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Die 10 Schwerter

Schlimmer als der Tod
von

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Gothic

Es war ein Tag wie jeder andere... so fangen diese wunderbar unglaubwürdigen Geschichten an. Genau deswegen beginnt meine Geschichte nicht an einem Tag, der wie jeder andere war, denn sonst würde es sich nicht mal lohnen darüber zu reden. Ich hatte die Nacht gerade mal 2 Stunden geschlafen und selbst die nicht am Stück. Das könnte ich als Entschuldigung nehmen, aber ich will mich gar nicht entschuldigen. Nein, wofür sollte ich mich auch entschuldigen? Dafür, dass mich die Welt langsam aber sicher in den Wahnsinn treibt? Dafür, dass ich trotzdem weiter standhaft bleibe? Oder dafür, dass ich den Menschen zeigen will, wie beschissen es mir geht? Es geht sie zwar eigentlich nichts an, wie es mir geht. Aber heute will ich so aussehen wie es mir geht. Langsam knöpfe ich meine weiß-rot gestreifte Bluse auf. Langsam, weil ich noch mit dem letzten bisschen Verstand, das mir geblieben bist, mir sagen will, dass es Schwachsinn ist, was ich vor habe. Trotzdem nehme ich das schlichte schwarze Oberteil aus dem Schrank und ziehe es an. Noch keine Veränderung. Dieses Teil ziehe ich öfter an, wenn ich wie jeden Tag zur Schule gehe. Die Jeans musste weg. Stattdessen zog ich mir kurzentschlossen eine schwarze Strumpfhose und einen knielangen tiefschwarzen Rock an. Das sah jetzt eher nach Beerdigung aus. War ich nicht sogar mal in dieser Aufmachung zu einer gegangen? Und wenn, war das nicht egal? Es reichte aus jeden Fall noch nicht. Ich machte den Zopf auf, so das meine langen dunkelbraunen Haare über meine Schultern fielen. Meine Augen waren so klein und mit dunklen Schatten unterlegt. Man kann mit nur zwei Stunden Schlaf eben nicht eine Schönheitskönigin erwarten. Aber als Frau kann man genug zaubern. Ich ging ins Bad. Der Spiegel hier zeigte noch brutaler meine kleinen geröteten Augen. Warum sind Spiegel nur so erbarmungslos? Da half nur das, was jetzt sein musste, um mich nicht so aussehen zu lassen, als würde ich zu einer Beerdigung gehen. Obwohl... Ging ich nicht, in gewisser Hinsicht, auf eine? Ich kramte den schwarzen Liedschatten sowie schwarzen Eyeliner hervor. Wenn ich damit nicht die Müdigkeit aus meinem Gesicht verbannen konnte, würde es wohl gar nichts mehr schaffen. Vorsichtig zog ich die Konturen meiner Augen mit der schwarzen Schminke nach. Irgendwie macht sich ein Gefühl der Genugtuung in mir breit. Zu sehen wie mein Gesicht immer schärfere, härtere Linien bekam, machte dass ich mich plötzlich wieder wohl in meiner Haut fühlte. Der Liedschatten wirkte zwar eher grau, als schwarz, aber das reichte schon. Meine langen dunklen Wimpern taten den Rest. Trotzdem fehlte noch irgendwas. Ich betrachtete mich. Alle die mich kannten, würden mich für verrückt halten, oder im ersten Moment überhaupt nicht wiedererkennen. Die da im Spiegel, dass war nicht ich, zumindest nicht die, für die mich alle hielten. Aber im Grunde war ich in diesem Moment mehr ich selbst, wie sonst. Diese lieblichen hellen Farben, das war nicht ich, sie wiederspiegelten nicht mal ansatzweise wer ich war, wie ich mich fühlte, wie es in meiner Seele aussah. Aber so ganz gefiel mir mein Aussehen noch nicht. Meine Lippen hatten immer noch dieses zarte Rosa. Dagegen musste ich doch irgendwas tun. Irgendwo in meinem Schminkkoffer fand ich die Lösung. Ein Lippenstift in dunklem Lila. Als ich ihn mir vor Jahren kaufte, sagte mir meine Freundin, er würde mir nicht stehen. Sie sagte sowieso von allem was mir gefiel, das es dumm wäre. So wie ich mir gefiel, gefiel ich ihr ganz und gar nicht. Ein Segen, dass sie nicht mehr meine Freundin war. Irgendwann verstand ich warum sie mich so kritisierte... es war Neid. Sie würde es nie zugeben, aber war es nicht verdächtig, als sie sich damals ihre naturroten Haare dunkelbraun wie meine färbte? Aber mir verbot sie meine Haare kirschrot zu färben. Allerdings nehme ich ihr das nicht übel. Rot hätte mir nicht gestanden, es sähe nicht so schön aus in diesem Moment, wo meine dunkelbraunen, fast schwarzen, Haare meine Schultern umspielen. Vorsichtig trug ich den Lippenstift auf. Vorsichtig, weil ich nicht all zu geübt im Umgang mit Kosmetik bin. Ich benutzte für gewöhnlich keine, hatte halt nur als halbwegsnormale Frau ein Arsenal davon. Wieder sah ich in den Spiegel... das da war nicht ich... das war meine Seele. Die warmen braunen Augen waren durch die dunkle Betonung eiskalt geworden. Meine weichen zartrosanen Lippen, auf die sich jeder ein Lächeln wünschte, waren kalten dunklen Lippen gewichen, die mehr als nur ernst wirkten. Das sich ein Mensch mit so wenig Mitteln, so verändern konnte. Das kleine liebe Mädchen von nebenan, das keiner Fliege etwas zu leide tun konnte, war einfach so zu einer eiskalten jungen Frau geworden, die aussah als könnte sie töten ohne mit der Wimper zu zucken. Nur perfekt war das alles immer noch nicht. In meinem Schmuckkästchen fand ich noch das I-Tüpfelchen... eine Pentagrammkette. Vielleicht war ich doch schon immer ein wenig auf dem Satansanbeter-Trip, immer hin langen diese Sachen hier alle schon seit mindestens einem Jahr rum. Ich besah mich noch mal im Spiegel und auf einmal fühlte ich mich gut, stark und dazu bereit, etwas dummes zu tun. Warum sollte nur ich diese andere Seite an mir sehen? Sollten sie doch alle sehen, alle erfahren, wer ich tief in meinem Innern geworden war in all den Jahren.
 

Schon bei den ersten Schritten rauf auf die Straße, begriff ich, dass ich so wie ich jetzt war, in dieser Welt doch gar nichts zu suchen hatte. Ich war die ein dunkler Fleck in mitten eines blühenden Paradieses. Es war zwar Herbst und somit blühte überhaupt nichts, aber alles hatte Farbe, nur ich nicht. Langsam ging ich die Straße runter und sah zum ersten Mal seit Monaten, vielleicht sogar Jahren, wieder die Farbe in meiner Umgebung. Früher hatte ich alles immer als trist und grau beschimpft... und jetzt? All diese Freude hatte ich nie wahrnehmen können. Vielleicht weil ich selbst da noch etwas anders war, weil ich nicht so sein wollte wie dieser Ort. Ich sah an mir runter. Schwarz... Ich gehörte wirklich nicht hier hin. Meine Seele passte einfach nicht hier hin. Nur warum war mir das vorher nie klar geworden? Na ja, war es schon, aber halt nicht so. Ein paar Mädchen kamen mir entgegen. Offensichtlich erkannten sie mich nicht. Sahen mich nur einen Augenblick an und gingen weiter... Was hatte ich auch erwartet? Ich gehörte nicht mehr in diese Welt... und ich was stolz drauf.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: abgemeldet
2004-09-17T19:27:10+00:00 17.09.2004 21:27
Das Gefühl, dass die Welt einen überfordert, dass sie einen verrückt macht, dass sie sich weiterdreht, ohne dass man mit ihr Schritt halten kann, geschweige denn, dass man es möchte, ich glaube, dieses Gefühl kennen die meisten. Mich mit eingeschlossen. Aber auch das Gefühl, zeigen zu wollen, was in einem vorgeht.
Irgendwie finde ich, dass sich dieses Kapitel von den bislang anderen acht unterscheidet. Ich weiß nicht, ob es an dem Thema liegt, oder an deinem Stil. Jedenfalls wirkt es nicht ganz so bedrückend und traurig. Das ist zumindest mein Eindruck.

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