Zum Inhalt der Seite

Beweismittel Ag47

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Abercrombie


 

21. Dezember 2005

03:53 Uhr

Silversteen Farm; Apparationsplattform

North Bovey

Devon

 

 

Die Apparationsweiche war ein neuartiger Zauber, entwickelt und veröffentlicht von einer gewissen Seraphine Straightway. Ihre Funktionsweise glich insofern der einer Apparationsbarriere, indem sie Magier aufspürte, die an einen bestimmten Ort zu apparieren versuchten. Statt jedoch den Versuch abzublocken, zwang die Weiche dem Magier einen festgelegten Zielplatz auf. Dadurch erlaubte sie nicht nur, das Apparieren für bislang unzugängliche Areale (Hogwarts, die Winkelgasse, das Schlafzimmer des amtierenden Zaubereiministers, etc.) freizugeben – er sorgte auch für ein paar der fulminantesten Zersplinterungen des neuen Jahrtausends.

Kurzum:

Die Betreiber der Winkelgasse liebten die Weiche.

Das Ministerium liebte die Weiche.

Und die Silversteenfarm tat es auch.

Die Weiche der Farm erwischte ihn eiskalt. Noch bevor Draco sich auf dem Farmgelände materialisieren konnte, spürte er das Kribbeln der fremden Magie.

Dann griff der Zauber nach ihm, dirigierte erst sanft, zerrte, als er sich wehrte-

Sein Sog war so stark, dass es ihm den Magen umdrehte. Für ein Abbrechen der Apparation war es da längst zu spät, Draco konnte sich nur auf die Lippen beißen und hoffen. Hoffen, nicht auf Abercrombie zu landen. Hoffen, sich nicht zu zersplintern. Hoffen, nicht zu kotzen.

Der feste Boden unter seinen Füßen kam so unvermittelt, wie die Apparationsweiche selbst. Der Aufprall jagte ihm einen stechenden Schmerz bis hoch in die Knie und ließ ihn taumeln. Einen Augenblick lang rang Draco mit seinem hastig heruntergeschlungenen Toast, dann war er sich zumindest sicher, dass sein Magen noch war, wo er hingehörte.

Ein paar sehr gequälte Atemzüge später wusste Draco wieder, warum er der guten Seraphine eine Teufelsschlinge für ihren Zengarten schenken wollte.

Immer noch schwer atmend wischte er sich über den Mund.

Er musste nicht aufsehen, um zu wissen, wo er gelandet war. Irgendwo zwischen dem Beinahe-Verlust seines rechten Nasenflügels und den Steinfliesen des Apparationsplatzes war die Galleone gefallen.

Trotzdem sah er auf – und tatsächlich.

Keine zehn Meter vor ihm türmte sich über dem Eingang der Farm das Logo auf, das sich seit der Weihnachtsfeier der Strafverfolgungsbehörde in Dracos Erinnerung gebrannt hatte.

Was während der Öffnungszeiten in allen Farben des Regenbogens funkelte, wirkte jetzt, mitten in der Nacht, abgegriffen und fahl. Die Lettern über dem Tor, jede einzelne von ihnen mehrere Fuß hoch und aus massivem Eisen, glommen wie sterbende Muggelleuchtröhren. Einige der Buchstaben, die, bei denen die Leuchtzauber stärker nachgelassen hatten, flackerten gegen den finsteren Himmel, andere fehlten ganz. Kombiniert mit Dreck, Rost und letzten Fetzen magischen Nebels machten sie aus einem familienfreundlichen Namen etwas, das sich wie i ce‘s c ards – M icals Breasts n Ente aint men las.

Draco fand es eigentlich ganz passend.

Passend zumindest für das, was diese dumme Farm verdient hatte. Eigentlich, das wusste Draco, hätte es ihm schon wie Drachenschuppen von den Augen fallen müssen, als der Auror die Adresse ausgespuckt hatte.

Eine Muggel-Adresse.

Mitten in Dartmoor.

Pah.

Nichts als Hügel, Moore und magische Spielereien, auf die Draco dankend verzichtet hätte, hätte man ihm die Wahl gelassen. Da waren das Stadium der 422. Quidditch-Weltmeisterschaft, in dem es mittlerweile spukte, das Monument von Elisabeth Smudgling, unter dem alle sieben Jahre der Duellwettstreit von 1379 nachgestellt wurde, und diverse Tümpel voller Kelpies.

Und die Silversteen Farm? Nichts geringeres, als der einzige Vergnügungspark mit Zoo und drei Werwolfwelpen von ganz Magisch-England.

Circe‘s Backyards – Magical Beasts and Entertainment.

Pah.

Magical Beasts and Entertainment ihn mal am Hippogreifhintern.

Das unbeaufsichtigte Zaubertrankset, so schwor Draco sich, während er die ersten wackeligen Schritte von der Apparationsplattform machte, war noch viel zu gut für Abercrombie.

Der kleine, miese Flubberwurm hatte ihn gelinkt.

Ihn ohne Vorwarnung in eine Apparationsweiche laufen zu lassen, dafür verdiente er keinen explodierenden Trank. Dafür verdiente er mindestens ein Pergament am großen Zeh und einen Aufenthalt in einer von Tripes Kühlk-

Draco stockte.

Dort, wo eben nur ein massives Eisengitter zu sehen gewesen war, stand plötzlich eine Gestalt, groß und dunkel.

Sie winkte.

In der Dunkelheit erkannte Draco sein Eulengesicht nicht, doch er wusste auch so, dass es Abercrombie war, der dort auf ihn wartete – und das nicht nur, weil er sich angekündigt hatte. Der Überschwang in seinen Bewegungen sprach für sich.

Aufputschtränke.

Es war nicht mal eine Frage, dafür kannte Draco die Anzeichen mittlerweile gut genug. Der unruhige Blick, schon in seinem Kamin in Wandsworth, die überschüssige Energie, die ihn nicht einmal bei fünf Grad unter Null still stehen ließ.

Betont langsam und mit so viel Würde, wie er nach der Apparationsweiche aufbringen konnte, trat Draco schließlich auf den Auroren zu – und erhobenen Hauptes an ihm vorbei.

Im Augenwinkel spähte er nach weiteren Anzeichen für den Substanzmissbrauch, doch der Leuchtzauber des Logos über ihm war zu schwach, um die charakteristischen Schweißausbrüche auf Stirn und Wangen ausmachen zu können.

Anschwärzen würde er ihn trotzdem.

„Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Apparation, Mr Malfoy?“

Oh und wie er ihn anschwärzen würde.

Nur kurz warf Draco dem Auroren einen knappen Blick zu. Abschätzig, missbilligend, ganz so, wie er es von seiner Mutter gelernt hatte. Ohne weiter auf die Floskel zu reagieren – und mehr als eine Floskel war es nicht, denn für einen Gryffindor wie Abercrombie war Draco immer noch so etwas wie ein Erzfeind, auch wenn der Auror ihn gerade anstrahlte wie eine Fee am Weihnachtsbaum – schritt Draco weiter.

Den Weg verfehlen konnte er, auch ohne Abercrombie, nicht – es gab nur einen. Zwischen saftig grün gehexten Wiesen schlängelte er sich an den Kassenhäuschen vorbei und weiter auf das eigentliche Gelände der Backyards.

Hinter ihm hörte er, wie Abercrombie sich in Bewegung setzte.

„Warten Sie auf mich, Mr Malfoy!“, rief er ihm nach, während unter jedem seiner Schritte Schotter knirschte. „Das hier ist ein Tatort!“

„Das hier sind Kassenhäuschen, Constable“, antwortete Draco unwirsch.

Und sehr gewöhnliche obendrein, wenn man von dem Getränkeautomaten, der auch mitten in der Nacht im Circe's Backyards-Design leuchtete, absah. Schwer beschäftigte Auroren bemerkte Draco jedenfalls nicht. Er sah ja nicht einmal Flatterband.

„Ich meine Circe's Backyards an sich, Mr Malfoy“, verbesserte sich Abercrombie, der mittlerweile zu ihm aufgeschlossen hatte. „Hier hat ein schwarzmagisches Verbrechen stattgefunden. Der Täter könnte immer noch vor Ort sein. Meine Kollegen durchsuchen gerade jeden Winkel des Geländes-“

„Sicher, dass sie nicht nur die Restbestände von der Weihnachtsfeier suchen?“

Der Einwurf brachte Abercrombie, zumindest kurzzeitig, aus dem Konzept. Wenn er cleverer war, als Draco ihm gerade zugestand, fragte er sich vermutlich, welche Restbestände Draco meinte. Die Weihnachtsfeiern der Strafverfolgungsbehörde waren beinahe so berüchtigt dafür, keine Restbestände übrig zu lassen, wie sie es für besonders abenteuerliche Zersplinterungen, Flohpulverunfälle aller Art und illegale Duelle auf dem Damenklo waren.

„Meine Kollegen gehen gewissenhaft ihrer Arbeit nach“, antwortete der Auror schließlich. Endlich hörte Draco die Empörung in seiner Stimme, die er bereits seit Abercrombies Auftauchen in seinem Kamin erwartete. „Keiner von ihnen sucht hier nach Alkohol!“

„Haben Sie das bereits geprüft?“

„Mit allem Respekt, Mr Malfoy, so etwas muss man nicht prüfen!“

„Die Aurorenprüfungen laufen nicht so gut, oder?“

In seinem Augenwinkel öffnete Abercrombie den Mund. Kein Ton kam heraus. Draco konnte der Empörung förmlich dabei zusehen, wie sie verpuffte.

Möglichst desinteressiert – und äußerst zufrieden mit sich selbst – blickte Draco fort, zu dem Gehege, das sie gerade linker Hand passierten. Düster erinnerte er sich daran. Tagsüber weideten auf den Wiesen hinter dem Zaun Einhörner. Während der letzten Weihnachtsfeier hatte Michael Corner dem sprichwörtlich Regenbögen kotzenden Einhorn ganz neue Bedeutungen verliehen.

Draco erlaubte sich ein dünnes Lächeln, nicht wegen der Kotze.

„Also, Constable“, fuhr er fort, bevor Abercrombie seine Geste mit fadenscheinigen Ausreden relativieren konnte. „Wo ist Graves?“

„Ich-“, Abercrombie stockte, während er den erneuten Themenwechsel verarbeitete, „Ich werde Sie zum Tatort führen, Mr Malfoy.“

Missbilligend blickte Draco über seine Schulter.

„Ich wiederhole mich ungern, Constable, aber: Wo ist Graves?“

„Wie ich Ihnen bereits erläutert habe, ist nicht auszuschließen, dass der Täter sich noch auf dem Gelände befindet. Es wäre unverantwortlich, Sie nicht zu begleiten, Sir-“

Erneut sah Draco zu dem Auror, lang genug dieses Mal, damit dieser seinen Blick nicht nur wahrnahm, sondern ihn auch als ätzend empfand. Als er sich sicher war, dass er die gewünschte Aufmerksamkeit hatte, seufzte er, möglichst theatralisch.

„Constable, sagen Sie“, fragte er schleppend, „haben Ihre Kollegen Ihnen eigentlich je erzählt, dass einer Ihrer Vorgänger mich einmal in die Trainingshalle ihrer Abteilung gesperrt hat? Sie wissen schon, diese Halle, durch die man Sie jeden Morgen jagt, um sie auf Ihr Leben als Fluchschädenfutter vorzubereiten? Die mit dem Hindernisparcours, den Flüchen aus dem Hinterhalt und den Möbeln, die Sie in einen Koala verwandeln, wenn Sie sie berühren?“

Abercrombie erwiderte seinen Blick. Draco konnte förmlich sehen, wie er nach dem Haken an der Frage suchte.

„Nein“, gestand der Auror schließlich. „Aber ich verstehe Sie nicht. Was hat das mit der aktuellen Situation zu tun?“

„Nun, ich“, er legte sich die Hand auf die Brust, „bin noch hier. Ihr Vorgänger ist es nicht. Also, wo ist Graves?“

Abercrombie starrte ihn einen Moment lang an, dann verstand er die Botschaft – und hoffentlich auch die Warnung, es dem unglückseligen Trainee niemals nachzutun. Die Ausbildung zum Alchemisten mochte Draco nicht nur zu einem herausragenden Zaubertrankbrauer gemacht haben, sondern auch zu einem deutlich besseren Duellanten, aber auf einen zweiten Überraschungsausflug in diese verdammte Halle konnte er getrost verzichten.

„Bei den Golden Caves, Mr Malfoy.“



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  _Delacroix_
2017-02-19T18:24:44+00:00 19.02.2017 19:24
"Die mit dem Hindernisparcours, den Flüchen aus dem Hinterhalt und den Möbeln, die Sie in einen Koala verwandeln, wenn Sie sie berühren?" - Irgendwie ahne ich woher diese Möbel das haben und das ist ein bisschen beängstigend.
Hoffentlich hat der Koala wenigstens noch die Originalfarbe.
Antwort von: Arcturus
19.02.2017 21:14
Ich garantiere für nichts. Und ja, die Befürchtungen sind berechtigt...


Zurück