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Manus manum lavat

von

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Ein Irrtum ist umso gefährlicher, je mehr Wahrheit er enthält

Alles was du sagst, sollte wahr sein. Aber nicht alles was wahr ist, solltest du auch sagen.

- Voltaire

 

 
 

~*~

 

 

- Kapitel einundzwanzig -

 

 

Die unendlich tiefe Abscheu, die der Prinz gegenüber sich selbst und der momentanen Situation empfand, war nicht mit dem Zorn gleichzusetzen, den er zusätzlich verspürte, nachdem er sich von dem am Boden liegenden, bewegungslosen Körper entfernte. Er war dieser Empfindung fast überdrüssig, weswegen er sich auch übelgelaunt zur Seite drehte um sich zu besinnen. Erst die Genugtuung verschaffte ihm Ruhe, die einkehrte, nachdem die Aura seines Opfers schwächer wurde, bis diese schlussendlich erlosch. Der Prinz durfte sich aufgrund des Anblicks nicht beirren lassen, er durfte keinen Ekel empfinden, wenn er dem Mann einen Blick zuwarf, der weder Vater noch König gewesen war. Nein, er war ein Scheusal, der sich verspekulierte und nicht sah, dass Vegeta die Oberhand hatte. Sein eigener Vater war dumm genug, sich gegen ihn aufzulehnen, weil er glaubte, als Gewinner aus diesem Kampf hervorzugehen. Aber er war kein Sieger, sondern lag in seinem eigenen Blut, das ihm aus dem Mund geflossen war – wie das Leben, das aus seinem Körper wich, weil er was wollte?

 

Er wollte dasselbe wie Vegeta: Macht. Allerdings war es dem Sohn gegönnt, das Gefühl zu verspüren. Niemand würde ihn mehr zurechtweisen. Keiner würde ihn mehr zu fremden Leuten schicken, in der Hoffnung, Vegeta zu Gunsten des Königs zu ändern. Solche Szenarien gehörten der Vergangenheit an – selbiges galt der Herrschaft. Aber in einem Punkt war der verstorbene König womöglich erfolgreich. Vegeta hatte sich verändert, jedoch in konträre Richtung – sehr zum Missfallen seines Vaters.

 

Letztendlich fing Vegeta nämlich an, Bulma mit anderen Augen zu sehen. Er betrachtete das störrische Mädchen nicht mehr als seinen Feind. Hinzu kamen die neu gesetzten Maßstäbe und Prioritäten, die seinem Vater widerstrebten. All das führte zu dem Zwist zwischen Vater und Sohn. Aber seinen cholerischen Vater konnte man sowieso nicht zufriedenstellen. Das war schon so, als Vegeta noch ein Kleinkind war. In dessen ersten Lebensjahren hatte man den Grundbaustein gelegt, ihn zu einer leeren Hülle heranzuziehen, der keinerlei Form der Gefühle kannte. Allerdings war all das nicht mehr relevant, da der einstige König auf dem Boden lag – getötet durch die Hand seines Sohnes.

 

Ob sein Vater die Katastrophe kommen sah? Es ließ darauf schließen, doch war der König zu machtlos, den Sohn in seine Schranken zu weisen. Seine mickrige Kampfkraft hatte nicht ausgereicht, um Vegeta die Stirn zu bieten. Und während sein Vater sich anzustrengen schien, war es für Vegeta ein Leichtes, ihn zu bezwingen. Gott, wie schwach sein Vater in Wirklichkeit gewesen war, widerte ihn nur noch mehr an. Er drehte sich nochmal zu seinem Vater herum, dessen Hand etwas umklammerte. Argwöhnisch betrachtete er den gefallenen Körper, er sah den braunen Haaren zu, wie sie vom Wind hin und her getragen wurden, während der aufgewirbelte Staub über seine bewegungslose Brust wirbelte. Darüber hinaus hatte er die zuzügliche Aura wahrgenommen, die sich ihm unaufhaltsam – wenn auch langsam – näherte.

 

Jedoch gab es keinen Grund, sich vom Antlitz seines Vaters abzuwenden, da von Akira keine Gefahr ausging.

 

„Mein... Mein Prinz“, wisperte Akira, dessen aschfahles Gesicht noch blasser geworden war, nachdem er den Raum betrat und sich der Szenerie bewusst wurde. „Was... Was habt Ihr getan?“ Seine blauen Augen, an deren Rand ein grauer Schleier im Alter hinzugekommen war, überflogen den stillen, intakt gebliebenen Raum. Angrenzend hafteten seine Augen auf dem Körper des Prinzen, der sich über seinen Vater beugte. Ein abstoßendes Bild entstand, während er sich den beiden Saiyajins näherte. Als würde das Tier sich verzehrend über seine erlegte Beute hermachen.

 

„Halt mir keine Vorträge, Akira“, teilte Vegeta ihm mit, bevor er sich erhob und dem alten Greis zuwandte, der auf die Fragen des Prinzen die passenden, sowie die richtigen Antworten hatte. Er würde nicht eher ruhen, bis man ihm erklärt hatte, was hier los war. Weshalb es überhaupt soweit kommen musste. „Es sei denn, sie sind mir und meiner persönlichen Impression wichtig.“

 

Zitternd kam der alte Saiyajin dem leblosen Körper näher und mit jedem Schritt hallte das Klopfen seiner Gehhilfe in der Halle wider. „Vegeta, du... du bist zu -“

 

„Nein!“, feuerte Vegeta augenblicklich zurück. Zeitgleich drehte er sich zu Akira, dessen Kragen er packte und zu sich heranzog. Seine Hand, die das weiche Gewand des Alten umfasste, hob den schmächtigen Körper in die Luft, wodurch Akiras Gehhilfe geräuschvoll zu Boden knallte. „Du, Akira, wirst mir nicht sagen, dass ich derjenige bin, der zu weit gegangen ist. Ist das klar?“

 

„Du hast deinen Vater -“

 

„Ihr wart es – du und mein erbärmlicher Vater –, die zu weit gegangen sind. Ihr habt mich jahrelang für eure kleinen, abartigen Machenschaften benutzt. Ich habe lediglich den Spieß umgedreht, Akira. Und jetzt“, knurrte er abschließend, bevor die zweite Hand nach dem Kragen des Saiyajins griff, um noch mehr Härte in den Griff zu legen, „wirst du Rechenschaft ablegen. Du wirst mir sagen, was die letzten Jahre hier gespielt wurde und wohin man das Mädchen gebracht hat.“

 

„Und wohin man Kakarott gebracht hat“, meldete sich Radditz zu Wort, der unablässig hinter Vegeta gestanden hatte. Stets demutsvoll hatte sich Bardocks erstgeborener Sohn zurückgehalten, wenn es darum ging, sich Vegetas Anordnungen zu fügen und so absurd es auch klang: Anlässlich dieser Befehle hatte Radditz gelernt, was Loyalität bedeutete. „Mein Bruder wurde mit dem Mädchen fortgebracht.“

 

Man hatte Radditz den Boden unter den Füßen weggerissen, da ihm klar wurde, wie wenig er sich um seinen kleinen Bruder gekümmert hatte, den er vor so vielen Jahren aus seinem gewohnten Umfeld riss und mit nach Vegeta-Sei nahm, dessen Gewohnheiten dem damals zwölfjährigen Jungen unbekannt waren. Hinzu kam die Lebensfreude, mit der Radditz nie umzugehen wusste. Der Saiyajin verstand aufgrund seiner Erziehung die Ansichten seines jüngeren Bruders nicht, der in einer anderen Welt liebevoll erzogen und in einer wohlbehüteten Umgebung aufgewachsen war.

 

„Du hast es gehört“, äußerte Vegeta gelangweilt. „Wo sind Bulma und Kakarott?“

 

„Vegeta, ich kann es dir nicht erklären“, röchelte der alte Saiyajin, dem die Luft zum Atmen fehlte.

 

„Rede, Akira“, zischte Vegeta, der den königlichen Ratgeber nah vor sein Gesicht hielt, bevor er diesen zu Boden fallen ließ. Es war ihm egal, ob man sein Handeln als krank, gar teuflisch einstufte, aber er brauchte Antworten die ihn beruhigten. Die ihm Aufschluss darüber gaben, was los war. Anschließend bückte er sich nach vorne, griff nach der Krücke und hielt sie vor die Augen des alten Saiyajins, doch als dieser danach greifen wollte, entzog ihm der Prinz die Möglichkeit, zurück auf die Beine zu kommen. „Du wirst reden, Akira, und glaub nicht, dass ich Mitleid empfinde – schon gar nicht mit dir. Jemand, der sich meinem Vater unterwarf und all die Spielchen mitgespielt hat. Oh nein, mein Körper wird von Zorn genährt. Von dem Zorn, den ihr in mir heraufbeschworen habt.“

 

„Bitte versteht, mein Prinz. Ich kann es Euch nicht erklären. Es ist zu kompliziert.“

 

„Ha“, lachte Vegeta auf, dessen Lachen durch die Halle schallte. „Natürlich. Das ist es immer.“ Mit dem Stock in der Hand trat er um den toten Körper herum und fixierte mit seinem hasserfüllten Blick die Empore, auf dem der Thron stand – ein Stuhl, der zukünftig seinen Stand symbolisierte. Dennoch sah er davon ab, sich auf dem prunkvollen Stuhl niederzulassen. „Ich habe nie etwas anderes als das gehört. Davon aber abgesehen: Es wird mit jedem Mal lustiger, weshalb ich solche Antworten nicht mehr ernst nehme.“ Gekonnt drehte er währenddessen die Gehhilfe in seiner Hand – immer und immer wieder. „Trotzdem. Ich bin sehr daran interessiert, was so komplex sein soll, dass ihr es in Betracht gezogen habt, mich jahrelang im Dunkeln tappen zu lassen.“

 

„Weil... Weil Ihr es nicht verstehen könnt.“ Akiras gebrechliche Arme stützten seinen Körper, da er andernfalls mit der Nase den Boden berühren würde – so geschwächt war er bereits. Allerdings wollte er sich diese Entwürdigung ersparen, wofür er seine gesamte Kraft aufopfern musste. „Du... Du kannst ihr auch nicht folgen, Vegeta. Das... Das geht einfach nicht.“

 

Und wie er das konnte. „Was soll das heißen? Dass ich mir von einem alten Mann vorschreiben lasse, was ich zu lassen habe?“ Dennoch öffnete sich sein Mund vor Entrüstung, weil er nicht glauben konnte, was der Alte ihm sagen wollte. „Du irrst dich, Akira. Oder wieso sollte ich ihr nicht folgen können?“ Abschätzig neigte er den Kopf zur Seite, schritt vor den Saiyajin und ging in die Hocke, bevor er mittels seiner Hand den alten Saiyajin zwang, zu ihm nach oben zu sehen. „Akira, ich werde dir dein Genick brechen, wenn du mir nicht erklärst, was Sache ist.“

 

Drohungen waren immer nützlich. Sie würden auch Vegeta nach vorne bringen.
 

„Nach... dem Tod deines Vaters wirst du – wie du weißt – den Thron besteigen. Das, Vegeta, ist die logische Konsequenz, die du tragen wirst.“

 

„Wer sagt das?“

 

„Das war und ist dein Schicksal, mein Prinz.“ Keuchend blickte er nach oben, noch ehe er hinzufügte: „Es... Es ist nicht die Aufgabe eines saiyajinischen Königs, andere Planeten zu... bereisen, sondern sein... sein Volk zu beschützen.“

 

„Blödsinn. Das ist kompletter Nonsens, Akira!“

 

„Du bist dazu bestimmt, jedwede Katastrophe deinem... deinem Volk gegenüber abzuwenden.“

 

„Das ist deine stupide Begründung, weshalb ich ihr nicht folgen darf?“ Die Situation war nicht angemessen, um nochmals lauthals zu lachen. Nein, ihm war das Lachen vergangen. „Lächerlich! Niemand wird mich davon abhalten können, sie zurück nach Vegeta-Sei zu holen – auch du nicht, Akira.“ Jedoch nahte das nächste Ärgernis, das Vegeta bereits in der zitternden Aura des am Boden liegenden Mannes spüren konnte. „Erzähl mir lieber, warum sie weggeschickt wurde. Das ist nämlich etwas, das mich im Gegensatz zu deinen abtrünnigen Bekundungen wirklich interessiert.“ Währenddessen behielt er die hölzerne Krücke in seiner Hand, die Vegeta ebenfalls als Stütze gebrauchte, während er nach wie vor kniend vor dem Greis hockte. Das harte Holz, so fürchtete der Prinz, würde noch ein Loch in den Boden pressen, angesichts des Drucks, den seine Hand auf den Stab ausübte. „Akira, mach verdammt nochmal den Mund auf. Ich verliere nämlich allmählich die Geduld.“

 

„Es... Es begann damit, dass... dass dein Vater die Dragonballs wollte.“

 

„Das weiß ich.“ Wie ihm schon des Öfteren aufgefallen war, war er durchaus in der Lage, logisch denken zu können. Dass Akira diese Macht unterschätzte, reizte den Prinzen zusätzlich. „Was wollte er noch?“

 

Das Ziel seines Vaters war schon immer, noch mehr Macht zu erlangen. Es lag in der Natur eines Saiyajins, diese weiter auszuschöpfen. Man wollte schließlich vermeiden, dass andere Völker den Planeten stürmten.

 

„Dich von ihr fernhalten“, antwortete Akira anschließend wahrheitsgemäß. Erschöpft sank sein Kopf auf den Boden, doch zwang Vegeta ihn, wieder zu ihm aufzublicken, woraufhin er aufgab und wusste, dass er seinen König verraten müsste. Schlussendlich käme sowieso alles ans Tageslicht, sobald Vegeta den Planeten verließ. Es wäre nur eine Frage der Zeit, bis er nach Bulma suchte – die er letzten Endes auch finden würde. „Aber dein Vater sah die Gefahr nicht, als... als das Mädchen zurück nach Vegeta-Sei kam. Er... dachte, er hätte alles unter Kontrolle.“

 

„Welche Gefahr?“ Worauf bezog sich diese Aussage? War Bulma die Gefahr, oder hatte man seinen Vater über ihre Träume, sowie deren Auswirkungen in Kenntnis gesetzt? Sah Akira dieselben Bilder wie Bulma? Wenn ja, dann wäre sein Planet, sowie der Fortbestand seiner Rasse in Gefahr.

 

Letztlich war Akira jedoch nur mächtig genug, wenige Augenblicke in die Zukunft zu sehen, bevor es tatsächlich passierte. Oder waren seine Kräfte gewachsen? Darüber hinaus beunruhigte ihn noch etwas. Er wusste nämlich immer noch nicht, wann dieser Angriff stattfinden würde.

 

Wortlos blickte er daraufhin zum Fenster hinaus. Ihm blickte ein klarer Himmel entgegen, die Nacht wäre sternenklar – wie immer. Demgegenüber würde folglich kein Vollmond erscheinen. Nicht heute und morgen auch nicht. Oder bestand die Möglichkeit, dass sie in Bulmas Träumen einen Powerball erschufen? Verwandelten sie sich aufgrund dessen in einen Oozaru?

 

„Von welcher Gefahr ging der vergangene König aus, Akira?“, wiederholte er nachdrücklicher.

 

„Siehst du... das Amulett?“, fragte er hustend, während seine tränengefüllten Augen zum gefallenen König sahen. „Nimm es und... und sieh es dir genau an. Schließlich gehört... es gehört nun dir, Vegeta.“ Und trotz des Verlustes seiner Kraft, bogen sich seine bebenden Arme durch, um sich das letzte bisschen Würde zu bewahren und sich selbst abzustützen.

 

„War Bulma die Gefahr?“

 

„Ja“, nickte Akira. „Bulma ist die Gefahr. Dein Vater war sich über das Ausmaß nicht im Klaren. Ebenso wenig mein Bruder, der meine Warnungen ebenfalls nur belächelte.“ Angrenzend hob er seinen Zeigefinger und deutete nochmals zum König. „Nimm das Amulett, Vegeta.“

 

Genervt stieß er infolgedessen Akira zur Seite, bevor er das Schmuckstück an sich nahm und betrachtete. Jedoch waren bloß zwei Saiyajins zu erkennen – umgeben von blauen Saphiren. „Ich verstehe nicht, was mir das Amulett sagen soll? Welche Bedeutung hatte es für meinen Vater?“ Zwischenzeitlich drehte er die silberne Schreibe in seinen Händen – hin und her. Das Blau der Saphire war so anziehend, das es nach jedem weiteren Drehen einen Funkenschauer über Vegetas markante Züge jagte. Er brachte es sofort mit Bulmas strahlenden Augen in Verbindung, die genauso glänzten wie die Edelsteine, die in der jeweiligen Fassung eingelassen waren.

 

„Dieses Amulett... Es ist ein Erbstück deiner Familie. Seit Anbeginn unseres Daseins auf diesem Planeten, wird es von König zu König weitergegeben.“

 

„Geht das auch deutlicher?“

 

„Vegeta, dein Vater schickte... er schickte dich zu meinem Bruder, weil er darauf baute, dass du dich änderst, wenn er dir deine Freiheiten entzieht. Der König verließ sich darauf, dass... dass du dich fügst, dich reumütig an ihn wendest und darum flehst, in den Palast zurückkommen zu dürfen, wenn er dich nur lange genug aufs Land geschickt hätte.“

 

Das erklärte ihm aber immer noch nicht, was es mit dem Amulett auf sich hatte. „Was ist mit dem Amulett?“

 

„Nachdem du zu meinem Bruder geschickt wurdest, lehnte sich dein Vater zurück. Er wog sich in Sicherheit und wartete. Allerdings -“

 

„Was, Akira? Was?“

 

„Er unterschätzte die Macht. Die Macht, wenn sich zwei Saiyajins näher kommen. Saiyajins, die... die seelenverwandt sind. Eine böse Eigenschaft, Vegeta, die nur alle zehntausend Jahre passiert. Zudem ist sie dafür verantwortlich, was deinen Vater in Angst versetzte, nachdem er davon erfuhr, was zwischen dir und... und Bulma passiert war.“ Seine Stimme wurde immer leiser, immer brüchiger. „Er wollte am Ende dafür sorgen, dass sie verschwindet.“

 

Vegeta verstand gar nichts mehr. Welche Gefahr sollte eine Saiyajin darstellen, deren Kampfkraft so gering war? Was bedeuteten die Saphire? „Ist es diesem absurden Grund auch zuzuschreiben, dass deine Familie vor einundzwanzig Jahren zur Erde gehen durfte und das Mädchen nichts von ihrer Herkunft wusste?“ Der Prinz stand vor den Trümmern seines Lebens. Das, was ihn bisher erheiterte, war nichts im Vergleich zu dem Leben, das er eigentlich leben sollte. Sein Leben wäre fortan eine Bürde und er hasste seinen Vater dafür, diese Vendetta gegen seinen Sohn geführt zu haben, statt ihm zu offenbaren, was das wahre Leben für ihn bereitstellte.

 

Dass er zu fremden Leuten geschickt wurde, schürte seine Verachtung seinem Vater gegenüber nur noch mehr und er konnte sich immer noch nicht erklären, wieso dieses perfide Spiel mit ihm, aber auch mit Bulma getrieben wurde? Wenn diese Saiyajin eine Gefahr für ihn und sein Volk darstellte, wieso wurde er dann zu ihr geschickt?

 

„Ja, Vegeta. Das ist der Grund“, versicherte Akira nickend, ehedem eine Träne zu Boden tropfte und er beflissen die Augen zusammenkniff, angesichts seiner Illoyalität. „Du und Bulma – ihr seid die beiden Saiyajins, die auf dem Amulett abgebildet sind.“

 

„Und das erfahre ich erst jetzt?“ Fassungslos starrte er Akira entgegen. „Was hat das zu bedeuten?“

 

„Die Legende besagt, dass – sobald sich das Paar findet – Vegeta-Sei untergehen wird. Aber dein Vater konnte dich nicht wegschicken, weshalb er meinem Bruder die Erlaubnis gab.“

 

„Woher“, murrte Vegeta augenblicklich, „habt ihr gewusst, dass wir die beiden Saiyajins sind?“

 

„Nach... Nach Bulmas Geburt erwies dein Vater meinem Bruder die Ehre, ihn in Empfang zu nehmen. Aber... als deine Mutter mit dir an ihrer Hand den Raum betrat, wurde ersichtlich, dass... ihr seelenverwandt seid.“

 

„Inwiefern?“

 

„Deine Mutter hob dich auf ihre Arme und näherte sich der Wiege, in der Bulma lag.“ Akira zwang sich regelrecht, weiterzusprechen. Er wollte das Geheimnis nicht lüften, jedoch würde der Prinz Antworten einfordern, die Akira – gehorsam wie er war – ihm geben würde. „Doch als sie der Wiege näher kam, umso blauer wurde der Nebel, der sich um deinen, aber auch um Bulmas Körper manifestierte.“

 

Verstört schüttelte Vegeta seinen Kopf, bevor er grinste. „Du weißt selbst, wie abwegig das klingt, oder?“

 

„Es ist die Wahrheit!“, beharrte Akira. „Ich lüge nicht, Vegeta.“

 

„Welche Macht muss dieses Amulett haben, um etwas so außergewöhnliches vorherzusagen?“, wollte er angespannt wissen, weil er das Puzzle immer besser zusammenfügen konnte. Es ergab mehr und mehr Sinn. Sollten sie sich näher kommen – was der Fall gewesen war –, würde Vegeta sein Volk ins Unglück stürzen... Folglich waren Bulmas Träume Zukunftsvisionen...

 

„Eine Macht, die dein Vater fürchtete.“

 

„Komische Macht, alter Mann, da mich dieser ominöse Nebel gar nicht umhüllte, nachdem ich dem Mädchen näher -“

 

„Weil dir erst jetzt klar wurde, was du für Bulma empfindest.“ Akira wollte nicht hören, was Vegeta und Bulma getan hatten. Er wollte es nicht wissen, weshalb er den Prinzen unterbrach, wissend, dass das Verhalten nicht geduldet wurde. „Damals erschien der Rauch, weil ihr euch zum ersten Mal gesehen habt. Das... Das Band zwischen euch wurde geschlossen – ein Band zwischen zwei Kleinkindern, deren Herzen rein waren.“

 

„Hast du deinem Bruder von dieser... Verbindung“, spuckte er angewidert aus, weil er es gar nicht glauben wollte, „erzählt?“

 

„Natürlich habe ich meinen Bruder gewarnt, aber er wollte nichts davon hören. Er sagte mir, dass das alles Schwachsinn sei. Dass es etwas wie Seelenverwandtschaft nicht gäbe – sich wissenschaftlich auch nicht belegen ließe.“ Akiras Lungen pressten sich gegen den Brustkorb, der drohte, jeden Moment auseinanderzureißen, weil er dem anhaltenden Druck nicht länger standhalten konnte. Selbst seine Armen begannen noch mehr zu zittern, die sein Körpergewicht nicht mehr allzu lange tragen konnten. „Ich habe immerzu versucht auf ihn einzureden. Ihm die Tragweite klarzumachen, aber er wollte nicht hören.“

 

„Und trotzdem“, bellte Vegeta zornig, „schickte mein Vater mich zu diesen Leuten? Ausgerechnet zu den Saiyajins, in denen er eine Gefahr für sein Volk sah?“ Akiras Worte trommelten unnachgiebig in seinen Gedanken – so laut, dass er später Kopfschmerzen bekäme. „Wieso Akira? Wieso ging mein Vater dieses Risiko ein?“

 

Der Thronerbe musste erkennen, dass das, was der Alte sagte, der Wahrheit entsprach. Nicht die Aura war es, die ihn in Bulmas Zelle umhüllte, sondern... sondern dieser blaue Dunst, von dem Akira sprach, als sich beide Saiyajins zum ersten Mal im Kleinkindalter sahen.

 

„Weil du ein eiskalter Saiyajin warst, der zwischen Gut und Richtig nicht unterscheiden konnte. Du... warst nicht im Stande, etwas abstoßendes wie Mitleid zu empfinden.“ Das Sprechen fiel Akira zusehends schwerer, doch Vegeta kannte kein Erbarmen. Er ließ den Saiyajin nicht zur Ruhe kommen. „Wir dachten, du... würdest ihr mit derselben Antipathie gegenübertreten“, keuchte er abgekämpft, während der Schmerz durch seine Glieder jagte und unerträglicher wurde. „Die Abscheu die du der Familie meines Bruders entgegengebracht hast, so dachte dein Vater, wäre die klügste Entscheidung, dich noch kälter und leerer werden zu lassen. Wir... Wir waren der Auffassung, dass dich dein Zorn -“

 

Er konnte nicht mehr sprechen, brach ab und sackte mit dem Oberkörper zu Boden. Akira fehlte die Kraft nochmals zu Vegeta zu sehen. Stattdessen sahen seine Augen den verstorbenen König, der noch immer – wie Akira selbst – am Boden lag.

 

„Ach so, ich war meinem Vater nicht aggressiv genug?“ Unglaublich. Deshalb spannte der König seine Richtschnüre im Hintergrund, legte die Fäden um Vegetas Körper als er noch ein Kind war, um ihn früh genug zu dressieren – wie ein Stück Vieh, das man zum Schlachten aufzog. Der innere Schmerz infolge der anbahnenden Kopfschmerzen war abartig. Sein Schädel brummte, woraufhin er sich von Akira abwandte und zum Thron marschierte. Er war naiv genug daran zu glauben, dass – wenn er nur weit genug von Akiras gesprochenen Worten wäre – sie nicht wahr waren.

 

Aber er irrte sich. Man konnte vor der Wahrheit nicht davonlaufen. Das hatte er schon oft versucht und nie war es ihm gelungen.

 

„Vegeta“, ächzte im Anschluss der Saiyajin am Boden. Vergeblich streckte er seine Hand nach dem jungen Saiyajin aus. „Du... Du weißt, was das bedeutet. Du wirst zum... zum König gekrönt. Tu das Richtige und... und entscheide dich nicht gegen dein Volk!“

 

Wie es schon sein Vater zuvor getan hatte, umklammerte Vegeta die harte Scheibe. Er wollte den bitterbösen Schmerz fühlen, bevor das Leid – Bulma nicht zurückholen zu dürfen – ihn innerlich auffraß. Seine Augen ruhten auf den beiden versilberten Saiyajins, während er die nachfolgenden Worte kaum hörbar an Akira richtete: „Ich darf sie nie wieder sehen?“

 

„Nein.“

 

„Und wenn ich mich weigere?“ Kurz wog er ab, wie er die Worte eindringlicher äußern konnte. „Was, wenn ich ihr trotzdem folge und den Planeten verlasse?“ Akiras Antwort würde sein Schicksal beeinflussen, obwohl Vegeta die Antwort schon kannte.

 

„Dann wird dein Volk zugrunde gehen, Vegeta. Die... saiyajinische Rasse wird aussterben – infolge einer unabwendbaren Katastrophe.“

 

Konnte er das verantworten? Durfte Vegeta sein eigenes Schicksal über das einer gesamten Bevölkerung stellen? War ihm dieser Egoismus gestattet, im Bezug auf seine Sehnsucht nach Bulma? „Wollte mein Vater diese Katastrophe mithilfe der Dragonballs abwenden?“

 

Wohl kaum. Der König war genauso eigensinnig wie der Sohn.

 

„Oder strebte er nach der Unsterblichkeit?“

 

Ein weiteres schwaches Nicken folgte. „Gewiss, dein Vater... er strebte nach Macht, Vegeta. Aber er wollte stets das Beste für dich und... und sein Volk.“

 

„Akira!“, knurrte Vegeta ungehalten, ehe er das Amulett noch fester in seine Handinnenfläche presste und den alten Mann anstarrte. „Treib es nicht zu weit!“

 

„Ja, er wollte Unsterblichkeit, um sich dieser Tragödie – die unweigerlich gekommen wäre – entgegenzustellen.“

 

Das war gelogen. Unsterblichkeit wünschte man sich, um sich selbst zu schützen – nicht um des Volkes Willen. Zischend hob er daraufhin seine Hand, in der er das Amulett hielt, denn ansehen wollte er dieses Ding nicht mehr, das alles zerstört hatte. Zu viel Unheil hatte es gebracht. Ihn überkam eher die Lust, es gegen die Wand zu schleudern – so fest, dass es die dicken Schlossmauern durchbohren würde.

 

„Glückwunsch, Akira. Ich war kalt und böswillig. Ich habe mich stets von Emotionen distanziert – eben das perfekte Abbild dessen, das mein Vater sich wünschte. Und was hat er mit seinem Handeln erreicht?“ Kurz wartete er, aber Akira antwortete nicht. „Er hat das erreicht, was er um jeden Preis verhindern wollte“, ergänzte er lachend – es klang jedoch nicht erfreut; viel mehr freudlos und gequält, als wäre es in einen Käfig eingeschlossen worden. Dass sein Gegenüber inzwischen Qualen litt, interessierte Vegeta kein Stück. Es hatte sich auch niemand für ihn interessiert, weshalb er lieber das edle Polster des Thrones musterte. Zeitgleich fuhr sein Zeigefinger bedächtig über die Armlehne. Des Weiteren befiel ihn der Skrupel sich tatsächlich auf diesem Stuhl niederzulassen.

 

Allerdings würde er früher oder später auf diesem oder einem anderen Thron Platz nehmen müssen, da er nun der Herrscher Vegeta-Seis war.

 

„Wie... Wie meinst du das?“

 

Säuerlich warf er die Gehhilfe hinter sich, bevor er sprach: „Mein Gott, Radditz, gib ihm dieses Drecksding.“ Ferner resümierte er die Begegnung zwischen ihm und Bulmas Vater. Er rezitierte seine Worte in Gedanken, nachdem man das Mädchen mit ihm in einer verfänglichen Lage – gefangen in ihrer Lust – im Bad vorgefunden hatte, die eigentlich ungesehen bleiben sollte.

 

Ich hatte gehofft, dass ich zu dir durchringe – einem stählernen Panzer, den man mit Herzlichkeit und Güte bremsen könnte, aber noch immer vergesse ich, dass du ein Saiyajin bist – einer der schlimmsten, die ich bisweilen erleben musste. Obwohl ich dir ein Dach über dem Kopf gegeben habe, dich trotz des Misstrauens meiner Familie an deren Leben teilgenommen lassen habe, habe ich – ungeachtet meines Gerechtigkeitssinn – meinen Willen durchgesetzt und dich aufgenommen. Ich wollte dir ein Leben zeigen, das dich erkennen lässt, wie gut es dir in Wirklichkeit geht. Ich hatte Erwartungen. Logisch, du hattest die auch, als du gezwungen wurdest, zu uns zu kommen.“

 

Noch immer taten dem zukünftigen König die Worte weh. Sie schmerzen, weil er versagt hatte.

 

Ich habe über deine herablassende Art hinweggesehen, weil du nichts anderes kennst als die Extreme. Ich habe dir Freiheiten gelassen und alles, was ich dafür verlangt habe, war, dass du lernst, Verantwortung zu übernehmen. Das, Vegeta, war alles, was ich wollte. Ich habe gar keine Dankbarkeit erwartet, aufgrund dessen, dass dir sowieso alles an deinem königlich privilegierten Hintern vorbeigeht. Auch habe ich mit Widerstand gerechnet, aber das... das, was ich eben sehen musste, hätte ich am allerwenigsten erwartet. Ich weiß, dass du der Prinz dieses Planeten bist und irgendwann mein König sein wirst – dem ich Loyalität schwöre. Aber ich werde all das vergessen und meine Ideale über Bord werfen, wenn meine Familie Schaden davon trägt. Und obzwar ich die ganze Zeit gehofft hatte, dass du lernst, Verantwortung zu übernehmen. Wirklich, ich hatte es inständig gehofft, dass du baldmöglichst lernst, was es heißt, für seine Familie – sowie für sein Volk – Verantwortung zu übernehmen. Ich zum Beispiel übernehme Verantwortung, indem ich meine Tochter vor dir schütze und dich nach Hause schicke, ganz gleich, welche Konsequenzen ich daraus ziehen werde.“

 

Ja, das waren die verletzenden Worte ihres Vaters, die er gezielt gegen den Prinzen gerichtet hatte, ehe er ihn seines Hauses verwies. Indessen mahlten seine Zähne unaufhörlich aufeinander, während er all das Revue passieren und erkennen ließ, dass er gezwungen war, endlich Verantwortung zu übernehmen, wenn er sein Volk vor dem drohenden Unheil schützen wollte. Vegeta würde – und es tat schmerzlich weh, das zuzugeben – alle Konsequenzen akzeptieren. Er würde Bulma in Ruhe lassen, so schwer es ihm auch fiel und da sie sowieso nicht mehr auf Vegeta-Sei war, würde es ihm unter Umständen sogar leichter fallen, nicht nach ihr zu suchen. Jedoch müsste er verhindern, dass sie mit Kakarott zurück käme. Und er würde zurückkommen, wenn er Radditz' Hilfeersuchen richtig gedeutet hatte.

 

Und das zu befehligen... Es wäre der schwerste Schritt in seinem Leben, dafür zu sorgen, dass Bulma nie wieder einen Fuß auf seinen Heimatplaneten setzte. Denn ein gesprochener Befehl, sowie die daraus resultierenden Ergebnisse wären endgültig.

 

Getroffen von dieser Erkenntnis, rieb Vegetas zitternde Hand über sein abgeschlagenes, verschwitztes Gesicht. Sein Herz hämmerte wild gegen die Innenseite seines Körpers – als würde es schreien und ihn gleichermaßen zwingen, einen solchen Befehl nicht auszusprechen. Es rebellierte – offensichtlich nicht machtvoll genug. Sein Herz wollte, dass Vegeta ihm folgte. Er dürfte diesen eingetroffenen Zustand nicht akzeptieren, wenngleich es die beste Lösung war, wenn sie nicht zurückkäme...

 

Jedoch gab es etwas, das ihn aufregte – fernab seines rebellierenden Herzens. Die Tatsache, dass sein Vater gewonnen hatte – selbst über den Tod hinaus hatte er gewonnen. Der alte König hatte es geschafft, Vegeta zum Wohle des Volkes zu verändern, statt auf das zu hören, wonach sein Herz verlangte – wenn auch nicht mit dem gewünschtes Effekt, bezüglich der Kaltherzigkeit, die sich geradewegs verabschiedet hatte. Sie segelte friedlich vor Vegetas Augen zu Boden und er würde dabei zusehen, wie sein Geist darauf herumtrampelte.

 

„Vegeta, was... was meinst du?“, stellte Akira abermals die Frage – kraftvoller, nachdem Radditz ihm die Gehhilfe gab und ihm auf die Beine geholfen hatte. Gekränkt, als er an seinem einstigen König mit gesenktem Haupt vorbeiging, erreichte er den unerreichbaren, neuen König, den Akira selbst zum König krönen würde.

 

Der weise Saiyajin hatte Bedenken, was Vegetas Krönung betraf, aber er musste lernen, mit dieser Umstellung fertig zu werden.

 

„Ich habe der Familie deines Bruders das Leben zur Hölle gemacht“, antwortete er ehrlich, ohne dem alten Mann entgegenzublicken. „Ich war bereits das Monster, was mein Vater aus mir erschaffen wollte. In frühester Kindheit hatte er den Grundstein für mein späteres Verhalten geschaffen und das war ihm nicht genug.“ Knurrend wollte er sich abschotten. Vegeta wollte, dass Akira ihm vom Leim blieb, aber er hatte die Rechnung ohne diesen alten, penetranten Sack gemacht, der ihm keinen Zentimeter von der Seite weichen wollte. „Seine Idee, mich ausgerechnet zu den Leuten zu schicken, von denen er mich später fernhalten wollte, hat dazu geführt, dass ich Veränderungen durchlebt habe. Das Mädchen... ist kein namenloses Gesicht mehr. Nur ihretwegen werde ich Verantwortung übernehmen! Da ich jetzt aber weiß“, lachte er affektiert auf, „dass ich mich ihr nicht nähern darf, macht es unerträglich, weiterzuleben. Aber das war vermutlich genau das, was ihr euch als Notfallplan ausgedacht habt, richtig?“

 

„Ja, Vegeta.“ Obwohl der Prinz ihn nicht ansah, nickte Akira bestürzt. „Das Leid, das du empfindest, wird dir verhelfen, mitleidslos zu sein. Es wird dich darin stärken, noch erbarmungsloser vorzugehen. Diese... Diese schreckliche Erfahrung wird dein Herz gänzlich einfrieren und das muss so sein.“

 

„Wieso?“

 

„Dein Herz“, antwortete Akira bekümmert, „muss kalt sein, da es ansonsten Einfluss auf deine königlichen Entscheidungen haben könnte.“

 

„Falsch“, erwiderte Vegeta, um die Aussage des Saiyajins zu korrigieren. „Lass deine Heuchelei, Akira. Ihr wolltet, dass die Verbitterung mich soweit treibt, dass ich meine Gegner mit noch mehr Härte eliminiere.“ Das war es doch, was er Vegeta mit auf den Weg geben wollte.

 

„Ja“, gestand er. „Das war letztendlich das Ziel deines Vaters. Wir dachten jedoch nicht, dass -“

 

„- wir die Büchse der Pandora öffnen? Zu spät, aber weißt du was, Akira?“ Rasch hatte er sich dem ergrauten Saiyajin zugewandt, ihm finster entgegengesehen, um ihm wahrhaftig zu zeigen, wie böse er sein konnte. „Ich dachte immer, du wärst ein weiser Mann. Ich war wirklich der Annahme, dass ich nie Gelegenheit bekäme, dir das zu sagen, aber ich habe mich geirrt: Überzeugungen, wie ihr sie hattet, sind gefährlichere Feinde der Wahrheit, als jede Lüge.“ Der junge Saiyajin spürte schon jetzt die Verbitterung. „Aber eins habt ihr nicht geschafft, Akira.“

 

Verdutzt hoben sich die grauen Augenbrauen nach oben.

 

„Die Katastrophe aufzuhalten. Und erst recht wirst du nicht in den Besitz der Dragonballs kommen, was dir sowieso nichts nützen würde, da du sie erst in einem Jahr benutzen könntest – angesichts des Umstandes, dass die beiden Erdlinge dank der Kugeln hierher kamen. Nachdem sie ihren Wunsch geäußert hatten, haben sich die Kugeln nämlich in Stein verwandelt.“ Entschlossen verließ er im Anschluss die Empore erneut und steuerte den Hinterausgang des Thronsaals an, ohne sich noch mal umzusehen.

 

Er atmete erst jetzt erleichtert aus. Anschließend drehte er sich um und starrte dem Saiyajin entgegen, der ihm gefolgt war. „Radditz, ich werde dir aus der Gosse helfen – nachdem du mir einen sehr wichtigen Dienst erwiesen hast.“

 

Selbstlos war Vegeta jedoch nie, aber bevor er gänzlich in seinem Leid ertrank, würde er all jene fortschicken, die seine spätere Verbitterung zu spüren bekämen...

 

 
 

~*~

 

 

Drei Wochen waren vergangen, seit Bulma zusammen mit Kakarott in eine der beengten Raumkapseln geschoben und zur Erde geschickt wurde – mit dem klaren Befehl, nicht ohne die Dragonballs zurückzukehren. Ihr Hinweis, dass das nichts bewirkte, wenn sie fündig wurden, schien keinen der Wachen zu interessieren, nachdem man sie von den Ketten befreite und mit einem letzten warnenden Blick die Luke der Kapsel verschloss. Sie wollten ihr nicht glauben und zogen es sicherlich auch nicht in Betracht, den König darüber zu informieren, was andererseits ihr Glück gewesen war. Wüsste dieser nämlich die Wahrheit... Oh, sie hätten diesen tyrannischen Planeten womöglich nie verlassen dürfen.

 

Aber ihre Eltern... Yamchu und Chichi... Sie waren noch dort...

 

Ja, das Wort Glück war nicht zutreffend. Dennoch hielt Bulma tapfer ihren Dragonradar in den Händen, während sie das Land durchstreiften – auf der Suche nach... nach irgendetwas. Es war das einzige gewesen, was man ihr erlaubte mitzunehmen – nebst Kleidung und einiger Hoipoi-Kapseln.

 

Ob man ihre Eltern, Chichi und Yamchu als eine Art Pfand einbehielt, um zu gewährleisten, dass Bulma und Son Goku mit den Kugeln nicht durchbrannten?

 

„Hey, alles in Ordnung?“

 

Schmunzelnd kehrte Bulma aus ihren Gedanken zurück und sah zu ihrem Son Goku auf, der ihr jeden Tag dieselbe Frage stellte und sich nach ihrem Befinden erkundigte. Tja, und Bulma? Sie gab ihm jeden Tag dieselbe Antwort. „Nein, und bei dir?“

 

„Nein“, entfuhr es ihm traurig – wie jeden Tag, nachdem Bulma ihm die Gegenfrage stellte. Und trotz aller Diskrepanzen – die zwischen seinem Bruder und ihm herrschten – musste der großgewachsene Saiyajin feststellen, dass Radditz ihm fehlte. So sehr er sich auf der Erde auch heimisch fühlte, so war das Gefühl jedoch nicht mehr wie damals, als er noch nichts von der Existenz seines Bruders und dessen Heimatplaneten wusste.

 

„Wird sich wohl so schnell auch nicht ändern, oder?“

 

„Ich denke nicht, nein“, erwiderte der Saiyajin betrübt, während er neben Bulma trottete.

 

„Du, Son Goku?“, entkam es Bulma, obwohl sie sich gar nicht sicher war, ob sie die Antwort auf ihre nachfolgende Frage wissen wollte. „Kann ich dich etwas fragen?“

 

„Sicher?“

 

„Was... Was bedeutet Onna?“ Sie wollte ihn gar nicht danach fragen. Zu viele Erinnerungen an Vegeta löste dieses schlichte Wort in ihr aus – schöne, aber auch weniger schöne. Dennoch zerbrach sie sich immer wieder hinsichtlich der Bedeutung den Kopf darüber. Mit Sicherheit hatte Vegeta sie belogen, als er ihr die Bedeutung offenbarte und gerne hätte sie gewusst, inwiefern sie beleidigt worden war.

 

„Onna?“, hakte Son Goku argwöhnisch nach. „Hat... Vegeta dich etwa so genannt?“ Ihr Ausdruck genügte, um ihn verstehen zu lassen, dass Vegeta derjenige war, der Bulma so genannt hatte, woraufhin er grinste. So war es also... Der Prinz nannte sie so. „Onna ist eine abwertende Bezeichnung für eine Frau.“

 

„Ja?“

 

„Ja, leider. Es ist mit dem Wort Weib gleichzusetzen.“

 

„Ach so“, nickte Bulma deprimiert. Aber sie hatte so etwas schon geahnt. Als wäre Vegeta je im Stande gewesen, ihr etwas nettes zu sagen. Wie dumm sie eigentlich doch war, sich auf ihn einzulassen, wo – und es klang noch dümmer – Turles es war, dem sie noch immer aufrichtige Gefühle zuschrieb. Turles war noch immer der Saiyajin, bei dem sie sich sicher gewesen war, in keine Schwärmerei zu verfallen. Zu ihm fühlte sie sich ernsthaft hingezogen. Ihm wollte sich Bulma öffnen, ihn kennen, vielleicht sogar irgendwann lieben, aber Turles war auch noch immer der Saiyajin, der sie verraten hatte.

 

Und Bulma hatte ihn verraten, nachdem sie sich hinreißen ließ, mit... Vegeta zu schlafen. Ausgelöst durch Turles' Verrat, den das Mädchen nicht verkraften konnte.

 

Aber war ihr Verhalten kein Zeichen dafür, dass Turles nicht der Richtige war, wenn sie sich in die Arme eines anderen flüchtete? Nein, es zeigte doch nur ihre Verzweiflung auf, hinsichtlich ihrer Gefühle zu Turles, oder?

 

„Ich verstehe“, gab sie noch deprimierter zu verstehen, während sie die nächsten Koordinaten studierte, die der Dragonradar anzeigte. Bisher hatten sie nur drei der sieben Steinkugeln finden können. Es war dieses Mal anders. Die Suche nach den Kugeln erwies sich als mühevoll, aufgrund des Drucks, der auf den Schultern der zwei jungen Saiyajins lastete. Ihre damalige Suche nach den Dragonballs war im Vergleich zu heute sehr angenehm, lustig und weniger bedrohlich. Son Goku und sie hatten unendlichen Spaß, sie hatten so viel gelacht, die wildesten Abenteuer erlebt und neue Freunde dazugewonnen. Und heute? Heute kreisten die Gesichter ihrer Eltern, sowie die Gesichter ihrer beiden Freunde in ihren Gedanken umher, woraufhin sie kummervoll gen Himmel sah. „Son Goku?“

 

„Ja?“

 

„Was ist, wenn wir nicht alle Kugeln finden?“ Die drei schweren Steine trug ihr bester Freund in einer Umhängetasche, weil sie in ihrem jetzigen Zustand zu schwer für Bulma gewesen waren.

 

„Denk das nicht, Bulma.“ Doch sein gespielt fröhlicher Unterton wurde von einer elegischen Stimmlage getrübt. Auch ihm ging es miserabel und natürlich dachte er ebenfalls über die Konsequenzen nach, obwohl er immer so optimistisch gewesen war. „Wir werden weder unsere Familie, noch unsere Freunde im Stich lassen, Bulma. Sie bauen auf uns, hörst du?“

 

Auch Son Goku dachte an Yamchu und... und Chichi. An das Mädchen, an das er sich nur vage erinnern konnte. Er dachte zusätzlich an Muten-Roshi. Ebenso erinnerte er sich an die gemeinsamen Abenteuer mit Bulma, Yamchu, Pool und Oolong.

 

„Aber weißt du, was mir gerade in den Sinn kam?“ Geradewegs steuerte er einen See an, an dessen Ufer er sich setzte und sich unbekümmert ins Gras fallen ließ – die Arme hinter seinem Kopf verschränkt, den Blick nach oben zu den Wolken gerichtet.

 

„Erzähl es mir“, entgegnete Bulma, nachdem sie sich neben Son Goku legte. „Was kam dir in den Sinn?“

 

„Dass ich dir nie erzählt habe, wie oft ich an dich denken musste, nachdem ich auf Vegeta-Sei angekommen war.“

 

„Ist das wahr?“, flüsterte Bulma freudig, bevor sie ihren Kopf zur Seite neigte und das Profil des erwachsen gewordenen Son Gokus musterte.

 

„Ja“, gestand er genauso leise. „Du warst... Nein, falsch: Du bist meine beste Freundin, Bulma.“ Augenblicklich setzte er sich aufrecht hin, nahm einen der flachen Steine, die den See umsäumten und warf ihn schwungvoll über die Wasseroberfläche – er vollführte den Wurf so schnell, dass er die jeweiligen Sprünge gar nicht mitzählen konnte. „Du warst das erste Mädchen, das ich jemals gesehen hatte und... wir waren so jung, Bulma“, erzählte er weiter. Aufgrund dieser Ehrlichkeit konnte er sie jedoch nicht ansehen. Nicht aus Scham... Vielleicht doch, weil er ihr es nicht früher gesagt hatte. Son Goku wusste es nicht. „Du hast mir so wahnsinnig gefehlt. Du kannst dir vielleicht nicht vorstellen, wie sehr ich dich vermisst habe. Aber... ich hab unendlich an dir gehangen.“ Nun blickte er ihr doch entgegen – in ihr strahlendes Gesicht. „Unsere Dragonballsuche hat mich gelehrt, was Freundschaft heißt. Sie hat mir gezeigt, dass du meine erste, richtige Freundin warst.“

 

Auch Bulma setzte sich hin, doch anders als Son Goku, landete ihre Hand sanft auf seinem Unterarm. „Und das werde ich immer sein, Son Goku. Wir beide werden immer eine andere, engere und außergewöhnliche Verbindung zueinander haben.“

 

Schmunzelnd fuhr er fort: „Als ich mich nach dem Turnier auf den Weg zu Muten-Roshi gemacht habe, habe ich mir die ganze Zeit gewünscht, dass du mich besuchst. Aber statt dir, kam Radditz. Mein Bruder nahm mich mit nach Hause, ohne dass ich mich von dir verabschieden konnte. Dieser Tag war der schwärzeste meines Lebens.“ So wehmütig er sich anhörte, so glücklich war er, als er an die junge, abenteuerlustige Bulma und ihre gemeinsamen Abenteuer dachte. „Ich weiß gar nicht, wieso ich dir das nie erzählt habe. Vielleicht weil ich gehofft habe, dass du das schon längst weißt?“

 

So übersichtlich er seine Worte gewählt hatte, so einfach sie auch zu verstehen waren... Es waren Worte, die gewaltigen Einfluss auf Bulma nahmen, die sich daraufhin übergangslos in seine Arme stürzte. „Du hättest keinen besseren Zeitpunkt abwarten können, mir das zu sagen, Son Goku“, schniefte sie überglücklich. Seine Offenbarung war Balsam für ihre Seele. „Du wirst immer mein bester Freund bleiben“, ergänzte sie, während ihre Finger sich in seinen Kleidern festkrallen. Am liebsten hätte sie ihn gar nicht mehr losgelassen, nachdem auch er die Umarmung erwiderte. Am liebsten würde sie für immer hier neben ihm sitzen bleiben, während sie seine schützenden Arme um ihren Körper spürte.

 

„Wie herzergreifend“, unterbrach eine knurrende Stimme das offene, ehrliche Gespräch.

 

Just in dem Moment schreckten die beiden am Boden gebliebenen Saiyajins auseinander – jedoch nicht weit genug, da sie sich immer noch im Arm halten konnten. Ihre Blicke schossen allerdings nach oben, von wo die gefährlich klingende Stimme herkam. Da sie aber gegen die Sonne sahen, war es ihnen wiederum unmöglich, den Ankömmling zu erkennen. Zumindest für Bulma, denn Son Goku schien den Eindringling auf Anhieb erkannt zu haben. Das verrieten seine zusammengekniffenen Augen, die sich weiteten, nachdem er eine Hand über seine Augen hob, um die Sonnenstrahlen abzuschirmen.

 

„Radditz?“, entfuhr es ihm entrüstet. Aber es gab keinen Zweifel. Am Himmel schwebte seine Bruder – jedoch nicht alleine. Unweigerlich hatte er den zweiten Schatten erkannt.

 

Nun war es Bulma, deren Augen immer größer wurden. Unverzüglich löste sie sich von Son Goku. Sie sprang regelrecht auf ihre Beine, wonach sie mehrere Schritte zurücktrat, um tatenlos mit ansehen zu müssen, wie die beiden Saiyajins auf der Erde landeten.

 

„Turles?“, stotterte ihre brüchige Stimme. Die Ankunft der beiden konnte nur eines bedeuten: Sie hatten zu lange gebraucht. Ihre Zeit war abgelaufen und nun waren Radditz und Turles gekommen, um ihnen mitzuteilen, dass...

 

Nein. Das würden sie nicht sagen. Sie würden Bulma nicht die vernichtenden Worte an den Kopf knallen.

 

„Was... macht ihr hier? Wir“, fuhr sie nahtlos fort, „suchen umgehend weiter. Das hier“, beteuerte sie und deutete um sich, „war bloß eine kleine Pause. Ehrlich.“

 

Doch statt ihr zu antworten, charakterisierte Turles die blauhaarige Frau fassungslos, die aufgewühlt mit ihren Armen gestikulierte und sich zu erklären versuchte. Es verstörte den jungen Mann, das Mädchen so aufgebracht zu sehen – offensichtlich seinetwegen. Setzte sie etwa sein Erscheinen mit dem Allerschlechtesten was ihr in den Sinn kam in Relation? Assoziierte sie ihn geradezu mit Unheil?

 

Möglicherweise. Oder dachte sie immer noch, dass er derjenige war, der ihre Freunde verraten hatte? Wenn ja, würde es ihn wahrlich treffen. Vor allem, nachdem er anfing, viel mehr in ihr zu sehen, als eine gewöhnliche Saiyajin. Dass sie ihn zudem für so berechnend hielt, war komisch. Denn trotz seiner Zwänge – sich nicht entscheiden zu können, was richtig und falsch war – hatte er endlich erkannt, dass er sie mochte. Sehr sogar. Er hatte sogar gehofft, dass sie es sehen konnte, anhand ihrer damaligen Gespräche, aber dem war offenbar nicht so gewesen – was ihn noch mehr bestürzte. Aber wieso? Wieso kränkte es ihn so sehr?

 

Allerdings ließ sein eiskalter Blick nichts durchsickern. Niemand konnte sehen, in welch innerlichem Konflikt er sich gerade befand.

 

„Habt ihr die Kugeln?“, wollte Radditz stattdessen wissen und überging Bulmas Frage. Er wollte sich schlichtweg nicht mit ihr unterhalten. Nicht, nachdem er wusste, was ihretwegen auf dem Spiel stand. Wüsste er es nicht besser, hätte er behauptet, die ganze Zeit während der Unterhaltung zwischen Vegeta und Akira Blut und Wasser geschwitzt zu haben – so beängstigend war die Wahrheit gewesen. „Kakarott, habt ihr die Kugeln?“, wiederholte er seine Frage aggressiver.

 

„Nein. Nein, noch nicht alle. Wir haben erst“, bemerkte er, während er in seine Tasche griff um nochmals nachzuzählen, „drei Kugeln ausfindig machen können.“

 

„Was? Erst drei?“, fauchte Radditz.

 

„Radditz, wir brauchen mehr Zeit, da die Kugeln auf der gesamten Erde verstreut wurden. Die Zeit müsst ihr uns geben.“

 

Unterdessen beäugte Turles unauffällig die Umgebung und gestand sich ein, dass die Erde ein wahrhaftig schöner Planet war, den er sich bei seinem ersten Besuch nicht näher ansehen konnte. Damals drängte ihn die Zeit. Er hatte sich auch nicht sonderlich viel für sein Umfeld interessiert, aber sein heutiger Auftrag war klar. Heute brachte er genügend Zeit mit, um sich mit der Erkundung der Erde zu befassen. Immerhin hatte Vegeta ihm sehr präzise Anweisungen gegeben.

 

„Mehr Zeit?“, fragte Turles süffisant. „Soweit wir informiert sind“, knurrte er anschließend seinem Ebenbild entgegen, nachdem er den Abstand zu ihm und Bulma schloss, „seid ihr im Besitz eines Radars, der euch die genauen Positionen der jeweiligen Kugeln übermittelt. Demnach braucht ihr nicht mehr Zeit, sondern mehr Tempo!“

 

„Turles, bitte. Die Erde ist bedeutend größer als Vegeta-Sei“, konterte der Saiyajin.

 

„Ist auch völlig egal“, mischte sich Radditz in die Unterredung mit ein. „Wir sind aus einem anderen Grund hier.“

 

„Der da wäre?“, kam prompt die Gegenfrage aus Son Gokus Mund.

 

„Gekommen sind wir, um dich“, feixte Radditz, dessen Zeigefinger auf seinen jüngeren Bruder gerichtet worden war, „zurück nach Vegeta-Sei zu bringen.“

 

„Was?“ Nun verstand der Saiyajin, der Turles so ähnlich sah, überhaupt nichts mehr. „Wieso soll ich nach Vegeta-Sei zurückkommen?“ Seine Augenbrauen hoben sich verwundert in die Höhe, ehe er ausgiebig sowohl seinen Bruder, als auch Turles bestaunte. „Wir haben erst drei -“

 

„Unwichtig“, kommentierte Radditz schnippisch, der mittels einer einzigen Handbewegung seinem Bruder den Weg zur Kapsel wies, welche sie nach Vegeta-Sei zurückbrachte.

 

„Radditz, wir sind hier, weil wir die Dragonballs suchen müssen.“ Dass man ihnen hinterher spionierte, konnte er verstehen. Der König wollte auf Nummer sicher gehen. Den Entschluss – Son Goku zurückzubringen – verstand er dagegen nicht. Das entzog sich seinem Verständnis. „Ich kann nicht mit dir zurückgehen.“

 

„Gehorche, Kakarott“, warnte der große Bruder den kleineren. „Ich handle im Namen des Königs und du wirst parieren! Ansonsten“, ermahnte er seinen Bruder nochmals, „wende ich Gewalt an.“ Ja, weder sein kleiner Bruder, noch das Mädchen wussten, dass sich die Umstände vor drei Wochen geändert hatten – und das nur, weil das Mädchen zur Erde geschickt wurde.

 

„Was ist mit Bulma? Ich werde sie nicht alleine zurücklassen.“

 

„Wird auch nicht nötig sein, Bruderherz“, erwiderte der Vollblut-Saiyajin hämisch, nachdem er die Arme vor der Brust verschränkte.

 

„Also darf sie mitkommen?“ Son Goku fragte vorsichtshalber nach, weil Radditz die ganze Zeit davon sprach, nur ihn mit nach Hause zu nehmen.

 

„Nein“, erwähnte Turles, der sich folglich zwischen Kakarott und Bulma schob. „Ich werde mit ihr auf der Erde bleiben.“ Indessen überlief ihn ein Schauer, als sein Verstand ihm vorschlug, seine Hand nach ihr auszustrecken – sie... sie einfach zu berühren, um den Kontakt zu ihr zu vertiefen. Aber er war ein Saiyajin, der sich beherrschen musste, weshalb er bloß regungslos vor ihr stand, jedoch allzeit bereit, ihr zu folgen, sollte sie es in Erwägung ziehen, die Flucht zu ergreifen.

 

„Moment. Wieso soll ich nach Hause?“

 

„Hör endlich auf, alles in Frage zu stellen. Beweg dich zur Kapsel, aber plötzlich“, fauchte Radditz, dessen Geduld noch nie die beste gewesen war.

 

„Nein, warte.“ Verzweifelt blieb Bulma stehen, nachdem sich Son Gokus Bruder knurrend zu ihr wandte. Er zwang sie mit seinen Blicken ihm nicht näher zu kommen, woraufhin sie erstarrt neben Turles stehen blieb. „Bitte. Bitte sag mir, was mit meinen Eltern geschehen ist? Was ist mit Chichi und Yamchu? Sind sie auch hier?“ Ihr Kopf ruckte von der einen zur anderen Seite – von Radditz zu Turles. Hin und her. „Habt ihr sie -“

 

„Du stellst zu viele Fragen, Mädchen!“ Der Saiyajin, dessen Haare zu den Kniekehlen reichte, drehte sich brummend ab – nicht gewillt, dem Mädchen zu antworten. Stattdessen betätigte er den Knopf seines Scouters, der ihm den schnellsten Weg zurück zur Kapsel navigieren sollte.

 

„Ich bitte dich, Radditz“, rief Bulma ihm mit ausgestrecktem Arm hinterher. „Bitte sag mir doch, wo meine Eltern sind.“ Sie wollte ihm nachlaufen, ihn zwingen – obgleich ihr das nicht möglich war –, Bulma endlich Aufschluss über den Verbleib ihrer Familie zu geben. Doch als sie sich in Bewegung setzte, war es Turles, der sich ihr in den Weg stellte. Er versperrte ihr das Vorankommen, was die Saiyajin empörte. „Lass mich vorbei!“

 

„Du wirst ihm nicht folgen.“ Bestimmend umfingen seine Hände ihre Handgelenke, bevor er sie nach hinten trieb, indem er einen Schritt nach vorne trat und sie einen nach hinten setzen musste.

 

„Du sollst mich loslassen, hab ich gesagt!“

 

„Und ich“, knurrte er, „habe dir gesagt, dass du ihm nicht folgen wirst!“ Nach dem Fiasko auf Vegeta-Sei, hatte Vegeta unverzüglich nach Turles rufen lassen, der ihn umgehend über alles informiert und von Kakarotts Ebenbild verlangt hatte, mit ihr auf der Erde zu bleiben. Zugegeben, Turles war in Anbetracht dieses Befehls schockiert. Noch erschrockener war er jedoch, nachdem Akira in Vegetas Beisein noch etwas offenbarte.

 

Etwas, wovon selbst Vegeta noch nichts wusste. Unter Eid musste Turles dem neu gekrönten König schwören, niemals ein Wort darüber zu verlieren, denn es stand viel mehr auf dem Spiel, als die Ausrottung der Saiyajins. Akira hatte ihm erklärt, weshalb es so wichtig war, dass man auf Bulma Acht gab, denn es gab noch eine Verbindung zwischen Bulma und dem König. Eine, die alles verändern konnte. Sollte Bulma nämlich etwas zustoßen, würde auch Vegeta sterben. Demzufolge hätte Vegeta-Sei keinen König mehr. Ein Umstand der nicht tragbar wäre. Und trotz der Abneigung die Vegeta Turles gegenüber verspürte, gab er ihm den Befehl, Bulma zu schützen, ungeachtet dessen, dass Turles anfing sie zu mögen.

 

Oh ja, Vegeta wusste es. Er hatte keinen Hehl daraus gemacht und dem Krieger gesagt, dass er Turles nur zur Erde schickte, weil er wusste, dass der königliche Soldat alles dafür tun würde, das Mädchen zu schützen, das... er liebte.

 

„Du wirst mit mir auf der Erde bleiben. Haben wir uns verstanden, Bulma?“ Ihm selbst passte es nicht, hier zu bleiben, aber im Gegensatz zu anderen Saiyajins wusste er nun mal – und das besser als andere –, wo sein Platz war.

 

„Nein, niemals“, spie Bulma aufgelöst. „Deinetwegen ist es soweit gekommen und ich werde mich hüten, dem jemals zuzustimmen!“

 

„Es ist nicht wichtig, was du willst. Es wurde bereits entschieden.“

 

Verzweifelt versuchte sich die Saiyajin aus seinem Gruff zu befreien. Krampfhaft suchte sie nach einer Lösung, die sie aber nicht fand. „Nein! Du hast uns verraten!“

 

„Es wird dich überraschen“, begann er unheilvoll und näherte sich ihrem Gesicht, „aber ich habe euch nicht verraten.“

 

„Beweg dich endlich, Kakarott“, schrie Radditz aus weiter Entfernung seinem Bruder zu, der stehen geblieben war, um dem Gespräch folgen zu können.

 

„Bulma, wieso hätte ich das tun sollen?“ Fürsorglich strich eine Hand über ihre Wange, während er ihr Handgelenk weiterhin mit der anderen festhielt. „Ich habe dich nach dem Überfall mit zu mir genommen. Ja, ich gebe zu, ich habe zu spät reagiert, aber es wäre doch etwas kontrovers, wenn ich euch verrate und dich später mitnehme, oder?“

 

Ja, es wäre skurril, aber diese Ehrlichkeit könnte genauso gut gespielt sein, oder? Aber wieso sollte er zugeben, zu spät eingegriffen zu haben? Weil er sein Gewissen reinwaschen wollte?

 

„Glaub mir, ich bin noch weniger über den Zustand erfreut, aber wir werden uns arrangieren müssen“, fuhr er flüsternd fort. „Damit leben wir beide am gesündesten, wenn wir -“

 

„Nein!“. Bulma wollte es nicht hören, weil sie gar nicht mehr wusste, wer die Wahrheit sprach und was sie glauben sollte. Ihr Kopf war zudem unglaublich schwer geworden. „Nein, bitte lass mich mit Son Goku zurückgehen. Bitte, Turles!“

 

„Du glaubst mir immer noch nicht“, bemerkte er augenrollend, bevor er aufseufzte. „Ich habe dich nicht verraten. Es war jemand anderes und verzeih mir, dir das so offen zu sagen, aber es war nicht sonderlich schwer, deine Freunde zu entdecken, denn große Mühen haben sie sich nicht gemacht, was das unentdeckt bleiben anging“, unterrichtete er sie über die wahren Begebenheiten. Es war auf die Unvorsichtigkeit der Erdlinge zurückzuführen, dass sie erwischt wurden. „Totipa sichtete deine Erdenfreunde, als man Vegeta von eurem Haus zurück zum Palast eskortierte. Es war so einfach, deine Freunde zu entdecken und es bedurfte gar keine weiteren Mühen, herauszufinden wer sie waren. Ein Knopfdruck unserer Scouter hatte genügt, um Totipa zu sagen, dass sie keine Saiyajins waren.“

 

Umgehend erstarb ihre heftige Gegenwehr, infolge dieser Ansage. Ihr leerer Blick suchte in seinen Augen nach einem Hinweis. Sie wollte sich durch dieses undurchdringliche Schwarz seiner Augen bohren, ihn der Lüge überführen, aber so sehr sie sich bemühte, sie glaubte ihm seltsamerweise. „Du... Du hast uns nicht verraten?“, wisperte sie kopfschüttelnd.

 

„Nein, habe ich nicht“, replizierte er geknickt. „Und da du das nun weißt und hoffentlich auch verinnerlicht hast, werde ich dich loslassen, in Ordnung?“

 

„In Ordnung.“

 

Er hielt sein Wort, indem er sie aus seiner Gefangenschaft entließ.

 

Bulma hingegen musste ihren niederen Stand akzeptieren. Der König erteilte den ausgesandten Saiyajins freie Befehlsgewalt. Ferner musste sie sich mit dem Gedanken anfreunden, heute keine Antworten zu erhalten – so sehr sie es sich auch wünschte. Aber sie wollte Son Goku nicht in Schwierigkeiten bringen, weshalb sie davon absah, weiter nach Radditz zu rufen – der über den Verlauf dieses Aufeinandertreffens Stellung beziehen müsste. Unter keinen Umständen wollte sie infolgedessen dafür verantwortlich sein, dass ihrem besten Freund – dem sie nun entgegensah – etwas geschah, sobald er einen Fuß auf Vegeta-Sei setzte.

 

„Darf... Darf ich Son Goku auf Wiedersehen sagen?“, fragte sie bibbernd, ohne den Blick von Son Goku abzuwenden. Es war ihr auch egal, dass sie wie ein Häufchen Elend vor Turles stand. Ihre Würde hatte sie ja bereits verloren, weil sie schon soweit gesunken war, dass sie jemanden um Erlaubnis fragte, ihren Freund verabschieden zu dürfen. Aber auch diese Bürde nahm sie auf sich, nachdem sie wieder an Son Gokus Worte dachte – daran, wie schlimm es für ihn gewesen war, dass er sich damals nicht von Bulma verabschieden durfte. Dieser Schmerz sollte ihren besten Freund nie wieder befallen. „Bitte Turles“, schluchzte sie dieses Mal heftiger, nachdem er nicht antwortete.

 

„Halte ihn nicht zu lange auf.“ Wieder hob er seine Hand und wieder zog er sie zurück, als er ihrer Schulter näher gekommen war. Er konnte es einfach nicht über sich bringen, sie zu zwingen, ihm entgegenzublicken. „Die Reise nach Vegeta-Sei beansprucht Zeit, wie du weißt.“ Parallel trat er zur Seite und sah mit schmerzlicher Miene dabei zu, wie sich zwei alte, loyale Freunde Lebewohl sagten, denn ein Wiedersehen war nicht vorgesehen...

 

Nein, womöglich würden sich die beiden Freunde nie mehr wieder sehen, weil Vegeta es verbot. Aber das Mädchen und auch Radditz' kleiner Bruder waren ein gutes Beispiel – ja, fast ein Sinnbild. Sie erschufen den Inbegriff einer wahren, unzertrennlichen Freundschaft und eines hatte auch Turles verstanden: Im Herzen gab es keine Kilometer.

 

Aber Turles hatte sich schon immer gegen so etwas wie eine Freundschaft entschieden, da man nicht nur auf sich, sondern auch auf andere hätte aufpassen müssen – etwas, das er nicht wollte. Insgeheim wusste er, dass er sich selbst belog, denn die Realität sah doch anders aus. Auch Turles hatte sich verändert, als er Bulma immer mehr kennengelernt hatte.

 

Anschließend – nachdem bereits mehrere Minuten verstrichen und die Freunde sich stillschweigend umarmten – tauschten Turles und Radditz wissende Blicke untereinander aus, ehe der in der Luft schwebende Saiyajin das Wort an seinen Bruder richtete.

 

„Das genügt, Kakarott!“

 

„Bulma, bitte wein doch nicht“, flüsterte Kakarott, anstatt auf seinen Bruder zu hören. „Ich werde immer -“

 

„Bulma, komm“, rief Turles im Gegensatz zu Radditz feinfühliger. Er schrie nicht, so wie es sein Wegbegleiter getan hatte.

 

„Bulma, ich werde immer dein bester Freund bleiben, ja?“

 

„Und... Und ich deine beste Freundin.“

 

„Genau. Auf immer und ewig.“

 

Mit Tränen in den Augen sah Bulma zu Son Goku hinauf, in dessen Gesicht sie eine Träne entdeckte, die er angestrengt daran hindern konnte, über seine Wange zu laufen.

 

„Kakarott, ich wiederhole mich nicht noch einmal!“

 

Ein letztes Mal drückte er ihre Hand, bevor er sich leichtfüßig vom Boden abstieß, langsam nach oben glitt und Bulmas Arm mit nach oben zog. Wenige Zentimeter schwebte Son Goku über dem Boden, hielt inne und sah seiner Freundin entgegen. Er schämte sich, angesichts der Schwäche, die es zugelassen hatte, Bulma zu verlassen, aber ähnlich wie sie, wollte er Schaden von ihr abwenden.

 

„Kakarott, es reicht, verdammt nochmal. Lass endlich ihre Hand los!“, befahl Radditz erzürnter.

 

Es war so unendlich schwierig, sich voneinander zu trennen, aber es musste geschehen. Sie mussten in die jeweils entgegengesetzte Richtung gehen, um ihren Familien, sowie ihren Freunden zu helfen. Sie mussten das Leben derer schützen, die sie liebten. Jeglicher Widerstand wäre folglich zwecklos. Gesetzt dem Fall, sie würden sich nicht beugen, so wussten beide, würde man liebend gern eine harte Strafe über sie aussprechen – was auch der Grund war, dass sie nicht protestierten, sondern ihre verschlungenen Hände schweren Herzens voneinander lösten.

 

Abschließend war sie wimmernd zu Turles gelaufen, während Son Goku mit herabhängenden Schultern in die Lüfte gestiegen war, um gemeinsam mit seinem Bruder in der Ferne zu verschwinden. Aber Bulma konnte nicht fliegen, weshalb sie mit Turles den Weg per pedes zurücklegen würde. Bevor jedoch auch sie in der Ferne verschwand, drehte sie sich noch einmal um... und sie wusste, es wäre falsch, zurückzublicken. Aber sie konnte nicht anders. Sie musste Son Goku noch einmal nachsehen, woraufhin ihre rechte Hand nach oben schoss – direkt vor ihr Gesicht, das sie gegen ihre Handinnenfläche drückte. Sie wollte Turles einfach keinen Einblick in ihr Innenleben, sowie der dazugehörigen Trauer gewähren. Hinzu kam, dass man nicht sehen durfte, wie sich ihr Gesicht verzog, aufgrund der aufkeimenden Tränen.

 

Allerdings fehlte ihre die Kraft, sich auf ihren wackeligen Beinen zu halten, weswegen sie auf ihre Knie sank und ihrer Trauer freien Lauf ließ, indem sie hinter vorgehaltener Hand bitterlich zu weinen anfing.

 

Turles hingegen wahrte die nötige Distanz und wartete, bis sie sich beruhigte, ehedem sie ihren unbekannten Weg stumm fortsetzten...


Nachwort zu diesem Kapitel:
Puh... harter Tobak das ganze :> Und Freunde, es tat mir so weh, Bulma und Son Goku zu trennen... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Nicimimi
2018-08-14T15:56:14+00:00 14.08.2018 17:56
Seit 2 Wochen hast du kein neues Kapitel mehr online gestellt ich warte schon sehnsüchtig.. deine Schreibweise fasziniert mich mit jedem Kapitel neu bitte schreib schnell weiter und stell und nicht auf die Folter.
Von:  sama-chan
2018-07-30T10:21:48+00:00 30.07.2018 12:21
Was für ein trauriges, niederschmetterndes und aufwühlendes Kapitel.
Wow. Da muss ich erstmal kurz Luft holen.
Erst der Tod von Vegetas Vater, dann die Enthüllung über das Amulett, dann die Trennung erst von Vegeta und dann von Son Goku und jetzt muss Bulma noch zusammen mit Turles auf der Erde bleiben. Ohne ihre Eltern und Freunde. Uff. Vor allem: Gut ab vor Vegeta! Einfach so sein Mädchen mit seinem Nebenbuhler allein auf einen anderen Planeten schicken - alle Achtung! Das hat ihm ordentlich was abverlangt!
Ich denke aber noch sehr positiv: Goku und Bulma werden auch nicht das letzte Mal gesehen haben. Genau so wenig Vegeta und Bulma. Zumindest hoffe ich da auf deine Barmherzigkeit als Autorin 😘


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