieren, ob es sich lohnte, ihr Vertrauen entgegenzubringen – was er bisher nie getan hatte...

 

„Waren meine Worte unverständlich?“ Fast zärtlich zog er die beiden Finger zurück, nur um seine Hand darauffolgend um ihr Kinn zu schlingen. Das Kribbeln, das seine Hand nach der Berührung mit ihrer Haut durchzog, war unangenehm. Es hinterließ einen bittersüßen, heimtückischen Beigeschmack, der ihn zurecht täuschen sollte, um sich nicht weiterhin von ihr und ihrer äußeren Erscheinung einwickeln zu lassen.

 

„Nein, waren... waren sie nicht“, nuschelte Bulma.

 

„Schöpfe meine Geduld nicht bis zu ihren Grenzen aus“, riet Vegeta ihr anschließend leise, nachdem seine Lippen abermals den oberen Rand ihres Ohres berührten.

 

„Ich werde ihm nichts sagen“, antwortete sie verächtlich, da ihr Mut zurückgekommen und es ihr gelungen war, ihren Kopf aus seinem harten Griff zu befreien. Wieder einmal zeigte er ihr seine schlechtesten Seiten und trotzdem fand sie ihn immer noch attraktiv – diesen Idioten. Das war doch verstörend. „Bist du deswegen zur Erde gekommen?“

 

„Weswegen?“ Indes sank seine Hand zur Seite zurück, während sein Blick auf ihr ruhte. „Wegen deiner Lüge? Ja. Grund genug, diesen Weg auf mich zu nehmen.“

 

„Ach so. Das ist ja interessant.“ Herausfordernd verschränkt Bulma die Arme vor ihrem Oberkörper. „Du nimmst also diesen weiten Weg auf dich, weil -“

 

„- weil was, Onna?“ Diese Anziehung, die sie scheinbar gegenseitig aufeinander ausübten, war kaum auszuhalten. So sehr er sich bemühte, eine körperliche Entfernung zwischen sich und sie zu bringen, umso drängender wurde das Verlangen, jene Nähe zu ihr zu dezimieren.

 

„- weil ich dir ein Detail nicht verraten habe, an das ich mich selbst nicht mehr erinnern konnte? Schon komisch, oder?“

 

„Das ist überhaupt nicht komisch“, blockte Vegeta sofort ab, weil er sich in die Enge gedrängt fühlte. „Du kannst dir nicht ausmalen, wie wichtig dieses Detail ist.“

 

„Ist es nicht eher dem Bedürfnis geschuldet, weil du mich kontrollieren und noch etwas demütigen möchtest? Gründe dazu brauchst du ja nicht – du saugst sie dir einfach aus den Fingern und was das betrifft, Vegeta, bist du die ungeschlagene Nummer eins“, warf sie ihm vor.

 

„Netter Gedanke, Onna, aber es ist unerheblich, was du glaubst.“ Da hatte er aber noch einmal Glück gehabt. Vegeta glaubte schon, dass sie ihn enttarnt hätte.

 

„Wieso hast du mir im Gegenzug nicht gesagt, dass Onna eine Beleidigung ist?“, stellte die junge Saiyajin die nächste Frage. Sie beachtete Radditz schon gar nicht mehr, wenngleich er hinter ihr stand und dafür sorgte, dass sie nicht floh. „Wieso hast du mich belogen, Vegeta?“ In Bulmas Kopf tummelte sich noch eine ganz andere Frage: Inwiefern er sie damals belogen hatte, als er von den königlichen Soldaten abgeholt und ihr einen Zettel in die Hand gedrückt hatte. War es auf ihren Kuss im Badezimmer bezogen? Er würde es ihr bestimmt nicht sagen, da Vegeta nicht der Saiyajin war, dessen Charakter durch Ehrlichkeit hervorgehoben wurde.

 

„Hat dir das etwa Kakarott erzählt?“

 

„Nö.“

 

Ha, infolgedessen konnte Vegeta nicht anders – er schmunzelte. „Ich wollte deinem unnötigen Gejammer aus dem Weg gehen.“ Nein, er wollte sie nicht verletzen – ganz gleich, ob ihr Empfinden ihn zum damaligen Zeitpunkt nicht interessierte. Aber es gab eben doch noch einen dezenten Funken Anstand in seinem Leib, dem es nicht so egal war, dass sie – aufgrund seiner Beleidigung – traurig war. Ein ebenso lästiges Anhängsel, das Vegeta beeinflussen konnte; ähnlich wie die Nähe zu Bulma. Ansonsten hätte er nicht gezögert, ihr die wahre Bedeutung zu erklären. Ein weiteres Manko war, dass er seine Niederlage einsehen musste. Dem Mädchen ging es nicht schlecht. Sie fühlte sich in Turles' Umgebung wohl, im Gegensatz zu seiner Gegenwart, die anscheinend nichts anderes als Brechreiz und Wut in ihr hervorrief. Und das störte ihn.

 

Zischend drehte er sich daraufhin von ihr weg. Allerdings war es dieses Mal Bulma, die an ihn herangetreten und nach seinem Arm gegriffen hatte.

 

„Hey!“, fauchte Radditz, der unentwegt hinter der Saiyajin gestanden hatte. Bisweilen war er ruhig geblieben, aber Vegeta ungefragt zu berühren war ein Zustand, der nicht geduldet wurde.

 

„Lass, Radditz“, unterbrach der König seinen Gefolgsmann. „Ich kann mich selbst wehren.“ Abschließend sah er abwartend zu Bulma, die mit sich zu ringen schien.

 

„Werde... Werde ich meine Eltern jemals wieder sehen?“, entkam ihr mit schlotternden Knien die Frage, während ihre bebende Hand um seinen Unterarm geschlungen war.

 

„Das weiß ich nicht, Onna.“

 

Verwundert löste sie den Griff um seinen Arm, bevor sie mit großen Augen zurücktrat. „Warum nicht?“

 

„Weil ich nicht weiß, inwiefern mir deine Eltern noch nützlich sind.“ Sie hatte dem König eine wunderbar Vorlage geboten, die ihm half, als Gewinner aus diesem Gespräch hervorzugehen, denn nichts anderes war das alles zwischen ihnen – ein Spiel, das böse Folgen hatte. Schlussendlich, und das wusste Vegeta, würde es sowieso keinen Gewinner geben – nur Verlierer. Allen voran Vegeta, der Bulma verlieren würde. Zum Wohle seines eigensinnigen Volkes. „Und bevor du fragst: Die Ankunft deiner Freunde hängt von ihrem Erfolg ab.“

 

„Was? Wovon sprichst du?“

 

„Unwichtig.“ Es machte ihm Spaß, sie am langen Arm hungern zu lassen. Folglich nickte er in Radditz' Richtung, der die Geste verstand und unverzüglich neben ihm erschien.

 

„Nein, warte.“ Sie wusste schon nicht, wieso Vegeta zum König gekrönt worden war. „Vegeta, bitte warte. Von welchem Erfolg sprichst du?“

 

„Ich sagte doch, dass das unwichtig ist.“

 

Dass man Bulma im Ungewissen lassen wollte, bezüglich ihrer Familie, sowie ihrer Freunde, ging der niedergeschlagenen Saiyajin extrem nahe. Und sie würde ihm solange hinterherlaufen, bis sie eine adäquate Antwort erhalten hatte – sofern er nicht vorher in einer Kapsel verschwand. „Was hast du getan? Ich habe ein Recht darauf, wenn du mich hier schon aussetzt, Vegeta!“

 

„Gar nichts hast du“, spie er ihr ungehalten entgegen, nachdem er ruckartig stehen blieb und sich zu ihr umdrehte. „Du hast keine saiyajinischen Rechte mehr, Onna. Hier, dieser Drecksplanet ist doch angeblich dein Zuhause. Du wolltest doch immer hier sein – diesen Wunsch habe ich dir erfüllt.“ Zum Teufel nochmal, sein Zorn hatte die Oberhand gewonnen. „Und jetzt hör verdammt nochmal auf, mir vorzuschreiben, wann und ob ich dir zu antworten habe. Das kann nach hinten losgehen.“ Er hatte ihr sowieso schon zu viele Freiheiten gelassen.

 

„Wieso, Vegeta?“

 

„Wieso was, Onna?“

 

„Wieso lässt du mich leiden?“ Bulma wollte ihn anflehen, endlich ehrlich zu ihr zu sein, damit sie mit der Vergangenheit abschließen konnte, aber nicht einmal das gönnte ihr der König – der es vorzog, sie mit so vielen Fragen alleine zu lassen. Es ging ihm schlichtweg an seinem königlichen Hintern vorbei, wie Bulma sich fühlte.

 

„Ich lasse dich leiden?“ Gedanklich brüllte er ihr ins Gesicht, dass er ebenso litt wie sie. Durch dieses Mädchen wusste Vegeta erst, was Leid bedeutete. Allerdings konnte er es nicht von der Hand weisen, dass sie unter seiner Tyrannei litt – Vegeta spürte es in ihrer unkontrollierten Aura, die unheilschwanger über ihr schwebte.

 

„Ja“, wisperte Bulma.

 

„Weil dein Schicksal das meine sein wird“, warf er über die Schulter blickend ein. All sein Handeln, all sein Denken sollte sich als Fehler herausstellen – das hatte er eingesehen. Ja, selbst sein Erscheinen auf der Erde war ein Fehler gewesen.

 

Bulma dagegen konnte diesen Satz gar nicht verstehen. Sie wusste nichts mit den Worten anzufangen und während sie über seine gesprochenen Worte nachdachte, musste sie tatenlos zusehen, wie Vegeta sich gemeinsam mit Radditz immer mehr von ihr entfernte. Zeitgleich wusste sie auch nicht, was der Grund seines Besuches war. Erschwerend kam der Umstand hinzu, dass sie Turles belügen musste, obwohl sie ihm doch auf dem Fest sagte, dass sie ihn nicht anlügen würde. Mitels ihrer Hand schirmte sie die Sonne ab, die die Konturen der Saiyajins verdunkelte, die immer unschärfer und kleiner wurden. Anschließend trottete auch Bulma betrüblich zum Haus zurück – gefangen in ihrem Sog aus Sorge, Verzweiflung und der bitteren Erfahrung, dass sie Vegeta, sowie ihre Heimat endgültig loslassen musste. So schwer es ihr fiel, aber sie konnte nicht auf beiden Seiten stehen. Die blauhaarige Saiyajin durfte zudem nicht an jemandem festhalten, der ihr Wesen nicht zu würdigen wusste und es nur darauf absah, seine lächerlichen Spiele mit ihr zu spielen, während es doch einen anderen Saiyajin gab, der... eben anders war.

 

Ja, wäre sie dem König in irgendeiner Form wichtig gewesen, hätte er gekämpft – um sie. Stattdessen wartete er bloß darauf, dass sie ging und ihn losließ, weil er offensichtlich zu feige war, jenen Schritt zu tun.

 

 
 

~*~

 

 

Drei Tage musste Vegeta auf die Ankunft seiner Männer warten. Diese Zeit war qualvoll, weil er sich in seiner Lethargie Gedanken über alles machen konnte. Umso glücklicher war er, als er endlich in dem Innenhof seines Palastes stand – vor ihm sieben Kugeln, die unter der Aussetzung der Sonnenstrahlen funkelten und glitzerten. Sie erzeugten einen so intensiven Glanz, den er zuvor noch nie gesehen hatte. Nicht einmal die Saphire die in dem Amulett, das er inzwischen wieder in seinen Fingern drehte, hatten je einen so kräftigen Schimmer erschaffen können. Dicht neben ihm stand außerdem ein kleines Namekianerkind, das stetig zu Vegeta aufsah, der wiederum in sich gekehrt war. Nur halbherzig hatte er aus Kakarotts Erzählungen herauskristallisieren können, dass sie den Namekianer bräuchten, da der Drache nur namekianische Worte verstand. Im Hintergrund standen Kakarott, Kuririn und Bulmas Erdenfreund. Radditz, sowie Nappa standen vorsichtshalber daneben – sollte etwas schiefgehen, angesichts dessen, dass Vegeta ihnen den Rücken zugekehrt hatte und versessen auf sein Amulett starrte.

 

Grundgütiger, er war unglaublich nervös. Demgegenüber vernachlässigte er seine ausgeprägten Saiyajin-Sinne, wodurch er die näher kommenden Schritte gar nicht bemerkte, bis Radditz sich mehrmals räusperte.

 

„Majestät? Ist alles in Ordnung?“

 

„Was?“, schreckte Vegeta auf, bevor er sich umdrehte und akklimatisierte. „Ja, sicher. Alles in Ordnung.“

 

Radditz trat näher an seinen König heran, so dass das Namekianerkind ihn hoffentlich nicht hören konnte. „Vegeta, überleg dir das bitte noch einmal.“

 

„Es gibt nichts zu überlegen, Radditz. Mein Entschluss steht fest.“

 

„Vegeta“, pochte der große Saiyajin, „wenn... wenn dir etwas passiert, dann -“

 

„Mach dir darüber keine Gedanken.“ Er spürte das Unwohlsein seiner Krieger deutlich. Ihre Auren rotierten – auch sie waren nervös. „Ich werde deinen Bruder mitnehmen und -“
 

„Was? Kakarott? Aber -“

 

„Es ist die richtige Entscheidung, ihn mitzunehmen.“ Nur Kakarott verstand die Sorge, die Vegeta in sich trug. Denn... Denn auch Radditz' kleiner Bruder war in Sorge und es stimmte. Sie hatten beide eine Gemeinsamkeit – Bulma. „Und wir werden gemeinsam zurückkehren.“

 

„Wenn dir was zustößt, haben wir keinen Herrscher über Vegeta-Sei. Ist dir das bewusst, Vegeta?“ Nochmals versuchte Radditz, auf den König und sein Verantwortungsbewusstsein einzureden – allerdings ohne Erfolg. „Werd doch vernünftig, meine Güte.“

 

Die Vernunft hatte ihn schon lange verlassen und anstatt seinem alten Freund zu antworten, drehte er sich weg, bevor er sein Augenmerk auf den kleinen Namekianer legte, das wie ein Reh im Scheinwerferlicht aufschreckte. „Fang an, Namekianer. Ruf den heiligen Drachen.“

 

„Du rennst in dein Verderben und nimmst dein Volk mit, verdammt.“

 

„Halt deine verfluchte Fresse, Radditz!“, entfuhr es Vegeta, der nun endgültig die Schnauze voll hatte. Im Gegenzug manifestierte sich eine goldene Lichtkugel in der Hand, die er ohne Umschweife auf seinen Komplizen feuerte, damit dieser sein blödes Mundwerk hielt. „Du hast mir überhaupt nichts vorzuschreiben. Merk dir das!“, informierte er ihn zusätzlich. Im Anschluss drehte er sich nochmals zu dem kleinen Kind. „Na los, oder brauchst du eine extra Einladung?“

 

Bibbernd drehte sich Dende – so nannte sich das Kind – zu den sieben Kugeln, betrachtete ihr Leuchten und sprach in einer Sprache, die weder Saiyajin, noch Mensch verstand. „Heiliger Drache Polunga, ich rufe dich. Bitte erscheine und erfülle mir meine Wünsche.“

 

Konnte das tatsächlich möglich sein? Dass die namekianischen Dragonballs mehrere Wünsche erfüllten? Natürlich hatte er davon gehört, doch hielt Vegeta es für einen Mythos. Schließlich erfüllten die irdischen Dragonballs lediglich einen Wunsch, aber der Namekianer hatte den Pluralismus verwendet... Demzufolge musste es stimmen. Es konnte also gar nichts schiefgehen. Ferner sah er dem Aufleuchten der Dragonballs entsetzt, gleichermaßen erstaunt und fasziniert dabei zu, wie sie eine Lebensform befreien, die in den Himmel schoss – umgeben von einem goldenen Licht, das die Konturen der Kreatur formten. Währenddessen wurde sein Planet in völlige Dunkelheit gehüllt.

 

„Ihr habt mich gerufen und ich bin gekommen.“ Polunga sah nach seiner Auferstehung auf den Boden hinab, wo seine feuerroten Augen mehrere Wesen erfassen konnte. „Was es auch sei, drei Wünsche habt ihr frei.“

 

„Was... Was sind Eure Wünsche, König Vegeta?“, wandte sich Dende ängstlich an den Saiyajin, der ununterbrochen zu Polunga sah.

 

„Sag... ihm, dass er mir Bulmas wahre Vergangenheit offenbaren soll, bevor sie als Säugling mit ihren Eltern zur Erde ging. Ich... Ich will wissen“, schluckte Vegeta, dessen Hand vor seinem Hals verharrte und somit die Kette, an der das Amulett befestigt war, zurück gegen seine Brust fiel, „wer sie ist.“ Der König erhoffte sich, endlich die Wahrheit zu erfahren. Vielleicht würde er nun auch erfahren, wieso Bulmas Vater seinem eigenen Bruder keinen Glauben schenken wollte, als Akira ihn über das Schicksal der beiden aufklärte.

 

Heiliger Drache Polunga“, rief Dende nach oben, „bitte offenbare uns die wahre Vergangenheit der Saiyajin Bulma. Enthülle ihr Geheimnis und zeige uns ihr wahres Leben, bevor sie als Baby zur Erde ging.“

 

„Nichts leichter als das.“ Die glühend roten Augen loderten auf, ein leichter Windstoß war zu spüren, während um die grünen Schuppen ein leichter Sog entstand – was fast so aussah, als wolle man die Anwesenden irgendwohin transportieren. Und so war es auch. Sie alle wurden in einen Strudel hineingezogen, dem sie nicht entkommen konnten. Um sie herum war nichts mehr zu erkennen, Vegeta-Sei war verschwunden. Die Anwesenden befanden sich in einer Schwärze, doch konnte Vegeta, als er sich umsah, seine Begleiter deutlich erkennen – die ebenso wie der König, erschrocken nach rechts und links sahen.

 

Aber wo war vorne und hinten? Wo war rechts und links?

 

Die vielen Augenpaare blinzelten mehrmals, nachdem sich die Umgebung langsam formte und sie erkannten, dass sie sich in einer Zeit befanden, die nicht die ihrige war. Keiner konnte sich an die Umgebung erinnern – alles wirkte altmodisch. Nichts war modernisiert und sie erkannten auch den Mann nicht, der plötzlich an ihnen vorbeilief, ohne Notiz von den Anwesenden zu nehmen.

 

„Er... Er sieht uns nicht“, stellte Vegeta konsterniert fest, nachdem der Mann panisch an ihnen vorbeigelaufen war und ständig über seine Schulter nach hinten blickte. Die langen blauen Haare fielen in leichten Wellen über den gestärkten Rücken des Mannes, der ein Haus ansteuerte, das weit abseits der Stadt lag. Vegeta konnte es nicht zuordnen, weil es offensichtlich nicht mehr existierte.

 

Es wirkte alt. Alt und verlassen. Vorsichtig näherten sich Vegeta und die anderem dem Haus, da sie beschlossen hatten, dem Mann zu folgen, der offensichtlich eine Verbindung zu Bulma hatte. Es war anziehend, aber seltsam zugleich, weil sie nicht in diese Zeit gehörten – sie waren kein Teil dieser Geschichte und drangen in Bulmas Leben ein... Sie waren ungefragte Zuschauer, die dem Geschehen folgen konnten. Polunga beförderte sie in eine Welt, die der Realität entsprach und dennoch war es befremdlich, dem Szenario zu folgen. Unterdessen öffnete der blauhaarige Mann die Tür, wohinter er abgehetzt verschwand. Ebenso die Anderen – auch sie betraten das Haus, was sie augenscheinlich bereuten, anlässlich ihrer geweiteten Augen. Denn oben, in einem der Zimmer konnte man eine weibliche Stimme vernehmen, die vor Schmerzen schrie und scheinbar mit dem Tod rang.

 

Hektisch folgten den Bewegungen des Mannes, der verzweifelt in seine Arme hinabsah und erst jetzt entdeckten die Eindringliche, dass der Mann ein mitternachtsblaues Bündel trug, aus dem eine winzige Hand gestreckt wurde, die der Unbekannte zärtlich umfing. Die kleine Hand hingegen versuchte, ebenfalls nach den Fingern des Mannes zu greifen – um sich daran festzuhalten und... und es schien, als würde das Wesen darin spüren, dass Gefahr drohte.

 

„Oh, nicht weinen. Shhh“, versuchte er die Unruhe des Kindes zu beseitigen. „Alles wird gut, kleine Bulma.“ Sanftmütig erwiderte er die Nähe, die das Kind so dringend wollte. Zur selben Zeit schritt er tiefer in das Innere des Haus, das immer schäbiger wurde – bis hin zu einem Schrank, den er eilig aufstieß und begann, darin herumzuwühlen. Am Ziel angekommen, erschien eine alte Holztruhe, die er mühsam über den Holzboden schleifte, was ein kratzendes Geräusch erzeugte, das jedem durch Mark und Bein ging. Der Fremde zog sie in die Mitte des Raums und warf hastig den Deckel nach oben, ehe er in das Gesicht des Mädchens sah, deren vertrocknete Tränen noch auf den Wangen zu sehen waren. „Bitte vergib mir, mein Kind. Aber... Aber es ist der einzige Weg, dich zu retten.“ Mithilfe seiner restlichen Kraft gelang es ihm, die Kugeln in der Luft schweben zu lassen – was hatten sich die vielen Bücher ausgezahlt, die ihm so viel Wissen und noch mehr Macht verliehen. Sie hatten dem Mann ermöglicht, sein Wissen zu erweitern, seine... seine Kräfte zu steigern, die ihm letztendlich dabei halfen, den Planeten zu schützen.
 

Es musste einfach sein und er war unendlich dankbar, dass der König ihm die Chance gewährte, das kleine Mädchen zu schützen – ohne ihm ein Leid zuzufügen. Aber ihm war klar, dass der König bloß so handelte, weil der Königssohn ebenfalls darunter leiden würde, sollte dem Mädchen etwas geschehen.

 

Doch die Angst, der König könne das Kind einsperren oder verbannen, war zu groß geworden. Er fürchtete die Rache des Herrschers, da dieses Kind im Stande wäre, den kleinen Vegeta in Gefahr zu bringen und so schnell der Mann im Haus alles erledigt hatte, so schnell war er im angrenzenden Wald verschwunden – Bulma noch immer im Arm haltend, während sowohl die schwebenden Kugeln, als auch die Anderen ihm folgten.

 

In dem dicht bewaldeten Gebiet könnte er problemlos handeln und er verlor nicht viel Zeit. Stotternd beschwor der blauhaarige Saiyajin eine Kreatur herauf, die ihm helfen könnte. Verdutzt und eingeschüchtert stand er da – seine langen Haare wehten im Wind hin und her, während das Monstrum sich zu seiner vollen Größe aufbaute, das gerade aus den Kugeln ausgebrochen war.

 

Anschließend richtete er die namekianischen Worte an das Ungetüm: „Heiliger Drache Polunga, ich habe dich gerufen. Ich bitte dich, erfülle mir meine Wünsche.“ Die zehntägige Reise nach Namek war gefährlich gewesen, doch war er clever genug, die Grünlinge – die den Planeten Namek bewohnten – zu überlisten und in den Besitz aller sieben Dragonballs zu kommen.

 

„Was ist dein Begehr?“, schallte die kraftvolle Stimme des Drachen durch den Wald. „Sag es mir und ich werde es erfüllen.“

 

„Du bist meine letzte Rettung, heiliger Drache“, posaunte der Saiyajin, in der Hoffnung, dem Drachen zu schmeicheln. „Ich bitte dich inständig: Bitte vernichte die verhängnisvolle Legende der Saiyajins, welche besagt, dass das Paar – das auf dem Amulett abgebildet ist – den Untergang Vegeta-Seis einläutet.“ Hoffnungsvoll sah er dem großen, muskulösen Geschöpf in die Augen.

 

„Nein“, erwiderte Polunga neutral. „Das kann ich nicht.“

 

„Nicht? Aber -“

 

„Ich kann die Macht meines Schöpfers nicht übersteigen.“ Und entgegen jedweder Erwartung, beugte der Drache sich ein wenig nach vorne, um in das Gesicht des jungen, schnaubenden Mannes zu blicken. „Ich sehe es in deinen Augen. Du bist enttäuscht, junger Saiyajin.“

 

„Ich... Ja, ein wenig, heiliger Drache.“

 

„Es ist lange her, dass ich jemanden wie dich gesehen habe“, bemerkte Polunga distanziert. „Viele Jahrhunderte sind vergangen.“

 

Verdammt. Dass Polunga ihm dahingehend nicht helfen konnte, war schlecht. Fieberhaft überlegte Akira, wie er dieses Desaster zu Gunsten seiner Tochter Bulma beseitigen konnte. Ferner ignorierte er die Worte des Drachen und erinnerte sich daran zurück, dass Polunga von Namekianern erschaffen wurde, die mit Kräften ausgestattet waren, die Akira wiederum unbekannt waren. Und umso mehr er grübelte und überlegte, desto abstruser kam ihm sein Einfall vor, aber er musste es versuchen.

 

„Junger Saiyajin? Hast du keinen Wunsch, den ich dir erfüllen soll?“ Polunga machte keinen Hehl daraus, dass er ungeduldig wurde.

 

„Doch! Doch, Drache.“ Es war die einzige Möglichkeit. Er musste es tun. „Bitte... Ich bitte dich. Suche zwei Erdlinge – von gütigem Gemüt. Mach sie zu zwei liebevollen Saiyajins und lass ihnen schwarze Haare wachsen.“

 

Um Himmels Willen. Tat er das Richtige? Waren Erdlinge sanftmütige, besorgte Wesen, die der Aufgabe gewachsen sein könnten? Akira wusste nicht sonderlich viel über diesen Planeten, geschweige denn über die Rasse. Er selbst hatte die Erde nie bereist, aber – und das war seine einzige Rechtfertigung – er hatte Bücher gelesen. Viele Bücher, die ihm Aufschluss darüber gaben, wie schwach die Bewohner der Erde waren. Wie... Wie ungefährlich sie einem Saiyajin werden konnten.

 

„Ist das dein Wunsch?“

 

Ja!“, rief Akira erschöpft.

 

„Dein Wunsch soll dir erfüllt werden.“

 

Oh, vor Erleichterung flog Akiras freie Hand zu seiner Schläfe, über die er laut atmend rieb. Anstandslos und ohne auf Polungas Erlaubnis zu warten, äußerte er seinen zweiten Wunsch: „Pflanze den neuen Bewohnern dieses Planeten das Wissen unserer Vergangenheit ein – in dem Glauben, der Mann sei mein Bruder. Niste ihnen den Gedanken ein, zur Erde reisen zu wollen und lass sie denken, dass sie die Eltern meiner Tochter Bulma seien.“

 

„Das ist ein sehr mächtiger Wunsch, junger Saiyajin.“

 

Bitte schenk ihnen die Fähigkeit, das Kind zu lieben und wohlbehütet aufzuziehen.“ Gekonnt hatte er die namekianischen Worte gesprochen. Akira wählte sie bewusst, so dass er seine Wünsche nicht sinnlos vergeudete. „Kannst du das, Polunga?“

 

„Das kann ich“, teilte der grüne Drache seinem Gegenüber mit. Jedoch hob er warnend seine Klauen. „Aber sei gewarnt: Die Liebe eines Kindes ist rein, junger Saiyajin. Sie ist bedingungslos.“

 

Beklommen schloss der Saiyajin die Augen, während tiefe Atemzüge seine Lungen fluteten, die er später hörbar nach außen stieß. „Das... Das ist mir bekannt, doch bitte ich dich, mir dieses ernste Anliegen zu erfüllen.“

 

Die feuerroten Augen glühten erneut. „Was ist dein letzter Wunsch, junger Saiyajin?“

 

Heiße Tränen quollen aus seinen blauen Augen. Kompromisslos tropften sie zu Boden, nachdem sie sein Kinn erreichten und Akira nach unten blickte – abermals in das Gesicht seines Kindes. „Bring... Bring die Eltern des Mädchens... nach Vegeta-Sei.“ Der Saiyajin schilderte seinen letzten Wunsch mit geschlossenen Augen. Es waren die schrecklichsten Worte, die er jemals gewählt hatte und womöglich die schwerste Entscheidung seines Lebens, da er fortan am Leben seiner Tochter nicht mehr teilnehmen würde – vielleicht sporadisch, aber er würde sich ungern quälen wollen...

 

Abschließend atmete er aus, bevor er dem Drachen dabei zusah, wie dieser – mitsamt den Kugeln um sich herum – nach oben schoss, ehe die Kugeln in alle Winde zerstreut wurden. Morgen... Ja, morgen würde er die Steinkugeln einsammeln und nach Namek zurückbringen – nicht mehr heute. Im Anschluss verließ er traurig die Stelle, an der er Bulmas Schicksal besiegelt hatte – das kleine Bündel fest an sich gedrückt. Mithilfe seines Scouters machte er sich auf den Weg zu einem Haus, das neu entstanden war. Niemand würde dieses Haus hinterfragen, da Saiyajins sich für andere nicht interessierten. Der Mann, dem er Bulma anvertrauen würde, würde – sofern er doch angesprochen wurde – erzählen, dass er von einer langen Reise mit seiner Frau zurückgekehrt sei, um schlussendlich zur Erde zu reisen, um die dortigen Gegebenheiten zu studieren.

 

Im stillen Mondlicht passierte er die Felder, er überquerte die lehmigen Straßen und kam in einem Dorf an, das von Armut gezeichnet war. Wagemutig ließ er kleine Gassen und Straßen hinter sich, bis er vor der Tür ankam und dagegen klopfte. Im Innern konnte er die Schritte hören, bevor die Tür kichernd aufgezogen wurde.

 

Ein schwarzer, lockiger Schopf lugte hervor, woraufhin die Frau – nachdem sie den Saiyajin erkannte – freudig auflachte. „Akira, mein Lieber, da bist du ja. Wir dachten schon, du bringst uns unsere Tochter gar nicht mehr, weil du dich selbst nicht an ihr satt sehen kannst.“

 

Erstaunt hob Akira daraufhin eine Augenbraue. Es hatte tatsächlich funktioniert. Nun ja... zum Teil jedenfalls, denn die Erdlinge hatten zu seinem Erstaunen keinen Schweif, was wohl daran lag, dass Polunga nicht mächtig genug war, echte Saiyajins aus ihnen zu machen. Aber auch hierfür würden sie eine Erklärung finden.

 

„Du liebe Güte, Akira!“, entfuhr es Panchy aufgebracht, als ihr Blick zu seinen Armen wanderte. „Man merkt sofort, dass du keine Kinder hast.“ Mit bösem Blick entriss sie ihm das Kind, doch ihre Mimik veränderte sich augenblicklich, nachdem sie das Tuch zur Seite schob und das schlafende Gesicht der kleinen Bulma sah. „Du kannst die Kleine doch nicht in ein Tuch einwickeln – es ist viel zu kalt.“

 

„Ich -“ Der Saiyajin konnte gar nichts erwidern. Zu erschrocken war er, nachdem die Frau ihm das Kind aus den Armen entnommen hatte. Zu gebannt war sein Blick auf das Kind gerichtet, während die Frau sich abwandte und ebenfalls wieder zu Bulma sah.

 

„Wo ist meine hübsche Bulma?“, blubberte ihre fröhlich klingende Stimme. „Wo ist Mamas hübsches, kleines Mädchen?“, gluckste sie dem Baby verträumt entgegen.

 

Plötzlich endete die Szenerie abrupt und Polunga entließ die Saiyajins aus der Vergangenheit, indem er sie in die Realität zurückschleuderte. Anschließend hob er seine rauchig dunkle Stimme, die danach verlangte, den zweiten Wunsch erfüllen zu können. Entschlossen schob Vegeta den Namekianer zur Seite, wonach er unsicher for der Kreatur stand, die ihm endlich Bulmas wahre Geschichte offenbart hatte. Wenn der Drache schon diesen Wunsch erfüllen konnte, wäre der nächste Wunsch ein Kinderspiel.

 

Vegeta durfte sich von dieser Erkenntnis bloß nicht beirren lassen, aber wem machte er was vor? Natürlich warf ihn Bulmas Vergangenheit aus der Bahn – ihr Leben war eine einzige Lüge gewesen, aufgrund einer Prophezeiung. Dass er ständig belogen wurde, daran hatte der König sich schon lange gewöhnt. Dass Bulma hingegen ihr ganzes Leben lang verarscht wurde, war etwas ganz anderes. Alles, was sie bisher kannte, war aus einem abartigen Lügengerüst aufgebaut worden.

 

„Sag mir, Drache. Wie weit reichen deine Kräfte aus?“, spuckte er schnaufend, denn das was er sah, war kaum zu glauben. Vegeta wollte es vermutlich nur nicht wahrhaben, denn das Mädchen, das er... begehrte, war Akiras Tochter! Der Saiyajin, der Vegetas Leben begleitete und dessen einziges Kind er vor seinem intriganten Vater schützen wollte, indem er sein eigen Fleisch und Blut zu Menschen schickte, die er nicht einmal kannte. Wie tief musste diese Liebe gegangen sein, dass Akira diesen traurigen Weg gewählt hatte? Verfluchter Mist, Akira tat es um ihretwillen. Sein Leben war ihm scheinbar völlig egal gewesen, so lange er das seiner Tochter schützen konnte.

 

„So weit, dass sie die Kraft meines Schöpfers nicht übersteigen“, wiederholte Polunga. „Nennt mir den zweiten Wunsch und ich werde ihn erfüllen, König Vegeta.“

 

„Kakarott?“, murmelte Vegeta nach hinten. Schon lange stand sein Entschluss fest. „Bist du bereit?“

 

„Bereit? Bereit wofür?“ Langsam näherte sich Radditz' Bruder dem König und je näher er ihm gekommen war, umso leiser wurden seine folgenden Worte. „Willst du Bulma zurückholen?“

 

„Nein, aber... es geht um sie.“
 

„Dann kannst du voll und ganz auf mich zählen, Vegeta.“

 

„Andernfalls etwa nicht?“, schoss es aus dem Mund des Königs, der sich schmunzelnd zu Kakarott umdrehte. Er wollte sich einfach nicht mehr länger mit seinem Rivalen anlegen. Stattdessen drehte er sich hasserfüllt zu dem Grünling um, der verängstigt neben ihm verweilte und seine Finger aufgeregt gegeneinander tippte. „Und du, du Schwächling, wirst stellvertretend für mich den dritten Wunsch erfüllen lassen.“ Kurz ließ er die Worte auf den Knirps wirken, bevor er sich nach vorne beugte und knurrte: „Solltest du das nicht tun und dich weigern, werden meine Soldaten deine Überreste in einem Kuvert nach Namen schicken, bevor sie deinen Heimatplaneten pulverisieren.“

 

„Ich... Ich werde Euren Wunsch erfüllen.“ Große, schwarze Augen starrten dem König entgegen, ehe Dende nochmals zur Bestätigung nickte. „Aber wie... wie lautet der zweite Wunsch, saiyajinische Hoheit?“

 

„Ganz einfach: Du wirst dem Drachen befehlen, dass er Kakarott und mich in die Vergangenheit schickt – zu dem Zeitpunkt -“

 

„Nein, Vegeta!“, stoppte Radditz ihn mit erhobener Hand, nachdem er wieder bei Sinnen war und dem Gespräch folgen konnte. „Mach das nicht. Ich... bitte dich als Freund.“ Das Wort klang so gezwungen, aber schlussendlich stimmte es. Vegeta war nun mal sein Freund, aber auch sein König. „Wenn der Grünling sich am Ende weigert, den dritten Wunsch zu erfüllen, dann... Himmel nochmal, denk doch daran, wie schwer es gewesen war, die Dragonballs zu besorgen – was es für ein Kampf war, diese saudämlichen Kugeln zusammenzutragen.“

 

„Radditz, ich -“

 

„Die anderen Namekianer“, erzählte der große Saiyajin ungehindert weiter, „werden uns niemals den Wunsch übersetzen – nicht, nachdem wir in ihr Land eingefallen sind.“

 

„Ich bin mir sicher, dass unser kleiner Namekianer den Wunsch erfüllen wird, nicht wahr?“, erwiderte Vegeta, dessen Hand sich in Dendes Nacken verhakte, bevor er den zierlichen Körper zu Boden stieß. „Sonst wird er nie wieder die Gelegenheit bekommen, seinen Planeten zu sehen und laut meinen Informationen, sind Namekianer doch sehr heimatverbunden“, endete er hämisch, nachdem sein Fuß auf dem grünen Kopf landete, ohne Druck darauf auszuüben, weil er wusste, der Namekianer würde es nicht überleben. „Er wird sich beugen, richtig?“

 

„Ja!“, schrie Dende angsterfüllt auf.

 

„Siehst du? Gar kein Problem.“

 

„Vegeta, du weißt selbst, wie riskant dein Vorhaben ist. Du darfst solche Risiken einfach nicht eingehen. Daher“, schluckte er schwer, „werde ich mit Kakarott in die Vergangenheit reisen.“

 

„Ich brauche deine Fürsorge nicht – ist ja zum Kotzen“, erwähnte er abschätzig und bevor er die nächsten Worte an seinen Kompagnon richtete, krallte er sich den am Boden liegenden Namekianer, zog ihn auf die Beine zurück und schob ihn nachdrücklich vor sich, ehe er sich nochmals zu ihm hinabbeugte: „Letzte Warnung, du kleine, grüne Abartigkeit. Wenn du dich weigerst, werden meine Männer dich innerhalb von Sekunden geschält haben. Ich hoffe, das ist deutlich genug.“
 

„Ja, ist es!“

 

„Gut, dann wirst du uns in einer Stunde zurückwünschen – und es ist mir egal, wie du es schaffen wirst, den Drachen bei Laune zu halten. Verstehst du das?“ Mit seinem dritten Wunsch wollte er Bulma eigentlich zurückholen, aber er könnte sie genauso gut abholen... Die Wahrheit über ihre Vergangenheit war viel bedeutungsvoller, weshalb er eben keinen Wunsch dazu nutzen konnte, sie nach Vegeta-Sei zurückzubringen.

 

„Ich... Ich habe Euch verstanden, Majestät.“ Zaudernd stand Dende vor Vegeta. Er konnte den heißen Atem des Saiyajins im Nacken spüren und er würde sich hüten, sich jemals dieser Rasse zu widersetzen. Zumal er unter keinen Umständen Namek und deren Bevölkerung gefährden wollte.

 

„Na also. Geht doch.“ Ein weiterer Schubst folgte, von seitens des Königs. „Und du wirst dem Drachen sagen, dass er uns in die Vergangenheit schicken soll – zu dem Zeitpunkt, kurz bevor die Legende der Saiyajins, die das Amulett betrifft, verbreitet wurde.“ Abschließend richtete er sich auf, ehedem er sich mit verschränkten Armen neben Kakarott stellte. Folglich schloss er die Augen und wartete darauf, die namekianischen Worte zu hören.

 

Oh, heiliger Drache, schicke König Vegeta und Kakarott in die Epoche, in der die Legende der Saiyajins ausgesprochen wurde. Lass sie Zeuge der Prophezeiung der Saiyajins werden – bezüglich des Amuletts –, so dass ihnen die Chance ermöglicht wird, diese zu verhindern.“

 

„Wie interessant“, murmelte Poluna, der perfide grinste. „Um etwas ähnliches bat mich der Saiyajin vor zweiundzwanzig Jahren ebenfalls.“

 

„Kannst... Kannst du den Wunsch nicht erfüllen?“, fragte Dende.

 

„Doch, dein Wunsch soll erfüllt werden. Ich werde König Vegeta und Kakarott in die Vergangenheit schicken, damit sie ihr Schicksal selbst in die Hand nehmen können.“ Das war der Unterschied. Die beiden Saiyajins wollten das Problem selbst lösen, weshalb es dem Drachen möglich war, ihren Wunsch zu erfüllen. Infolgedessen flammten die roten Augen auf, wonach sich Vegetas Augen öffneten, angesichts des unangenehmen Gefühls, das ihn umgab. Der Sog, der die beiden umfasste, war dieses Mal anders. Dunkle Rauchschwaden hüllte die beiden Körper ein, bevor dieser die Hüllen der Saiyajins verschlang.

 

Radditz, Nappa, amchu, Kuririn und Dende musterten derweil einige Sekunden die leere Stelle, an der zuvor Vegeta und Kakarott standen, bis die Stimme des Drachens erneut erklang.

 

„Was ist euer dritter Wunsch?“
 

Oh... das würde ein Spaß werden, den Drachen eine Stunde zu belustigen, dachten die übrig gebliebenen fünf Wesen verschiedenster Herkunft.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Naaa? Ich bin unendlich gespannt auf eure "Gesichter"
Wart ihr überrascht? Überrumpelt? Erzählt es mir :) Komplett anzeigen

Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (3)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Seredhiel
2018-10-12T16:08:45+00:00 12.10.2018 18:08
wtf... was für eine Wendung O.O aber finde ich echt geil zusammen geschrieben :)

Bin gespannt wie es zu dieser legende und diesem Amulett kam.
eine tolle Idee und freue mich schon darauf zu lesen wie Dende Pulong eine Stunde lang amüsiert XD

*auf das nächste Kapitel hinfiebert*
*Schokolade und Tee da lass*
Von:  GoSaKu
2018-10-10T20:22:57+00:00 10.10.2018 22:22
SUPRISE! Ob es dadurch große Veränderungen in der Gegenwart geben wird? Aber die Idee mit dem Amulett ist genial.. ;) Freue mich auf die Fortsetzung..
Von:  sama-chan
2018-10-10T17:14:02+00:00 10.10.2018 19:14
Ok das ist ja mal eine echte Wendung! 😨 Damit hätte ich nicht gerechnet. 😲 Nach deiner Ankündigung am Anfang habe ich viel erwartet und mir die verschiedensten Szenarien ausgemalt. Aber das war wirklich etwas Anderes. 😅
Spannend, wie es weitergeht. Was genau haben die zwei Sajayins in der Vergangenheit vor, um das zu verhindern? Und wie wirkt sich das genau auf die Gegenwart aus? Und wie geht es in der Gegenwart weiter? Mysteriös....


Zurück