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Briefe an Sora

(Eine Taiora-Geschichte)
von

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Nur ein Albtraum

Es war nur ein weiterer Tag im Kalender des Universums, an jenem Sora wie so oft auf ihrem Fensterbänkchen saß und über Gott und die Welt nachdachte. In der Hand hielt sie eine kleine Haarspange mit einer breit lächelnden Sonne darauf, und auf ihrem Schoß lag ein eingerahmtes Bild.

Es zeigte sie und Matt an einem Wintermorgen. Sie trugen beide Mäntel und Schals, und Matte hatte seinen Arm um Soras Schulter gelegt. Das Mädchen seufzte und starrte wie gebannt auf das Bild, bevor sie ihren Blick plötzlich auf die kleine Spange lenkte. Die fröhliche Sonne strahlte sie an, so als wäre ihre Welt ganz sorgenfrei.

Und obgleich Sora Schmerzen fühlte, musste sie dieses niedliche kleine Lächeln erwidern. Danach stand sie von der Fensterbank auf und trat vor den Spiegel. Sie beäugte sich selbst kritisch von oben bis unten. Sie war immer noch unheimlich dünn, immer noch groß gewachsen, immer noch roothaarig und braunäugig, immer noch ein wenig blass;

Alles war wie immer, doch eines störte sie an sich selbst. Es waren bloß ein paar Sekunden, die Sora verstreichen ließ, doch sie fühlten sich wie eine Ewigkeit an. Nach genau jenen Sekunden führte Sora ihre beiden Händen entschlossen um ihren Hals und öffnete den Verschluss des kleinen Halskettchens, das sie seit Tagen trug.

Behutsam nahm sie es ab und legte es auf das Bild, welches immer noch auf der Fensterbank lag. Vorsichtig ergriff Sora schließlich beide Dinge und platzierte sie in der obersten Schublade ihres Schreibtisches. Diese verschloss sie langsam, jedoch ganz fest.

Danach läutete es plötzlich an der Tür. Sora war allein zu Hause, weswegen sie aus ihrem Zimmer ins Wohnzimmer eilte und die Eingangstür zu ihrer Wohnung öffnete. "Hallo, Sora.", begrüßte Matt seine Freundin und schenkte ihr dabei ein sehr zaghaftes Lächeln. "H-hey.", erwiderte sie. "Kann ich vielleicht reinkommen?", fragte der Blonde, und Sora gewährte ihm Eintritt.

Die beiden nahmen Platz auf dem Sofa, und danach war es für einen Moment still. Matt zappelte mit seinem rechten Knie, was Sora ein wenig nervös machte. "Ist alles in Ordnung?", fragte sie und blickte Matt dabei von der Seite an. "Na ja...", meinte dieser bloß darauf. Er faltete seine Hände ineinander und spielte nervös mit seinen Fingern, nach Worten suchend.

"Matt, sprich mit dir. Ich sehe dir doch an, dass was nicht in Ordnung ist.", sagte Sora daraufhin und legte ihre Hand dabei auf Matts Oberschenkel, um ihn ein wenig zu beruhigen. Matt atmete tief ein. "Ja, da hast du recht. Vor dir kann man auch nichts geheim halten.", meinte er eher scherzhaft, um die Stimmung ein wenig aufzulockern.

"Sora, es ist so...", setzte er schließlich an und wandte ihr seinen Blick zu. "In der Digiwelt ist was vorgefallen. Da war dieses bösartige Digimon, das Patamon und Gabumon bekämpft haben....später kamen auch Tai und Agumon dazu." Wieder holte er tief Luft. "Und weiter?", fragte Sora in nervösem Ton. "Also, dieses Digimon...ich bin zu nah an eine Schlucht gekommen, und es hat versucht, mich von der Klippe zu stoßen..",

erklärte Matt und kratzte sich dabei verlegen am Halsrücken. Daraufhin weitete sich Soras Blick. "Oh Gott, Matt. Ist dir was passiert? Geht's dir nicht gut?", fragte sie vollkommen aufgebracht und griff sofort nach seiner Hand. "Nein, nein...alles okay. Mir geht es gut.", versicherte ihr dieser jedoch. "Es geht nicht um mich...es ist Tai.", fügte er hinzu. Sora erschrak. "Tai? Was ist mit Tai? Ist ihm was passiert?"

Matt nickte. "Als das Digimon mich runterschubsen wollte, hat Tai sich mit aller Kraft gegen mich geworfen, um mich weg zu stoßen und somit in Sicherheit zu bringen. Und dabei....dabei ist er selbst von der Klippe gestürzt.", erklärte Matt kleinlaut. Er umklammerte Soras Hand ganz fest, um ihr zu signalisieren, dass sie nicht allein war.

Soras Herz machte einen Sprung und ihre Brust füllte sich mit Schmerzen. "Was ist mit ihm? Geht es ihm gut?", fragte sie, und die Angst stand ihr dabei ins Gesicht geschrieben. "Wir haben ihn gleich daraufhin ins Krankenhaus gebracht. Aber es war schon zu spät.", sagte Matt und starrte dabei an die Wand. "Gleich nach dem Aufprall war es zu spät."

In jenem Moment zerbrach Soras Herz in tausend kleine Teile. Völlig wutentbrannt zog sie ihre Hand von Matt weg. "Das ist nicht wahr! Du lügst mich an!", schrie sie Matt an und stand vom Sofa auf. "Sora, ich wünschte, es wäre so, aber Tai ist tot. Er kommt nicht mehr wieder.", erklärte Matt, um sie zu beruhigen, und erhob sich ebenfalls. "Tai ist nicht tot!", schrie Sora, während ihre Augen sich mit Tränen füllten.

"Sora....", meinte Matt in beruhigendem Ton und trat einen Schritt näher an seine aufgelöste Freundin heran. Er legte seine Hände um sie und streichelte ihr sanft über den Arm. Sora schloss die Augen und ließ ihren Tränen freien Lauf. "Er ist nicht tot!", rief sie erneut und boxte voller Wut gegen Matts Brust. "Er ist nicht tot! Er ist nicht tot!"

"Doch.", wiederholte Matt ein weiteres Mal und seufzte. Und genau in jenem Moment realisierte Sora, dass Tai sie niemals wieder anlächeln würde. Er würde ihr nie wieder einen guten Morgen wünschen, er würde sie nie wieder umarmen, er würde nie wieder vor ihren Augen Fußball spielen, er würde sie niemals wieder küssen; Niemals.

"Er hat mich gerettet.", fügte Matt schließlich hinzu, um noch ein letztes Mal zu betonen, was für ein Held Tai für ihn war, doch Sora fasste es in ihrer emotional instabilen Lage furchtbar falsch auf. "Also...wenn du besser aufgepasst hättest, dann wäre er noch am Leben?", meinte sie in agressivem Ton und stieß Matt von sich weg. "Es ist deine Schuld!", schrie sie, woraufhin auch Matt die Fassung verlor.

"Ich habe ihn nicht gebeten, mich zu retten!", rief dieser nun ebenfalls voller Zorn. "Glaubst du wirklich, ich würde so etwas tun?" "Es ist deine Schuld!", schrie Sora erneut. Sie wusste gar nicht mehr, was sie sonst noch sagen wollte, denn ihr gebrochenes Herz konnte keine anderen Worte finden. "Hau doch ab!", rief sie und zerrte Matt an seinem Ärmel hinüber zur Tür.

"Wenn du nicht wärst, dann wäre er noch am Leben!", wiederholte das Mädchen im Flüsterton, bevor sie die Türe hinter Matt ins Schloss warf. Ihre Augen waren so voller Tränen, dass sie kaum noch etwas erkennen konnte. Sora warf sich auf ihr Bett und weinte den Rest des Tages in ihr Kissen. Sie hoffte zutiefst, das gerade Geschehene wäre nur ein böser Traum, aus dem sie morgen erwachen würde.

Sie nahm sich ganz fest vor, Tai morgen auf dem Fußballplatz zu besuchen. Sie würde ihn fragen, wie es ihm ginge, und sich dafür entschuldigen, wie sie ihn in letzter Zeit behandelt hatte. Danach hätten sie wieder so viel Spaß zusammen wie vor kurzer Zeit in der Digiwelt. Genau so würde der kommende Tag aussehen, nachdem sie aus ihrem Albtraum erwacht war.



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