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Nur mit dir, für dich

von

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Aussprache

Als die Sonne gänzlich unterging, wurden im Haus bereits die Kerzen angezündet und auch Sophie ging schon auf ihr Zimmer. Sie hatte ihren Enkel noch ermahnt: solange es noch hell war, sollte er sich mit dem Tee für Lady Oscar beeilen, um die neue Kerzen in der Halterungen an der Wand im Gang nicht mehr umsonst anzuzünden.

 

André hatte es ihr versprochen und nun stand er ganz alleine am Tisch in der Küche und starrte reglos aus dem Fenster. Die Sonne war nicht mehr zu sehen und die Abenddämmerung breitete sich überall aus. Bald würde es ganz dunkel werden. André seufzte trüb. Es nützte nichts. Er musste Oscar den Tee bringen, solange die Dunkelheit der Nacht noch nicht alles um ihn herum verschlungen hatte. Er nahm das beladene Silbertablett vom Tisch und verließ schleppend die Küche.

 

Der Weg bis zu Oscars Gemächer kam André endlos vor. Mitten auf der Treppe, die in den oberen Stockwerk führte, vernahm er eine liebliche Melodie. Jemand spielte leise am Klavier. André wusste ohne zu raten, dass es Oscar war. Nur sie konnte so Spielen und auch noch zu dieser späten Stunde. Sie spielte meistens, um ihre Gedanken zu ordnen oder sich zu beruhigen und zu entspannen.

 

André hoffte auf ihre bessere Gemütsverfassung, aber sicher war er sich nicht. Sein Herz pochte immer nervöser, als er sich ihrem Zimmer nährte. Er blieb vor der Tür stehen und verharrte einen kurzen Augenblick, um Mut zu finden. Er musste da hinein, ob er wollte oder nicht! André schluckte den entstandenen Kloß in seinem Hals herunter, atmete tief durch und betrat Oscars Salon ohne anzuklopfen. Daran hatte er nicht gedacht. Er hatte es vergessen. Er schloss nur die Tür hinter sich, durchquerte ihren großen Salon bis zum Tisch am Fenster und zwang sich, nicht in die Richtung des Klaviers zu schauen.

 

Oscar spielte gedankenverloren weiter. Sie hatte seine Anwesenheit schon längst bemerkt, aber reagierte nicht darauf. Stattdessen legte sie in ihrem Kopf das Gespräch mit ihm zurecht. Sie beide mussten sich miteinander aussprechen, sonst würde auch noch der Rest ihrer Freundschaft in die Brüche gehen und das wollte sie nicht. Egal was er getan und gesagt hatte. Sie brauchte ihn, wie auch er sie.

 

André stellte das Tablett auf dem Tisch ab und goss für sie eine Tasse Tee ein. Als er damit fertig war, ließ er das einfach stehen und ging zu Tür. Es gab keinen Grund, hier länger zu verbleiben. Die Ignoranz von Oscar schnürte ihm fast den Atem zu. Schleppend bewegte er seine Füße und als er das Klavier passierte, hörte plötzlich die Musik auf.

 

„Bleib bitte noch hier, André. Wir müssen miteinander reden.“ Mehr kam von Oscar nicht und sie spielte das abgebrochene Stück weiter.

 

Nun gut, dann werde ich noch bleiben...“, dachte André bei sich und kehrte zu dem Tisch zurück. Er setzte sich auf einen der Stühle. Dass Oscar überhaupt das Wort an ihn richtete, hatte er nicht erwartet und erst recht nicht in diesem gelassenen Ton. Das war bestimmt dem Klavier zu verdanken. Wie dem auch sei. Wenigstens strafte sie ihn nicht mit Verachtung. In dieser Hinsicht war er froh. Vielleicht kam ihm eine Aussprache ganz gut zu Pass und sie würden dann wieder Freunde sein können. Auf mehr hoffte André bei Oscar nicht. Nicht nach dem, was heute zwischen ihnen am See geschehen war.

 

Oscar spielte ihr Musikstück zu ende. Dann stand sie auf, klappte den Deckel zu und ging zum Tisch. André verfolgte sie mit seinem Blick achtsam und mit mulmigen Gefühlen. Oscar nahm ihren Tee, trank einen Schluck und ging mit der Tasse ans Fenster. Sie hatte ihn kein einziges Mal angesehen und dennoch bemerkte er ihre feuchten Wimpern. Hatte Oscar etwa geweint? Aber doch nicht seinetwegen, oder? Noch mehr von Schuldgefühlen stiegen in ihm hoch. Wie gerne hätte er sie in seine Arme geschlossen und sie getröstet! Aber er beherrschte sich. Diesmal würde er nicht überstürzt handeln und alles vermasseln!

 

„Ich habe über uns nachgedacht“, sprach Oscar leise, aber mit fester Stimme. Sie schaute aus dem Fenster in die nächtliche Dunkelheit des späten Abends. „Ich möchte, dass wir Freunde bleiben. Ich werde morgen nach Versailles gehen und mein Dienst wieder aufnehmen. Ob du mich weiterhin begleitest, überlasse ich dir. Ich will dich zu nichts zwingen.“

 

„Ich werde dich selbstverständlich begleiten“, sagte sein Mund, bevor sein Geist ihre Worte erst verdauen konnte. Innerlich verspürte er jedoch, wie ihm ein Stein vom Herzen fiel.

 

„Gut, dann ist es erledigt“, meinte Oscar knapp und führte ihre Tasse wieder an die Lippen. Wenn er nur wüsste, was in ihr vorging, dann wäre er vor Sorge um sie bestimmt schon zergangen. Sie erinnerte sich an seinen kummervollen Blick und seine Tränen, als sie aus ihrer Bewusstlosigkeit nach dem Unfall erwacht war. Und wie hauchzart er dabei ihre Hand gehalten hatte! Bei dieser Erinnerung kribbelte es Oscar unter der Haut und wieder umhüllte eine angenehme Wärme ihr Herz. Nein, sie durfte auf kein Fall schwach werden! Sie musste stark und hartherzig wie ein Mann bleiben, sonst würde sie noch nachgeben! Vor André nachgeben, wo er doch der schwächere von ihnen beiden war! Oscar versteifte sich, schloss ihre Augen und versuchte alle ihre Empfindungen auszusperren. Ihre Hand mit der Tasse zitterte und klimperte leise auf dem Unterteller.

 

André bemerkte das. Wie gestochen sprang er auf und im nächsten Augenblick war er schon bei ihr. „Geht es dir nicht gut, Oscar?“ In seiner Stimme schwang die Besorgnis mit: „Gib mir lieber die Tasse, sonst lässt du sie fallen und verletzt dich dabei!“

 

Wie umsichtig er doch ihretwegen war! In dem Moment kam er Oscar stärker vor als sie. „Mir geht es gut“, erwiderte sie kühl, aber dennoch drehte sie sich zu ihm um und reichte ihm ihre Tasse.

 

André stellte sie auf den Tisch ab und kehrte zu Oscar zurück. Zum ersten Mal nach dem Vorfall mit dem Kuss sahen sie sich direkt an - von Angesicht zu Angesicht. „Oscar, bist du dir sicher, dass es dir gut geht?“ André sah ihre feuchte Wimpern nun deutlicher und seine Besorgnis um ihr Wohlergehen stieg in ihm noch mehr.

 

„Mach dir um mich keine Sorgen.“ Oscar wandte sich von ihm ab und ging zu ihrem Bettzimmer. An der Bogenöffnung blieb sie kurz stehen. „Ich werde es schon überleben, André. Morgen werde ich wieder ich, wie ich es schon immer war, sein. Du wirst es sehen.“

 

„Warum machst du das, Oscar?“, kam es aus seiner Richtung leise gesprochen. Er hatte ihren Schmerz und Bitterkeit in ihren rötlichen Augen deutlich gelesen, was ihm einiges zum Bedenken bescherte. Sie hatte in seiner Abwesenheit definitiv geweint und versuchte das nun vor ihm zu verbergen.

 

Oscar warf ihm einen irritierten Blick über die Schulter zu. „Warum tue ich was, André?“

 

„Ich meine, deine Gefühle zu verstecken“, erklärte André offen und machte langsame Schritte auf sie zu. Auf einer Armeslänge blieb er jedoch vor ihr stehen, um die versprochen Distanz zu wahren. „Ich dachte, wir haben keine Geheimnisse voreinander. Wir kennen uns doch schon so lange! Warum sprichst du nicht mit mir darüber, was dich bedrückt oder beschäftigt?!“

 

„André, bitte, hör auf damit!“, schnitt ihm Oscar das Wort ab und wandte sich ihm gänzlich zu. Ihre Hände baumelten stramm an den Seiten und formten sich zu losen Fäusten. Ihr Gesicht verzog sich streng, aber in ihrer Stimme fehlte jegliche Härte. „Dein Geständnis am See hatte mir bereits genügt! Es fehlte noch, dass ich mich verliere und meinen Gefühlen nachgebe! Ich darf das nicht! Nicht wie du!“

 

„Ich entschuldige mich für mein Verhalten. Aber was ich zu dir gesagt habe, ist wahr.“ Langsam aber sicher, verstand André, was in Oscar wirklich vorging. Er war ihr sehr wichtig - das hatte sie ihm deutlich offenbart. Und als er ihr seine Liebe gestanden hatte, bekam ihre harte Schale Risse. Nun begann diese Schale zu bröseln und Oscar versuchte sie wiederzuerrichten – zwecklos und verzweifelt, wie er vermutete. Sie tat ihm aufrichtig leid.

 

„Und das was du mir gestanden hast, ist gefährlich, André!“ Oscar war nicht mehr in der Lage, ihre Hartherzigkeit durchzusetzen, trotz aller ihrer Mühe. „Besonders für dich! Ich kann es mir nicht leisten, dich zu verlieren! Deine Verhaftung hatte mir schon gereicht! Mehr würde ich nicht ertragen können! Verstehst du, was ich damit meine?!“

 

„Du liebst mich!“ Diese Erkenntnis traf André wie eine Erleuchtung.

 

Oscar traf sie dagegen wie ein harter Schlag. „Nein, André, du verstehst das falsch!“, versuchte sie sich auszureden: „Ich kann nicht lieben! Ich bin wie ein Mann erzogen worden und so etwas passt nicht dazu! Nicht zu mir! Ich will keine Frau sein!“

 

„Du bist aber eine. Ich habe dich schon immer als Frau betrachtet“, hörte André sich sanft sagen. Er hatte keine Angst mehr, dass sie ihn schroff anfahren würde. Nicht nachdem ihre harte Schalle zerbrach. „Warum stehst du nicht einziges Mal zu deinen Gefühlen, Oscar?! Liebe ist doch etwas schönes!“

 

„Hör auf, André!“

 

„Aber es stimmt doch, Oscar.“

 

„Ach, André...“ Oscar konnte nicht mehr standhalten. Sie legte erschöpft eine Hand sich auf die Stirn und schloss die Augen. „Warum musst du ausgerechnet mich lieben...“

 

„Weil du wunderbarste und schönste Frau für mich bist.“ André wagte sich ihr langsam anzunähern. „Und weil ich, seit ich dich kenne, nur mit dir zusammen bin.“

 

Oscar ließ ihre Hand von der Stirn nach unten herabsinken und öffnete ihre Augen. André stand direkt vor ihr, so ähnlich wie am See und kurz bevor er sie geküsst hatte. Sein und ihr erster Kuss. Das war zwar nur ein Lippendruck gewesen, aber sie glaubte dennoch das immer noch zu spüren. Ihr Herz schlug schneller, ihr wurde warm am ganzen Körper und eine zarte Röte stieg ihr auf den Wangen, ohne dass sie das wollte. Sie senkte ihren Blick zur Seite und ihre hellblonde Haarlocken umrahmten sogleich ihr Gesicht. „Bitte, André, höre endlich damit auf... Du bringst mich in Verlegenheit...“ Ihr Hartherzigkeit war gebrochen und es verblieb diese Schwäche einer Frau, die sie weich machte.

 

„Aber ich mache doch gar nichts.“ André hörte ihren brüchigen Unterton, der beinahe weinerlich klang und rührte sich nicht vom Fleck. Auch jetzt gab sie nicht nach und focht einen aussichtslosen Kampf mit sich aus. „Oscar, gib auf. Dagegen kannst du nicht ankämpfen.“

 

Seine sanftmütige Stimme drang in ihr Gehör, wie ein Hauch des rauschendes Windes. Sie hob den Blick und sah ihn wieder an. „Ich kämpfe nicht... Ich weiß nur nicht, was ich tun soll...“ Oscar bekam urplötzlich weiche Knie und nach einem Halt suchend, drückte sie sich unvermittelt an ihren Freund. „Sag es mir, ist es das, was du unter der Liebe verstehst? Sich verloren und schwach zu fühlen? Und dann noch dieser Schmerz, der dich innerlich auffrisst, bis es zu unerträglichen Qual wird? Nennst du das etwa schöne Liebe?“

 

André stand wie erstarrt da. Er erkannte sie kaum. So hilflos und geschwächt, hatte er sie noch nie erlebt. Hatte er das etwa bewerkstelligt? Er wusste nicht, ob er glücklich oder verzweifelt sein sollte. Er wollte ihr doch nichts aufzwingen, sondern ihr lediglich die Augen öffnen.

 

„Sag schon, André! Sonst sterbe ich! Hier und jetzt!“, murmelte Oscar beinahe herausfordernd an seiner Brust.

 

Das brachte André aus seinen Gedanken zurück. Sachte legte er seine Arme um sie. „Das was du beschreibst, Oscar, nenne ich unerwiderte Liebe.“

 

Oscar hörte seinen aufgeregten Herzschlag unter dem dünnen Stoff seines Hemdes und spürte auch seine warme Haut darunter. Und als er sie umarmte und sie sachte an sich drückte, fühlte sie sich so geborgen wie noch nie zuvor. Wenn das die Liebe war, die er meinte, dann sollte er sie für immer so festhalten.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Nun gut, ich gebe es zu, André wirkt etwas zu selbstsicher und Oscar zu nachgiebig und ich hoffe, ihr verzeiht mir dass es eine Spur zu schnell zwischen den beiden geht. ^^ ;-)

Liebe Grüße,
Saph_ira Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  dana140
2019-06-24T21:29:45+00:00 24.06.2019 23:29
hola
Dios que bello fic me encanta ... es muy hermoso gracias por compartir
Antwort von:  Saph_ira
11.07.2019 14:11
Hello dear dana and thank you very much for your kind compliment. :-*
Von:  MilchMaedchen
2016-10-21T11:45:48+00:00 21.10.2016 13:45
Ehrlich, du hast ein Talent Kapitelsprünge an den ungünstigsten Stellen zu machen.

In aAnbetracht der Tatsache, dass die beiden Teenager sind und diese nun mal das Recht haben sich schneller ihren Gefühlen klar zu werden und mutiger zu sein, finde ich den Schritt jetzt nicht wirklich schnell.

Aber kann es sein, dass du beim schreiben dir die Szene von Andrés Überfall (Anime Verion) als Vorlage genommen hast, zumindest was die Aktionen angehen?! Wenn ja, hast du super deine Dialoge reingebastelt.

Tipp- und Grammatikfehler habe ich jetzt auch nur noch einen kleinen gefunden.

Mach bitte schnell weiter. Ich will einen richtigen leidenschftlichen Kuss, ok.
Antwort von:  Saph_ira
21.10.2016 18:08
Vielen lieben Dank. ;-) Ja, ich neige manchmal dazu, an unpassendsten Stellen Kapitel zu beendet. ^^

Stimmt schon, da sie noch so jüng sind noch keine Liebesqual erfahren haben, könnte man so eine schnelle zusammenkunft zwischen ihnen vorstellen. :-)

Hmmm... Wo du das sagst, wäre nicht ausgeschlossen, dass ich unbewusst beim Schreiben die Szene von Andrés Überfall im Anime als Vorlage genommen habe. :-)

Dankeschön noch einmal, das nächste Kapitel ist schon unterwegs und nicht nur mit einem leidenschaftlichen Kuss. ;-)
Von:  chrizzly
2016-10-19T19:07:34+00:00 19.10.2016 21:07
Aaaaarrrrgggghh sag mal kann man eigentlich einen noch ungünstigeren Moment finden um mit den schreiben aufzuhören???? 😤😤😤😤 Gefällt mir sehr sehr gut und ich persönlich finde nicht das irgendwas zu schnell ging. Ich finde das toll. 😍😍😍 Kussi meine liebe 😘😘😘
Antwort von:  Saph_ira
21.10.2016 17:50
Lol, nö, konnte ich nicht - ich mag es immer an der spannensden Stelle aufzuhören. XD Ne, alles gut und ich danke dir sehr für deine Worte. ;-) Lieben Gruß und Kuss zurück. :-*
Von:  YngvartheViking86
2016-10-19T19:03:04+00:00 19.10.2016 21:03
Also ich fand das klasse, dass es etwas fixer geht.
Die Beiden sind ja etwas jünger, als sonst und da könnte Andre durchaus etwas selbstsicherer sein.
Immerhin fehlen einige Jahre des Runterschluckens und Zurücksteckens und von Fersen war ja auch noch kein Thema.
Also passt das so, meiner Meinung nach. Je früher man etwas anpackt, desto sicherer ist man sich :)
LG Chris
Antwort von:  Saph_ira
21.10.2016 17:48
Dankeschön ;-)
Da könntest du recht haben, die Jahre des Leidens waren ja noch nicht da und je früher für die beiden, desto besser. :-)
Liebe Grüße,
Ira


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