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Fire in the Rain

Wichtelgeschichte für ChocolateChip
von

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Schlagregen

Als sie am nächsten Morgen in den Hafen der kleinen Insel einliefen, goss es in Strömen. Seit es am Vortag gegen Mittag zu nieseln angefangen hatte, hatte sich der Himmel immer weiter zugezogen. Seit den frühen Abendstunden war es nicht mehr kräftiges Blau, das sie begleitete, sondern tristes Grau in allen Schattierungen. Der Regen war nicht einmal sonderlich stark – man hörte ihn im Inneren des Schiffes nicht –, doch er fiel unablässig, machte die Luft klamm und schwül. Derzeit herrschte Sommer, also mussten sie gegen Abend mit Hitzegewittern rechnen, hatte Nami sie gewarnt.

Tsuyu, so hatte Robin ihnen während des Frühstücks erklärt, war eine Herbstinsel mit mehr als 330 Regentagen im Jahr. Im Winter regnete es ununterbrochen (dafür schneite es so gut wie nie), und selbst im Sommer konnte man die Anzahl der trockenen Abende leicht an einer Hand abzählen. Die Hafenstadt war gemessen an anderen Inseln recht klein, im Gegensatz zu den kleinen, auf der ganzen Insel verstreuten Dörfern aber fast schon gigantisch. Die Bewohner der Insel lebten vom Export, auch wenn weder Robin noch Nami wussten, womit genau sie handelten.

Nami zog die Stirn kraus, als sie unter der Krempe ihrer Kapuze in den wolkenverhangenen Himmel blickte. Dass sie wettertaugliche Kleidung an Bord hatten, machte den Regen zwar erträglich, verbesserten ihre Stimmung aber kaum. Sie seufzte kurz, ehe sie sich zum Rest der Crew umdrehte.

»Okay, dann gehen wir das noch einmal kurz durch«, begann sie, die Stimme etwas lauter als sonst, um gegen den Regen anzukommen. »Robin, Usopp, Chopper, Brook und Franky wollten Werkzeuge, Bücher, Medizin und was auch immer ihr sonst noch braucht beschaffen, richtig?«

Die Angesprochenen nickten kurz und Nami fuhr fort: »Sanji-kun kümmert sich darum, dass unsere Vorräte aufgestockt werden.«

Sanjis überschwängliches Nicken ignorierend wandte sie sich an die letzten beiden.

»Und Luffy und Zoro...«

Sie ließ den Satz unbeendet in der Luft hängen, zu abgelenkt von Luffys breitem Grinsen und Zoros gelangweiltem Gähnen, doch Usopp nahm ihr die Arbeit gerne ab: »Die beiden können nicht ohne Aufsicht durch die Stadt laufen.«

»Wer bewacht überhaupt das Schiff?«, fragte Chopper in die Runde, während Sanji nur mit den Augen rollte.

»Wenn sie nichts zu tun haben, sollen sie mir tragen helfen.«

»Kann Luffy machen, ich pass solange auf das Schiff auf«, nahm Zoro ihnen die Entscheidung nach einem weiteren ausgiebigen Gähnen ab. Sanji war sich nicht ganz sicher, warum ihn das so wütend machte, aber er sah auch nicht ein, seinen Ärger herunterzuschlucken.

»Du pennst doch sowieso nur«, stichelte er, die Arme verschränkt und darauf vorbereitet, gleich mit dem anderen aneinander zu geraten. Wie erwartet war Zoros Müdigkeit mit einem Mal wie weggeblasen, als er einen Schritt auf Sanji zuging.

»Wie war das?!«

Kurz bevor einer der beiden den ersten Schlag austeilen konnte, rief Nami sie zur Ordnung. Nach einem gezielten Schlag auf den Hinterkopf hielten sie inne und sahen ihr mehr oder minder wütend dabei zu, wie sie die Hände in die Hüfte stemmte und genervt aufstöhnte.

»Jetzt gebt schon Ruhe. Könnt ihr euch nicht einmal benehmen?« Sie seufzte schwer, bevor sie fortfuhr. »Also, Luffy begleitet Sanji-kun und hilft ihm mit dem Transport, und Zoro passt derweil aufs Schiff auf. Meinetwegen auch schlafend, solange nichts passiert.«

Den letzten Teil hatte sie nur hinzugefügt, weil Sanji so aussah, als wollte er noch ein letztes Mal sticheln. Um einem weiteren Aneinandergeraten entgegenzuwirken, klatschte sie einmal in die Hände und scheuchte die Crew vom Schiff in die Stadt. Je schneller sie mit ihren Einkäufen und Erkundungstouren fertig waren, desto eher konnte sie zur trockenen Wärme der Sunny zurückkehren.

Zoro sah den anderen eine Weile nach, wie sie das Schiff verließen und in die kleine Hafenstadt ausschwärmten. Die Insel besaß für ihn keinen wirklichen Charme; wenn überhaupt konnte er sich vorstellen, dass die Bewohner die meiste Zeit über ziemlich deprimiert waren, wenn es das ganze Jahr über regnete. Sie gaben sich allerdings Mühe, das musste er ihnen lassen. Die meisten Häuserfassaden waren in den unterschiedlichsten Farben angestrichen, die zwar hinter dem steten Regenschleier matt und weniger strahlend wirkten als in einer anderen Kulisse, aber hätten sie die Fassaden in den üblichen Farben gehalten, wäre die Stadt vermutlich sehr viel weniger einladend gewesen.

Nicht, dass er großartig Wert auf so etwas legte. Es war auch völlig egal, ob die Häuser knallbunt oder grau waren; am Ende des Tages verlor er ja doch die Orientierung und stresste sich mehr als nötig. Da konnte er besser auf dem Schiff bleiben und ein wenig Augenpflege betreiben. Zoro entschied, dass es klüger war, wenn er sich trotz des Regens nicht ins Innere des Schiffes zurückzog und suchte sich stattdessen einen überdachten Platz auf dem Deck, an dem er nicht ganz so durchnässt aufwachen würde.
 

Sie stand in einer kleinen Gasse zwischen einem großen, hellblauen Gebäude und einem kleineren, schlichten Cafe in Gelbtönen und sah verstohlen um die Ecke. Seit etwa einer Viertelstunde schon beobachtete sie das neue, pompöse Schiff, das in den Hafen ihrer Insel eingelaufen war. Sie hatte zwar schon einige Piratenschiffe gesehen, aber dieses zählte zu den größten – und zu den einladendsten, aber den Gedanken daran verdrängte sie hastig. Soweit sie von ihrem Standpunkt aus sehen konnte, waren fast alle Crewmitglieder von Bord gegangen. Einige von ihnen liefen an ihrer Gasse vorbei, doch bevor sie entdeckt werden konnte, verbarg sie sich in den Schatten. Im Gegensatz zu den meisten anderen Piraten, die sie in ihrem Leben bereits gesehen hatte, schien ihr diese kleine Truppe sympathisch. Zumindest so sympathisch, wie Piraten sein konnten. Matt schüttelte sie den Kopf; an so etwas sollte sie jetzt nicht denken, sie hatte Wichtigeres zu tun.

Sich auf das Piratenschiff zu schleichen würde nicht schwer werden. Es waren zwar trotz des Regens viele Menschen auf der Straße, aber niemand sah bei diesem Wetter auf oder achtete besonders ausgiebig auf seine Umgebung. Außerdem stach sie mit ihrer eher schmächtigen Statur kaum aus der Menschenmasse heraus, selbst dann nicht, wenn man ihre ungewöhnliche Kleidung in Betracht zog. Verschmitzt lächelnd strich sie sich einige Strähnen ihres kurzes Haares hinter die Ohren, schlenderte auf das Schiff zu, als würde sie zur Crew gehören, und betrat es schließlich leisen Schrittes.

Auf dem Deck angekommen fiel ihr Blick sofort auf den Mann, der gut sichtbar an einer Wand lehnte. Durch das rhythmische, sanfte Heben und Senken seines Brustkorbes wirkte es so, als würde er ruhig und tief schlafen, doch es beunruhigte sie, dass sich seine Schwerter in greifbarer Nähe befanden. Noch mehr beunruhigte sie, dass sie fast genauso nah an ihm vorbei musste, wenn sie ins Innere des Schiffes gelangen wollte.

Sie atmete ein paar mal tief durch, um sich zu beruhigen, ehe sie probeweise den ersten Schritt auf ihn zu wagte. Danach hielt sie kurz inne, beobachtete jede Regung ihres Gegenübers, doch alles an ihm schien unverändert. Vorsichtig setzte sie einen Fuß vor den anderen, immer darauf bedacht, dass jedes Geräusch, das sie machte, vom Regen geschluckt wurde. Fast war sie an ihm vorbei, konnte sich vor ihrem inneren Auge schon triumphieren sehen, als sich plötzlich eine Hand um ihren Knöchel schloss.

»Das kannst du dir abschminken, Kleine.«

Die Warnung in der dunklen Stimme ließ ihre Nackenhärchen aufrecht stehen. Sie war so geschockt und verängstigt zugleich, dass sie nicht einmal schreien konnte, bevor sie mit einem kräftigen Ruck zu Fall gebracht wurde.
 

Es endete damit, dass sie geknebelt und mit den Händen hinter dem Rücken verschränkt an die Reling gefesselt wurde, während der junge Mann weiterschlief. Anfangs versuchte sie noch, sich zu befreien, doch das Seil war viel zu fest geschnürt als dass sie es ohne Hilfe hätte lösen können. Sie versuchte ruhig zu bleiben und schaffte es nach einigen Minuten auch tatsächlich, gleichmäßiger zu atmen. Mit der Ruhe war es jedoch vorbei, als sie die Stimmen der anderen Crewmitglieder hören konnte, die sich wohl vor dem Schiff getroffen hatten und wieder an Bord kommen würden. Panik stieg in ihr auf, doch egal, wie verzweifelt sie an ihren Fesseln rüttelte, es tat sich nichts.

Trotz des Regens, der unablässig fiel, konnte sie spüren, wie ihr Angstschweiß in den Nacken trat. Die Stimmen kamen näher, klangen noch fröhlich und belustigt, aber wer konnte schon wissen wie Piraten reagierten, wenn sich jemand unerlaubt auf ihr Schiff begab? Zitternd schloss sie die Augen und wartete angespannt darauf, dass die Piraten das Schiff betraten.
 

»Was ist denn hier passiert? Wo kommt das Kind her?«

Frankys Stimme klang so verwirrt, wie die anderen dreinblickten.

»Zorooo, hast du sie eingefangen?«, fragte Luffy laut, sichtlich begeistert von dem unerwarteten Gast. Bevor er jedoch näher an sie herankam, schob Sanji ihn zur Seite und stellte sich zwischen das Mädchen und Zoro. Der gähnte erst ausgiebig und schaute den Koch dann unschlüssig an. Er war gerade erst aufgewacht; konnte er ihn nicht erst einmal richtig wach werden lassen, ehe er einen neuen Streit vom Zaun brach? Zoro verstand ohnehin nicht, warum Sanji in letzter Zeit so feindselig war.

»So kannst du ein Mädchen doch nicht behandeln!« Sanji starrte ihn eine Weile wütend an, bis ihm ein Gedanke in den Sinn kam und sich seine Augen kurz entsetzt weiteten. »Du wirst dich ja wohl nicht an ihr vergangen haben...«

Er hatte sich wohl verhört. Für gewöhnlich kratzten ihn die haltlosen Anschuldigungen des anderen nicht, aber diesmal war er zu weit gegangen. Zoro gab sich die größte Mühe, seine Wut zu unterdrücken, doch selbst er merkte, dass sein gereiztes Zischen aggressiver klang als sein übliches Gebrüll

»Wofür hältst du mich eigentlich?!«

Darauf antwortete Sanji nicht. Stattdessen färbten seine Wangen und sogar Ohrenspitzen sich rot und er vermied jeden Augenkontakt zu ihm. Zoro wollte sich gar nicht vorstellen, was ihm durch den Kopf ging, also seufzte er nur schwer und fuhr sich mit der Hand durch sein kurzes Haar, bevor er die Situation erklärte.

»Sie hat sich aufs Schiff geschlichen, also hab ich dafür gesorgt, dass sie nicht abhauen kann, bevor wir wissen warum.«

»So viel gesunden Menschenverstand hätte ich ihm gar nicht zugetraut«, merket Usopp an, obwohl Zoros Hand an seinem Schwert ihn schnell zum Schweigen brachte.

»Du hast dir wirklich das falsche Schiff für eine Erkundungstour ausgesucht«, sagte Nami, die indes auf das Mädchen zugegangen war, bis sie direkt vor ihr stand. Sie kniete sich hin und befreite sie vorsichtig von ihren Fesseln, lächelte sie dann freundlich an. »Ich heiße Nami, und wer bist du?«

Es dauerte einige Augenblicke, in denen ihr Blick verunsichert von einem Crewmitglied zum anderen huschte, doch schließlich räusperte sie sich zögerlich.

»Savi.«

»Hallo Savi!«, rief Luffy sofort begeistert, merkte gar nicht, wie Savi vor Schreck über seine laute Stimme zusammenzuckte und ihn mit geweiteten Augen anstarrte. Gut gelaunt stellte er ihr jedes Mitglied seiner Bande vor und erzählte ihr munter von seinem Ziel, Piratenkönig zu werden. Vermutlich hätte er noch Ewigkeiten so weiter plappern können, wenn Robin nicht einen Arm aus seiner Schulter hätte wachsen lassen und ihm damit den Mund zugehalten hätte. Nami nickte ihr dankbar zu.

»Ignorier die Jungs erst einmal, okay?«, versuchte Nami das Mädchen zu beruhigen, während Robin sich neben sie kniete.

»Was hat dich denn auf unser Schiff verschlagen?«

Daraufhin schwieg Savi wieder. Ihr war anzusehen, wie unwohl sie sich fühlte; sie zitterte und schaute sich immer wieder hektisch um, so als würde sie hoffen, doch noch eine Fluchtmöglichkeit zu finden.

»Hör mal, wir werden dir nichts tun, schließlich ist niemand zu Schaden gekommen. Aber du musst schon ehrlich mit uns sein, in Ordnung?«

Vorsichtig, um sie nicht zu erschrecken, legte Nami ihr eine Hand auf den Rücken und wartete geduldig darauf, dass Savi von sich aus etwas sagte. Die anderen Crewmitglieder blieben still, sogar Luffy, der mittlerweile wieder hätte sprechen können, wenn er den Wink mit dem Zaunpfahl zuvor nicht verstanden hätte.

»Wir brauchen Geld«, gab Savi irgendwann leise zu, den Blick stur auf den Boden gerichtet.

»Geld? Wofür?«, fragte Chopper verwirrt. Vielleicht lag es daran, dass das Rentier mehr nach einem Kuscheltier als nach einer Bedrohung aussah, aber Savi schien ein wenig ruhiger zu werden, nachdem sie seine Stimme gehört hatte. Sie traute sich sogar, einen schüchternen Blick in die Runde zu werfen.

»Um uns freizukaufen.«

Savi blinzelte überrascht, als Nami neben ihr scharf die Luft einsog. Es verunsicherte sie, wie die Blicke einiger der Männer sich auf einmal verdüsterten, so als hätte sie ein Thema angeschnitten, über das man an Bord nicht reden durfte. Sie wollte gerade zu einer genaueren Erklärung ansetzen, als sie laute Geräusche vom Hafen hörten.

Die Arbeiter und Passanten wurden plötzlich lauter, einige riefen unverständliche Sätze über den Lärm. Ein alter Mann, die Haare lang und grau und mit ungewöhnlichem Schmuck versehen, rannte so schnell durch den Regen, wie sein Körper es zuließ. Er war völlig außer Atem und schien so zerstreut, dass ihn nicht einmal störte, wie viel Dreck die Pfützen ihm um die Beine spritzten. Die anderen Fußgänger wichen ihm aus, beäugten ihn misstrauisch, ignorierten ihn aber sonst.

»Yohohoho, was ist denn das auf einmal für ein Aufstand?«

Brook schirmte seine Augenhöhlen mit einer Hand vom Regen ab und warf einen prüfenden Blick auf das Geschehen an Land. Luffy wollte sich ebenfalls nicht entgehen lassen, was die Inselbewohner so in Aufruhr versetzte, also stützte er sich mit beiden Händen auf der Reling ab, lehnte sich nach vorne und machte den Hals lang, um so viel wie möglich zu sehen.

»Da ist so'n alter Mann, der irgendwas zu suchen scheint. Sollen wir ihm helfen?«

Usopp schüttelte entschieden den Kopf und verschränkte die Arme vor der Brust.

»Lass gut sein, Luffy, das geht uns nichts an.«

Mehr als widerwillig widmete Luffy sich wieder den Geschehnissen an Deck und richtete seinen Blick auf Savi, wie die anderen auch. Doch dann, bevor das Mädchen weitersprechen konnte, hörten sie die verzweifelten Rufe des alten Mannes vom Hafen her: »Savi! Savi, wo bist du denn?«

Bevor einer von ihnen reagieren konnte, war Savi aufgesprungen und zur Reling gerannt, an der sie sich hochzog und nach dem Mann Ausschau hielt, bis sie ihn erspähen konnte.

»Opa!«

Die Crew brauchte einige Augenblicke, bis sie verstand, was gerade vor sich ging. Als sie die Situation jedoch vollständig begriffen hatten, drängten sie sich ebenfalls alle an die Reling.

»›Opa‹?!«



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