Zum Inhalt der Seite

My love bite on your neck

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Love bite 28 – Sturm(frei) (Ohne Adult)

Nabend meine lieben Leser ^^

Ich bin immer noch nicht dazu gekommen, bei Heiko und Henning weiterzuschreiben -__- Und eure Reviews sind immer noch unbeantwortet -_____-

Auch die nächsten zwei Wochen herscht bei mir noch ein straffes Programm. Viel Arbeit, wenig Freizeit *seufz* Und meinem Mollylein geht es schon wieder schlechter. Wie es aussieht, muss ich morgen wieder mit ihr zum Tierarzt. Das arme Ding nimmt immer mehr ab. ;_____; Mal gucken, was die Ärztin meint.
 

Jedenfalls gibt es diese Woche von mir noch zwei weitere Kapitel. Das kann ich euch schon mal versprechen ^^

Bis dahin wünsche ich euch viel Spaß mit diesem Kapitel. Bei dem doofen Regenwetter kann man sich ja auch nur hinterm Bildschirm verkriechen ^^“
 

Eure Fara
 


 

Love bite 28 – Sturm(frei) (Ohne Adult)
 

Für einen großen Nachtisch hat der Platz in meinem Magen leider nicht mehr gereicht. Der Salat war riesig! Wie gut, dass ich Meilo bei mir habe, mit dem ich zusammen einen Eisbecher verputzen kann. Die gelegentlichen dummen Blicke anderer Besucher ignorieren wir. Die sind ja nur neidisch, weil ein so heißer Kerl wie Meilo gerade dabei ist, meinen Löffel abzulecken, den ich ihm vor den Mund halte. "Dir macht es auch kein bisschen was aus, dass die Leute uns beim Eisessen beobachten, oder?"

"Sollte es mir denn etwas ausmachen?", frage ich zurück. "Ist es dir peinlich?" Das wäre mir aber neu.

"Nein, ist es nicht." Na sage ich doch. "Ich meine ja nur."

"Dann ist ja gut ... Mach aahh!"

"Ahh!" Ist es nicht schön, wie kitschig verliebt wir sind?

Löffel um Löffel wird das Eis immer kleiner, und wir genießen dieses kleine aber feine Herumgealbere, so lange, bis es in meiner Hose vibriert. "Mein Handy", stelle ich sehr fachmännisch fest. Der Löffel geht in Meilos Besitz über, dann kralle ich mir dieses Mistding und schaue nach, wer es wagt, uns beim Eisessen zu stören. "Unbekannte Nummer." Dennoch gehe ich ran. "Ja?"

/Niclas?/

"Der bin ich", antworte ich stirnrunzelnd. "Und mit wem spreche ich?"

/Mit Ina. Weißt du noch?/

"Ach ja! Wegen dem freien WG-Zimmer!" Eben fällt es mir wieder ein. Eigentlich habe ich das Zimmer schon abgeschrieben, weil sich niemand mehr bei mir gemeldet hat. Die Besichtigung ist schließlich schon über eine Woche her. Ist das ein gutes Zeichen, dass ich zurückgerufen werde?

/Genau/, lacht Ina. /Es ist etwas blöd jetzt, aber wir haben nach langem Überlegen jemand anderen ausgewählt./

"Oh." So ein Mist! "Schade."

/Es tut mir leid. Ich hätte dich wirklich gern bei uns gehabt, aber ich bin überstimmt worden./

"Ach, kein Ding. Dann suche ich mir was anderes."

/Du wirst schon was finden/, startet sie einen Aufmunterungsversuch, der nicht ganz bei mir zünden will.

Ich verabschiede mich von ihr und lege auf. Seufzend schmolle ich vor mich hin. "Schlechte Neuigkeiten?" Meilo sieht mich fragend an.

"Das WG-Zimmer hat einen anderen Bewohner gefunden."

"Du willst immer noch ausziehen?"

"Ja. Bei meinen Eltern und meiner Schwester fühle ich mich langsam ziemlich eingeengt. Es wird Zeit, endlich wieder auf eigenen Beinen zu stehen. Auch, wenn es nur für zwei, drei Monate ist."

"Ich dachte, das sei schon vom Tisch." Ich schüttle den Kopf. Wie kommt er da drauf? "Wenn das so ist, dann könnten wir doch einen Versuch starten, und uns schon mal nach einer gemeinsamen Unterkunft umschauen." Habe ich eben richtig gehört?

"Du willst, dass wir uns schon jetzt eine gemeinsame Wohnung suchen?"

"Ist doch praktischer", meint Meilo achselzuckend und hält mir einen Löffel voll Eis hin. Jetzt ist er an der Reihe, und muss mich füttern. "Was hältst du von der Idee?"

"Ähm ... Na ja ... Also ..." Habe ich mich bei Henning angesteckt? Zu meiner Verteidigung, mit einem Mund voll Eis ist reden auch schwierig.

"Du willst nicht", schlussfolgert Meilo aus meinem Gestotter. Leider schlussfolgert er damit falsch.

Ich schlucke hastig. "Doch! Natürlich will ich das. Aber was ist mit deiner Wohnung in Berlin? Du kannst doch bis Januar dort bleiben, oder nicht?"

"Schon, aber ich will da endlich raus. Je schneller, desto besser." Nachdenklich stochert Meilo in dem halb zerlaufenen Eishaufen herum. "Ich habe mich da noch nie wirklich zuhause gefühlt", sagt er leise und lächelt schwach. "Außerdem", fügt er an "bin ich dort ja sowieso nie. Und falls ich wirklich mal ein, zwei Tage dort verbringen könnte, ohne Termine, würde ich die ganz sicher nicht dort, sondern bei dir verbringen." Wir lächeln uns vielsagend an.

"Na dann", überlege ich "wäre es vielleicht wirklich nicht schlecht, jetzt schon mal die Augen nach einer Wohnung für uns beide aufzuhalten. Wer weiß, wie lange es überhaupt dauert, etwas passendes zu finden. Etwas Vorlaufzeit ist sicher nicht schlecht."

"Deswegen ja! Lass uns endlich Nägel mit Köpfen machen! Warten wir nicht bis nächstes Jahr! Suchen wir uns eine Wohnung bei dir in der Nähe!" Das Eisschächen klirrt, als Meilo den Löffel fallen lässt, und euphorisch meine Hände ergreift. "Wir müssen es ja nicht erzwingen, und die erstbeste Wohnung nehmen. Doch falls du zufällig eine Wohnung findest ..." Meilo lächelt mich breit an.

Ich atme tief ein und wieder aus. Das klingt wirklich verlockend. Nur leider nicht so leicht umzusetzen, wie er sich das jetzt vielleicht vorstellt. "Und wenn ich was finde? Wie machen wir das mit der Besichtigung? Du kannst ja nicht einfach schnell mal zu mir düsen. Und was ist mit dem Mietpreis? Wie viel können wir zusammen ausgeben, und was hast du für Ansprüche?" Alles Dinge, die unbedingt beachtet, und vorher besprochen werden müssen.

"Ich habe nur einen Anspruch", grinst er. "Dass du mit zum Inventar gehörst."

Ich lege den Kopf schief und schüttle ihn leicht. "Das wird aber teuer, das kann ich dir schon mal sagen."

"Manche Dinge sind eben unbezahlbar." Wie recht er doch hat. Für ihn würde ich auch mein letztes Hemd geben. "Also? Tun wirs?" Gute Frage. Wir wollten nächstes Jahr sowieso zusammenziehen. Warum dann schon nicht jetzt?

"Okay. Tun wirs!"

"Klasse!" Meilo freut sich wie Bolle und mir geht es nicht anders. Eigentlich dachte ich, dass wir nächstes Jahr gemütlich miteinander auf Wohnungsjagd gehen, aber wie auch immer, Hauptsache, wir sind zusammen.

"Wir müssen uns aber noch einig sein, wie die Wohnung aussehen muss. Und vor allem, was du alles für dein neues Projekt brauchst."

"Das ist schnell geregelt. Ein Zimmer, das ich zu einem kleinen, privaten Tonstudio umbauen kann, genügt mir. Außerdem habe ich mich auch schon nach guten Tonstudios in der Nähe umgehört. Für alle Fälle."

Erstaunt schaue ich Meilo an. "Du planst das schon länger?"

"Jepp", antwortet er mit vollem Mund. "Aber als du mir das mit dem WG-Zimmer erzählt hast, dachte ich, dir vorerst nichts davon zu sagen."

"Du Geheimniskrämer" kichere ich und klaube mir den Löffel zurück. "Mach ahh ...!"

"Ahh ...!"
 

Nachdem wir das Eis verputzt, und unsere Zeche gelöhnt haben, machen wir uns auf den Weg zum Abenteuer Rodelbahn und Erlebnispark. Oder besser gesagt: Spazieren gehen, zum Verdauen. Mit vollen Magen rodelt es sich schlecht.

Hand in Hand schlendern wir den Kiesweg entlang, immer der Nase nach, und warten ab, was uns unter selbiger alles kommen mag. Nach ein paar Minuten sind wir in Sichtweite des Streichelzoos, wo kleine Kinder mit ihren Eltern Ziegen und Schafe füttern. Der Geruch von Mist und Heu weht bis zu uns rüber. "Willst du auch eine der Ziegen füttern?", frage ich Meilo scherzeshalber.

"Nur, wenn du eins der Schafe fütterst."

"Lieber nicht. Hinterher beißt mich noch eins." Meilo lacht. "Ja, ja. Das findest du lustig, hä?"

"Ich stelle mir nur gerade vor, wie du ein Schaf fütterst und dann losheulst, weil es dir in deinen süßen kleinen Finger gebissen hat. Und ich muss dich armen, kleinen Matz dann trösten."

Entrüstet bleibe ich stehen. "Danke auch! Wenn du das nächste Mal flennst, lache ich auch über dich."

"Das kannst du gar nicht."

"Und wie ich das kann." Natürlich kann ich das nicht. Aber wer frech ist, gehört bestraft. Und sei es bloß mit imaginären Lachattacken. "Willst du jetzt eins der Ziegen streicheln, oder nicht?"

"Schon, aber hier?" Verschmitzt grinsend schielt Meilo zu mir rüber. Ich ignoriere es mal, dass er mich eben mit einer Ziege verglichen hat.

"Dafür, dass du vorhin noch so niedergeschlagen warst, geht es dir jetzt aber ziemlich gut, was?"

"Ist das ein Wunder nach den guten Neuigkeiten?" Er lächelt mich verliebt an.

"Nein, ist es nicht." Ich bin ja selbst total glücklich darüber. Meilo und ich machen also, wie hat er vorhin gesagt? Nägel mit Köpfen. Wir ziehen wirklich und wahrhaftig zusammen.

"Und irgendwie muss ich meine gedrückte Laune von vorhin wieder ausgleichen", schmunzelt Meilo.

"Gleich das nachher aus, wenn wir zurück im Hotel sind", flüstere ich ihm zu und passe auf, dass mich niemand der umstehenden Menschen hören kann. "Da kannst du dich nach Herzenslust austoben."

"Hmhm", schnurrt Meilo, dreht sich zu mir und fummelt kurz an meinem Shirt herum, ehe mir einer seiner Zeigefinger in den Bauchnabel stippst. "Heißt das, ich darf dich nachher ordentlich auf'bocken'?" Der Zeigefinger stößt immer wieder vor und zurück. Eindeutiger kann sich sein Finger nicht bewegen. Aber auch ohne Nabel-Penetration kann ich mir denken, was er mit dem so passenden Wortspiel aufbocken meint.

"Himmel, ja!", wispere ich Meilo rau zu und gebe ihm einen Kuss.

"Wuhuuu!" Pfiffe ertönen. "Guckt euch mal die Schwuchteln da vorn an." Ich schiele den Weg entlang, dorthin, von wo wir eben gekommen sind. Eine Schulklasse kommt auf uns zu. Na, die haben uns noch gefehlt!

Mit einem fragenden Blick mustere ich Meilo. Er allerdings grinst und legt seine Arme um mich. Ich würde sagen, da gibt es nicht viel zu bereden. Mit Kilian hätte ich nicht einfach hier in inniger Umarmung stehen bleiben können, während eine Horde unreifer Teenager an uns grölend vorbeizieht. Dazu war er immer viel zu konservativ. Hin und wieder kam er mir vor, als sei er geradezu mit einem Stock im Arsch geboren worden. Mit Meilo allerdings ist es ganz unkompliziert. Er bleibt einfach stehen, wartet zusammen mit mir, bis die überforderte Lehrkraft ihre Schützlinge an uns vorbeigeschleust hat, und schmust mit seiner Nase über meine. Was für ein Mann, was?

"Kommt jetzt!", ruft der Lehrer genervt, und dann ganz leise, zu dem Schnucki, der nach uns gepfiffen hat: "Hör auf, da so hinzustarren. Das ist unhöflich." Kinder!

Der ganze Pulk marschiert geschlossen an uns vorbei, doch trotz der mahnenden Worte des Lehrers, wirft man uns amüsierte Blicke zu. "Ist es nicht schön, wenn man Kinder zum Lachen bringen kann?", kichere ich.

"Hmhm. Besonders die Weiblichen." Mit einem Mal sieht Meilo nicht mehr so glücklich aus. Er schiebt sich schnell meine Sonnenbrille, die er auf dem Kopf spazieren trägt, auf die Nase.

Neugierig, herauszufinden, was er meint, beobachte ich die Klasse. Einige der Mädchen unter ihnen kichern verschämt und schielen zu uns rüber. Mir schwant, was in Meilos Köpfchen vor sich geht.

"Denkst du, die erkennen dich?"

"Weiß nicht", murmelt er, während er sich versucht hinter mir zu verstecken. Blöd nur, dass er größer ist, als ich.

"Ohne deine Verkleidung sicher nicht", beruhige ich ihn. "Und ich muss das wissen, schließlich hatte ich, dank der Sammelleidenschaft meiner Schwester, Keith ständig direkt vor Augen, und habe dich dennoch nicht mit ihm in Verbindung gebracht, obwohl ich dich ganz genau kannte, wenn du verstehst?" Ich zwinkere ihm zu. "Die kichern nur, weil sie noch nie zwei so attraktive junge Männer zusammen haben rummachen sehen." Meilo verzieht den Mund, wobei er allerdings grinst. "Gehen wir weiter?"

"Ist gut", seufzt Meilolein. "Wir nehmen aber einen anderen Weg als die."

"Von mir aus, du großer Popstar." Weiter geht's. Mitten durch die Pampa.
 

Wir stehen so plötzlich sprichwörtlich mitten im Wald, dass ich mich umdrehe, um mich zu vergewissern, dass wir noch auf dem Gelände des kleinen Parks sind. Sind wir. Wir haben keinen geheimen Durchgang durchquert, der uns Narnia-mäßig in eine andere Welt verfrachtet hat. "Hier geht es zum Kletterwald", sagt Meilo.

"Woher weißt du das?"

"Da steht ein großes Hinweisschild. Direkt vor uns." Er deutet mit dem Finger drauf.

"Oh. Habe ich gar nicht gesehen." Meilo lacht und betitelt mich als Blindschleiche. Erst Ziege, dann Blindschleiche. Gib mir Tiernamen!

"Wollen wir?"

"Willst du?", frage ich zurück.

"Warum nicht? Ist sicher lustig."

"Schauen wir es uns erst einmal an", murmle ich und werde von Meilo weitergezogen.

Dass ich gar nicht scharf auf Klettern bin, lasse ich noch unerwähnt. Ehrlich gesagt, habe ich eine dezente Höhenangst und wenn es das ist, was ich vermute, was es ist, dann bekommen mich keine zehn Pferde dort oben in die Bäume. Aber mal abwarten. Vielleicht ist das ja auch nur was für Kinder. Ein paar kleine Gerüste, Baumstümpfe zum drauf herumspringen und fertig. Leider zerschlägt sich meine Hoffnung, als ich den ersten Kletterer hoch über mit in den Seilen hängen sehe. "Cool", staunt Meilo. "Das macht bestimmt einen Heidenspaß!"

"Ja. Ganz bestimmt." Ich bete darum, dass er damit das Zuschauen vom sicheren Boden aus meint, aber ich habe da so meine Zweifel.

Meilos Schritte werden immer schneller. Er bleibt erst stehen, als sich vor uns der gesamte Kletterparcours auftut. Ich schlucke hart. Das mache ich auf gar keinen Fall!

"Das machen wir!", ist Meilos Meinung zu dem Ganzen.

"Meilo? Ich glaube ..."

"Komm! Wir suchen jemanden, der uns die Ausrüstung verpasst!" Mit einem Ruck schleift mich Meilo wieder mit sich.

"Aber Meilo! Ich ..."

"Da vorn! Da steht jemand von der Anlage!" Einspruch zwecklos. Meilo ist so begeistert von diesem Kletterzeugs, dass er mir nicht zuhört. Er zerrt mich mit zu dem Typen, der alles hier zu bewachen scheint, und plaudert sofort drauf los. Der Kerl nickt und bittet uns, ihm zu folgen.

"Meilo? Jetzt warte doch mal!" Ich bleibe stehen.

"Was ist denn?" Abwartend bleibt er ebenfalls stehen, hält aber weiterhin meine Hand.

"Ich weiß nicht, ob ich das kann", fiepse ich und schäme mich ein bisschen dafür. Allerdings weiß ich aus Erfahrung, dass mit meiner Höhenangst nicht zu spaßen ist.

"Ob du was nicht kannst?" Er begreift nicht.

"Da hoch zu klettern", erkläre ich. Und auch auf die Gefahr hin, dass ich mich zur Lachnummer des heutigen Tages mache: "Ich habe Höhenangst."

Meilo macht große Augen. "Wie schlimm ist die?"

"So schlimm, dass ich noch nicht mal dort hinauf komme, fürchte ich." Ich zeige auf die niedrigstgelegene Stelle im Kletterwald, die zugleich auch der Beginn der Tour ist.

"Aber du bist doch gesichert. Und ich bin auch bei dir." Ich bin hin und her gerissen. Ich möchte Meilo nicht enttäuschen, aber die Furcht ist stärker, wird sogar noch schlimmer, je genauer ich mir die Netze, Seile und Holzkonstruktionen oben an den Baumstämmen und in den Baumwipfeln anschaue.

"Das ist nicht das Problem. Wenn das eine Seilbahn wäre, würde ich mitfahren, aber sobald ich mich selbst bewegen muss, erstarre ich zu Stein. Dann hänge ich da oben fest, und muss warten, bis mich die Feuerwehr oder sonst jemand wieder herunterholt." Ich habe mal einen ganzen Tag auf dem Dachboden meiner Oma festgesessen, weil ich diese bescheuerte ausklappbare Leiter nicht mehr hinunterklettern konnte vor lauter Angst. Mein Vater musste mich runtertragen, was gar nicht so einfach war. Die Leiter war alt und klapprig. "Ich kann das nicht", wiederhole ich. "Es tut mir leid." Meilo stürzt die Lippen. Ob es was hilft, wenn ich erwähne, dass wir ja eigentlich zum Rodeln und nicht zum Klettern hier her gekommen sind?

"Da kann man nichts machen", meint Meilo schließlich. "Dann suchen wir was anderes, was wir machen können."

Er kommt einen Schritt auf mich zu, doch ich halte ihn auf. "Kletter du ruhig. Ich kann dir ja zuschauen."

"Ohne dich will ich nicht."

Ich verdrehe die Augen. "Wenn du das willst, dann mach es."

"Nein. Wirklich. Es ist okay."

Ich schaue ihn ernst an. "Du schaffst jetzt deinen Arsch dort hinauf, denn wenn ich eins nicht leiden kann, dann sind es diese Pärchen, die bei jeder Kleinigkeit für den Anderen zurückstecken. Das führt zu nichts außer angestauter Wut."

"Das hier ist doch nicht so wichtig", schmunzelt mein Schatz.

"Eben drum. Hoch mit dir, und ich mache Fotos. Dann haben wir beide was davon." Ich grinse dümmlich und zücke mein Handy.

"Du und deine Fotosucht."

"Bei diesem Motiv hier kann ich gar nicht anders, als zu knipsen", schnurre ich und klaube mir einen Kuss. "Und jetzt lass dich von dem Typen an die Leine legen."

"An die Leine?" Lachend schiebt sich Meilo näher an mich ran. "Das macht mich jetzt irgendwie scharf." Und ich dachte, ich bin schon schlimm.
 

Routiniert wird Meilo der Sicherungsgurt umgelegt. Dann erklärt man ihm, wie er damit umzugehen hat, und wie er sich da oben in den Bäumen sichern muss. Mir wird schon beim Zuhören schwindelig. Das Meilo sich das traut. Wenn Gerd davon wüsste, der würde schier ausrasten. Ob ich ihm ein paar Bilder schicken soll ...? So gemein bin ich jetzt auch nicht.

"Es kann losgehen", verkündet der Klettertyp und klatscht in die Hände.

"Pass auf dich auf", flüstere ich Meilo ins Ohr. "Und denk dran: Nicht runtergucken." Sein Lachen daraufhin schenkt mir warme Schauer.

"Ich bin Höhensicher", gibt er großkotzig an.

"Schön für dich. Verheddere dich ja nicht in den Seilen."

"Werde ich schon nicht." Meilo stupst mir mit dem Zeigefinger auf die Nase, dann stolziert er auf die erste Station zu. Ich setze mich derweil auf einen Baumstumpf und drücke auf Aufnahme. Wieso Fotos schießen, wenn ich auch ein Video machen kann? Mal sehen, wie sich Meilo da oben anstellt. Wahrscheinlich hat er 'ne Menge Spaß, während mit schon beim Zuschauen schlecht wird. Oben angekommen, mag ich eigentlich gar nicht hinsehen. Tu dir nicht weh, mein Schatz!
 

Der Parcours führt über Seilbrücken, schwingende Holzscheiben, die miteinander befestigt sind, Wände, die aussehen, wie ein Lattenzaun, schmale Holzbalken und Haltegriffen, an denen man sich mit freischwebenden Beinen entlanghangeln muss. Ich bin ganz beeindruckt von Meilo, der das alles bewältigt, als sei es das Normalste der Welt, sich wie ein Baumbewohner fortzubewegen. Und er macht dabei eine mehr als nur sexy Figur. Wie er da so herumklettert, dabei schwitzt und seine Muskeln spielen lässt. Das finden anscheinend auch die beiden Frauen, die unweit von mir entfernt hocken, und ebenfalls ihren Männern beim Klettern zuschauen. Nur, dass sie immer wieder zu meinem Mann schielen und dabei miteinander tuscheln und ihm eindeutige Blicke zuwerfen. Dämliche Ziegen. Das ist meiner! Mal winke-winke machen, dass sie sehen, zu wem dieser einmalige Kerl gehört.

Meilo, der an einem der Haltepunkte angekommen ist, winkt mir brav zurück und lächelt mir zu. Mein Herz schlägt schneller.

Ich filme weiter, knipse Bilder und bin heil froh, als mein Schatz wieder lebend und unverletzt unten angekommen ist. "Das war klasse!", lacht er und schnallt sich den Helm ab. "Anstrengend, aber klasse."

"Das freut mich für dich. Ich habe auch alles auf Video." Ich wedle mit dem Handy. "Du hast eine richtig gute Figur da oben gemacht."

"Habe ich das?", gluckst er und gibt die Gurtkonstruktion ab, die er um hatte.

"Und wie." Wir lächeln uns an und schon liegen wir uns in den Armen. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie die beiden Frauen zu uns herüberschielen. Ja, guckt nur! Meins, meins und nochmal meins. Ich gebe ja ziemlich selten an, aber in diesem Moment genieße ich es fast so sehr, wie Meilos unmittelbare Nähe zu spüren. "Du riechst", stelle ich fest.

"Was? Oh. Entschuldige." Warum entschuldigt er sich dafür? "Das kommt von der Anstrengung", meint er verlegen. "Suchen wir mal lieber einen Waschraum auf.

"Aber nicht doch", raune ich ihm zu. "Bleib so. Richtig zum Anbeißen ..." Flink fahre ich mit der Zunge über seinen Hals, sodass es keiner mitbekommt. Das wäre dann doch ein klitzekleines bisschen zu viel für die armen Leute hier, glaube ich.

"Du magst es, wenn ich stinke?"

"Klar. Pheromone. Ich kann sie riechen. Sie flüstern mir unanständige Dinge ins Ohr."

"Dann sollte ich mich erst recht waschen", sagt Meilo, was ich ziemlich fies finde, und lässt mich los. "Nicht, dass du noch über mich herfällst." Er lacht und dreht sich um. Echt gemein!

Ich laufe ihm hinterher, bis ich zu ihm aufgeschlossen habe. "Ich kann dich auch gleich in den See werfen. Wie wäre es damit?"

"Nur, wenn du mitkommst."

"Nie im Leben! Ich bekomme schon Gänsehaut nur vom dran denken."

"Also wirklich", lacht er. "Du bist echt die größte Mimose, die ich jemals kennengelernt habe." Poha!

"Bitte?!" Ich bleibe stehen und gucke Meilolein grimmig an. Doch er grinst mich bloß an und geht einfach weiter. Ich weiß nicht, ob ich lachen soll, oder doch eher sauer auf ihn sein soll.

"Kommst du? Da vorn sind Toilettenhäuschen." Keine Ahnung, warum ich mich wieder geschlagen gebe. Der Kerl wickelt mich ständig um den kleinen Finger.

An den Toilettenhäuschen angekommen, ist Meilo schon drinnen verschwunden. Nachdenklich warte ich draußen auf ihn und hocke mich auf einen großen Stein, der gegenüber am Wegesrand liegt. Bin ich wirklich eine Mimose? Hat er das ernst gemeint, und nur als Scherz verpackt? Es mag sein, dass ich mich während der Zeit, die wir hier miteinander verbringen, schon etwas verweichlicht angestellt habe. Aber was kann ich dafür, wenn mir schnell kalt wird und ich Höhenangst habe? Ich will doch einfach nur bei Meilo sein. Dafür nehme ich es auch mit einer kalten Holzhütte oder einem vernebelten See auf. Baumklettern vielleicht nicht unbedingt, es sei denn, Meilo würde kopfüber in einem hängen und bräuchte Hilfe, aber ansonsten würde ich alles für ihn tun.

"Wieder alles frisch", höre ich Meilos Stimme neben mir.

"Fein." Ich ziehe die Mundwinkel nach oben.

"Ist irgendwas?" Meilo kann ich damit nicht täuschen.

"Findest du wirklich, dass ich eine verweichlichte Mimose bin?", frage ich ihn geradeheraus.

"Von verweichlicht habe ich nichts gesagt", antwortet er schmunzelnd, kniet sich dann jedoch vor mich und blickt ernst drein. "Das war ein Scherz. Du kannst doch nichts dafür, wenn du frierst. Und Höhenangst hat fast jeder."

"Du nicht."

"Ja jetzt, aber als Junge war ich der totale Angsthase."

Okay. Das bringt mich zum Lachen, weil ich mir das gar nicht vorstellen kann, obwohl er es schon mal erwähnt hatte. Doch damals kannte ich ihn noch nicht so gut wie jetzt. "Echt?"

"Ja, echt. Hab ich dir doch schon erzählt."

"Hast du nicht. Nur, wie du deine Leidenschaft für geklaute Schminkutensilien entdeckt hast."

Meilo verzieht das Gesicht. "Die Phase war auch mal."

"Das weiß ich doch." Ich lege meine Hand auf seine, die auf meinem Knie liegt. "Vor was hattest du damals Angst?" Ich möchte es wissen. Ich erfahre immer wieder gern mehr von der Vergangenheit meines Lieblings.

Er steht wieder auf und hockt sich neben mich, was eigentlich unmöglich ist, da der Stein nicht sehr breit ist, aber es funktioniert irgendwie. Bequem ist allerdings anders. "Ich war als kleiner Junge total schüchtern und hing ständig am Rockzipfel meiner Mutter. Als ich dann den ersten Tag im Kindergarten verbringen musste, hatte ich mich heulend im Spielhaus versteckt. Das ging soweit, dass ich wieder abgeholt werden musste."

"Jedes Kind hat Probleme mit dem Kindergarten. Ich wollte dort auch erst nicht hin." Ist doch logisch.

"Ich lag von da an über ein Jahr lang nur alleine in der hintersten Ecke des Spielhauses und heulte." Oh. Das ist heftig.

"Du übertreibst doch!" Das kann doch gar nicht sein. Nach dem ersten Schock rennt man mit den anderen Kindern schreiend durch die Bude.

"Tue ich nicht. Frag meine Mutter. Und in der Grundschule wurde es auch nicht besser. Ich redete mit niemanden und es dauerte lange, bis ich mich dort einigermaßen eingefunden hatte. Ich hatte vor alles und jedem Angst."

"Hört sich an, als hättest du eine schlimme Zeit durchgemacht."

"Ist eben nicht jeder von Geburt an so toll, wie ich es jetzt bin", lacht Meilo. "Jedenfalls lernte ich dadurch recht schnell, dass ich anders bin, als die anderen Kinder. Wie anders, das ahnte ich zu der Zeit zwar noch nicht, doch es half mir, mich zu akzeptieren." Ich wiederhole es bestimmt zum dutzenden Mal, aber Meilo ist bewundernswert! "Wollen wir weiter? Wir haben nur noch wenig Zeit. Wenn wir rodeln wollen, müssen wir uns ranhalten." Ich nicke und stehe auf. Gemeinsam, Hand in Hand, laufen wir dem Sonnenuntergang entgegen. Oder viel mehr der Rodelbahn.
 

***
 

"Jetzt bist du vorn. Ich will mich auch mal an dir festklammern."

"Ist gut. Aber wehe, ich habe danach deine Fingernagelabdrücke im Bauch."

"So, wie du mir welche verpasst hast?" Meilo schaut mich frech an.

"Genau. Also sei schön vorsichtig."

"Ich versuche es." Wer's glaubt!

Nichtsdestotrotz setze ich mich vorn in den Rodelbob und warte, bis Meilo sich hinter mich gesetzt hat. "Kann's losgehen?", frage ich ihn.

"Aber sowas von!" Ich stoße mich ab, und schon rollen wir. Schnell die Beine hoch und festhalten.

Wir nehmen schnell Fahrt auf und rasen durch die erste Kurve. Es rattert laut, was nur von unseren Jubelrufen übertönt wird. Meilos Arme haben mich fest umschlossen. Aufgeputscht lehne ich mich gegen ihn, während ich versuche, den Bob zu steuern. "Meilo, hilf mir mal!" Er kann das besser als ich.

Er greift nach vorn und umfasst meine Hände, die sich an den Steuerhebel klammern. "Gar nicht so leicht, was?"

"Nein!" Besonders, wenn ein gewisser jemand einem in den Nacken bläst und dadurch eine Gänsehaut bekommt.

"Achtung!", brüllt er. "Gleich kommt sie!"

"Ich weiß", lache ich laut und lehne mich zusammen mit Meilo nach rechts, um heil durch die letzte Kurve zu kommen, die sogleich auch die tückischste ist. Wir meistern sie und kommen am geraden Stück an, das dafür gedacht ist, den Bob langsam abzubremsen.

"Nochmal?", frage ich meinen Schatz und klettere aus dem Bob.

Meilo schaut auf die Uhr. "Es wird bald dunkel. Bis wir vorne sind, dauert es."

"Schade", murmle ich. "Ich hätte so gern noch mal hinter dir gesessen." Ich schmiege mich an Meilos Seite.

"Das kannst du doch auch. Wenn wir wieder im Hotel sind." Guter Einwand.

"Also gut, überredet." Ich schiebe meinen Arm unter Meilos hindurch und laufe mit ihm weiter.

Wir sind nicht mehr weit vom Ausgang entfernt, da trifft mich was Feuchtes auf der Nase. Ich blicke empor in den Himmel und "Ach du Scheiße!" Ich bleibe stehen. "Da kommt es rabenschwarz. Es gießt sicher gleich in Strömen."

"Beeilen wir uns lieber", brummt Meilo und gibt Fersengeld.

Ich behalte leider mit meiner Vermutung recht, denn als wir endlich am Auto ankommen, ergießen sich wahre Sturzbäche über uns. Triefend nass sitzen wir keuchend im Wagen. "Verflucht! Das gibt's doch nicht!" Meilo zupft sich am Oberteil herum, das wie Pattex an ihm klebt. "Ging das schnell!"

"Das sieht nach einem richtigen Unwetter aus." Ich bin besorgt. "Sollen wir warten, bis es rum ist?"

Meilo zuckt mit den Schultern. "Weiß nicht."

Ich atme tief ein. Wild darauf, bei dem Wind und Regen durch ein Waldstück zu fahren, bin ich nicht gerade. "Warten wir ein paar Minuten. Vielleicht wird es schwächer."

"Ist wahrscheinlich besser", stimmt Meilo mir zu.

Ich lasse das Auto an und zähle die Sekunden, bis die Heizung endlich warme Luft aus den Düsen pustet. "Wir müssen aus den nassen Klamotten raus", überlege ich laut.

"Hier?"

"Wenigstens die Oberteile." Gesagt, getan. Die Heizung auf volle Leistung, zücke ich mein Handy. "Wir haben volle Warnstufe. Gewitter, Starkregen und Sturmböen. Sogar örtlich Hagel."

"Für wie lange."

"Bis 23 Uhr, aber das muss nichts heißen."

"So lange können wir unmöglich warten!"

"Das habe ich auch nicht vor", antworte ich meinem entsetzt dreinblickenden Meilolein und lege den ersten Gang ein.

"Du meinst, du kannst so fahren?"

"Probieren wir es." Ich stelle die Scheibenwischer auf die schnellste Stufe, wovon einem wirklich schwindelig werden kann, und fahre langsam an.

"Lass es lieber Nic! Zur Not pennen wir im Wagen."

"Das geht schon. Da hinten wird es wieder hell." Das wird es tatsächlich.

"Schön, aber wir fahren in die andere Richtung. Genau dort hin, wo das Unwetter hinzieht." Ups.

"Dann fahre ich eben langsamer, als das Unwetter zieht. Wir treiben es vor uns her."

"Von mir aus", sagt Meilo. "Aber um das tun zu können, hältst du jetzt nochmal an und dann warten wir, bis du wenigstens zwei Meter vors Auto gucken kannst."

"Ist ja gut", seufze ich und fahre auf den nächsten freien Parkplatz. "Warten wir." Gang wieder raus, Heizung auf halbe Leistung. Es wird warm.

"Ich schlage vor, nutzen wir solange die Zeit für was anderes." Meilos Hand schiebt sich auf meinen Oberschenkel. Wie interessant.

"Was meinst du damit im Genaueren?", frage ich ihn und schaue grinsend zu, wie er sich zu mir rüberbeugt.

"Ich habe mich noch gar nicht für die tolle Hinfahrt bedankt."

"Skandalös!"

"Nicht wahr? Das sollte ich schleunigst nachholen."

"Aber ganz schnell ..." Ich werde in den Sitz gedrückt. Uns küssend, hören wir dem Prasseln des Regens zu. Von mir aus kann es noch viel stärker stürmen. Wie schnell sich eine Meinung doch ändern kann.
 

*
 

"Wahnsinn!", keuche ich.

"Das Selbe wollte ich auch gerade sagen", gluckst Meilo neben mir. "Was ging denn bei dir ab?"

"Viel", lache ich abgehackt.

"Hab's gemerkt. Muss am Wetter liegen."

Ich öffne die Augen. Es regnet nur noch leicht. "Vorbei", nuschle ich.

"Noch nicht ganz. Es ist weitergezogen." Der Sitz knarrt. Meilo linst aus dem Heckfenster. "Da blitzt es noch." Noch etwas neben mir, schließe ich meine Jeans wieder und rutsche aufrecht in den Sitz. "Soll ich fahren, oder bist du genug bei Kräften?"

"Geht schon. Gib mir noch eine Minute, dann bin ich so fit wie zehn Holzfäller." Mindestens! Meilos amouröse Künste sind besser als jeder Energiedrink. Zu meinem Bedauern haut der Vergleich mit den Holzfällern nicht ganz hin, auch nicht nach einer weiteren Minute. Dennoch fühle ich mich wieder genug bei Kräften, um selbst zu fahren.
 

Auf der Bundesstraße fahre ich zehn Km/h unter der Richtgeschwindigkeit. Stören tut es niemanden, denn es ist weit und breit niemand anderer auf der Straße zu sehen. "Bin ich froh, wenn wir ins Bett kommen. Das war anstrengender als gedacht."

"Ich weiß, was du meinst", antworte ich. "Frische Luft macht einen total fertig."

"Nur die frische Luft?" Meilo grinst anzüglich.

"Die und dein süßer Schmollmund." Am liebsten würde ich meine Finger in seine Wangen krallen, so, wie es Omas immer tun, doch das lässt sich jetzt schlecht bewerkstelligen.

"Ich dachte, der macht aus dir einen Holzfäller?"

"Hm", brumme ich. "Vielleicht einen kleinen." Meilo lacht. "Ein noch sehr jungen Holzfäller, der nach zwölf Stunden Dauerholzhacken in sein Häuschen kriecht und auf dem Teppich zusammenbricht."

"So schlimm?"

"Nein", winke ich ab. "War doch nur ein Scherz." Ich bin zwar müde, aber mir geht es noch immer gut. Als schwebe ich in einer warmen Wolke dahin. In einer rosaroten Meilowolke.

"Dann ist ja gut", sagt Meilo gähnend und rutscht tiefer in den Sitz.

"Bist du wirklich so müde?"

"Nein. Noch viel müder." Oh je! Mein armer Liebling.

"Schlaf ein bisschen, solange wir unterwegs sind." Er nickt, schließt die Augen und kippt zur Seite. Sein Kopf bettet sich auf meinen Oberarm. Ich grinse. Wie niedlich.

Während wir langsam über den Straße fahren, schalte ich die Musik ein. Meilos Demo-CD. Leise schallen die Songs aus den Lautsprechern. Meilo scheint dies nicht zu bemerken. Er atmet ruhig und bleibt weiterhin gegen meinen Arm gelehnt sitzen. Gedankenverloren summe ich die Melodien mit. "An dir ist ja ein richtiger Sänger verloren gegangen", holt mich Meilo aus den Gedanken.

Erschrocken verstumme ich. "Zieh mich nicht auf."

"Tue ich nicht." Ich brumme nur und setze den Blinker. Gleich sind wir da. "Nicht beleidigt sein", brabbelt mein Schatz und setzt sich wieder auf. "Es freut mich, dass dir die Songs gefallen."

"Das tun sie", sage ich. "Das habe ich dir doch schon gesagt."

"Hast du." Sanft schmusen Meilos Lippen über meine Schläfe.

"Lass uns das für nachher aufheben", lache ich.

"Wie du meinst." Seufzend rückt er von mir ab und plumpst gegen die Rückenlehne. "Kann es sein, dass es wieder stärker regnet?"

"Ja. Scheint so, als fahren wir tatsächlich wieder genau ins Unwetter rein."

"So eine Pleite." Da stimme ich ihm zu.

An unserem kleinen Seehotel angekommen, sind wir erneut dem Sturm ausgeliefert. Es fängt sogar tatsächlich an zu hageln! Zum Glück keine großen Brocken, doch der Lärm ist unfassbar. "Das gibt's doch nicht! Als würden wir das Wetter magisch anziehen", brülle ich Meilo an.

"Das mag uns."

"Mich ganz bestimmt nicht. Wenn, dann dich." Meilo schenkt mir einen spöttischen Laut. "Wollen wir es wieder aussitzen?"

"Wir sind sowieso noch nass. Lass uns rennen und dann schleunigst unter die heiße Dusche." Hört sich verlockend an.

"Dann mal los!" Wir hasten zugleich aus dem Wagen, schmeißen die Türen zu und rennen los. Die Zentralverriegelung klackt. Wie gut, dass es diese kleinen, praktischen Knöpfchen am Schlüssel gibt.

Wir hechten auf das Hotel zu und schlittern keuchend zu der Überdachung, welche die Frontseite ziert. Zum zweiten Mal heute, triefen wir vor Wasser.

Der Regen und der dazwischen versteckte Hagel produzieren einen riesigen Lärm. Stark prasselt es auf das schmale Dächlein über uns. Allerdings glaube ich plötzlich, Stimmen aus dem Rauschen heraushören zu können. "Die auch?" ,höre ich eine der Stimmen gehetzt fragen.

"Ja!", antwortet eine Zweite. Ich spitze die Ohren.

"Wollen wir nicht endlich rein?", fragt mich Meilo drängelnd.

"Psst! Hör mal."

"Was denn?" Ich überhöre die Frage und strecke stattdessen den Hals. "Nic?" Von wo kommen die Stimmen denn nur? "Erde an Nic."

"Warte doch mal!" Ich wage mich wieder in den Schauer. Sie müssen von links kommen. Dort, wo immer die Tische und Stühle stehen, auf denen wir draußen des öfteren gegessen haben. Und dann sehe ich sie.

"Schnell!", ruft einer dem anderen zu.

"Ich mach ja schon!" Zwei Gestalten huschen im Regen umher. Nein, keine Gestalten. Das sind Henning und Heiko! Sie schleppen Tische und Stühle ins Trockene. Ein paar der Stühle sind schon Richtung See geweht worden. Es fehlt nicht viel, und sie landen in den Fluten.

Meilo hat sich inzwischen auch an meine Seite gewagt. "Wir müssen ihnen helfen", sage ich zu ihm. "Bis die alles eingesammelt haben, sind sie bis auf die Knochen aufgeweicht."

"Na schön", seufzt Meilo. "Beeilen wir uns."

In geduckter Haltung rennen wir auf die davon gewehten Stühle zu, schnappen uns je zwei, und eilen so schnell es geht, auf den Kellereingang zu, in dem Henning und Heiko alles unterzustellen scheinen. Wir rennen sie beinahe um den Haufen, als wir ins Trockene stürmen. "Was macht ihr denn hier draußen?", fragt ein überaus überraschter Henning uns.

"Nach was sieht es den aus?", frage ich ihn retour. "Wir wollen euch schnell helfen."

"Ähm ... Aber das müsst ihr nicht! Ich meine, ihr seid doch Gäste!" Ach, wie habe ich Hennings Ähm vermisst!

"Wir sind eh schon nass", wirft mein Schatz ein. "Und zusammen geht es schneller." Gegen die Logik meines Schatzes hat wohl keiner was einzuwenden, denn Henning nickt dankbar und klopft mir auf den Rücken, ehe er wieder nach draußen marschiert.
 

Zu viert bekommen wir relativ schnell alles ins Trockene, und keiner der Stühle ist in der Zwischenzeit im See verschollen. "Danke, für eure Hilfe", japst Henning, der an seinem nassen Hemd herumzupft. Ein weißes, enganliegendes, nasses Hemd, das keinen Raum für Spekulationen frei lässt. Heiko kann sich glücklich schätzen, wenn ich das mal so sagen darf.

"Geht am besten schnell hoch und steigt aus den nassen Klamotten, bevor ihr euch noch was einfangt", meint Heiko, der ebenfalls tropft wie ein nasser Hund.

"Ist gut. Ihr aber auch." Ich zwinkere Henning zu. Die zwei können es sicher nicht erwarten, sich aus den Klamotten zu schälen. Nicht nur, weil diese triefend nass ist.

Meilo und ich steigen schnell unter die herrlich warme dusche, ziehen uns trockene Sachen an und landen erschöpft im Bett. "Ob der Sturm nochmal aufhört?", fragt er mich.

"Keinen Schimmer. Irgendwie wütet er hier länger als vorhin auf der Rodelbahn."

"Ja ..."

"Ach egal! Wir sind im Trockenen und liegen im Bett. Von mir aus kann da draußen die Welt untergehen." Ich fläze mich wie ein fetter, vollgefressener Kater in den Laken und brumme wohlig. "Wie gemüdli... hä?" Plötzlich sitzen wir im Dunkeln. "Wieso ist ...?" Rumms! Ein lauter Donner grollt von der Ferne.

"Da hat es irgendwo eingeschlagen", vermutet mein Herzblatt und rutscht vom Bett.

"Och na toll! Lass uns pennen." Ich brauche eh kein Licht beim Schlafen. Ich rolle mich unter die Decke und schließe die Augen. Doch mein Meilolein steht weiterhin am Fenster und glotzt in den Regen. "Meilo, komm her. Ich will kuscheln." He he.

"Alles dunkel", murmelt er, als würde er mit sich selbst reden.

"Und? Nachts muss es dunkel sein. Jetzt komm schon!" Zufrieden höre ich, wie er auf das Bett zukommt, doch irgendwer meint es heute nicht gut mit mir. Es klopft an der Zimmertür.

"Ich geh schon", meint Meilo und läuft zur Tür.

Notgedrungen setze ich mich auf und starre auf das schwarze Rechteck, von dem ich vermute, dass das die Tür ist. Als Meilo sie öffnet, erhellt ein kleines Licht die Szenerie. "Alles in Ordnung bei euch?" Wieder ist es unser strammer Bayer Henning.

"Ja. Und bei euch?"

"Der Strom ist ausgefallen." Ach ne! "Ähm ... Heiko und ich dachten uns, ihr wollt vielleicht auch einen Tee? Das Wasser ist schon heiß."

Meilo dreht seinen Kopf zu mir. "Wollen wir?"

Ich überlege. Tee hört sich gut an. Aber was sich noch besser anhört: Tee zusammen mit Henning und Heiko. Vielleicht plaudern die zwei Schnuckel ein bisschen aus dem Nähkästchen. Ich würde ja zu gern wissen, ob die beiden jetzt auch ganz offiziell zusammen sind. "Ja. Gerne", antworte ich und springe aus dem Bett. Für Schlafen ist auch nachher noch Zeit.
 

Henning führt uns in den Gastraum, wo eine einzelne Kerze einen der Tische erhellt. Heiko sitzt schon dort und brüht sich einen Tee auf. "Wie gemütlich. Ein Stromausfall hat auch Vorteile", befinde ich das Ganze.

"Und sei es nur, um Tee mit Freunden zu trinken", lacht Henning. Ach? Wir sind schon Freunde? Wow. Das macht mich jetzt leicht sprachlos.

Ich setze mich gegenüber von Heiko, da sich Henning bestimmt neben seinen Liebsten setzen möchte, und warte auf Meilo, der sich den Stuhl neben mir krallt. Henning setzt sich ebenfalls, und nun sitzen wir uns alle vier gegenüber. Heiko schenkt uns allen Tee ein, dann wird es ruhig, sieht man vom Tosen des Windes draußen ab. "Also … Nochmal danke, dass ihr uns geholfen habt", sagt Henning leise und trinkt an seinem Tee.

"Nichts zu danken", winke ich ab. "Wir konnten doch nicht zulassen, dass ihr beide vom Sturm weggeweht wird, jetzt, wo ihr endlich ein Paar seid." Ja, ich lehne mich weit aus dem Fenster, aber irgendwie muss ich das Gespräch ja in die gewünschten Bahnen lenken.

Heiko räuspert sich und schaut mich verlegen an. "Ich habe gehört, dass wir das zum Teil auch dir zu verdanken haben." Nur zum Teil?!

"Henning hat dir davon erzählt?", frage ich Heiko.

"Ich musste. Heiko war immer noch sauer auf dich", erklärt Henning.

"Als er mir sagte, dass du ihm nur geholfen hast, um über seinen eigenen Schatten springen zu können, da war ich es natürlich nicht mehr", lacht Heiko. "Ohne dich würden wir vielleicht jetzt noch unentschlossen umeinander herumkreisen." Die beiden schauen sich verliebt an, während sich ihre Hände miteinander verflechten. Was für ein schönes Bild. Nicht nur Wetterblitze fliegen durch die Luft. Man sieht auf dem ersten Blick, dass die zwei sich lieben. Das wiederum bringt mich auf meine eigentliche Frage zurück.

"Habt ihr es schon offiziell gemacht?" Unsicherheit spiegelt sich in ihrem Gesicht. "Also noch nicht?"

"Nein", fiepst Henning. "Meine Eltern wissen nicht, dass ich … Nun ja …"

"Auf Kerle stehst?", hilft ihm mein Schatz auf die Sprünge.

"Ja." Henning nickt. "Deswegen wollte ich euch fragen … also … weil ihr ja so unbeschwert miteinander umgeht und … ähm …" Nicht wieder stottern, Henning!

"Du willst wissen, wie es bei uns war?"

"Ähm … Ja." Er nickt. "Ist ein Outing schlimm?"

"Puh!" Ich lehne mich zurück. "Das kommt drauf an. Meine Eltern waren da sehr locker. Und eigentlich habe ich mich nicht wirklich von mir aus vor ihnen geoutet, sondern meine Mutter hat es herausgefunden." Peinliche Story. Die will niemand wissen.

"Bei mir war es ähnlich", erklärt Meilo. "Irgendwie wussten sie es." Meilo grinst. "Es war auch nicht schwer zu erraten." Das verstehen die zwei natürlich jetzt nicht, aber Meilo spielt bestimmt auf seinen damaligen Make-Up Faible an.

"Haben deine Eltern jemals was verlauten lassen, dass sie eine Abneigung gegen Homosexuelle haben?", möchte ich wissen.

"Nein. Soweit ich weiß nicht." Henning schüttelt den Kopf.

"Das denke ich auch nicht", wirft Heiko ein. "Es waren schon mehrmals gleichgeschlechtliche Pärchen hier, und nie haben sie ein böses Wort über sie verloren."

"Aber das heißt noch gar nichts!", sagt Henning ängstlich. "Selbst wenn sie nichts gegen Homosexuelle haben, vielleicht haben sie es, wenn sie erfahren, dass ihr einziger Sohn schwul ist!"

Heiko seufzt. "Das wissen wir aber nicht mit Sicherheit, wenn wir es ihnen erst gar nicht sagen."

"Du stellst dir das so einfach vor, aber ich kann das nicht mal so auf die Schnelle!"

"Das weiß ich doch, aber wir werden es nicht lange geheim halten können."

"Und du weißt, dass ich auf den richtigen Zeitpunkt warten will, bis …"

"Ähm Leute?", unterbreche ich den leisen Schlagabtausch der beiden, der sich so anhört, als hätten sie in der kurzen Zeit, in der sie ihre Liebe füreinander endlich miteinander teilen, schon einige hitzige Debatten über das Thema geführt. "Es bringt überhaupt nichts, wenn ihr euch gegenseitig ankeift."

"Nic hat Recht. Geständnisse nagen an einem, bis man sie gestanden hat, nicht wahr?" Meilo guckt mich an.

Dem pflichte ich natürlich bei. "Ja, genau! Je eher ihr euch Hennings Eltern stellt, desto besser."

"Das findest du also auch?", fragt Meilo mich.

"Ja, habe ich doch gesagt. Warum fragst du?"

"Nur so", antwortet Meilo und grinst schief. Hä? Habe ich was verpasst? "Es ist doch sowieso egal, wann ihr es ihnen sagt. Ihre Reaktion verändert sich nicht."

"Stimmt", murmelt Henning.

"Doch je eher ihr das tut, desto schneller seit ihr dieses ungute, nagende Gefühl los, dass euch plagt." Hört, hört!

Henning nickt und klammert sich an seine Tasse fest. "Morgen sage ich es ihnen" flüstert er, als würde er seine Entscheidung vor sich selbst geheim halten wollen.

"Morgen sagen wir es ihnen", korrigiert ihn Heiko. "Ich lasse dich das nicht alleine durchmachen."

"Danke, aber das musst du ni..."

"Doch, das muss ich! Das geht nicht nur dich was an." Henning erwidert daraufhin nichts mehr. Sie sehen sich verliebt an und keine Sekunde später liegen sie sich auch schon in den Armen.

Ich lehne mich an Meilo, der seinen Arm um mich legt und seufzt. "Du weißt, dass ich auf deine Schwester angespielt habe?", fragt er mich leise. Auf einmal verstehe ich es. Dieser Schuft!

"Das hatten wir doch besprochen."

"Hatten wir", bestätigt er. "Wir machen das auch zusammen." Meilos Hand legt sich auf mein Bein. "Sobald ich kann, fahre ich zu dir, und dann sagen wir es ihr."

"Machen wir", segne ich ab. Wohl ist mir bei dem Gedanken noch immer nicht.
 

******



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (0)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.

Noch keine Kommentare



Zurück