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ALPHA² Bonus Sidestories

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Quinn x Clive: Running Wild - Kapitel 1

1 Kapitel – 01. Dezember

 

 

Man konnte leider nicht gerade behaupten, dass Clive in den letzten Wochen bezüglich des ominösen Urlaubs schlauer geworden war. Auch hatte Quinn ihm keine essentiell lebenswichtigen Details verraten, mal abgesehen davon, dass sie zumindest im Land bleiben würden.

Was bei einem beschaulichen Land wie Kanada sehr beruhigend war.

Sein ganz persönliches Schreckensszenario war ja immer noch die Frage, ob sie in diesem Fall dann auf einen Inlandsflug angewiesen wären. Selbst mit noch so viel gutem zureden würde er garantiert nicht in ein verdammtes Flugzeug steigen und wenn Quinn alleine fliegen würde sollte ihm das auch recht sein! Dieser hielt es scheinbar absolut nicht für nötig, ihm diesbezüglich weitere Informationen zukommen zu lassen.

Clive hätte an die Decke gehen können!

 

Immerhin konnte er sich dadurch sicher sein, dass sie nicht Quinns Eltern besuchen würden, denn die lebten nach wie vor in Amerika. Trotz dessen sie nun etwas länger als ein Jahr zusammen waren, hatte Clive sich bisher ganz gut davor drücken können, die Eltern seines Gefährten kennen zu lernen. Mit dessen Schwester hingegen hatte er immer mal wieder telefoniert und was er von den Gesprächen mit ihr sagen konnte, war durchweg positiv. Über Mr. und Mrs. Kassian wusste er lediglich, dass der Vater der Beta in Quinns Heimatrudel und seine Mutter Lehrerin und angeblich ein kleines Energiebündel war.

Im Gegensatz zu ihm selber pflegte Quinn ein ganz gutes Verhältnis zu seinen Eltern.

 

Ein schweres, reichlich verzweifeltes stöhnen kam Clive über die Lippen während er die Hauptstraße hinunter auf dem Weg zum Hollow war. Seine Schicht fing zwar erst deutlich später an und er war viel zu früh los gegangen, allerdings hatte er auch nichts besseres allein zu Hause zu tun gehabt.

Vielleicht würde Charlie ihm ja weiter helfen können, zumindest hatte Clive sich mit eben dieser Hoffnung früher auf dem Weg zur Arbeit gemacht. Der Besitzer des Hollow's war in aller Regel doch sehr im Bilde davon, was sich in der Stadt abspielte und was nicht. Zwar zierte Clive sich nicht, seinen Partner zu fragen, allerdings hatte dieser die äußerst nervtötende Angewohnheit ihm, zumindest des Urlaubs betreffend, nur sehr schwammige oder gar keine vernünftigen Antworten zu geben. Während der Winterzeit war Quinn meist den ganzen Tag unterwegs und die fast wöchentlichen Meetings sorgten das ein oder andere mal dafür, dass Clive bereits am schlafen war, wenn Quinn Heim kam.

Für Clive, der über ein paar Jahre hinweg keinen festen Wohnsitz gehabt hatte, war es auch jetzt noch immer eine Umgewöhnung, wieder ein zu Hause zu haben. Wo zuvor recht provisorisch ein weiteres Schild über der Klingel an Quinns Haustür geklebt hatte, hatten sie nun ein gemeinsames – Quinn hatte es selbst angebracht. Überhaupt regelte Quinn die meisten notwendigen Arbeiten am Haus selbst. Dabei war es völlig gleich, um was es sich handelte: Rohrverstopfung, Stromausfall, Wasserschaden, Reparatur von Elektrogeräten... auf Anhieb wollte Clive noch nicht einmal einfallen, was Quinn nicht reparieren oder tun konnte.

Er selbst hatte ja aufgegeben, nachdem er mit dem Bügeleisen ein Loch in Quinns Arbeitshemd gebrannt hatte.

 

Inzwischen war es kalt geworden.

Mit jedem weiteren Tag Richtung Jahresende wurde es zunehmend kälter, obwohl er es hier als relativ mild verglichen mit seiner Heimat nahe der Hudson Bay in Québec empfand. Bisher hatte es einige Male geschneit, in der Stadt war jedoch nichts liegen geblieben, während sich die Berge und Wälder schon schneebedeckt zeigten.

Für sie als Wölfe war das dank ihres dichten Fells zum Glück kein Problem.

In der Stadt herrschte bereits reges Treiben und das in aller Regel von früh bis spät. Paare, Familien und Singles gleichermaßen trieben sich umher, um bereits die ersten Weihnachtseinkäufe zu erledigen.

 

Nachdem er die letzte Kreuzung überquert hatte erreichte er schon bald das Hollow, welches bereits von außen wie ein verdammtes Christmas Wonderland aussah. In den Fenstern hingen Rentiere – hm, ein Rentier wäre jetzt wirklich eine nette Beute gewesen – die einen Schlitten zogen, gefahren von einem dickbäuchigem Weihnachtsmann. Sterne und Schneeflocken blinkten munter vor sich hin. Selbst die hiesigen Kaufhäuser konnten sich warm anziehen.

Auch das Innere war von oben bis unten weihnachtlich dekoriert.

Jacky hatte ihrem Dekorationswahn nachgegeben und hätte mühelos jeden Wettbewerb gewinnen können. Die Theke war mit einer grünen Girlande geschmückt, in der jede Menge bunter Kugeln, Zimtstangen, Glitzerstaub und kleine, weihnachtliche Figürchen gesteckt waren. An den Wänden hingen verschieden Kränze, Sterne, kleine Jutesäckchen mit Zahlen von 1 bis 24 und an jeder Lampe hing eine grüne Schleife mit kleinen Eiskristallen.

Charlie stand wie üblich hinter der Theke und spülte gerade ein paar Gläser, blickte aber sofort auf als er die Tür aufgehen hörte – oder eher: die Weihnachtsglocke über der Tür We wish you a merry Christmas... spielte. Charlie musste doch inzwischen taub sein, anders konnte Clive sich nicht erklären wie er das ewige Gedudel andernfalls ertragen konnte.

 

„Clive, hey! Du bist aber früh dran. Alles in Ordnung? Ich habe gerade Kaffee aufgesetzt, möchtest du einen?“, wurde er freundlich begrüßt und Charlies grüne Augen leuchteten mit den bunten Lichterketten, die überall verteilt hingen, regelrecht um die Wette. Die geballte Weihnachtsstimmung, die einem hier bereits entgegenschlug, hätte selbst die tapfersten Männer in die Flucht geschlagen.

 

„Hi Charlie. Ja, hier ist alles in Ordnung soweit und ich nehme sehr gerne einen Kaffee. Hättest du vielleicht einen Moment Zeit für mich?“

 

Clive nahm an der Theke Platz und sah Charlie dabei zu, wie dieser regelrecht euphorisch zur Kaffeemaschine hüpfte... um nicht zu sagen, tanzte. Es war Clive einfach unbegreiflich, wie man nur derart in Weihnachtsstimmung sein konnte und das auch noch Wochen vor dem Fest!

Musste wohl in der Familie liegen.

 

„Na klar, ich bin sofort bei dir, einen Moment.“

 

Der Geruch von frisch gebrühten Kaffee stieg Clive in die Nase und ließ ihn zufrieden seufzen, als Charlie eine Tasse vor ihn stellte – mit Weihnachtsmannmotiv. Langsam wurde es wirklich lächerlich, aber jeglichen Kommentar diesbezüglich behielt er für sich. Glücklicherweise lagen seine Schichten so, dass er Jacky bei den Dekorationen nicht hatte helfen müssen.

 

„Also, was kann ich für dich tun?“

Auch Charlie hatte sich einen Kaffee gemacht und kippte munter gefühlt die ganze Packung Zucker in die Tasse. Das erklärte immerhin, wieso er so putzmunter war.

 

„Hat Quinn schon mal Urlaub gemacht?“

 

Der verdutzte Blick auf Charlies Gesicht verriet, dass er mit so einer Frage garantiert nicht gerechnet hat. Kurz darauf grinste er jedoch schon bis über beide Ohren und lehnte sich gleich näher zu Clive rüber.

 

„Ihr macht gemeinsam Urlaub? Wo geht es hin? Eine Kreuzfahrt?“

 

„Charlie...“

 

„Okay, okay. Hm, also mir hat er bisher nie gesagt, ob und wann er Urlaub macht. Während Weihnachten ist er jedoch in der Regel immer zwei Wochen weg, aber frag mich nicht, wo er sich dann aufhält.“

 

Moment mal.

Selbst Charlie wusste, dass Quinn durchaus Urlaub machte, oder zumindest für eine gewisse Zeit nicht vor Ort war? Gut, Charlie bekam als Barbesitzer wirklich allerhand Klatsch und Tratsch mit, aber in aller Regel waren seine Informationen immer Gold wert.

Quinn hatte Clive das ganze letzte Jahr über, seit sie sich kannten, jedoch kein einziges Mal derartiges erwähnt. Hin und wieder, in seltenen Ausnahmefällen, hatte er geschäftlich für ein paar Tage verreisen müssen, aber das zählte ja wohl nicht. Und so was hatte er ihm auch immer mitgeteilt. Warum also musste er jetzt Dinge erfahren, von denen er nie zuvor auch nur ein Sterbenswörtchen gehört hatte?

Sein erstes gemeinsames Weihnachten mit Quinn im letzten Jahr hatten sie gemütlich daheim verbracht. Quinn war glücklicherweise kein Weihnachtsfanatiker, obwohl ein Kranz an der Haustür gehangen hatte – alibihalber. Ansonsten hatte es aber keine weitere Dekoration im oder am Haus gegeben, auch ein Weihnachtsbaum war nicht aufgestellt worden. Besonders dankbar war er vor allem für das wegbleiben schrecklicher Weihnachtsmusik gewesen.

Zumindest in dieser Hinsicht waren sie sich ganz ähnlich.

Alles war so viel einfacher gewesen. Sie hatten kein üppiges Festmahl gehabt – gut, der Truthahn musste mutiert gewesen sein, war er doch für sie beide zu zweit zu viel gewesen – und nur an einem Abend waren sie auswärts essen gegangen. Es hatte auch keine Geschenke gegeben.

Und nun kam dieser riesige, doofe Fellhaufen mit einem Urlaub an! Von den Kosten mal ganz zu schweigen, von denen Clive sich am besten gar nichts ausmalen wollte.

 

„Letztes Jahr hat er aber keinen Urlaub gemacht. Und auch sonst haben wir nie über derartiges gesprochen. Vor ein paar Wochen kommt der Kerl dann morgens an und erzählt mir, dass wir über Weihnachten Urlaub machen! Das einzige, was ich weiß ist, dass wir in Kanada bleiben. Aber dieses Land ist verdammt noch mal scheiße groß, wir könnten überall landen! Und wer bezahlt das ganze überhaupt? Ich kann da noch so viel nach bohren, er erzählt mir einfach gar nichts.“

 

Clive hatte sich in leichte Rage geredet und sein Unmut über die ganze Situation hätte nicht größer ausfallen können. Er gab ja zu, dass er selbst ziemlich stur sein konnte und sehr gerne mit dem Kopf durch die Wand ging. Aber Quinn hielt mit allem so dicht, dass Clive ihn am liebsten am Nacken gepackt und zu Boden gerungen hätte! Ein kribbeln in seinem Mund verriet ihm, dass die Fangzähne seines Wolfes das nur zu gerne getan hätten... allerdings nicht unbedingt nur, um seinem Gefährten deutlich zu machen, dass er sich von ihm nichts verheimlichen lassen wollte.

Etwas zu hastig nahm er einen weiteren Schluck Kaffee zu sich, ehe er sich noch in einer für einen gestandenen Mann peinlichen Situation wiederfand...

 

Charlie kratzte sich nachdenklich am Kinn, eine Geste die er schon oft an dem anderen Mann beobachtet hatte und ihm verriet, dass er intensiv nachdachte.

 

„Vielleicht ist es ja eine Überraschung? Dann solltest du dich jedenfalls zurücklehnen und einfach abwarten. Wenn er dich einladen möchte, dann nimm es ruhig an. Quinn ist ja nun wirklich niemand, der bei Geld kleinlich wird.“

 

Was ja auch noch so ein Problem war.

Quinn war finanziell ziemlich gut aufgestellt, auch wenn Clive bei besten Willen nicht sagen konnte, wie gut betucht er tatsächlich war. Das er weitaus mehr Geld hatte als Clive stand außer Frage.

Er selbst war zwar inzwischen fest im Hollow angestellt und arbeitete an zwei Abenden in der Woche in einem 5-Sterne Hotelrestaurant, was ihm zumindest genug Geld zum Leben einbrachte, verglichen mit Quinns Gehalt war seines dennoch eher ein Taschengeld. Clive kam nicht umhin zu denken, dass er zu sehr von Quinn abhängig war, der von derlei Gesprächen aber ohnehin nichts wissen wollte. Tatsächlich hatten sie sich darüber bereits das ein oder andere Mal heftig gestritten – und das nicht nur in Menschengestalt...

Tief ausatmend stellte er seine inzwischen leere Kaffeetasse wieder ab und warf Charlie einen skeptischen Blick zu. Sehr viel schlauer war er nicht geworden, auch wenn er Quinn am Abend direkt zur Rede stellen würde, wieso er ihm nichts über regelmäßige Urlaube erzählt hatte!

 

„Ich mag es einfach nicht, wenn er mich so außen vorlässt.“

 

„Vielleicht solltest du es ja nicht als außen vorlassen sehen. Bestimmt möchte er dir nur zeigen, dass du dich auf ihn verlassen und ihm vertrauen kannst.“

 

Das war, wenn er ehrlich war, ein Punkt, über den er vorher noch nicht nachgedacht hatte. Nicht, dass er Quinn nicht vertraute – Himmelherrgott sie waren Gefährten, er vertraute ihm sein Leben an! - aber gewisse Angelegenheiten sollten sie dann doch gemeinsam klären. So war das doch in einer Beziehung, oder nicht? Wobei Clive ja nicht gerade als der Experte in Beziehungsangelegenheiten schlechthin daher reden konnte, nach seinem recht... freizügigen Lebensstil.

Diese ganze Situation stank doch bis zum Himmel! Und das Clive sich vorkam wie in einem weibischen Geheimniskrämereigeplänkel machte es nicht wirklich besser.

 

„Mach dir nicht so viele Gedanken darüber. Der weiß schon was er tut. Im Übrigen kam eben eine neue Lieferung, wo du ja schon mal hier bist, kannst du Jacky hinten direkt helfen.“

 

Zwei Sekunden später sprang Charlie auch schon äußerst geschäftig durch die Bar, plauderte mit ein paar sehr frühen Gästen, während Clive sich fragte, wieso er nochmal eher los gegangen war... eilig stürzte er den letzten Rest seines Kaffees runter, stellte seine und die Tasse von Charlie in den Geschirrspüler und eilte dann in den Mitarbeiterraum, um sich für die Arbeit fertig zu machen.

Immerhin würde die Arbeit ihn vom weiteren grübeln abhalten.

Zumindest hoffte er das.

 

- Am Abend -

 

„Okay Charlie, ich bin weg. Bis morgen!“

 

„Bis morgen Clive! Grüß Quinn von mir. Gute Nacht!“

 

Clive war schon halb aus der Tür raus, die Knöpfe seines Mantels schließend, rief aber noch ein „Mach ich, dir auch!“ hinterher, ehe er die Tür hinter sich zuzog und einen tiefen Atemzug tat.

Die kalte Abendluft hatte bereits etwas eisiges und stand im starken Kontrast zu der gemütlichen, warmen Luft und Atmosphäre im Hollow.

Dafür, dass es bereits kurz nach acht am Abend war, waren die Leute noch immer emsig dabei ihre Weihnachtseinkäufe zu erledigen. Wenn Quinn nun mit einem Urlaub daher kam, wäre es da nicht angebracht, ihm auch etwas zu schenken? Das einzige, was Clive auf Anhieb einfiel, war eine neue Armbanduhr. Quinns alte hatte vor ein, zwei Wochen ihren Dienst quittiert und seitdem gab er sich mit einem zugegeben sehr hässlichem Exemplar zufrieden...

Man würde ja mal gucken können.

 

Sein Weg führte ihn die Hauptstraße vom Hollow aus gesehen weiter nach rechts, runter Richtung Innenstadt, vorbei an anderen kleinen Bars und Restaurants, die mit ihrer Weihnachtsdekoration sehr spärlich umgingen. Eine Lichterkette war da noch das höchste der Gefühle. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite tummelten sich kleine Geschäfte, die mit ihrem breit gefächerten Angebot an allerlei nützlichen und weniger nützlichen Gebrauchsgegenständen für den Alltag, oder Dekorationen mit unschlagbar tiefen Preisen lockten.

Die Lage des Hollow war günstig genug, um in wenigen Gehminuten das Stadtzentrum mit allen großen und kleineren Kaufhäuser zu erreichen, sodass Clive sich schon bald auf der Einkaufsmeile wiederfand, die immerhin mehr Weihnachtsdekoration bereit hielt, als die kleineren Geschäfte in den Nebenstraßen.

Er würde ja mal schauen können, ob es in den Schaufenstern eine nette Uhr gab. Die zahlreichen Juweliere boten verschiedene Modelle an, von denen er gezielt sagen konnte, was Quinn gefallen würde und was nicht. Ein nettes, silbernes Exemplar mit Datumsanzeige erweckte seine Aufmerksamkeit und ließ ihn näher an das Schaufenster heran treten. Kostspielig musste es nicht sein, aber etwas taugen sollte sie natürlich schon. Noch hatte er genug Zeit um sich das Modell mal direkt live im Geschäft ansehen und beurteilen zu können, weshalb Clive sich nach etwas mit sich selbst ringen einen Ruck gab und den Laden betreten wollte.

 

„Clive! Hi, machst du etwa auch Weihnachtseinkäufe?“

 

Noch bevor er sich umdrehte, erkannte er bereits den Geruch, den er sich über die Zeit mehr als gut eingeprägt hatte. Das er ihn zuvor nicht bemerkt hatte, war ihm zugegeben etwas peinlich... das war alles nur dieser blöde Quinn schuld!

Ein paar Schritte entfernt baute sich Andrew auf, der einige schwer befüllte Tüten trug. Seine Miene war, wie üblich wenn sie sich über den Weg liefen, genauso begeistert wie die von Clive. Inzwischen hatte er sich zwar an den anderen Alpha-Wolf gewöhnt und tatsächlich begegneten sie sich nicht sehr oft während der Jagd. Wenn sich dennoch mal ihre Wege kreuzten, waren sie beide sich nach wie vor einfach nicht geheuer.

Die fröhliche Stimme, die ihn angesprochen hatte, gehörte allerdings zu Yves, dem deutlich kleineren Omega zu Andrews rechten, der keine einzige Tüte trug und dessen Gesicht halb hinter einem dicken, dunkelblauen Schal versteckt war. Der kleine Knirps legte beinahe instinktiv den Kopf ein wenig zur Seite, was Andrew mit einem drohenden Knurren quittierte.

Clive hätte sich wirklich besseres vorstellen können, als ihnen hier über den Weg zu laufen.

 

„Nein, ich gehe nur spazieren.“

 

„Vor einem Juwelier?“, höhnte Andrew spöttisch und Clive musste gar nicht lange grübeln, was diesem wohl gerade durch den Kopf gehen mochte.

Gerade im Begriff, direkt einen Schritt auf den größeren Mann zuzugehen und ihm seine Meinung zu sagen, blieb er stehen, als sich eine zierliche Hand nach ihm ausstreckte – eine andere befand sich an Andrews Arm. Die Stimmung schien sich wie durch Zauberhand zu entspannen und selbst Andrew, der ähnlich explosiv wie Clive war, schien deutlich entspannter zu sein. Yves wirkte zwar fröhlich wie immer, seine Augen blickten aber ganz und gar aufmerksam zwischen ihnen beiden hin und her. Erst als auch Clive sich merklich beruhigte, zog Yves seine Hände wieder zurück und deutete auf die offenbar schweren Tüten, die Andrew mühelos trug.

 

„Wir haben noch einige Geschäfte vor uns. Andrew ist die ganze Zeit nur am nörgeln, aber Weihnachten ist schließlich nur einmal im Jahr!“

 

„Yves...“

 

„Na dann möchte ich euch nicht weiter aufhalten...“

 

„Ach Quatsch, wo wir schon mal alle hier sind, können wir doch ein Stück gemeinsam gehen!“

 

Nicht nur Clive hätte an dieser Stelle am liebsten lautstark protestiert, auch Andrew sah ganz danach aus, als ob er sich lieber die Zunge abbeißen würde, anstatt den Abend in Clives Gegenwart zu verbringen. Clive konnte es dem größeren Alpha nicht verübeln.

Yves natürliche Art und ruhige Ausstrahlung entspannte die Situation zwischen ihnen dreien allerdings derart effektiv, dass sich keiner von den anderen beiden dazu hinreißen ließ, auf öffentlicher Straße nun einen Konflikt zu beginnen.

… was, zugegeben, keinen von beiden sonderlich gestört hätte.

Am Ende befanden sich Andrew und Clive links und rechts von Yves und hätten ihre Gesichter noch länger werden können, hätten sie dafür sicherlich einen Preis erhalten.

Yves zwischen ihnen war derweil das sprühende Leben selbst und sprang glücklich von einem der Weihnachtsstände zum anderen – an einem holte er sich Zuckerwatte, wobei Clive ein klein bisschen grinsen musste, als er sah, dass Andrew dafür bezahlte.

Ihm war ja immer noch schleierhaft, welche Beziehung diese beiden zueinander führten. Gefährten waren sie jedenfalls nicht, dennoch waren sie stets Seite an Seite. Und wenn er sich so daran erinnerte, wie Andrew damals reagiert hatte, als Quinn und er ihn auf der Baustelle besucht hatten...

Aber groß interessieren sollte ihn das nicht, solche Rudelangelegenheiten gingen ihn nichts an.

Während Yves munter von seiner pinken Zuckerwatte aß, warf er schließlich einen fragenden Blick nach oben zu Clive, wobei seine Augen die eines unschuldigen Kindes gleichkamen.

 

„Ist Quinn nicht bei dir?“

 

Clive verschluckte sich fast an seinem eigenen Speichel und räusperte sich während er den Kopf schüttelte. Dabei war es nur eine harmlose Frage, aber verdammt, wenn dieser Knirps ihn mit diesem Blick anstarrte...!

 

„Er ist noch arbeiten...“

 

„Oh, stimmt. Das Naturkundemuseum ist ja immer etwas länger offen. Er hat neulich die Exkursion geleitet und es war sehr spannend, ihm zuzuhören.“, plapperte Yves völlig unbeschwert daher, während sich scheinbar nicht nur Clive selbst fragte, was Yves im Naturkundemuseum machte – und wieso Quinn ihm davon nichts erzählt hatte!

 

Vor einem größeren Kaufhaus blieben sie schließlich stehen und während Andrew so aussah, als würde er am liebsten die Flucht ergreifen, schien Yves erst jetzt so richtig in Fahrt zu kommen.

 

„Ich denke, wir schauen uns hier noch etwas um. Habt ihr eigentlich schon Pläne für Weihnachten?“

 

„Wir machen Urlaub.“, hörte Clive sich sagen, bevor er überhaupt darüber nachdenken konnte. Andrew schien nicht sonderlich überrascht, aber Clive war sich sicher, dass er ein „Tss“ hörte. Yves' Augen wurden gleich handtellergroß, dann zupfte er vorwurfsvoll an Andrews Ärmel.

 

„Ich hab dir doch gesagt, dass sie Urlaub machen werden!“, und an Clive gerichtet fügte er aufgeregt hinzu, „Genießt euren Urlaub. Immerhin habt ihr dann einen schönen Szenenwechsel. Fröhliche Weihnachten, Clive.“

 

„Euch auch...“, murmelte Clive und war sich sicher, dass selbst Andrew irgendwas nuschelte, auch wenn er seine Worte bestenfalls vermuten konnte.

Einen Moment sah er ihnen noch nach, dann entschied er sich dazu, dass es bis Weihnachten ja noch etwas hin war und er auch ein anderes Mal in die Stadt gehen konnte...

 

- Zuhause -

 

Als er die Tür aufschloss, lag das Haus im Dunkeln.

Quinns Pick Up stand in der Auffahrt, doch von seinem Gefährten war weit und breit nichts zu sehen, gleichwohl er ihn riechen konnte. Das war ungewöhnlich für Quinn, der sonst – selbst wenn es noch so spät war – immer auf Clive wartete.

Clive war da simpler gestrickt: wenn er müde war, ging er einfach schlafen. Quinn hingegen blieb so lange wach, bis Clive nach Hause kam. Was er völlig überzogen fand, aber auch darüber hatten sie bereits mehr als einmal diskutiert. Mal völlig davon abgesehen, dass Clive es auch im Schlaf sofort merkte, wenn Quinn sich neben ihn ins Bett legte.

 

So leise wie möglich entledigte Clive sich seiner Schuhe und des Mantels und schlich auf Zehenspitzen durch die Dunkelheit, einen leisen Fluch unterdrückend als er mit den Zehen gegen die Treppe stieß.

Kaum, dass er die Galerie oben erreicht hatte, wäre er auch schon fast mit Quinn zusammen gestoßen, der sich beinahe alarmiert vor ihm aufgebaut hatte. Es brauchte kein Licht um die Anspannung an Quinns Körper zu sehen, Clive roch den unsicheren Hauch des Argwohns auch so.

 

„Ist alles in Ordnung?“, hörte er Quinn in die Dunkelheit fragen und der warme Atem seines Gefährten kitzelte ihn am Hals als er neugierig beschnuppert wurde, „du riechst nach Hale...“

 

Clive musste ein klein wenig grinsen. Es war schon ein bisschen faszinierend, wie sie jedweden fremden Geruch an den anderen sofort bemerken und – wie in diesem Fall jetzt – zuordnen konnten. Quinns Bemerkung bezüglich des Geruchs klang fast ein wenig vorwurfsvoll, insbesondere aber wenig begeistert. Nichts, was Clive ihm verübeln konnte, immerhin konnte er sich auch weitaus bessere Gerüche vorstellen als die des anderen Alpha in der Stadt.

 

„Bin ihm und Yves in der Stadt über den Weg gelaufen. Nichts Besonderes.“

 

Darauf erwiderte Quinn zwar nichts, schnappte aber spielerisch nach Clives Kiefer was diesem ein protestierendes Knurren entlockte. Die Hände des anderen griffen nach seiner Übergangsjacke und erst jetzt nahm er wahr, dass Quinn bereits nackt war. Er hatte wohl doch bereits im Bett gelegen... ob er auch schon geschlafen hatte? Wohl eher gedöst, so schnell wie er plötzlich an der Treppe gestanden hatte.

 

„Gegen den Geruch sollten wir aber etwas unternehmen.“, beharrte Quinn und Clive war sich ziemlich sicher, dass er sein Grinsen hören konnte.

Seine Jacke fand ihren Weg nach unten auf den Boden und während Quinn bereits mit geschickten Fingern an seiner Jeans zugange war, entledigte Clive sich derweilen seines Shirts um es achtlos der Jacke als Gesellschaft darzubieten.

 

„Und was soll das bedeuten?“

Clive griff nach Quinns Nacken, fest genug zupackend um seinen Gefährten innehalten zu lassen. Als sich ihre Blicke trafen, herrschte für einen kurzen, aber bedeutenden Moment absolute Stille zwischen ihnen. Kein einziges Geräusch war zu hören, selbst der Wald hinter dem Haus hatte sich vollkommen in Schweigen gehüllt.

Ein Knurren stieg in Quinns Kehle auf, bahnte sich seinen Weg über die schmal gewordenen Lippen die schon bald wilde Reißzähne entblößten. Kurz darauf und fast synchron schnappten die beiden Gefährten mit Zähnen und Händen nach einander.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Phoenix-of-Darkness
2015-09-27T20:05:27+00:00 27.09.2015 22:05
Uhh die Szene war so toll mit Andrew der die Tüten trägt und Yves ohne!!
*~*
Da will man glatt Kamineo nerven, dass sie einen das zeichnet.
XD

Wirklich super schönes Kapitel wieder.
d^___^b


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