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Psiana aus der Gegenwelt

von

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Erst rehabilitieren, dann qualifizieren

Es dauerte einige Zeit bis wir wieder ans Tageslicht kamen. Nach dem ganzen Gerenne werden wir heute wohl auch nicht mehr allzu lange unterwegs sein. Also ließen wir es von vornherein langsamer angehen, stiegen gemächlich vom Kahlberg ab und wanderten die Küste entlang. Das würde es für heute auch schon sein. Wir übernachteten mal wieder an einem Strand unter klarem Sternenhimmel. Nur vereinzelte Aschewolken vom Vulkan trübten das nächtliche Panorama.

Während unserer kleinen Etappe wurde zwar wieder eindeutig mehr geredet, jedoch wurden die Geschehnisse von heute Morgen bisher noch nicht thematisiert. Ohne darüber nachzudenken fing ich einfach damit an.
 

„Hannah, glaubst du dieses Pokémon hätte deinen Dad zerquetscht und geröstet?“

„Muss das jetzt sein, Nathaniel?“

„Ich wollte damit eigentlich wissen, wieso du es verhindert hast.“

„Wie mein Dad schlauerweise bereits festgestellt hat, biologisch werden wir wohl immer der gleichen Familie angehören“, stellte sie mit einem niedergeschlagenen Seufzer fest.

„Glaubst du, er wird uns nochmal aufsuchen?“

„Ich weiß nicht, ob er nur wegen des Schockes genickt hat und es mittlerweile wieder vergessen hat, oder ob er sich nachhaltig daran halten wird. So wie ich ihn kenne, wird er es vorerst bleiben lassen und dann wird doch wieder alles von neuem beginnen.“

<Nein. Das ist das Resultat von dem ich dir erzählt hab. Gregory wird Hannah ab sofort in Ruhe lassen. Das ist Fakt.>
 

Ich sah erstaunt zu Psiana und hörte zu, was es mir zu sagen hatte. Hannah erwartete wohl eine Antwort von mir und sah mich etwas komisch an, als meine Aufmerksamkeit plötzlich meinem Pokémon galt.
 

„Ok, cool. Möchtest du dich vielleicht mit Psiana weiterunterhalten? Kannst du plötzlich die Pokémonsprache?“

„Sorry, Hannah. Ich bin der festen Überzeugung, dass dein Dad dich nicht mehr suchen wird, vertrau mir.“

„Ach was. Und wie kommst du auf diese Annahme? Hat es dir Psiana zugeflüstert, oder wie?“

„Wäre möglich.“

„Hör auf mich zu verarschen, Nathaniel. Mein Vater wird mich früher oder später suchen und auch finden.“
 

Ich musste kurz lachen und beschloss, das Thema damit zu beenden. Stattdessen fing ich mit ihr ein Gespräch über dieses vierbeinige Pokémon an, wie es wohl heißen würde, was es für Attacken konnte und wie stark es war. Hauptsache, ich konnte mit Hannah reden, denn es herrschte viel Nachholbedarf seitdem wir von der Fähre abgestiegen waren.
 

Die nächsten Tage blieben zum Glück ereignislos. Einfach mal nur durch die Natur wandern, sich keine Sorgen machen müssen, quatschen, Späße machen … solche Sachen eben. Sogar der Trip durch die kleine Wüste, die sich im Nordosten erstreckte, war bei weitem nicht so schlimm, wie gedacht. Im Gegenteil, man kam an zwei Oasen vorbei, die einem vom Aussehen her dazu einluden, länger zu verweilen. Doch nicht nur die zwei Oasen waren schön, auch der restliche Teil unserer Reise war mehr als erwähnenswert. Aufgrund der Hektik konnte ich noch nicht allzu viel von diesem Teil Sinnoh sehen. Beziehungsweise hatte ich nicht die Zeit mich auf die Natur zu konzentrieren. Das sah jetzt anders aus. Die Landschaften, die vorüberziehenden Wolken, das Meer, Flüsse und Seen. Man konnte so viel entdecken, man musste nur genau hinsehen.
 

Es würde die letzte Nacht sein, die wir im Freien verbrachten. Ein letztes Mal Zelt aufstellen, ein letztes Mal Feuerholz suchen und ein letztes Mal gemeinsam vor dem Lagerfeuer sitzen. Morgen würden wir im Erholungsgebiet ankommen, dort würden wir noch zwei Nächte bleiben, bevor wir mit der Fähre auf die Maiglöckcheninsel fahren und ab dann in einem Hotel untergebracht sind. Bei diesem Gedanken stellte sich mir die Frage, was eigentlich nach der Pokémon-Liga sein würde. Was würde ich machen wollen? Wie würde es weitergehen? Ich meine, natürlich würde ich zuerst meine Oma besuchen, doch dann? Würde es mich auf eine weitere Reise ziehen? Oder würde ich vorerst daheimbleiben? Ich konnte mir noch keine Antworten auf diese Fragen geben. Hannah sah mich schon besorgt von der Seite an, da ich nachdenklich und ohne Reaktion in den Himmel starrte. Als meine Reisebegleitung mich kurz am Arm rüttelte, ließ ich diese Gedankengänge fallen und genoss lieber die letzte Nacht unterm Sternenhimmel. Eine genaue Antwort auf diese Fragen war sowieso von meinem Abschneiden in der Pokémon-Liga abhängig. Ich grinste Hannah zu, damit sie wusste, dass ich gedanklich wieder da war. Als ich ihr gerade eine Frage stellen wollte, kam eine verdächtige Brise auf. Psiana, das die ganze Zeit neben mir eingerollt auf dem Boden lag, hob seinen Kopf und sprang danach ruckartig auf. Ich blickte auf den See, der vor uns lag und wusste was jetzt kommen würde. Ein lila Strudel bildete sich. Psiana rannte ans Ufer und war nicht mehr zu beruhigen. Erst als ein uns bekannter Kopf durch das Portal lugte, saß Psiana still da und sah auf den See hinaus. Giratina hatte sich schon lange nicht mehr blicken lassen, doch es wollte anscheinend mal wieder nach dem Rechten sehen. Es sah sich nicht lange um, und als es wieder in die Gegenwelt abtauchte ließ es noch einen Schrei verlauten. Ob das auch eine Bedeutung hatte wusste ich nicht, doch Psiana hätte es mir gesagt, wenn es etwas Wichtiges gewesen wäre. Es tapste jedoch nur fröhlich zurück und rollte sich wieder neben mir ein. Typisch Psiana.
 

16:27 Uhr. Bruthitze, schwül, erdrückend … und doch im Paradies. Nach einer letzten anstrengenden Wanderung durch tropische Gefilde sind wir endlich im Erholungsgebiet angekommen. Und jetzt gibt es zwei Tage lang auch nichts anderes außer Erholung.

Trainer mit acht Orden bekamen spezielle Vergünstigungen, sodass die Kosten für diesen 5-Sterne-Aufenthalt sich beinahe auf 0 beliefen. Man musste nur seine Orden vorzeigen und man wurde von vorne bis hinten bedient. Luxus pur für jeden Pokémon-Trainer. Irgendwie konnte ich auch noch durchbringen, dass Hannah den gleichen Service erhielt wie ich, obwohl sie das eigentlich nicht bestimmen durfte, so die Empfangsdame. Sie hatte heute anscheinend einen sehr guten Tag, und dadurch hatten auch wir beide einen sehr guten Tag. Wobei es sich natürlich um zwei sehr gute Tage handelte.
 

All unsere Pokémon wurden verwöhnt. Massagen, Ausspannen und Swimmingpool. Dass gewisse Pokémon von uns den Pool mieden, sollte natürlich klar sein. Doch niemand kam hier zu kurz. Natürlich wurden nicht nur unsere treuen Begleiter verwöhnt, auch den Trainern wurde das Leben so erträglich wie möglich gemacht.
 

Es ist wohl kein Geheimnis, dass die Tage mindestens doppelt so schnell vorübergingen, wenn man das Leben genießen konnte. So sahen wir uns nach zwei herrlich entspannenden Tagen plötzlich am kleinen Hafen des Erholungsgebietes wieder und blickten aufs offene Meer hinaus. Strahlend weiße Wolken, jede einzelne wie Watte aufgebauscht, zogen über uns hinweg. Es wehte eine leichte Brise. Sachte schlugen die Wellen gegen den Beton des Anlegestegs.
 

„Und, Nathaniel? Bist du bereit?“

„Klar, bin ich bereit. Morgen finden schon die ersten Qualifikationskämpfe statt, in einer Woche würde ich dann im Achtelfinale kämpfen und in zwei Wochen würde das Finale steigen. Genau dafür hab ich meine Reise angetreten. Ich bin mehr als bereit!“

„Und ich weiß, dass ich dich in zwei Wochen auf jeden Fall anfeuern werde.“
 

Ich lächelte ihr zu. Es ist schön zu wissen, dass man jemanden an seiner Seite hat, der zu einem hält. Trotz alledem was passiert ist, konnte ich Hannah mittlerweile voll und ganz vertrauen. Und ich hatte das Gefühl, dass sich das jetzt auch endgültig nicht mehr ändern würde.
 

Ist jemand schon mal vor Aufregung eingeschlafen? Ich weiß nicht, wie mir das passieren konnte, doch als die Durchsage ertönte, dass wir anlegen würden, schreckte ich hoch und … stieß mir mal wieder den Kopf an. Manches würde sich wohl nie ändern. Da graust es mich schon vor der Rückfahrt. Allerdings durfte die Rückfahrt gerne erst in zwei Wochen sein.

Ich nahm meinen Kram und ging an Deck. Hannah stand ganz vorne am Bug. Psiana saß neben ihr. Ein nettes Bild des wiedergekehrten Vertrauens. Zusammen gingen wir von Bord und checkten ein. Anscheinend hielt uns die Dame an der Rezeption für ein Paar, weshalb wir etwas geschockt waren, als wir unser Zimmer betraten. Nur ein Doppelbett. Zwar mit zwei Matratzen, aber auseinanderschieben konnte man es nicht. Ich fragte Hannah, ob ich das Zimmer tauschen soll, doch für sie war es vorerst in Ordnung. Also ging es ans Auspacken und Einrichten. Immerhin wollte ich hier zwei Wochen bleiben.

Danach ging es in die riesige Eingangshalle zurück, um auf einem großen Bildschirm die Einteilung der Qualifikationsgruppen zu sehen. Es wurden knapp unter 200 Teilnehmer registriert. Das Teilnehmerfeld musste auf 16 Achtelfinalisten reduziert werden, weshalb stark aussortiert wurde. Der diesjährige Modus sah vor, dass jeweils sechs Trainer in einer Gruppe zusammengefasst wurden. Jeder würde gegen jeden in der Gruppe ein 2vs2-Match abhalten. Ähnlich wie bei den Sevii-Meisterschaften kam nur der Erste weiter. Es gab 32 Gruppen, allerdings würde es kein Sechzehntelfinale geben. Diese 32 Gruppenersten wurden nochmals in acht Gruppen, zu je vier Trainern aufgeteilt. Dann lief es wie bei gängigen Sportereignissen ab. Die beiden Ersten der Gruppe kamen weiter und trugen somit die Achtelfinals aus. Während die Achtelfinals noch gesetzt waren, sprich Gruppenerster gegen Gruppenzweiter, wurden die Viertelfinals gelost, genauso wie die Halbfinals. Das Finale ergab sich logischerweise von selbst. Doch soweit durfte ich noch nicht denken. Erst musste ich meine Qualifikationsgruppe überstehen. Diese Kämpfe wurden nur auf Trainingskampffeldern ausgetragen. Selbst die zweite Gruppenphase würde noch nicht in einem Stadion stattfinden. In einem solchen würde ich erst ab dem Achtelfinale stehen. Es gab, wie immer eigentlich, fünf Stadien. Vier kleinere und ein Hauptstadion. Im großen Stadion würde man erst antreten, wenn man im Halbfinale stand. Achtel- und Viertelfinale finden in einer der vier kleineren Arenen statt.
 

Ich musste mich auf dem überdimensionalen Bildschirm erst einmal finden, um zu sehen, in welcher Gruppe ich war. Als ich mich endlich gefunden hatte, musste ich feststellen, dass mein erster Kampf bereits in 20 Minuten auf Kampffeld 17 stattfand. Das Gesicht meines Gegners hatte ich noch nie gesehen, doch so würde es wohl bei jedem meiner Gegner aussehen.
 

Im ersten Kampf hatte ich keine Probleme. Noctuh und Frosdedje machten ihren Opponenten schnell den Garaus. Man musste dazu sagen, das waren alles Trainer mit acht Orden. Von daher durfte man hier niemanden unterschätzen.
 

Genüsslich stolzierte ich in die Eingangshalle zurück. Psiana neben mir, Hannah hinter mir. Sie gratulierte mir zu meinem ersten Sieg und fragte nach meinen nächsten Kampf. Ein Blick auf den Bildschirm sagte mir, dass ich heute zwei Kämpfe bestreiten musste. Dieser würde in drei Stunden auf Kampffeld zehn stattfinden. Genug Zeit, um sich genauer auf dem Gelände beziehungsweise der gesamten Insel umzusehen. Bisher waren wir ja nur auf unserem Zimmer gewesen.
 

Wir wanderten ziellos auf der Insel umher, ließen uns einfach überraschen was es hier zu sehen gab. Das Gelände der Sinnoh-Liga lag im Süden der Insel. Umso weiter wir nach Norden wanderten, umso mehr Natur gelangte zum Vorschein. Man konnte zwar nicht von Wildnis sprechen, doch es sah trotzdem noch unberührt aus. An einem kleinen Flusslauf machten wir Halt und legten eine Pause ein.

Nichtsahnend wurden wir nach ein paar Minuten in unserem Gespräch gestört. Es ertönte eine bekannte Stimme.
 

„Hey, Lady! Du und dein Versager auch hier?“

„Mein Versager?“

„Ja klar, dein Versager. Den Typen, den ich im Laufe des Turnieres pulverisieren werde!“
 

Ich hatte mich noch nicht zu ihm umgedreht. Doch das würde er wahrscheinlich auch nicht wollen, da ich ihm sonst hätte nichts garantieren können. Zudem wunderte ich mich, wie es jemand wie er hierher schaffen konnte. Er war nicht wirklich stark, als ich ihn vor Flori vernichtend geschlagen hatte.
 

„Hau ab, Nelson. Ich hab kein Interesse an dir, check das doch mal. Lass uns einfach in Frieden.“

„Immer diese mürrischen Fangirls. Glaub mir, während des Turniers wirst du die Seiten noch wechseln. Jedes Mädchen steht doch auf Gewinnertypen.“
 

Nelson ging wieder seines Weges … Gott sei Dank! So ein aufgedunsenes Gelaber hörte man selten. Während mein Gesicht, aufgrund der angestauten Wut, rot angelaufen war, musste sich Hannah das Lachen verkneifen. Ob es wegen Nelsons Sprüche war, oder ob mein Anblick der Grund dafür war wusste ich leider nicht. Doch ich war einfach nur froh, dass er weg war.
 

Ich gewann auch den zweiten Kampf meiner Gruppe. Kabutops und Tornupto hatten gute Arbeit geleistet und ihren Gegnern kaum eine Chance gelassen. Auch die restlichen Qualifikationskämpfe der Sechsergruppe konnte ich für mich entscheiden.

Die erste Gruppenphase dauerte von Montag bis Freitag. Bei 32 Sechsergruppen sind das 96 Kämpfe pro Tag auf 20 Kampffeldern. Samstag und Sonntag fand die zweite Gruppenphase statt. Acht Vierergruppen, der Erst- und Zweitplatzierte rückte ins Achtelfinale vor. In der zweiten Gruppenphase wurde immer noch 2vs2 gekämpft. Im Achtel- und Viertelfinale wird 3vs3 gekämpft und im Halbfinale und im Finale dann 6vs6.

Doch vorerst musste ich auch noch die zweite Gruppenphase überstehen. Ich hatte ein gutes Gefühl, also ging ich entspannt in meinen ersten Kampf. Ich betrat meine Position und rief Despotar. Um dem Kampffeld standen einige Zuschauer, das war während der ersten Gruppenphase auch schon so. Der Kampf begann und ich wollte meine Attacke befehlen, als ich Nelson sah, der mir hämisch zulachte. Zack! Schon musste ich den ersten Treffer einstecken. Genervt sah ich zurück aufs Kampffeld und musste feststellen, dass mein großer grüner Kumpel von einem Krebutack mit einer Krabhammersalve eingedeckt wurde. Mir reichte es jetzt.
 

„Despotar, Drachenpuls! Danach sofort Donnerblitz!“
 

Diese hyperaktive Krabbe wurde weggeschleudert und dann mit einem heftigen Donnerblitz attackiert. Es stand nicht mehr auf. Ok, dass es gleich K.O. ging konnte ich nicht ahnen, doch Nelsons Gesicht verriet mir, dass das anscheinend ziemlich imposant gewesen sein muss. Die zweite Runde konnte Frosdedje ebenfalls für sich entscheiden, und so war eine wichtige Grundlage für das Erreichen des Achtelfinals gelegt.

Für heute war Schluss. Morgen hatte ich meine beiden anderen Kämpfe und am Montag stand schon das Achtelfinale an. Hannah und ich hatten auch genug für heute. Den restlichen Tag verbrachten wir im Zimmer, nur zum Abendessen setzten wir einen Fuß vor die Tür.
 

Ich hatte gerade meinen dritten und letzten Kampf gewonnen. Ich stand als Erster meiner Gruppe fest und war somit für das Achtelfinale qualifiziert. Eigentlich begann erst jetzt der aufregende Teil des Turniers, denn jetzt ging es in die Stadien. Ein Eisfeld, ein Gesteinsfeld, ein Wasserfeld und ein Grasfeld. Mir war egal wo ich kämpfen musste. Ich hatte die Selbstsicherheit, ich konnte mich auf mein starkes Pokémon-Team verlassen und ich hatte Hannah, die mich stets anfeuerte. Was konnte da noch schief gehen? Ich war bereit, um auf der großen Bühne zu kämpfen. Eines war sicher, heute Nacht würde ich nur ganz schwer ein Auge zu bekommen.



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