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TMNT - Schicksal?

von

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Von Namen und Symbolen

Aus Raphaels Sicht:
 

Dass Bernadette wieder einmal davon genervt ist, war mir ja schon in Vorhinein klar. Jedoch stimmt es, dass man ihr bei einigen Themen jedes Detail aus der Nase ziehen muss. Selbst die Sache mit den Drohbriefen hatte sie mir auch erst dann gesagt, nachdem das mit ihrem Spind passiert war. Damals war sie mit den Gedanken ständig woanders, wodurch ich erst recht stutzig wurde. Seitdem achte ich verstärkt darauf und gerade seit dem gestrigen Tag muss ich mehr auf meinen Engel aufpassen. Jedoch scheint sie das eher anders zu sehen und neigt ihren Kopf etwas genervt zu Seite. Erst jetzt fällt mir auf, dass sie etwas um ihren Hals trägt und das hat sie bisher noch nie gemacht. Sie hält doch normalerweise nicht viel von Schmuck, abgesehen von den Kleinigkeiten an ihren Ohrläppchen und ihrem Handgelenk und selbst diese Dinge trägt sich nicht immer. „Was ist das?“, frage ich sie und deute auf den roten Stein, der an einem dunklen Lederband befestigt ist. Jetzt lächelt Bernadette, berührt mit ihrer rechten Hand ihre Kette und meint: „Ach das? Ich habe das heute beim Bummeln mit April gefunden. … Schau nicht so. Ich habe dir doch gesagt, dass ich heute mit ihr unterwegs war. Eigentlich wollte ich nach dem „Interview“ bei der Polizei einfach nur noch meine Ruhe haben und mich in mein Zimmer zurückziehen. … Hm, tja, das war wohl nix, aber dafür konnte ich endlich einmal mit meiner Tante reden, ohne, dass dabei wieder die Fetzen flogen.“

Lächelnd deutet sie auf den Stein und ich bemerke, dass sich in der Mitte eine kleine Schildkröte befindet, der meinen Engel scheinbar ansieht. Ich muss schmunzeln. Auch wenn ich diesen Weiberkram bisher nie verstanden habe, so schmeichelt mich ihr kleines Schmuckstück schon irgendwie und das liegt nicht nur daran, dass mein Mädchen meine Lieblingsfarbe um den Hals trägt. „Wie komme ich zu dieser Ehre?“, frage ich sie mit einem schiefen Lächeln und deute auf die kleine Schildkröte, die in der Mitte des Steins seinen Platz gefunden hat. Dass Bernadette diesen nicht ohne Grund gewählt hat, ist ihr deutlich vom Gesicht abzulesen. Allein wie sie lächelt, spricht Bände. Abgesehen davon, erkenne ich sofort, dass sowohl die Farbe des Steins, als auch die Schildkröte darauf etwas mit mir zu tun haben. Auf meine Frage antwortet sie schließlich mit einer verführerischen Stimme: „Wer weiß, es scheint fast so, als wenn sie auf mich gewartet hätte.“ Kurz herrscht zwischendurch Stille, aber sie ist weder drückend, sonst noch auf irgendeiner Art unangenehmen. Schließlich bricht Bernadette diese Stille und lacht, als hätte sie sich das, was sie vorhin gesagt hat, genauso vorgestellt. Doch ich achte weniger auf ihre Worte, sondern viel mehr darauf, dass sie unerwartet strahlt. Als wäre allein ihre letzte Behauptung Grund genug dafür. Allerdings sehe ich ihr an, wie sehr sie jeden noch so kleinen Moment auskostet, an dem ihr etwas Gutes widerfährt und das hat sie, meiner Meinung nach, mehr als nur verdient.

Kaum zu glauben, dass dies irgendwie möglich ist. Allein der Gedanke an gestern widerspricht dem, was ich gerade sehe. Sie war so starr, verängstigt und voller Sorgen. Wie ein Kind, welches sich vor der Dunkelheit fürchtet auf eine Schattengestalt wartet, wirkte sie auf mich. Bernadette konnte einem kaum in die Augen sehen und ich dachte sogar, sie würde bald wie Glas zerbrechen. Jetzt allerdings scheint sie wie ausgewechselt zu sein. Als wäre dieser Tag niemals passiert, aber entweder überspielt sie wieder ihre Angst und ich bekomme ihre wahren Gefühle nur nicht wirklich mit, oder sie hat tatsächlich ihre Sorgen für einige Minuten „vergessen“. Was es auch ist, eines steht für mich auf jeden Fall fest: Es ist noch nicht ausgestanden und auf Bernadette wird noch einiges zukommen, bei der sie all ihre Kraft benötigt. Wenn diese Lucinda nicht irgendetwas plant, mit dem sie meinem Mädchen wieder ans Bein pinkelt, dann fresse ich einen Besen! Die wird garantiert nicht Ruhe geben und dieser Bitch ist alles zuzutrauen. Allerdings spreche dies vor meiner Freundin nichts aus. Ich möchte sie glücklich sehen und sie nicht wieder an diese Scheiße denken lassen. Allein das Verhör am Polizeirevier und das Gespräch mit ihrer Tante, von denen sie mir zuvor erzählt hat, hat gereicht und jetzt möchte ich einfach nur mit ihr eine schöne Zeit verbringen.

Noch hänge ich teilweise an der Außenmauer, während ich mich mit Bernadette unterhalte. Allerdings ist meine momentane Stellung nicht gerade sehr bequem, weswegen ich nun weiter hineinklettere und mich gleich darauf aufs Fensterbrett setze. Bernadette gesellt sich zu mir und schmiegt sich an mich. Lächelnd nehme ich sie in meine Arme. Ich genieße einfach ihre Nähe und das scheint wohl auf Gegenseitigkeit zu beruhen. Denn als ich nun mit meinen Fingern sanft durch ihr Haar fahre, hält sie ganz ruhig und neigt sogar den Kopf noch weiter zu meiner Hand, welche nun friedlich auf meiner Handfläche ruht. Für einen kurzen Augenblick schließt Bernadette die Augen, bis sie diese schließlich wieder öffnet und mich mit einem strahlenden und zugleich verträumten Gesicht ansieht. „Schön, dass du hier bist.“, murmelt sie, was ich mit einem „Ich bin immer gern bei dir.“ erwidere und dies mit einem sanften Kuss auf ihren Lippen verstärke. Mein Blick fällt allerdings wieder auf ihre Kette. Irgendwie lässt mich der Gedanke nicht los, dass sich meine Freundin bei diesem Stein vermutlich mehr sieht, als was ich mir vorstellen könnte. Es schmeichelt mich einfach, dass sie mich scheinbar Tag und Nacht bei sich haben will und dass ich das in Wirklichkeit leider nicht kann, berührt mich mit diesem Amulett umso mehr. Vorsichtig berühre ich es mit zwei Finger und hebe es sogar etwas an, ohne dabei meine Liebste zu strangulieren.

Bernadette beobachtet mich stumm dabei und obwohl ich das zunächst nicht bedacht habe, kommt sie auf einmal wieder auf das Thema bezüglich des Steines zurück und fragt mich: „Weißt du eigentlich, dass für Amulette oft Tiere als Vorbilder genommen werden, die eine besondere Symbolik haben?“ Vermutlich war dies liebevoll gemeint, denn sie lächelt so verträumt, als sie mich darauf hingewiesen hat. Allerdings sehe ich darin nichts so Tolles, so wie sich meine Freundin das gerade vorstellt. Denn allein bei den Begriffen „Symbolik und Tiere“ kommt mir automatisch wieder die Galle hoch, weswegen ich einen genervten Seufze ausstoße und gleichzeitig meine Finger wieder von dem Ding nehme. Anschließend klatsche mir mit der anderen Hand ins Gesicht und verdrehe dabei die Augen. Jetzt kommt wieder diese Tatsache, dass meine Art nicht gerade zu den beliebtesten Kreaturen der Erde gehört. Schließlich haben wir nur Vorurteile am Nacken und die hasse ich wie die Pest. Schon oft habe ich sie in meiner Vergangenheit gehört, weswegen ich Bernadette gleich hier abbreche, da sie es vermutlich so oder so noch sagen wird: „Lass mich raten, die Schildkröte steht für Langsamkeit und für den Rückzug, weil sie ihren Kopf gerne mal hinter ihrem Panzer versteckt. Habe ich Recht, oder fehlt da noch ´ne Kleinigkeit, die ich von diesen Vorurteilen noch vergessen habe?“

Bernadette blickt verwirrt zu mir hinauf und runzelt sogar die Stirn. „Das … das habe ich doch gar nicht gemeint. …“, erwidert sie und hat gerade erst damit angefangen, mir ihre Sichtweise zu erklären, als wir plötzlich gestört werden und sie darauf sofort schweigt. Ihre Tante klopft gerade an ihre Zimmertür und wenn ich könnte, wie ich wollte, so hätte ich ohne zu zögern meine Wut freien Lauf lassen. Also einen mieseren Zeitpunkt hätte sich die Alte nicht aussuchen können! Hätte sie bei Bernadette nicht schon vorher reinschnallen können, bevor ich aufgetaucht bin? Als hätte sie ohnehin nicht den ganzen Tag dafür Zeit gehabt! So schnell ich nur kann, reagiere ich, wenn auch eher angepisst, darauf und klettere aus dem Fenster. Warum muss sie gerade jetzt auftauchen?! „Bernadettchen, kann ich kurz reinkommen?“, fragt die Frau, aber mein Engel versucht sie gerade abzuwimmeln. Sie behauptet einfach: „Ähm, können wir morgen reden? Ich wollte mich eigentlich gerade hinlegen. Ich bin schon ziemlich kaputt.“ Vorsichtig schiele ich in ihr Zimmer hinein und sehe meine Freundin, wie sie gerade leicht panisch zur Tür rennt. Allerdings ziehe ich den Kopf wieder ein und höre, wie sie die Tür aufschließt. Ein Gähnen kommt von ihr, als sie ihrer Tante fragt: „Ist es dringend?“ „Nein, ich wollte einfach noch nach dir sehen, bevor ich zu Bett gehe. Außerdem glaubte ich Stimmen aus deinem Zimmer zu hören.“, entgegnet die Frau ihrer Nichte und ich schlucke. Verdammt, stand sie etwa die ganze Zeit vor der Tür?!

Eigentlich erwarte ich schon, dass Bernadettes Tante nun nach dem Rechten sieht und ich mich am besten aufs Dach verziehe. Ich bin schon Begriff, dies wirklich in die Tat umzusetzen, doch dann höre ich meinen Engel zu dieser Frau sprechen: „Ach, ich habe nur den Laptop am Laufen gehabt und dabei nur etwas vor mich hingemurmelt.“ „Verstehe, na dann leg dich hin, wenn du müde bist. Schlaf gut Bernadettchen.“, verabschiedet sich ihre Tante bei ihr und auch Bernadette wünscht ihr noch schnell eine gute Nacht, ehe sie die Tür wieder verschließt. Zum Glück zieht die Alte Leine, aber das war verdammt noch mal knapp. Gerade noch sind wir ihr von der Schippe gesprungen, ehe diese Frau noch Verdacht geschöpft hätte. Zum Glück hat Bernadette noch schnell geschaltet und diese noch rechtzeitig abgewimmelt. Ich spüre jetzt noch, wie angespannt ich mich gerade gegen die Hausmauer presse. Jede einzelne Sekunde hätte gezählt, wenn sich die Olle dem Fenster genähert hätte. Doch zum Glück lässt sie ihre Nichte und dem nach auch mich in Ruhe. Ich könnte mich noch weiter so sehr über diese plötzliche Störung ärgern, wäre da nicht etwas, was mir gerade in den Sinn kommt und mich wieder zum Grinsen bringt. Denn Bernadettes Tante hat nämlich einen Spitznamen herausposaunt, welches mich einfach zum Schmunzeln bringt.

„Bernadettchen“ hat sie meine Freundin genannt und das klingt so lächerlich, sodass ich auf der Stelle loslachen könnte. Da glaubt man ja, wenn man das hört, die würde mit einem Kleinkind, oder mit einem Haustier reden und zusätzlich mit einem Spielzeug oder einem Leckerli bestechen wollen. Bernadette ist doch kein Welpe, oder ein Kätzchen, geschweige ist sie noch ein Kind, welches man mit diesem ranzig-süßen Wort rufen sollte. Dass meine Liebste derweil noch nicht explodiert ist, grenzt schon an ein Wunder, aber vielleicht muss sie sich dieses „süße Gelabere“ täglich anhören, weswegen sie sich dazu nicht äußert. Bisher hat sie sich immer geweigert, einen Kosenamen zu haben und selbst mich spricht sie mit meinem vollen Namen an. Ich habe mich zwar immer gefragt warum, da ich bis auf meinem Vater sonst immer Raphi genannt werde, aber ich habe es nie hinterfragt und mir war es bei ihr auch immer egal. Doch nun kenne ich ihren und da wird mir so einiges klar, warum meine Freundin solche eine Abneigung diesbezüglich hat. Selbst Mikey hat sie verboten, ihr einen Spitznamen zu verpassen und das hatte sie damals gerade noch verhindern können. Allein die Reaktion war göttlich. Daher kann ich es mir gerade noch verkneifen, dass ich nicht schon zum Lachen anfange und dennoch hallt der Klang immer noch in meinen Ohren.

Es ist einfach zum Brüllen und ich versuche mich noch zu beherrschen, bevor die Nervensäge von Tante wieder hier antanzt. Denn noch kann ich entdeckt werden, wenn ich jetzt laut werde, weswegen ich mich irgendwie zusammenreiße und leicht ungeduldig abwarte. Erst als Bernadette sich aus dem Fenster lehnt, weiß ich, dass die „Gefahr“ gebannt ist und ich mich nun entspannen kann. Trotzdem hebe ich sie sicherheitshalber zu mir raus und wir klettern auf das nächste Dach, wo wir hoffentlich ungestört sind. Selbst wenn wir hier etwas „Radau“ machen, wird wohl die Alte nicht so schnell dahinterkommen, dass ihre Nichte da mitmischt. Noch sind wir beide ruhig, ehe ich ihr mit einem Handzeichen deute, dass alles ok ist. Kaum aber, dass wir nun gemütlich nebeneinandersitzen, schon kann ich mein Lachen nicht mehr zurückhalten. Ohne Vorwarnung pruste einfach los und ernte dabei seitens meiner Freundin ein skeptisches, so wie auch verwirrtes Gesicht. Es dauert nicht lange, bis ich darauf angesprochen werde. Allerdings meine ich nur achselzuckend: „Och nichts … Bernadettchen.“ Allein ihren Spitznamen betone ich stark und spreche ihn sogar langsam aus, sodass ich bei ihr nun ein leichtes, wenn auch erzürntes Funkeln in ihren Augen sehe. Doch dabei bleibt es nicht. Mit ihrem Handrücken verpasst sie mir einen leichten Schlag gegen die Brust und empört kommt es von ihr: „Hey, jetzt fang du nicht auch noch an! Mir reicht es, wenn das von ihr kommt. Ich sage ja auch nicht Raphi, oder Raphilein zu dir.“

Den zweiten „Spitznamen“ betont sie sogar langsamer und deutlicher, sodass es nicht nur kindlich, sondern sogar nervig und peinlich klingt. Sie will mich wohl damit aus der Fassung bringen und grinst dementsprechend schelmisch, während sie nun auch ihre Arme verschränkt. Mein Mädchen glaubt wohl, dass es die Oberhand gewonnen hat, aber da hat sich Bernadette total geirrt. Es reizt mich kein bisschen, nicht einmal ansatzweise. Viel mehr stachelt es mich nur dazu an, eine Stufe höher zu schalten, worauf ich gerne eingehe: „Wie wäre es dann mit Babe, oder Zuckerschnute, oder besser noch Püppchen. Wenn dir das lieber ist. Ich wüsste aber auch noch andere Sachen, die dich „interessieren“ könnten.“ Grinsend habe ich mich zu ihr leicht runtergebeugt und warte nun auf ihrem Konter. Bernadette nimmt die Herausforderung an und so geht unser „Kampf“ weiter: „Ach, kommen wir also auf die Tour? Wie wäre es, wenn ich dich ab sofort Muffin, Schnuckelchen, Honey, Grummelchen, oder Knuddelbär nenne?“ Gott, bei diesen Kosenamen könnte ich mich glatt übergeben. Aus welchem Schnulzenfilm hat sie die denn?! Nicht nur, dass diese Spitznamen widerlich sind, die sind bei ihr sogar wie aus der Pistole geschossen. Allein das Letzte klingt so unerträglich „süß“, sodass man glauben könnte, sie hätte diesen schon lange in Petto gehabt.

„Das wagst du nicht!“, kommt es auffordernd und leicht lachend von mir. Doch meine Liebste beugt sich nur grinsend leicht nach vor und antwortet mit einer Art darauf, als würde sie dies tatsächlich durchziehen: „Das kannst du gerne herausfinden, wenn du dich das traust, aber sag ja nicht, dass ich dich nicht gewarnt hätte.“ Mit leicht geschlossenen Augen sieht sie mich an und allein ihr Blick verrät mir, dass sie das „bitterernst“ meint. So jetzt ist aber genug! Bevor das noch in eine Endlosschleife ausartet, beende ich das. Ohne jeglicher Vorwarnung, packe ich sie und drücke sie an mich, während ich mit ihr auf dem Dach herumrolle. Zunächst war Bernadette so erschrocken, sodass ihr kurz die Luft weggeblieben ist, aber schon lachen wird beide, als wäre dies von uns beiden so geplant gewesen. Bernadette scheut sich nicht dagegen, sondern macht einfach mit. Sie versucht sogar, mich auszutricksen, indem sie mich bewusst auf die Rückenposition drängt. Mein Engel weiß ganz genau, dass ich mich mit meinem Panzer leichte „Schwierigkeiten“ habe. Genauer gesagt, liegt es vielmehr daran, dass ich nicht gerne auf dem Rücken liege, aber dieses Spiel kann man auch zu zweit spielen. „Nicht mit mir!“, lache ich und rolle sogleich zur Seite, bei dem ich Bernadette in meinen Armen sogar „mitnehme“. Nun ist sie es, die unter mir ist, während ich beide Hände links und rechts von ihr abstütze und sie zufrieden angrinse. „Schon genug?“, fragt ich sie schelmisch, aber lächelt nur und schüttelt dabei den Kopf. Ehe ich es mich versehe, überrascht sie mich mit einem Kuss, woraufhin sie den Überraschungsmoment nutzt und mich wieder zur Seite drückt.

Ich lasse mich einfach fallen und lache, während ich einfach so liegen bleibe und zu ihr sehe. Eigentlich hätte ich noch eine Weile so weitermachen können. Doch ich möchte einfach den Moment genießen, an dem ich sie an meiner Seite habe. So schiebe ich meinen rechten Arm unter meinen Nacken und drehe mich inzwischen etwas zu ihr, damit ich sie einfach besser anschauen kann. Bernadette legt sich daraufhin ganz dicht zu mir, wobei ihr Kopf auf meine Brust ruht. Sanft fasse ich mit meiner freien Hand um ihre Hüfte und drücke sie noch etwas an mich. Momentan gibt es für mich nichts Schöneres als das hier und ich muss sogar schmunzeln, weil unsere gemeinsame Zeit sowohl das Beisammensein, sowie auch etwas Spaß beinhaltet. „Ich habe dich eigentlich gewinnen lassen. Das ist dir klar, oder?“, weise ich Bernadette darauf hin, aber sie kichert nur: „Das hättest du wohl gerne. Als würde ich sowas so schnell zulassen.“ Anstatt darauf etwas zu erwidern und meine Freundin die Tatsachen klarzulegen, lasse ich es einfach dabeibleiben. Stattdessen kommt mir wieder die Sache mit dem Spitznamen in den Sinn. Eigentlich hätte ich sogar einen, den ich manchmal heimlich für sie benutze und der sogar zu ihr passt. Ich bin mal gespannt, wie sie darauf reagiert, wenn ich ihr den vorschlage. Selbst wenn sie ihn nicht mögen sollte, kann ich ihn trotzdem benutzen. Allein, um sie zu ärgern, wäre es mir wert.

Schmunzelnd spreche ich dies nun laut aus und warte auf eine Reaktion: „Einen hätte ich da noch. … Wie wäre es mit Engel?“ Eine kurze Weile herrscht Stille. Anders, als zunächst erwartet, kommt von ihr zunächst keine Meldung. Denkt sie nun darüber nach? „Ich glaube, … ich kann damit leben.“, antwortet sie mir schließlich, allerdings werde ich stutzig. „Was heißt hier „eigentlich damit leben können“?“, kommt es nun von mir, was in Nachhinein gesehen sogar leicht empört geklungen hat. Ist dieser Spitzname doch irgendwie zu kitschig für sie? Dabei passt dieser noch am besten zu ihr und für mich ist sie einfach ein Engel. So bescheuert das auch für einen anderen klingen mag, aber für mich gibt es nun mal nichts Besseres. Bevor ich nun irgendetwas einwenden kann, kichert sie und meint schließlich: „Das wäre der einzige Name, bei dem ich es mir vorstellen könnte und er klingt nicht so sehr wie aus einem Schnulzenfilm, oder was meinst du, mein Schattenkrieger?“ Etwas verwundert über ihren letzten Satz, setze ich mit etwas auf drehe ich mich so zu ihr, sodass ich in ihre Augen sehen kann. Hat sie jetzt etwa nach etwas gesucht, dass zu mir passen könnte? Irgendwie klingt es nicht wirklich nach einem Kosenamen, der normalerweise bei Pärchen benutzt wird, aber andererseits sind wir beide auch kein „normales“ Paar und irgendwie gefällt er mir auch.

„Damit könnte ich leben.“, antworte ich schließlich und versuche es so zu betonen, wie sie es zuvorgetan hat. Für einige Sekunden herrscht Stille, bis wir beide wieder zu lachen beginnen. Jeder einzelne Moment mit ihr ist einfach wunderbar. Allein schon, was unsere Albernheiten und unser Sarkasmus angehen, bleiben wir uns beide nichts schuldig, geschweige wird es jemals langweilig. Im Gegenteil, einmal überrascht sie mich und beim nächsten Mal kann ich gut kontern und die Situation für mich nutzen. Bernadette ist einfach einzigartig. Auch wenn ich manchmal bei ihr das Gefühl habe, ein Buch mit sieben Siegeln vor mich zu haben, kommt dann wieder ein Moment, in der wir uns so ähnlich sind, sodass wir eigentlich den Satz des jeweils anderen beenden könnten. Der Unterschied, dass sie ein Mensch und ich ein Schildkrötenmutant bin, spielt überhaupt keine Rolle. Als wäre dies überhaupt nicht vorhanden. Doch unsere beider Leben verläuft nicht ohne diese Erkenntnis. Sie ist da und keiner von uns beiden kann dies ganz verdrängen. Bernadette hat selbst mal gesagt, dass sie es schön finden würde, wenn wir uns auch so, am Tag und inmitten einer Menschenmenge treffen könnten. In diesem Fall wäre es mir sogar lieber, dass ich selbst ein Mensch wäre. Vielleicht wäre manches etwas anders gekommen, aber es wäre dann nicht so ein Geheimnis, mit dem mein Engel in „ihrer Welt“ eigentlich alleine klarkommen muss.

Ich scheine wieder in meinen Gedanken abgedriftet zu sein, denn als Bernadette mich anspricht und ich mit einer kurzen Antwort darauf reagiere, bittet sie mich: „Lass es uns aber bitte nicht zur Gewohnheit werden, uns ständig mit diesen Kosenamen anzusprechen. Das wird mit der Zeit sonst anstrengend.“ „Geht klar.“, antworte ich nur darauf und eigentlich ist mir das auch recht. Wir müssen es schließlich nicht übertreiben, geschweige an die große Glocke hängen. Allerdings bin ich doch froh, dass ich der Kosename „Engel“ gefällt. Ich hätte sie zu gerne damit geärgert, aber so ist es mir trotzdem lieber und es gibt außerdem noch andere Dinge, mit denen ich sie ein wenig necken kann. Kurz seufze ich, während ich mich wieder in meine Ursprungsposition fallen lasse und den Blick dem Himmeln entgegenrichte. Heute sind die Sterne nicht so klar zu sehen. Einige Wolken haben sich davorgeschoben. Als würden sie Bernadettes Problem somit bildlich darstellen wollen, aber daran will ich einfach nicht denken, geschweige meine Freundin darauf ansprechen. Stattdessen kommt mir etwas anderes in den Sinn: „Sag mal, du wolltest doch noch was sagen, bevor deine Tante uns unterbrochen hat.“ Dem Anschein hatte sie dieses Thema schon fast wieder vergessen, aber schon erinnert sie sich wieder daran: „Stimmt ja. Ich wollte dir sagen, dass du wegen der Symbolik nur die negativen Eigenschaften aufgezählt hast, wenn auch nicht alle.“

Aufmerksam bleibe ich still, sowie auch skeptisch. Was gibt es denn noch zu erzählen? Jedem Tier wurden ein paar Eigenschaften zugeordnet und bei uns Schildkröten sind es nun mal der Rückzug und die Langsamkeit. Doch Bernadette belehrt mich eines Besseren, nachdem sie sich aufgesetzt hat: „Erstaunlich, dass du nicht weißt, welche positiven Eigenschaften der Schildkröte zugeordnet werden. Dabei gibt es so viele, wie Wissen, Ausdauer, Stabilität, Güte, Geduld, Stärke und man sagt ihr auch ewiges Leben und eine tiefe Verbundenheit mit Mutter Erde nach.“ Woher hat sie das denn bitte? Einiges mag vielleicht auf mich und meinen Brüdern zutreffen, aber das hat sie wohl schnell erfunden, um die Schildkröte im Allgemeinen in ein bessere Licht zu stellen. So setze ich mich schließlich ganz auf, worauf Bernadette reagiert und sich ebenfalls nun aufrecht hinsetzt. Skeptisch sehe ich sie an, was meine Freundin scheinbar ein wenig enttäuscht: „Du glaubst mir wohl nicht, oder? Na dann komm, ich zeig dir was.“ Sie steht auf und sieht mich dabei auffordernd an, als wolle sie ihr Vorhaben sofort in die Tat umsetzen. Da ich keine Ahnung habe, was jetzt kommt, mache ich es ihr gleich und hebe sie anschließend hoch. Ich klettere mit ihr wieder in ihr Zimmer und setze sie dort wieder ab. Bernadette geht sofort zu ihrem Bücherregal und stöbert ein wenig herum.

Neugierig geselle ich mich zu ihr und überfliege kurz die Titelnamen, die auf den einzelnen Buchrücken zu sehen sind. Ich bin kein wirklicher Fan vom Lesen. Da mache ich lieber Sport, insbesondere Kampfsport, aber mein Engel scheint sich ja in die Welt der Literatur verloren zu haben, denn sämtliche Regale sind vollgestopft und ich finde hier die unterschiedlichsten Themenbereiche. Von Fantasy, über klassische Romane, Märchen und Sagen bis hin zu Sach- und Geschichtsbüchern, ist alles Mögliche dabei. Wie kann sie das alles nur lesen? Wobei, bisher hatte sie die meiste Zeit in ihrem Zimmer verbracht. Neben dem Internet und der Musik musste sie sich ja irgendwie beschäftigen, wenn sie mal nicht auch noch für die Schule pauken musste. Trotzdem wäre das nichts für mich. An manchen Tagen wäre das für mich kein Problem, aber wie es hier aussieht, werden die Bücher von Bernadette geradezu verschlungen und ihre Interessen sind bereitgefächert. Schließlich findet sie das gesuchte Exemplar. Es ist ein Buch über Traumsymbolik und Symbole im Allgemeinen und kaum dass sie es aus dem Regal genommen hat, schlägt sie es schon auf und sucht nach der entsprechenden Seite. „Hier!“, ruft sie auf einmal und deutet mit dem Zeigefinger auf eine bestimmte Stelle, wo ich genau die Begriffe lesen kann, die sie mir kurz zuvor genannt hat.

Also werden uns Schildkröten doch positive Eigenschaften zugeschrieben. Doch warum werden die nie erwähnt? Zumindest kannte ich bis jetzt nur die negativen Sachen und doch gibt es mehr. Besonders die Worte, die ich bei einer anderen Zeile lese, lassen mich ein wenig schmunzeln: « … Siehst du in deinem Traum eine Schildkröte, so wirst du einen Fürsprecher, oder einen Beschützer an deiner Seite haben. » Wer weiß, vielleicht hatte Bernadette vor unserer ersten Begegnung solch einen Traum. Nur hätte sie früher vermutlich niemals damit gerechnet, ausgerechnet eine mutierte Version als Beschützer zu bekommen. Doch zum Glück bin ich für sie mehr als nur das. Auch sie ist mehr für mich als nur ein Mensch, den ich wie alle anderen in New York beschütze. Sie ist mein Leben, mein Engel und ich könnte mir mein Dasein ohne sie nicht mehr vorstellen. Liebevoll ziehe ich sie zu mir und schenke ihr einen zarten Kuss auf die Lippen. Als wir uns wieder voneinander lösen, fragt sie mich mit einer leisen Stimme: „Wofür war das jetzt?“ „Einfach dafür, dass ich ein Teil von deinem Leben sein darf.“, antworte ich in derselben Lautstärke und küsse sie ein weiteres Mal. Doch diesmal ist der Kuss inniger. Mit etwas mehr Druck sind unsere Lippen miteinander versiegelt. Ich spüre förmlich, wie der Wunsch sie zu liebkosen immer deutlicher wird und ich möchte mich auch wegen den Umständen nicht mehr zusammenreißen.

Schon so lange kontrolliere ich mich. Ich dachte immer, dass es ein schlechter Zeitpunkt wäre, aber nun habe ich sie trotz ihrer Probleme so fröhlich gesehen und so kann ich mich nicht mehr zurückhalten. Zärtlich streiche ich durch ihr Haare, während ich sie mit der freien Hand zu mir ziehe. Ohne jegliche Gegenwehr lässt sich Bernadette das gefallen. Sie lässt sogar das Buch, welches sie noch in ihren Händen gehalten hat, einfach los und wir beide kümmern uns nicht darum, als es schließlich auf dem Boden aufschlägt. Viel zu sehr sind wir mit uns selbst beschäftigt. Als sich unsere Lippen wieder voneinander trennen, höre ich nicht auf. Ich küsse sie einfach weiter und dabei arbeite ich mich so zart wie möglich an ihrem Hals voran, während ich sie wieder hochhebe und sie in ihr Bett trage, wo ich mich gemeinsam mit ihr niederlasse. Es ist nicht gerade sehr viel Platz, aber das stört uns beide nicht. Bernadette kuschelt sich in meine Arme, während unsere Lippen wieder miteinander versiegelt sind. Es ist einfach so ein berauschendes Gefühl und in ihrer Nähe fühlt sich alles so leicht und unbeschwert an. „Ich liebe dich.“, flüstert sie schließlich und streicht mir sanft über die rechte Wange. Ich erwidere dies mit einer ähnlichen Geste, doch ich gleite mit meiner Hand an ihrem zarten Rücken entlang: „Ich liebe dich noch viel mehr.“



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  Mad-Dental-Nurse
2016-06-17T08:41:30+00:00 17.06.2016 10:41
Oh man. Ich könnte echt neidisch werden...>< aber trotzdem schön ^^
Antwort von:  Pamuya_
17.06.2016 10:49
^^ Danke.
Ich hoffe nur, dass das jetzt nicht zu schnulzig oder so war.
Antwort von:  Mad-Dental-Nurse
17.06.2016 18:27
nope ^^


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