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Und den Fluch im Kielwasser...

von

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Tortuga

Autor: Tsutsumi

Teil:2/?

Titel: "...Und den Fluch im Kielwasser..."- Tortuga

Disclaimer: Die Welt von "Fluch der Karibik" und alle ihre Charas gehören nicht mir, sondern zu Disney

Warnung: sappy, OOC würde ich sagen und später Shounen Ai
 

...Und den Fluch im Kielwasser...
 

-Tortuga-
 

"Willkommen, Fremder! Hier fließen Milch und Honig...! Hier ist das versteckte Paradies, mein Herr!" Der Betrunkene lallte noch irgendetwas, ehe er wie ein Kartoffelsack vom Fass, auf dem er gehockt hatte, kippte und plump und schwer auf der Erde liegeblieb, wie ein Seelöwe schnaufte. Zwei Füße stiegen vorsichtig über ihn hinweg, ein Augenpaar musterte ihn noch einmal sorgfältig, sah, wie er sich auf dem Bauch wie ein Schweinchen kugelte, kicherte und rülpste. Tortuga... Will schlich durch die Gasse, stieg über weitere "Hindernisse" hinweg, wich Hunden aus, beäugte aus der Ferne eine aufreizend gekleidete Frau, die ihm Schlafzimmerblicke wie vorgefertigt zuwarf, argwöhnisch. Warum nur hatte er an diesen schrecklichen Ort zurückkehren müssen?! Warum musste das so sein?! Zumal Will nicht wusste, ob ihm dieses Rattenloch hier überhaupt eine Hilfe sein würde...
 

Er erinnerte sich an letztes Mal zurück, dachte daran, wie Jack ihn wie einen kleinen Jungen förmlich durch Tortuga geschleift hatte, wie ihm diese beiden Weibsbilder schallende Ohrfeigen verpasst hatten, erinnerte sich an die kurzzeitig verbliebenen roten Fleckchen, die auf der Piratenwange geleuchtet hatten. Vor ihm tauchte jener Platz auf, noch immer so chaotisch wie eh und je. Zwei Piraten stolperten an ihm vorbei, hatten sich die Arme auf die Schulter des jeweils anderen gelegt und sangen laut und schief ein Lied, fuchtelten so wild mit ihren Bierkrügen herum, dass das Getränk durch die Gegend spritzte. Es stank... Es stank nach Rum hier, nachDreck und nach der Erde, auf der die Betrunken lagen, fielen, tanzten oder sich übergaben. Der junge Mann rümpfte unwillkürlich die Nase. Es hatte ihm schon beim ersten Male hier nicht gefallen. Überall lungerten die ungewaschenen, stinkenden Kerle, begrapschten willige Frauen, die ihnen den Rum noch mit Flaschen einhalfen und deren Brüste halb aus den Kleidern herauszuspringen schienen. Überall lagen leere Bierfässer herum, überall saßen aufgeschwemmte Piraten mit schwarzen Ringen unter den Augen. Angewidert suchte sich Will einen kurzen Weg, stieg durch Pfützen, versuchte nicht im Schussfeld von einem (liebes)wütigen Piraten zu sein. Diesmal hatte er keinen Jack Sparrow dabei, der ihn lotste, der ihn beinahe an die Hand nahm und ihm alles zeigte. Er spürte genau, wie sehr er den Mann dahingehend vermisste... Es war damals durchaus einfacher gewesen...
 

Doch er hatte keine Wahl... Dies war die einzige Möglichkeit, die ihm eingefallen war...
 

Vorsichtig stieg er auf die Veranda des Piratensaloons, wich wieder Schnapsleichen und zirzenden Frauen aus. Über ihm auf den Balkons knallten ständig Pistolenschüsse, von denen er zusammenzuckte. Im Inneren des Gebäudes war es noch schlimmer.

Es schien sich zumindest hier nichts verändert zu haben. Noch immer...oder schon wieder prügelten sich Kerle durch die Kneipe, hingen Pärchen in den Ecken, beschäftigt mit ganz eindeutigen Dingen, es war als hätten sie nie aufgehört. Beinahe hätte Turner zwei linke Haken mit abbekommen, doch er konnte noch früh genug ausweichen und kämpfte sich durch die stinkenden Massen nach vorne zum Tresen. Der Wirt sah auch nicht gerade vielversprechend aus. Zumindest seinem Aussehen nach zu urteilen trank er mit dem Bart mehr als mit dem Mund, hatte er schon seit frühester Kindheit keinen Kamm mehr gesehen und einen Waschlappen erst recht nicht. Will musste sich zusammenreißen. Er drängte nach vorne, beugte sich über Tresen und wartete, bis ihm der schmierige Kerl einen Hauch von Aufmerksamkeit schenkte. "Wassoll's'nsein?" nuschelte der Barmann belustigt. "Hab Rum, hab ander'n Schnaps, hab Bier!" Er lachte und entblößte hässliche Zahnstummel. "Ich möchte gar nichts trinken!" erwiderte Will so laut er konnte, musste er doch gegen den lärmenden Mob nebenan anschreien. "Ich wollte Euch eigentlich um eine Auskunft bitten!"
 

"Ho, wo sin'wir dennhier?" gröhlte der Barmann, griff schwankend nach einem Geschirrhandtuch und einem Glas. "Das is'ne Kneipe, Junge, hier gib's nur was su trinken un' Näschereien!" Er blinzelte zu einer Frau herüber, die sich gerade dem Tresen näherte, mit aufreizendem Gang und noch aufreizender Kleidung. "Wenn der Herr 'ne sanfte Nacht wünscht, ich hätt' noch Simmer su vergeb'n!" Er lachte wieder, diesmal dreckig und hinterhältig und schwankte noch ein bisschen mehr. Will seufzte innerlich, blies halb schon den ganzen Plan, den er sich zurechtgelegt hatte, ab. Dieser Kerl würde ihm kein bisschen helfen, das war schon mal klar soweit... Er drehte sich wieder herum, sah die Frau sich nähern und sich neben ihn an den Tresen stellen. Und erst bei näherem Hinsehen erkannte er ihre hohen, fast kantigen Wangen, ihren rot angemalten Mund und die blonde Hochsteckfrisur wieder. "Giselle!" entfuhr es ihm überrascht, beinahe wie dem verblüfften Jack vor beinahe acht Wochen. Den Unterschied machte die nicht folgende Ohrfeige. Das Weib starrte ihn überrascht an. "Ja. Bin ich. Und mit wem habe ich die Ehre?"
 

Sie lächelte spitz, beinahe giftig. "Ich ähm...Ich bin ein Freund von Jack...Ihr kennt doch Jack noch, nicht wahr?" Will hatte trotz allem Angst eine Ohrfeige zu bekommen, nur durch die Tatsache, Sparrows Namen genannt zu haben. Giselle legte den Kopf leicht schief. "Ich kannte mal einen, der so hieß!" sagte sie scharf, lächelte dann wieder aufreizend, trat einen Schritt näher. "Wer weiß, wo den der Wind hingetragen hat!" "Aber genau das muss ich jetzt wissen! Ihr wisst nicht zufällig, wo er gerade ist?" Die Blondine lachte spöttisch; "Gute Güte, selbst wenn ich das wüsste, ich täte gut daran, das schnell wieder zu vergessen!" Sie betrachtete Will einen Moment lang nachdenklich, dann veränderte sich ihr Gesichtsausdruck schnell in den einer geschäftlich interessierten Frau; " Nun...warum sucht ihr den denn, mein junger Herr?" Ihr spitzer Finger fuhr neugierig Wills eine Kragenseite nach, langsam, fast bedrohlich. Neben den beiden quetschten sich weitere Piraten an den Tresen, so dass Giselle schnell an Will gedrängt wurde. Er konnte ihre Brüste gegen seinen Oberkörper drücken spüren. "Ich muss ihn finden!" presste er angestrengt heraus. "Ich brauch seine Hilfe, ganz dringend!"
 

Giselle lachte ein zweites Mal, nur lauter und giftiger. "Mein Junge, dafür kommst du nach Tortuga?! Ich bitte dich!" Es wurde immer enger zwischen den beiden. "Das ist reine Zeitverschwendung! Jack Sparrow hat nur sich selbst im Sinn und sonst niemanden, der wird dir niemals helfen!" Will spürte ihre Hand an seinem Hals, es gefiel ihm nicht, dass sie ihn einfach berührte. Dass sie ihn so anstarrte. "Ich werde ihn schon soweit bringen!" murmelte er, versuchte, einen Schritt rückwärts zu gehen. Doch es ging nicht. "Pah, da müsstest du ihm schon ganz gewisse Dienste erweisen, junger Herr!" spottete Giselle. Ihre Hand strich nachdenklich über seine zusammengebundenen langen Haare. "Glaub mir, der Tunichtgut kreuzt hier schon wieder auf, spätestens wenn er neuen Rum braucht! Kannst ja hier so lang warten!" Sie kicherte wieder. "Ich könnte dir Gesellschaft leisten...!"
 

Und dann war ihr Gesicht ganz nahe an seinem, er roch Schwaden von billigen Parfum, die ihn einhüllten, ihn willig machen wollten. Sie hatte die Arme um seinen Hals gelegt, lächelte ihn an, hatte einen kaum merkbaren und doch aufreizenden Augenaufschlag. "Immerhin..." raunte sie und schmiegte sich noch enger an ihn, "...bist du doch ein höflicher und liebenswürdiger junger Kerl!" Ihre blauen Augen schienen ihne beschwören zu wollen. Und Will wusste, dass er nur ein Strich mehr in ihrer Liste war, nur eine Eroberung mehr... Er musste plötzlich daran denken, wie Giselle sich wohl von Jack hatte aushalten lassen. Je näher sie ihm kam, desto mehr wurde ihm klar, dass dieser Frauenkörper auch schon in Jacks Armen gelegen haben musste, dass er sich an ihr ergötzt haben musste. Und in seinem Kopf baute sich ein einzigartiges, nie dagewesenes Bild eines nackten Pärchens, das sich eng umschlang, keuchend und kollabierend.

Will schluckte, wich sofort vom Tresen weg. "Nein...nein, tut mir leid, das geht nicht!" Doch das Bild wollte nicht aus seinem Kopf, nein, es war einfach da, wie allgegenwärtig. Er versuchte an Elizabeth zu denken, doch das tat weh, presste ihm die Luft aus der Brust, machte sie hart wie Stein... Ohne auf die Frau zu achten, stürmte er wieder hinaus aus dem Saloon, rannte einfach los, zurück zum Hafen. Er ertrug es einfach nicht, dort zu bleiben, zwischen all den Besoffenen Piraten, den anzüglichen Damen, dem hässlichen Barmann....
 

Auf halbem Wege verlangsamte er seinen Schritt. Wieso nur hatte er gedacht,dass es so einfach wäre? Wieso nur hatte er sich eine schnelle Lösung ausgemalt? Er hatte doch tatsächlich gedacht, dass er bald wieder zu Elizabeth zurückkehren würde können, mit ihr wieder glücklich sein können. Doch er hatte eines außer Acht gelassen... Jack Sparrow war kein Ritter in schimmernder Rüstung, der sich genau jetzt in Torturga aufhalten würde.

Wenn Will ganz großes Pech hatte, jagte die Black Pearl gerade über den Atlantik, der Freiheit hinterher...
 

Doch wie sollte er als unbeholfener Schmied allein zur Isla de Muerta gelangen?
 

Langsam war er geworden, setzte beinahe bedächtig einen Fuß vor den anderen, während es in seinem Kopf arbeitete. Was, wenn Jack hier nicht auftauchte? Was sollte er dann machen? Sich wieder in seinen kleines Segler setzen und einfach auf und davon fahren, nach irgendwo?

Denn was sollte Elizabeth sonst mit ihm machen? All die Leute in Port Royal... Käme er so zurück, würden sie ihn entweder steinigen oder irgendwann vor Gericht zerren, die Leute waren unberechenbar wenn sie Angst vor Flüchen hatten. Und er würde es ihnen nicht einmal verübeln. Vor Will tauchte der Hafen auf, einigermaßen still und verlassen. Die Nacht hatte sich über Tortuga gesenkt und als Will zum Himmel sah, tauchte blass und voll der große Mond zwischen den flaumigen Wolken auf. Die braunen Augen starrten ihn hasserfüllt an, verfluchten ihn geradezu, gleichzeitig fuhr Turner wieder ein eiskalter Schauer über den Rücken.
 

Es war spät...

Er lief über den Steg, heftete seinen Blick auf die von der See durchgesalzenen Bretter, solange bis er neben seinem Boot stand. Der Mond strahlte erbarmungslos auf ihn nieder, sah scheinbar zu, wie er sich in das Boot legte, sich eine Decke aus seinem Beutel suchte und sie bis über den Kopf zog. Er hoffte, jetzt niemanden sehen zu müssen...

Das Boot schaukelte ein wenig und sanft. Wellen schwapperten leise und von den Straßen Tortugas schallte noch immer leise die Musik herüber, die Pistolenschüsse. Und mittendrin versuchte sich der Mann an seine Geliebte zu erinnern. An ihre Stimme, wenn sie ausgelassen gelacht hatte, wenn sie am Klavier gesessen und gesungen hatte. An ihre funkelnden Augen, wild und sanft zugleich. Doch sein Kopf war leer... Das Schaukeln lullte ihn schnell ein... Möven kreischten ihm nach bis in den Traum...
 

Die nächsten Tage wurden zur Totur des Schmiedes. Denn sie bestanden nur aus einem- Warten. Warten auf den nächsten Tag, den nächsten Morgen, auf das nächste Frühstück, den nächsten Besuch in der Kneipe, wo der Barmann auch nicht freundlicher wurde,aber dort nichts trinken. Warten auf Giselle, die sich ringsum, wenn auch widerwillig, erkundigte ob jemand etwas über einen nahenden Besuch des Jack Sparrow in Tortuga wüsste. Warten auf das Abendessen im Saloon, auf den Abend, auf die einsame Nacht im Boot. Warten auf neue Alpträume, warten auf neue Schiffe. Warten....Warten... Warten auf Jack Sparrow...

Die ersten drei Tage verbrachte Will damit, auf der Insel herumzulaufen und sie zu erkunden. Er lernte einige der Damen kennen, manche mit Namen und stellte fest, dass diese auf jeden Fall eine bessere Gesellschaft für ihn waren als die Männer, die entweder den ganzen Tag besoffen waren oder stanken wie ein Schweinestall...oder beides. Er trank Wasser, aß Rührei mit Schinken, gewöhnte sich an den immerwährenden Lärm der Pirateninsel. Es gab keinen Ärger. Die Stunden wurden lang und länger, wie Gummi, und ebenso schienen sie nicht voranzugehen sondern wieder zurückzuschnipsen, sobald er nicht mehr auf sie achtete. Er saß auf glühenden Kohlen, versuchte sich noch immer, an Elizabeth zu erinnern. Doch sein Kopf schien mit jedem Tag leerer zu werden.

Vom vierten bis zum zehnten Tag wurde die Hoffnung immer weniger. Als ob der Mond, der nun wieder zur Sichel wurde, sie mit sich nahm. Will spürte eine tiefe innere Verzweiflung in sich aufkeimen, wachsen. Er goss sie mit jeder vergeudeten Stunde, mit jedem Gedanken, den er an Jack verschwendete. Wo war dieser Kerl? Was machte er? Spürte er denn nicht irgendwo, dass er gebraucht wurde, konnte sein Kompass, der nie nach Norden zeigte, sich nicht auf den Kurs nach Tortuga richten wie von Zauberhand? Will lernte im Saloon noch mehr Leute kennen, unter anderem auch Piraten, die ihn jedoch nicht allzu ernst nahmen und sich damit vergnügten, ihn aufzuziehen, ihm unerhörte Piratenwitze zu erzählen, von denen er als junger Mann noch rot wurde. Er aß immer noch Rührei mit Schinken und bekam davon Sodbrennen. Musste an Äpfel denken. An Barbossa... An die Isla de Muerta, zu der er unbedingt zurückkehren musste, doch von der er nicht wusste, wie er sie finden sollte. Er drehte sich mit den Gedanken im Kreis. Giselle bezirzte ihn unaufhörlich, kam jedoch immer wieder mit derselben Nachricht; Die Black Pearl blieb entschwunden.

Vom elften bis zum zwanzigsten Tag änderte sich nur wenig. Der Mond nahm in der Nacht immer mehr ab und Will wartete auf Neumond. Er hatte keinen besonderen Grund dazu, nur dass an Neumond vieles, ja, fast alles wie früher wurde. Ihn wieder zum Menschen machte... Das Sodbrennen ging wieder weg, doch stattdessen stellte sich in Wills Körper eine immerwährende Schwäche ein. Doch es kümmerte ihn kaum noch. Der Lärm in Tortuga war zum sanften Säuseln geworden, Will hatte sich daran gewöhnt, dass die Frauen sich so in das Mieder zwängten, dass ihre Brüste halb aus dem Kleid hinausschauten, dass sie sich halb im Parfum badeten und sich die Lippen blutrot anmalten. Er hatte sich daran gewöhnt, jeden Tag in das Gesicht des Saloonbesitzers zu starren, doch er hatte sich nicht daran gewöhnt, dass er noch immer wartete. Will Turner seufzte minütlich, lief morgens und abends die Klippen ab und spähte auf das Meer. Doch nur selten näherten sich Schiffe der Insel, es verließen sie nur ab und zu welche. Ansonsten geschah nichts. Und er begann, Jack Sparrow zu hassen, mehr als er es je zuvor getan hatte. Seine Lippen rissen auf von der salzigen Luft, vom Salzwasser, das er den ganzen Tag um sich herum hatte. Er hasste Jack und beschimpfte ihn im Gedanken, bohrte ihm sein Schwert im Traum durch die Piratenbrust. Doch es geschah noch immer nichts...
 

Ab dem einundzwanzigsten Tag hörte er auf zu zählen, hörte er auf zu hoffen. Es war sinnlos geworden. Jack ließ ihn, ohne dass er es wusste, im Stich. Verdammter Pirat! Will aß eines Tages nicht mehr Rührei mit Schinken, er ergatterte irgendwo verschrumpelte Äpfel und schlang sie herunter. An seinen Wangen, seinem Kinn, an seiner Lippe spross der Bart ungehindert, in seine Haare legte sich das Meersalz wie eine dünne, klebrige Schicht. Ihm wurde schlecht vom Gestank der Männer im Saloon und trotzdem saß er jeden Abend länger darin, auch auf die Gefahr hin, dass der Mond hineinscheinen und ihm den Grund zeigen mochte, warum er hier war. Inzwischen hatte er Elizabeth aus seinem Kopf verbannt. Er träumte in den Nächten nur von Jack mit den dunklen Augen, der sich über ihn beugte und ihn schadenfroh angrinste, immer näher kam...ihm warmen Atem ins Gesicht blies und somit allgegenwärtig wurde. Doch wenn Will aus diesen Träumen erwachte, wurde ihm umso klarer dass der Pirat weit weg war. Sich nicht einfach hergezaubert hatte. Es tat weh das zu wissen...
 

Eines Abends reichte es ihm. Er saß im Saloon, starrte einen der ergatterten Äpfel an, doch hatte keinen Hunger auf ihn. Zigarrenrauch flutete durch alle Ritzen des Gebäudes und inmitten des Qualms kam Giselle auf ihn zugestackst. "Iss nicht soviel von dem Grünzeug!" quietschte sie und ihr blutroter Mund zog sich in die Länge. "Du hast schon genug Farbe im Gesicht!" Er schaute sie nicht an, starrte nur trübsinnig auf den Apfel. Das Stück Obst war nicht besonders groß, war gelb mit einem roten Fleck, der sich beinahe einmal um ihn herumzog. Über die Haut zogen sich Falten wie im Gesicht eines alten Mannes. Will wartete, bis Giselle sich an den Tisch gesetzt hatte und ihm schmeichelnd die Hand auf das Knie legte.

"Was ist mit der Pearl?" raunte er und hätte sich im nächsten Moment am liebsten die Ohren zugehalten. Denn er wusste doch ganz genau, dass sie es wieder sagen würde... Dieses... "Nein...niemand hat was von ihr gehört." Ja, da war es wieder. Zuverlässig wie schon drei Wochen lang... Giselle hatte wohl wieder ihren traurigen, mitleidigen Blick aufgesetzt, bei dem sie Turner immer aus großen, blauen Puppenaugen anzuschauen pflegte. Aber dieses Mal sah er sie nicht mehr aus Höflichkeit an. Er starrte nur auf diesen Apfel. "Verfluchter Halunke..." presste er leise hervor. Sein Kopf begann wehzutun. Wegen des Qualmes, wegen des Gestankes nach Rum... wegen allem! Jack Sparrow war ein dummer, dunkler, alles andere als zuverlässiger Piratenhund und dies schien ihm auch noch zu gefallen! "Wieso, woher soll er denn wissen, dass du ihn so dringend suchst?" sprach Giselle durch den Zigarrennebel zu ihm. Sie nahm den Apfel mit spitzen Fingern auf, drehte ihn vor ihrem Gesicht, roch daran. "Liebster, du erweckst in mir wahrlich den Eindruck, dass du Sehnsucht nach diesem Freibeuter hast!" Nun sah Will doch hoch. Einerseits weil sie den Apfel in der Hand hielt und andererseits wegen ihrer Worte. Entgeistert starrte er sie an, blinzelte verwirrt. "Was?!" Sie legte den Apfel wieder auf den Tisch und rückte näher an ihn heran, so nahe dass sich die Luft mit ihrem Duft anreicherte. "Du gehst morgens auf und ab und wartest. Du fragst mich jeden Tag voll Ungeduld, mein Lieber! Deine Augen beginnen zu funkeln, wenn du mich nach der Black Pearl fragst. Es ist....als ob..." Sie rutschte noch näher, wandte sich ihm zu und legte sanft ihre Arme um seinen Hals. Er konnte in ihre klaren blauen Augen sehen, vermischt mit einem hellen Grauton, der sanft im Schein der vielen Kerzen im Saloon funkelte. Eigentlich war sie hübsch. Sehr hübsch sogar. Doch zuviele Männer hatten ihr diese frauliche Schönheit genommen, sie hatte Krähenfüße an den Augenwinkeln und ihr Lippenstift war ein wenig verschmiert. Sie sah verbraucht aus...Strohig ihr Haar, überrot ihre Wangen... Sie wirkte wie etwas Irreales auf Will und das machte ihn nervös. Und nun starrte sie ihn an mit großen Augen, brachte ihren Kopf noch näher, bis sie ihm ins Ohr hauchen konnte..."...als ob du dich nach ihm verzehrst...!"
 

Der Apfel fiel, gänzlich unbemerkt, auf den Holzboden. Die Musik schallte von draußen umso lauter herein und irgendwo knallte der Schuss einer alten Kanone. Will spürte Giselles Arme an seinem Hals, spürte plötzlich ihre weichen, roten Lippen auf seiner Wange. Er hörte das leise Schmatzen, ein kleines nichtiges Geräusch, das immer wieder und wieder in seinen Ohren hallte, in das Rauschen seines Blutes einzudringen schien. Was sie gesagt hatte, fesselte ihn an den Stuhl, fesselte ihn an die Frau, die ihm nun die Lippen weich und gierig zugleich auf den Mund presste, die aus ihrer Kehle ein leises Quietschen aufgurgeln ließ. Der Kuss hatte keinerlei Bedeutung für ihn. Er tat ihn ab wie eine lästige Tagespflicht, zog den Kopf zurück. Ihre Lippen waren klebrig...Er spürte die rote Farbe auf sich liegen, ja kleben. Hässlich. "Was redest du da?!" brachte er mit wütendem Gesicht hervor, ohne auf den Kuss einzugehen. Es war, als habe sie ihm etwas gestohlen.... Etwas, das zuvor nur ein Mensch besessen und in sich eingeschlossen hatte... Elizabeth. Gleichzeitig bedrückte ihn der Gedanke an Jack... Er sollte in ihn verliebt sein? Sich nach ihm sehnen? Sich nach ihm verzehren...? "Du kennst meine Gründe doch gar nicht!" Giselles Augen wurden dunkler. Wurden geheimnisvoll. "Nein..." wisperte sie und sah zur Seite. Strich mit den schmalen, feinen Fingern an Wills Hals entlang. "Das weiß ich wirklich nicht... Ich weiß gar nichts von dir." Und mit einem Mal wirkte ihre schwarze Schminke an den Augen wie eine Last, wirkte der Lippenstift wie eine zweite Haut, die sich zu Falten zusammenzog. Das Mädchen unter der Maske zeigte sich, starrte zu Boden, während es mit seiner flachen Hand noch einmal den Kragen des Mannes streifte. Die blonden Haare, aufgetürmt zu einem Bausch aus Locken und Wellen, zitterten ein wenig, als sich die Frau räusperte. "Trink einen Rum, Will!" Dann sah sie ihn wieder an...und schien plötzlich wie zurückverwandelt. Und dazu das Fiedeln der Geige von draußen... "Trink wenigstens einen, das bringt dich für heute Nacht auf andere Gedanken!" Sie lächelte. "Ich hole dir einen, ja?"
 

Die Welt war bunt geworden...und irgendwie verschwommen! Es war, als ob sich Wills Pupillen abwechselnd zu- und dann wieder auseinanderzogen. Wie ein wunderbarer Effekt, den die Maler verwendeten... Er war in einem Kunstwerk! In einem Kunstwerk, dass sich bewegen konnte, und das, wo er nicht einmal etwas von Kunst verstand! Will stolperte die lange Straße entlang, beobachtete amüsiert die Leute, die ihm entgegenkamen und nur zu lachen, nur zu grinsen schienen. Hoch oben über ihm schien der fahle, wieder zunehmende Mond, verwandelte all die Menschen, die er sah, zu dem, was er verflucht war zu sehen in dieser Welt...jetzt... Doch diesmal war es nicht schrecklich, es macht ihm keine Kopfschmerzen und brachte ihn nicht dazu, wegzulaufen und sichzu verkriechen. Nein, es sah richtig witzig aus, wie ihre Knochen knirschten und knackten und ihre großen Augäpfel in den Höhlen schwammen! Manchmal blieb Will stehen, starrte jemanden an, zeigte mit dem Finger auf ihn und lachte sich halbtot. Einer vergolt es ihm damit, dass er seinen Rum über ihn ausgoss, doch davon musste Turner noch mehr lachen. Er stiefelte die Straße zum Hafen entlang und die Leute wurden immer komischer. Er fragte sich nicht einmal, warum das so viele waren. Wirr hingen ihm Strähnen, die sich aus seinem Zopf gelöst hatten, auf die Schultern herab, wirbelten sich zu kleinen Locken, ungebändigt für diesen Augenblick. Er war eins geworden mit Tortuga. Mit dieser Stadt, die er immer verabscheut hatte. Er hatte sich von Giselle abküssen lassen, hatte sich von ihr abfüllen lassen bis zum letzten, stank jetzt genauso, sah genauso hässlich aus. Er war Pirat, verdammt nochmal! Ein armseliger, dummer Pirat, der sein gesamtes Leben hinter sich gelassen hatte, halleluja!

Es war ihm innerlich zum Heulen. Doch der Rum in seinem Blut verhinderte die Tränen und zwang ihn dazu, immer zu lachen, nur zu lachen und zu grinsen, den Schmerz damit zu betäuben. Er hatte nicht das Gefühl zu taumeln und zu stolpern, nein er tanzte vielmehr, wie auf einr Wolke, inmitten dieses verschwommenen Kunstwerkes. Und mittendrin tauchte in seinem Kopf wieder das Gesicht Jack Sparrows auf. Dieses grinsende Gesicht. "Enchantä!" lallte der junge Mann vor sich hin, machte einen halben Diener und musste kichern. "Ihr seid also...diesa...Dschäck..." Er murmelte es leise vor sich hin, lief wie ein geisteskranker weiter. Der Mond starrte stumm. Und immer mehr Piraten säumten den Weg, hatten wohl gerade mehrere Schiffe am Hafen angelegt. Der Mann in Wills Kopf grinste. Turner spürte, wie sich langsam sein Magen umzudrehen schien. Er wusste nicht, wieviel Rum er getrunken hatte... "Verdammter Pirat..." nuschelte er in seinen Bart, stützte sich beim Laufen an einer Hauswand ab. "Du bis' nie gekommen, aber in meinem Kopf spukst du herumm..."
 

Nun war ihm noch mehr zum Heulen und die Stimmung wandelte sich, je mehr die Zeit verstrich. Die Hauswand war noch warm von der heißen Sonne des Tages, und doch irgendwie kalt, war hart und ihm noch immer schlecht. Es war doch hoffnungslos...Vollkommen hoffnungslos. Einsam und allein würde er hier versauern, immer auf der Hut vor den ganz gefährlichen Seeräubern, die hier ab und an landeten, vor dem Rum, der in seinen Adern pochte. Vor Giselle... Will leckte sich flüchtig über die trockenen, aufgesprungen Lippen. Wie konnte Giselle so etwas nur gern küssen?! Er lief zwei Schritte weiter, murmelte Dinge vor sich hin, die er nicht mal selbst erfasste, grinste schwachsinnig und konnte nur auf den nachtschwarzen Boden schauen, der bleich im Mondlicht starrte. Bis er in irgendetwas hineinlief...
 

Weich landete er auf etwas und erst als ihm dieses Etwas ins Ohr brüllte, er solle sich, verflucht nochmal zum Teufel scheren, wusste er, dass er in eine Gruppe Piraten gelaufen war. "Zum Teufel..." Er grinste, starrte den Mann, auf dem er gelandet war, an. Viel konnte er sowieso nicht erkennen, das Mondlicht hatte sein Werk schon getan. "Da, wo ihr also schon seid?" Wieder ein Kichern. Lauter und lauter, wie das Kichern eines kleinen Jungens. Will spürte, dass er vollends keine Kontrolle mehr über sich selbst hatte. Dass ihn nun ein Teil seines Selbst, der ihn hasste, in die Gefahr zog. "Aye, was traut sich der?!" dröhnte es über ihm und im nächsten Moment spürte er eine starke Hand an seinem Kragen. Er wurde hochgezogen. Die verschwommene Welt, das Kunstwerk, begann sich zu drehen. Begann zu schwanken. "Noch grün hinter den dreckigen Ohren!" Zwei dunkle Augäpfel hatten sich auf ihn gerichtet. "Und so voll wie's nicht mal ein Käpt'n ist!" "Fein, dann macht es ihm bestimmt nichts aus, wenn ich mich für seine Liebenswürdigkeit, mich umzurennen, bedanke!"
 

Es machte Will etwas aus. Sehr viel sogar. Der Schlag an den Kopf betäubte ihn, dröhnte in seinen Schläfen und der Fuß oder das Knie oder was immer das auch sein mochte, rammte sich so tief in seinen Bauch, dass er das Gefühl für Zeit und Raum vollends vergaß. Er lag am Boden, spürte Schläge auf sich eintrommeln und wünschte sich nur noch, schlafen zu können. Sie schleiften ihn die Straße hinunter zum Hafen, er spürte jeden Stein, den er streifte, spürte wie sich der Staub des Weges um ihn hüllte, spürte wie Blut aus seiner Lippe trat. Und doch ließ der Rum nicht zu, dass er etwas dagegen tun konnte. Die Augen waren ihm schwer geworden, er bekam sie nicht mehr auf. Und diesmal war da kein Jack Sparrow in seinem Kopf, der ihn angrinste und dessen dunkle, ja, schwarze Augen auf ihm ruhten... Und erst jetzt wurde ihm klar, dass ihn dieses Bild immer hatte durchhalten lassen... Dass es Will immer hatte hoffen lassen...Und nun war es weg, so sehr er auch versuchte, es mit seinem vernebelten Verstand wiederzubekommen. Seine Hände verkrampften sich, als ihn die Piraten hochhoben und irgendwohin schleuderten. Etwas Hartes drückte an seinem Rücken, doch er konnte sich nicht mehr rühren. "Die Riemen! Los, nehmt sie raus da!" hörte er noch verschwommen...
 

Er hörte...Rauschen. Das Rauschen, wenn sich hohe, unbeugsame Wellen an Klippen brachen, daran zerschellten und in kleinste Tropfen zerteilt wurden. Will spürte den Schmerz in seinem kaltgewordenen Körper. Ein leichter Wind, doch er war trotzdem kalt. Klamm das Hemd, noch immer durchtränkt von dem Rum... Sein Körper begann zu zittern, doch konnte sich nicht rühren. Es war still geworden und nur die Nacht flüsterte leise in der Luft. Will spürte, hörte. Doch seine Augen streikten, wollten sich nicht mehr öffnen. Sie würden ohnehin nur den kalten, unbarmherzigen Mond sehen. Er wollte weinen, doch er konnte nicht. Der Schlaf griff um ihn, zerrte ihn hinab auf den Grund der See aus Träumen. So schwarz wie die Hölle... Ja...vielleicht scherte er sich ja gerade zum Teufel, da gehörte er ja hin... Als Verfluchter. Die letzten Sinne versagten ihm den Dienst, schubsten ihn aus dem Bewusstsein.

Will war betrunken wie noch nie. Er war verletzt und er fror und er schlief ein. Und doch wusste er, was um ihn herum geschehen war. Er wusste, dass nun alles vorbei sein musste.
 

Er trieb auf dem offenen Meer in einem Boot, das keine Ruder mehr hatte...
 

To be continued...



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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von: abgemeldet
2003-10-12T15:21:52+00:00 12.10.2003 17:21
Schreib bitte ganz, ganz schnell weiter, nya? ;_; Wah, wie fies >.< Wie kannst du an solch einerStelle aufhören XD
Von: abgemeldet
2003-10-12T10:51:12+00:00 12.10.2003 12:51
Geniaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaaal!!!
Mach bitte bitte ganz ganz schnell wieter sonst sterbe ich noch!
Wann taucht den Jack endlich auf?
Der arme Will...
Ich bin immer noch völlig gefangen von deiner Story, die lässt mich gar nicht mehr los habe schon die hganze zeit an nix anderes mehr gedacht!
Bis dann, greets
bye²
deine nezu
Von: abgemeldet
2003-10-11T20:18:44+00:00 11.10.2003 22:18
Oh bitte bitte bitte bitte bitte bitte BIIIIITTTEEEEEEEEEE!!
*kraisch* *völlig austick* *wimmernd auf Knien rumrutsch* BITTE SCHREIB SO SCHNELLL WIE MÖGLICH WEITER!!! *schon Entzugserscheinungen hat* oO Die story is genial...SO genial...SOOOO genial...SOOOOOOOO genial...*umkipp*
Büdde *lieb schau* Beeilst du dich, ja?^^

Bye,
RaChan^^
Von: abgemeldet
2003-10-11T16:39:42+00:00 11.10.2003 18:39
Coooool! Mach weiter so, ich freu mich schon auf die Fortsetung!


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