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Yasashikunai Mirai

Tsuzuku x Meto
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
So, es ist soweit, hier kommt das große Drama, bzw der Anfang davon ...
Ich spreche für dieses Kapitel eine Extra-Triggerwarnung aus, weil es doch seeehr Borderline-lastig geworden ist.
Und für alle, die sich zutrauen, es zu lesen, gibts ne Runde Taschentücher ... Komplett anzeigen

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[Tsuzuku] Act 30

Etwas stimmte nicht, als ich an diesem Tag aufwachte und die Augen öffnete. Mir war ein wenig kalt, und ich wunderte mich, wo Meto war, erinnerte ich mich doch, dass er, als ich am Abend eingeschlafen war, in meinen Armen gelegen hatte.
 

Langsam drehte ich mich auf den Rücken und hörte dann auch das Wasser in der Dusche rauschen. Anscheinend war Meto vor mir wach geworden, schon aufgestanden, und duschte jetzt.

Ich sah zu seiner Hälfte unseres Bettes und dort lag Ruana mitten auf dem Laken, so als hatte Meto sie nachts im Arm gehabt. Die Vorstellung dessen ließ mich lächeln, denn ich fand es immer noch himmlisch süß, dass mein Liebster trotz seiner erwachsenen zwanzig Jahre noch so eine Bindung zu seinem geliebten Teddymädchen hatte. Ich streckte die Hand aus und berührte die Kleine, streichelte ihr braunes, weiches Fell und dachte glücklich: „Wir brauchen auch gar keine Familie zu gründen, wir sind schon eine. Meto und ich, und Ruana ist wie unser Kind.“
 

Ich stand langsam auf und ging über den Flur ins Bad hinüber, wo immer noch das Wasser rauschte.

„Guten Morgen, mein Liebster“, begrüßte ich Meto und streckte mich dabei ausgiebig.

„Morgen, Tsu“, antwortete er und ich hörte gleich, er klang müde.

„Hast du nicht gut geschlafen?“, fragte ich daher.

Meto stellte das Wasser aus, nahm sich ein Handtuch und kam aus der Dusche, und ich sah, dass er dunkle Schatten unter den Augen hatte, die beinahe so aussahen, als hätte er die halbe Nacht geweint.

War irgendwas passiert? Etwas, das ich nicht mitbekommen hatte? Gestern Abend war doch alles gut gewesen, wir waren ausgegangen zum Tanzen, hatten einen wunderbaren Abend gehabt!
 

Ich sah ihn an, wusste nicht, ob ich nachfragen sollte oder nicht, und tat es dann doch: „Du siehst müde aus, Meto … Ist alles okay?“

„Ja, geht schon“, antwortete er, sah mich dabei aber nicht an, sondern begann einfach, sich abzutrocknen. „Ich hab nur schlecht geschlafen.“

Ich machte einen Schritt auf ihn zu und umarmte ihn, doch irgendwie schien ihn das kaum zu erreichen. Er ließ es zu, wirkte aber so seltsam teilnahmslos … Offenbar ging es ihm nicht gut, aber dass ich nicht wusste, was der Grund war, machte mich innerlich fast wahnsinnig. So sehr, dass ich mich dann nicht mehr traute, weiter nachzufragen … Denn was, wenn ihn irgendwas so verletzt hatte, dass es unsere Beziehung gefährden könnte?
 

Also ging es an diesem Morgen irgendwie mit der täglichen Routine weiter. Wir sprachen kaum miteinander, und ich versuchte mein Möglichstes, ruhig zu bleiben, nicht zu weinen oder auszurasten, auch wenn ich innerlich verrückt wurde vor Angst.

Während ich schnell duschte, machte Meto in der Küche unser Frühstück, doch das fiel heute recht klein aus, er schien auch, genau wie ich sonst, keinen Appetit zu haben. Er aß dennoch ein bisschen was, ich jedoch gar nichts.
 

Ich rauchte stattdessen zwei Zigaretten hintereinander weg und hoffte, dass er nichts dazu sagte. Als ich die dritte auspackte und anzünden wollte, zerschlug sich diese Hoffnung.

„Tsu, komm, lass das, zwei sind doch genug.“

„Kann dir doch egal sein“, entkam es mir, und ich bereute meinen Tonfall sofort. Meto ging es nicht gut und ich wurde patzig, wie gemein von mir!

„Ist mir aber nicht egal. Deine Ärzte sagen alle, du musst weniger rauchen, dein Herz macht das nicht mehr lange so mit!“

„Ich bin fünfundzwanzig, was soll denn da passieren?“

„Dass du so krank wirst wie deine Mutter?“

„Dann wäre das längst ausgebrochen“, sagte ich. „Und Ishida hat mich doch gerade untersucht, da ist nichts!“

Meto stand auf, kam zu mir und nahm mein Gesicht in seine Hände. „Ich mach mir doch nur Sorgen um dich, mein Herz“, sprach er. „Bitte, versuch doch, ein bisschen weniger zu rauchen …“

Ich konnte ihm nicht in die Augen sehen, antwortete aber: „Anders kriege ich mich nicht ruhig, das weißt du …“

Metos Hände strichen meine Arme hinab, bis zu meinen Händen, wo ich immer noch die Zigarette und das Feuerzeug hielt. Sanft nahm er mir beides ab, steckte die noch neue Zigarette wieder in die Packung und legte das Feuerzeug daneben.
 

„Tsuzuku, es tut mir leid, dass wir heute wohl beide nicht gut drauf sind …“, sagte er dann und blieb dabei bei mir. „Ich hab einfach mies geschlafen, hatte Albträume und musste davon weinen …“

„Und warum hast du mich nicht geweckt?“

„Damit du auch noch ‘ne furchtbare Nacht hast? Nein, ich krieg das schon alleine hin.“

Ich musste gestehen, da hatte er irgendwo Recht. Ich machte es ja genauso, wenn ich nachts traurig war, ich weckte ihn dann auch nicht. Wollte ihn nicht immerzu mit meinem Schmerz belasten, an dem er ja auch kaum etwas ändern konnte. Und meine Angst, dass er irgendwann ging, weil ich ihm zu viel wurde, hing da auch noch mit dran.
 

Wir gingen dann zusammen aus dem Haus, liefen wie immer zu Fuß bis zur Bahnstation, und dort angekommen verabschiedeten wir uns, Meto umarmte mich und flüsterte mir ein „Ich lieb dich, Tsu, pass heute bitte gut auf dich auf“ zu.

„Du auch …“, antwortete ich, und irgendwie stiegen mir dabei Tränen in die Augen. Ein bedrohliches Gefühl kam in mir hoch, als ob irgendwas gerade ganz und gar nicht gut war, aber ich konnte es nicht greifen, wusste nicht, was es war.
 

Den Vormittag verbrachte ich also im Studio bei der Arbeit, doch allzu viel zu tun hatte ich nicht. Koyama war ja gestern da gewesen, wir hatten noch mal über sein Tattoo gesprochen und waren zu dem Schluss gekommen, dass er es statt am Arm jetzt besser auf dem Rücken haben wollte. Das Motiv blieb dasselbe, nur hatte ich ihn eben davon überzeugt, dass er sich professionelle Hilfe suchte. Er hatte mir erzählt, dass er meinem Tipp gefolgt und Dr. Niimura angerufen hatte, und tatsächlich hatte er dort einen Termin bekommen, worüber er sehr froh schien. Ich hatte ihm dann gesagt, dass ich Dr. Niimura als sehr hilfreichen Arzt empfand, und das schien Koyama auch ein wenig die Angst vor einer Behandlung zu nehmen.
 

Am frühen Nachmittag hatte ich dann selbst meinen Termin bei Dr. Niimura. Saß ihm gegenüber in seinem Büro und antwortete auf die Fragen, die er mir stellte, um mich noch besser kennen zu lernen und herauszufinden, wo genau ich Hilfe brauchte.

Irgendwie waren wir natürlich schnell beim Thema ‚Meto und ich‘ gelandet und da auch sehr bald bei meinem Sexleben, was mir dann aber doch ein wenig schwer fiel, mit einem Psychiater zu besprechen. Doch es war bedeutend einfacher, dieses komplizierte Thema mit ihm als Mann durchzusprechen, als es mit einer weiblichen Ärztin gewesen wäre, und Dr. Niimura wirkte auch bei diesem Thema vollkommen ruhig, sachlich und mitfühlend zugleich, behandelte es wie jedes andere Thema auch, was mir ein Gefühl von Sicherheit gab. Er sagte kein Wort dazu, dass es unnormal sein könnte, dass ich als Mann mit einem Mann schlief, sondern tat so, als sei dieses Detail vollkommen normal und nicht weiter der Rede wert.
 

Er fragte auch nicht danach, was genau Meto und ich zusammen taten, sondern mehr danach, wie ich mich dabei fühlte, und welche emotionalen Wünsche und Sehnsüchte ich hatte.

Seltsamerweise fiel es mir ihm gegenüber nicht so leicht wie bei Koichi, diese Wünsche in Worte zu fassen, aber schließlich hatte der Arzt mir so viel entlockt, dass er mir zurückmelden konnte, wie meine geschilderten Gefühle auf ihn wirkten.

„Aoba-san, ist Ihnen klar, dass dieser sehr starke Wunsch nach Verschmelzung, den Sie da beschreiben, mit einer instabilen Identität zu tun haben kann?“, fragte er.

Ich zuckte nur mit den Schultern. Irgendwo war mir das schon klar, ich hatte ja dieses Gefühl, nicht recht zu wissen, wer und wie ich war und was ich wollte, schon selbst bemerkt. Aber wie das in meine Beziehung zu Meto mit reinspielte und in meinen Wunsch, die Grenzen zwischen ihm und mir immer wieder weiter aufzulösen, hatte ich bisher noch nicht so recht gesehen.
 

„Wissen Sie, wer Sie sind?“, fragte Dr. Niimura weiter.

Die Frage gab mir zu denken. Wusste ich, wer ich war? Aoba Genki, Tsuzuku, ja, meinen Namen wusste ich. Und ich erkannte mich selbst ja auch im Spiegel wieder.

Aber … was war das eigentlich, Identität? Ich konnte mir unter diesem Wort kaum etwas vorstellen.

„Gut, andere Frage: Wissen Sie denn, wie Sie sind?“

Ich wusste zuerst keine Antwort. Nach ein paar Sekunden erst fiel mir meine Arbeit ein, das gute Gefühl, das ich mit dem Tätowieren verband. Meine Lust am Sex kam dazu, meine Vorlieben. Und der Grund, warum ich hier war, dass ich krank war und dass das Ding Borderline hieß. Sonst nichts.

„Ich bin krank, ich mag Schmerzen, ich kann keine drei Tage ohne Sex mit Meto, ich steh auf Tattoos und solches Zeug …“, zählte ich monoton auf und kam mir irgendwie ziemlich dumm vor.
 

„Mit welchem Geschlecht haben Sie denn eigentlich lieber Sex?“ fragte Dr. Niimura ganz direkt.

Ich zuckte wieder mit den Schultern. „Keine Ahnung … Früher war ich ja so ein bescheuerter Player … mit den vielen Mädels und so … hab aber auch mal nen Kerl geküsst … aber jetzt … ich weiß es nicht. Ich gucke eh nur noch Meto so an, ich kann mir überhaupt nicht mehr vorstellen, mit jemand anderem zu schlafen.“

„Lieben Sie Ihren Partner denn auch als den Mann, der er ist?“

„Ja, schon“, antwortete ich. „Ich liebe alles an ihm, er war ja vorher mein bester Freund, und … ja, ich steh schon auch wirklich auf seinen Körper, mag ihn richtig als Mann. Vielleicht bin ich irgendwie schwul geworden oder so, keine Ahnung … Aber ich will keinen anderen, mich reizt kein anderer Körper mehr als seiner, und außerdem will ich ihm treu sein.“
 

„Treue ist sehr gut, Aoba-san“, sagte der Arzt, lächelte ein wenig und sah mich dann ernst an: „Aber was mir ehrlich gesagt mehr Sorgen macht, ist dieser starke Verschmelzungsgedanke in Ihrer Beziehung. Ich weiß, Sie und Ihr Partner lieben einander sehr, Sie beide sind auch ein wirklich schönes Paar, aber worauf Sie unbedingt achten müssen, ist, dass Sie eben nicht miteinander verschmelzen, so groß der Wunsch danach auch sein mag.“

Diese Worte waren wie ein fieser Stich, versetzten mich in Angst. Augenblicklich begann mein Herz zu schmerzen, mir stiegen Tränen in die Augen und meine Hände begannen zu zittern.

„Aber … wie soll das gehen?“, brachte ich mit leiser, tränenerstickter Stimme heraus. „Wenn er nicht ganz nah bei mir ist … ich hab so Angst … dass er mich … dann allein lässt …“

„Sie sehen nur die Extreme, Aoba-san, das ist normal in Ihrer Lage, aber meine Aufgabe ist es, Ihnen zu zeigen, dass es auch ein Leben zwischen Schwarz und Weiß gibt. Ihr Partner wird Sie ganz bestimmt nicht verlassen, nur weil Sie beide nicht zu einem einzigen Herz in zwei Körpern verschmelzen können und das auch nicht tun sollten. Er liebt Sie sehr, das habe ich ganz deutlich gesehen, und Sie sehen das auch, wenn Sie mal weniger Angst haben.“
 

Ich wusste nicht, ob ich das sah. Vielleicht war ich schon wieder fast blind vor Angst und Selbsthass, denn ich konnte mich nur noch vage erinnern, dass ich mich ja auch oft genug sehr von Meto geliebt fühlte und dann keine Angst hatte.

So sehr ich auch versuchte, das Ganze von oben zu betrachten und alles so zu sehen, wie es wirklich war, es gelang mir in diesem Moment einfach nicht. Ich sah nur das „Ich will eins mit ihm sein, mehr Nähe als möglich ist, ganz verschmelzen“ einerseits und das „Er verlässt mich irgendwann, so was wie mich kann man nicht lieben“ auf der anderen Seite. Dazwischen sah ich nichts, da war nur eine völlig undefinierbare, diffuse Leere. Ich kippte innerlich hin und her zwischen den beiden Seiten, zwischen Sehnsucht und Angst, während ich fühlte, dass ich heftig weinte.
 

Dass ich schon wieder weit in meine Innenwelt abgedriftet war, bemerkte ich erst, als ich ziemlich erschrak, weil Dr. Niimura mich sanft, aber sehr bestimmt ansprach: „Aoba-san, hören Sie mir zu: Einatmen, ausatmen, beruhigen Sie sich, es ist nichts Schlimmes passiert.“ Er reichte mir die Box mit den Taschentüchern und lächelte freundlich. „Glauben Sie mir, es gibt ein Leben dazwischen, abseits der Extreme, die Sie gerade sehen. Und ich möchte Ihnen gern zeigen, wie so ein Leben aussehen kann. Sie sind ein intelligenter junger Mann, und Sie und ich, wir schaffen das schon zusammen, was meinen Sie?“

Ich nickte zitternd, schluchzte noch, versuchte aber, so ruhig zu atmen wie er sagte. Irgendwo wusste ich, dass er Recht hatte, aber es war einfach so furchtbar schwer, das wirklich zu erkennen.
 

„Es ist einfach so … ich brauche ihn, ich brauche Meto ganz nah bei mir … so sehr …! Wenn er nicht bei mir ist, wenn ich allein bin, dann … Ich verliere mich, verstehen Sie?! Diese Leere dann, und die Angst … dass er nicht … zu mir zurück kommt … und …“, schluchzte ich und konnte wieder kaum noch atmen, „… Dieses Loch in mir … da ist so ein tiefes, dunkles Loch … und ich hab keine Wahl, als immer wieder … diesen Wunsch zu haben, mit Meto komplett eins zu werden … weil dieser Wunsch, und dann in seinen Armen zu liegen, mit ihm zu schlafen und zu verschmelzen … das ist das einzige, was dieses Loch in mir geschlossen halten kann …“

„Ich verstehe …“, sagte Dr. Niimura und sah mich an, sehr besorgt, als sei das, was ich da erzählte, der heftigste Wahnsinn, und es tat ihm sichtlich leid, dass ich so litt. „Wissen Sie, Aoba-san, dieses große Leid, dieser Schmerz, den Ihnen dieses Loch bereitet, Sie sind damit nicht allein. Vielleicht hilft es Ihnen ein wenig, wenn Sie das zuordnen können? Wenn Sie wissen, dass genau das, dieses Loch und diese Angst, dass das Borderline ist, dass Sie nicht der Einzige sind, der so fühlt, und dass ich Ihnen dabei helfen kann, damit umzugehen, weil ich mich mit diesem Krankheitsbild gut auskenne?“
 

Ich zuckte nur mit den Schultern, wusste nicht, wie das gehen sollte. Womit sollte es möglich sein, dieses bodenlose Loch in mir zu füllen? Was sollte dafür besser passen als die Verschmelzung mit meinem Liebsten? Der Gedanke, irgendwelchen Abstand zwischen Meto und mir herzustellen, machte mir wahnsinnige Angst.

„Haben Sie ein bisschen Vertrauen, Aoba-san, es gibt immer einen Weg. Und Sie müssen keine Angst haben, ich werde Sie zu nichts zwingen, was Sie nicht wollen.“
 

Der Rest des Gespräches zog irgendwie an mir vorbei, blieb nicht hängen. Als ich wieder draußen vor der Klinik stand, konnte ich mich nur noch an mein Weinen erinnern, an das Sprechen darüber, dass ich mich ohne Meto jedes Mal so unsäglich leer und sinnlos fühlte …
 

„Tsuzuku!“, hörte ich hinter mir meinen Namen, drehte mich um und sah Hitomi auf mich zu kommen. „Hey, sieht man dich hier auch mal wieder?“

Sie blieb stehen, und erst dann schien sie zu sehen, dass es mir nicht gut ging, denn sie fragte: „Alles okay bei dir?“

Ich schüttelte nur den Kopf.

„Magst du mit mir eine rauchen?“

Ich nickte, vielleicht war Rauchen jetzt eine gute Idee. Und so saßen wir dann zusammen in der Raucherecke und Hitomi erzählte ein bisschen, wie es ihr ging und dass sie ja bald entlassen werden würde.

„… bisschen Panik hab ich schon davor, wieder raus zu kommen und so. Ich bin’s nicht mehr gewöhnt, alleine klar zu kommen. Aber ich hab endlich ‘ne Wohnung, und ich kriege eine nette Frau an die Seite, die mich unterstützt. Die Wohnung ist sogar hier in der Gegend. Du wohnst ja auch hier irgendwo in dem Viertel, ne? Dann können wir uns vielleicht mal sehen?“

Ich nickte. „Ja, vielleicht …“
 

„Und dir geht’s heute nicht so gut?“, fragte Hitomi dann und sah mich aufmerksam an.

„Nicht wirklich, nein“, sagte ich. „Ich war eben bei Niimura, das war aber nicht so gut …“

„Hat er dir Druck gemacht oder so?“

„Nein, er ist voll okay, es lag nicht an ihm. Nur … bei Meto und mir gibt’s … na ja, eine Gefahr, sozusagen, und die macht mir ziemliche Angst …“

„Eine Gefahr?“ Hitomi klang besorgt, und ich dachte, sicher wusste sie, wovon ich sprach. „Aber eure Beziehung läuft doch gut, oder?“

„Ich will … immerzu bei ihm sein, ich halt‘s nicht aus, wenn er mal nen Abend nicht da ist. Und als ich mal über Nacht im Krankenhaus war, wegen meinem Herzen, da hatte ich in der Nacht so wahnsinnige Angst, ich dachte, ich sterbe vor Einsamkeit …“

„Oh …“, sagte Hitomi, „… das hört sich echt nicht gut an.“

„Dr. Niimura sagt, das ist genau das … also, Borderline …“ Dieses Mal tat das Wort wieder weh. Vielleicht aber auch nur, weil mir gerade einfach alles wehtat, meine Seele fühlte sich ganz wund an.

Hitomi nickte. „Kann gut sein. Ich kenn das ein bisschen auch, nur ist das bei mir noch wieder anders. Ich hatte das auch mal, aber ich hab den Mann dann verlassen, bin selbst gegangen, weil ich dieses ständige Hin und Her von Abhängigkeit und Wut nicht mehr ausgehalten habe. Aber das war auch nicht so eine Beziehung wie das mit deinem Freund und dir, so etwas extrem Enges, Schönes hatte ich ja nie.“
 

Ich fühlte mich eigenartig, so extrem dünnhäutig, als sei mir diese Schicht knapp über der Haut, der unsichtbare Schutzfilm der Gefühle, abhandengekommen. Hitomis Worte von ihrer eigenen Beziehungserfahrung machten mir Angst, obwohl ich wusste, dass es ihre Erfahrung und nicht meine war, ich fürchtete, komplett wahnsinnig zu werden, Meto weh zu tun, ihn selbst zu verlassen, irgendwann, wenn ich es nicht mehr ertrug, dass er mich allein lassen könnte …

Mein Herz stach, das Atmen fiel mir schwer, und ich drückte meine Zigarette aus, obwohl sie noch nicht aufgeraucht war. In mir war der Impuls, zu gehen, weg von Hitomi, auf einmal machte sie mir Angst. Ich sah mich in ihr, und zugleich war sie anders als ich, und das bekam ich nicht sortiert, sodass ich Angst hatte, so zu werden wie sie.
 

„Tsu, ich will dir keine Angst machen“, sagte sie auf einmal, vermutlich war mein Innenleben wieder viel zu offensichtlich.

In mir spannte sich alles an, mein Herz tat weh und kribbelte eigenartig, meine Hände zitterten, und irgendwo wusste ich, das hier war gar nicht gut …

„Ich geh mal wieder …“, sagte ich und musste auf einmal an Mama denken, an ihr Grab. Hatte plötzlich das starke Gefühl, dorthin zu müssen.

„Bis dann, Tsuzuku … und pass bitte auf dich auf, ja?“, sagte Hitomi, doch ich erwiderte nichts darauf, stand wortlos auf, drehte mich um und ging.
 

Auf dem Weg zum Bahnhof musste ich an Zuhause vorbei, überlegte einen Moment, einfach nach Hause zu gehen, aber der Gedanke, jetzt allein in unserer Wohnung zu sein, machte mir solche Angst, dass ich weiter ging.

In meinem Kopf schwirrte alles, ich bekam teilweise kaum mit, wo ich gerade war, lief einfach per ‚Autopilot‘ in Richtung Bahnhof, ohne recht zu merken, was ich tat.
 

Am Bahnhof angekommen, fuhr der Zug in die andere Stadt, meine Heimatstadt, gerade weg, also musste ich warten, und die Wartezeit machte mir solche Angst, dass ich in den erstbesten Laden am Bahnhof ging, einen Drogerieladen. Ich lief ziellos durch die Gänge, hörte seltsam schwirrende Geräusche, von denen ich mir nicht sicher war, ob sie wirklich da waren, und auf einmal stand ich, ohne recht zu wissen, wie ich da gelandet war, vor dem Regal mit den Rasierutensilien. Die in Folie verpackten Klingen zum Auswechseln schimmerten unwirklich im künstlichen Licht der Ladenbeleuchtung. Ein Blitz in meinem Kopf, dann ein heißkaltes Zittern, mein Herz raste.

Ich sah meiner Hand zu, wie sie in das Regal griff und ein Päckchen Klingen herausnahm. Sie hatten diese typische Form mit der Ausstanzung in der Mitte, und ich wusste, manche Leute trugen Imitationen dieser Klingen als Schmuck. Ich hatte solche Klingen bisher tatsächlich nur zum Rasieren gebraucht, für anderes hatte ich immer mein Messer gehabt. Aber das lag gerade zu Hause, irgendwo, wo Meto es vor mir versteckt hatte. Vielleicht trug er es auch bei sich, ich wusste es nicht.
 

Um meinen Klingenkauf ein klein wenig zu tarnen, nahm ich noch zwei Päckchen Zigaretten und ein Fläschchen dunklen Nagellack mit, die ich auf dem Kassenband dann so hinlegte, dass es ganz belanglos aussah. Und trotzdem fühlte ich mich eigenartig fremd und unsicher, als die Kassiererin die Sachen abrechnete und ich bezahlte.

Ich verließ den Laden, sah auf die Uhr, der Zug würde gleich kommen. Die Klingen und den anderen Kram verstaute ich in meiner Tasche. Als der Zug kam, stieg ich ein, suchte mir eine stille Ecke, machte mir die heftigste, schnellste, geschreilastigste Musik an, die ich auf dem Handy hatte, und dachte an Mamas Grab.
 

Das Wissen, dass ich Klingen bei mir trug, fühlte sich eigenartig an, irgendwie … gut? Es war nicht gut, sagte mein Verstand. Aber es fühlte sich gut an, sagte mein Gefühl.

Ich griff in meine Umhängetasche, tastete ohne hinzusehen darin herum, fühlte das Päckchen mit den Klingen darin unter meinen Fingern und spürte die kleinen Schauer durch meinen Körper rasen.

Ich schloss für einen Moment die Augen, doch dann riss ich sie wieder auf, weil das rasende, pechschwarze Chaos in mir sonst drohte, mich zu verschlingen …
 

Als ich im Bahnhof meiner Heimatstadt aus dem Zug stieg, musste ich die Musik ausmachen, denn ich hatte ein unheimliches, lautes Rauschen im Kopf, das jeden Klang von außen verzerrte und unerträglich machte. Ich schleppte mich wie fremdgesteuert zum Ausgang, von da aus durch die Straßen, in Richtung Altstadt.
 

Und dann stand ich da, an der Pforte zum Friedhof, mit schmerzendem Herzen und einer wie ein Buschfeuer um sich greifenden Dissoziation im Kopf. Ich sah dorthin, wo ich hergekommen sein musste, und konnte mich nicht erinnern, wie ich so schnell hier gelandet war, eben war ich doch noch im Zug gewesen ...! Mein Verstand wusste, vom Bahnhof bis hier her waren es etwa fünfzehn Minuten. Aber ich konnte mich an nichts von diesem Weg erinnern.
 

Ich öffnete die Pforte, sie quietschte leise und ließ mich erschaudern, und ich sah meinen Füßen in den roten Turnschuhen zu, wie sie unter mir den Weg zu Mamas Grab fanden. Meine Hand tastete in meiner Tasche nach dem Päckchen mit den Klingen …

Manche der Gräber sahen unordentlich aus, die Opfergaben lagen auf dem Boden und die eine oder andere Laterne war umgekippt.

Und als ich bei Mamas Grab angekommen war, lag auch bei ihr die kleine steinerne Laterne am Boden. Sofort kniete ich mich hin und stellte sie wieder auf, stellte das weiße Grablicht wieder hinein und suchte in meiner Hosentasche nach meinem Feuerzeug, um es wieder anzuzünden. Meine Hand zitterte und ich brauchte mehrere Versuche, bis das kleine Licht wieder brannte. Dass ich deshalb so lange brauchte, weil ich kaum etwas sah vor lauter Tränen, merkte ich erst einen Moment später.
 

„Mama …“, flüsterte ich weinend und wünschte mir so verzweifelt, wieder diesen leisen Hauch ihrer Präsenz zu spüren. „Mama … bist du da?“

Es dauerte eine Weile, bis ich sie wieder spürte, quälende Sekunden, in denen ich mich entsetzlich allein fühlte. Aber dann war sie da, ihre Hand geisterhaft und warm zugleich auf meiner Schulter.

„Genki“, hörte ich sie meinen Namen sagen. „Ich bin da.“

„Mama, warum bin ich so? Was hat mich so verrückt gemacht, so wahnsinnig und kaputt?!“, brachte ich heraus, sank leicht nach vorn und sah meine Tränen auf den grauen Sand fallen.

„Nichts. Und zugleich sicher vieles“, sagte sie und ich spürte, wie sie sich vor mich hinkniete, mich ansah. „Manches hast du vielleicht auch von mir …“

„Von dir?!“, fragte ich erschrocken.

Sie nickte. „Ich hab dir das nie gezeigt, denn so etwas zeigt eine Mutter ihrem Sohn nicht. Ich hab mir auch wehgetan, früher, als ich so alt war wie du jetzt. Du hast einige der Narben mal gesehen, da warst du noch klein, und ich habe dir gesagt, sie kämen von einer Operation wegen meines Herzens. Ich wollte nie, dass du davon weißt.“
 

Woher wusste ich das jetzt? Ich verstand nicht, wie dieses Wissen auf einmal in meinen Kopf kam. Aber es stimmte, ich hatte als kleiner Junge mal gesehen, wie sie in Unterwäsche aus dem Bad gekommen war und Narben auf der Brust gehabt hatte.

Aber woher konnte ich jetzt wissen, dass es wirklich keine Operationsnarben gewesen waren? Mama war tot, auch wenn ich mir jetzt vorstellte, sie zu hören. Sie konnte mir nichts mehr von sich sagen, und dennoch wusste ich es auf einmal, diese Narben damals kamen von ihr selbst, davon, dass sie sich auch selbst wehgetan hatte.
 

„Aber warum? Warum hast du das gemacht? Und warum hast du mir auch dann nichts davon gesagt, als du ganz sicher gemerkt hast, dass ich mir dasselbe antue?!“, wurde ich laut vor Entsetzen.

„Das tut nichts mehr zur Sache, mein Sohn, warum ich das getan habe. Und ich habe nie mit dir darüber gesprochen, weil ich große Angst hatte.“
 

Mir wurde alles zu viel. Der Schmerz aus dem Gespräch mit Dr. Niimura, die Angst wegen Hitomi, und das Wissen, dass meine Mama ebenso krank gewesen war wie ich, alles kam über mir zusammen und drückte mich so sehr nieder, dass ich Mamas Geist verzweifelt bat: „Darf ich mir wehtun, Mama? Ich halte das sonst nicht aus, mir wird einfach alles so sehr zu viel …!“

„Ich kann dich nicht mehr daran hindern“, hörte ich sie sagen, ganz leise. Und auf einmal schwand ihre Präsenz, so als zöge sie sich in ihr Grab zurück, damit sie mir nicht zusehen musste.
 

Schneller, als mein Verstand hinterherkam, griff ich in meine Tasche, ertastete das kleine Päckchen mit den Klingen und nahm sie heraus. Meine zitternden Finger rissen das Plastik auf, holten vorsichtig die erste, hauchdünne, silbrig glänzende Klinge aus der Verpackung. Ich zog den Ärmel links hoch, ein merkwürdiger Schwindel machte sich in mir breit und die neue und daher blitzscharfe Klinge traf auf meine Haut, erwischte den Heiligenschein der Madonna auf meinem Unterarm, einmal und noch einmal, bis ihr mein Blut über das dämonisierte Gesicht lief.

Es war mehr als nur ein, zwei Blutstropfen wie sonst, und irgendwie stimmte mich das nach einer Weile … zufrieden? Ich sah zu, wie es herausquoll und in vielen kleinen Tropfen meinen Arm hinab lief, und der Schmerz entspannte und löste mich, zugleich fühlte sich der Anblick meines eigenen Blutes angenehm aufregend an.

Irgendwann, als das Blut gerann und antrocknete, stand ich auf und ging einfach, fühlte mich seltsam fremd in mir, und die Entspannung wandelte sich in eine Art von innerer Leere, wie ich sie sehr lange nicht mehr gefühlt hatte.
 

Ich zog den Ärmel meines Shirts runter, als ich den Friedhof verließ, und ging dann wieder in Richtung Bahnhof, um den Zug nach Hause zu nehmen. Ich war ruhig, ganz ruhig, so geradezu unheimlich ruhig … Die Realität schien ein Schleier über meiner Welt zu sein, zog an mir vorbei wie die Stadt vor dem Zugfenster, schnell und langsam und leer. Ich war ruhig, weil ich leer war. In mir war nichts mehr, nicht mal mehr Schmerz.
 

Als der Zug hielt, bemerkte ich erst daran, das ich erwachte, dass ich mich zuvor während der Fahrt in einen eigenartigen Dämmerzustand begeben hatte, einen Zustand, den ich kannte, von der Zeit auf der Straße und auch den Zeiten davor.

Wie automatisch fand ich den Weg durch den Bahnhof, und als ich an der Verbindungsstation ankam, fuhr die Bahn nach Hause gerade ab. Egal, dachte ich leer, ich konnte auch ebenso gut laufen.

Und so ging ich zu Fuß durch die Stadt, irgendwo lang, alles egal, irgendein Weg würde mich schon irgendwie … nach Hause bringen. Mehr als ‚nach Hause‘ dachte ich nicht, und ich wusste auch nicht, ob ich wirklich nach Hause ‚wollte‘.
 

Erst als ich sah, dass Blut über meine Hand lief und zu Boden tropfte, spürte ich meinen Arm wieder, und langsam sickerte durch die betäubende Leere so etwas wie eine Realität dessen, was ich gerade getan hatte und tat. Ich hatte mich verletzt, mein Arm blutete. Doch statt Schrecken oder Schmerz zu fühlen, war da immer noch diese Ruhe in mir, auch als ich den Arm hob, den Ärmel zurück zog und bemerkte, dass der Stoff durch mein gerinnendes Blut an meiner Haut klebte. Ich blieb einfach stehen, schaute kurz auf meinen blutenden Arm, schob den Ärmel wieder darüber und ging weiter. Niemand sah mich an, niemand bemerkte das Blut.
 

Irgendwie fand ich den Weg, irgendwann stand ich in der Straße, die ich kannte, vor dem Haus, in dem die Wohnung war. Und erst, als der Türöffner summte und ich die Tür aufdrückte, fiel mir Meto wieder ein.

Meto …

Ich schien ihn zwischenzeitlich komplett vergessen zu haben … Die Leere hatte alles geschluckt, auch die Gedanken an ihn …

Und sobald ich jetzt an ihn dachte, bekam ich Angst. Mir fiel der Termin bei Dr. Niimura wieder ein, meine ganze Angst, verlassen zu werden, und es nahm mich vollkommen ein, ich war viel zu schwach für jeglichen Widerstand …
 

Ich schleppte mich langsam die Treppen hoch, ließ Nachbars Akko, die mir entgegen kam, wortlos links liegen, konnte sie nicht einmal ansehen. Und auf einmal bekam ich Angst, oben bei der Wohnung anzukommen, hatte Angst, Meto zu sehen …

Wieder tropfte Blut von meiner Hand, als ich nach meinem Schlüssel suchte, schließlich fand ich ihn, schloss auf und dachte nur: „Ich hab wohl ziemlich tief geschnitten.“
 

Meto saß im Wohnzimmer vor dem Fernseher, es lief wieder ein Baseballspiel, das hörte und erkannte ich schon, als ich im Flur meine Schuhe auszog. Und er hatte mich hereinkommen gehört, begrüßte mich, nicht ahnend, was mit mir los war: „Da bist du ja wieder, Tsu!“

Um an Pflaster und Verbände ran zu kommen, musste ich am Wohnzimmer vorbei ins Bad, ich huschte an der offenen Wohnzimmertür vorbei und dachte schon, dass ich es sicher ins Bad geschafft hätte, da sah ich, als ich zurück schaute, dass ich eine schmale Spur aus kleinen, eindeutigen Blutstropfen im Flur hinterlassen hatte.
 

„Tsu?“, fragte Meto laut, als ich nicht antwortete. „Alles okay?“

Ich zog die Badezimmertür hinter mir zu, schloss ab und hörte von drinnen, wie Meto aufstand, und dann seinen erschrockenen Laut, als er das Blut sah. Sekunden später rüttelte er an der verschlossenen Tür.

„Tsuzuku!! Was hast du gemacht?!“

Ich hatte die Box mit dem Verbandszeug schon in der Hand, hatte vorgehabt, die Wunde einfach zu versorgen und dann irgendwie, ich wusste auch nicht, wie genau, weiter zu machen … Aber in diesem Moment, als Meto gegen die Badezimmertür hämmerte, an der Klinke rüttelte und schrie, dass ich aufmachen sollte, zerplatze etwas in mir, zerriss in tausend Fetzen …

„Geritzt hab ich mich!!“, schrie ich gegen die Tür. „Lass mich in Ruhe!!“

„Der ganze Flur ist voll Blut!“, schrie er zurück. „Verdammt, Tsuzuku, jetzt mach diese Tür auf!“

Mach ich nicht!, dachte ich nur. Das Zerplatzte in mir hatte meinem Selbstzerstörungsdrang Tür und Tor geöffnet und ich bekam nur noch am Rande mit, dass ich absolut nichts mehr unter Kontrolle hatte. Alles drehte sich wieder wie wahnsinnig in diesem verfluchten, tiefschwarzen Strudel, der mich zu zerreißen drohte und das auch gleich tun würde, denn ich wusste kaum mehr, was ich sagte und schrie.
 

„Geh weg!! Lass mich in Ruhe!!“, schrie ich wieder.

Zuerst kam keine Antwort, dann Metos Stimme, mühsam beherrscht: „Lass mich … wenigstens sehen, wie tief du geschnitten hast …“

„Nein!!!“ Meine Stimme klang vollkommen haltlos, wie im freien Fall. „Und das kann dir doch sowieso egal sein!“

„Egal?!“, wurde er wieder laut.

„Ja, egal!! Weil du mich nicht liebst, das geht nämlich nicht! Mich kann man nicht lieben! Irgendwann hast du garantiert genug von mir, also kann es dir doch auch jetzt schon egal sein, wie tief ich mich aufschneide!!“ Meine Hand griff nach dem leeren Seifenspender auf dem Waschbeckentisch, und ehe ich überhaupt begriff, was ich da tat, knallte es laut und der Spender zersprang an der Tür in tausend Scherben.
 

Einen Moment lang herrschte eine Totenstille. Ich stellte mir vor, wie Meto auf der anderen Seite der Tür erschrocken zurückwich, vielleicht kaum begriff, was ich getan hatte …

Ich hob eine der Scherben auf, hielt sie einen Moment lang in der Hand, dann fühlte ich sie an meinem Handgelenk, innen, und sah mein Blut …

„Tsuzuku!!! Verdammt, was war das??!“

„Ich mach mich kaputt!“

„Weißt du was, ich breche gleich die Tür auf, wenn du sie nicht von selbst auf machst!“

„Mir egal, dann bring du mich halt um.“ Meine Stimme brach beim letzten Wort. „Bevor ich es selbst tue …“ Das war nur noch ein leeres Flüstern …
 

Aber Meto brach die Tür nicht auf. Er schrie auch nicht weiter auf mich ein. Ich hörte nur seine Schritte, die sich entfernten. Und dann, irgendwann, die Wohnungstür, wie sie ins Schloss fiel.
 

Und ich wusste, er war weg.

Weg.
 

Mit zitternden, krampfenden Händen wischte ich die Scherben auf den Fliesen zusammen, dann drehte ich den Schlüssel um, öffnete die Tür.

„Meto?“ Meine Stimme klang so leise und ich hörte meine eigene Angst. „… Meto?! Wo bist du?!“

Ich sah meine Hände an, das Zusammenschieben der Scherben hatte winzige Schnitte auf meinen Handflächen hinterlassen, aus denen ganz kleine Blutstropfen quollen. Der Schnitt an meinem Handgelenk blutete stärker, aber die auf meinen Armen waren inzwischen getrocknet.

„METO?!“

Ich stand jetzt vor der Schlafzimmertür und sah, der Platz neben Metos Kopfkissen war leer, Ruana war weg. Und an der Garderobe neben mir fehlte seine große Handtasche.
 

Langsam sickerte der Gedanke, dass Meto wirklich gegangen war, in mein Bewusstsein. Er war weg, und er hatte Ruana mitgenommen. Er war nicht nur mal eben rausgegangen, um eine Runde um den Block zu laufen, sondern er war gegangen, … um länger … wegzubleiben …

Ich blickte zu Boden und sah mit einem Gefühl von Fremdheit zu, wie das Blut rot und warm von meiner Hand tropfte.
 

„Hat er mich jetzt … verlassen?“, hörte ich mich selbst leise, tonlos fragen, und beim Wort ‚verlassen‘ fühlte es sich an, als ob jemand mir von hinten ein glühendes Messer ins Herz stieß. Ich keuchte vor Schmerz, sah den Boden näher kommen, sank auf die Knie. Dass ich deshalb so verschwommen sah, weil mir heiße Tränen aus den Augen flossen, und darum so schwer Luft bekam, weil ich schwer schluchzend weinte, erreichte mich kaum.

Ich stand wie automatisch auf, ging zum Badezimmer zurück, wo noch die Scherben lagen, und nahm mir eine, fügte den Schnitten an meinem Arm einfach einen, zwei, drei neue hinzu. Dass ich die Madonna zerstörte und auch den Drachen beschädigte, war mir in diesem Moment so egal. Ich wusste, anders würde ich den wahnsinnigen Schmerz in mir nicht ertragen, diese gewaltige, entsetzlich schmerzende Leere, das Gefühl und Wissen, dass Meto, meine Sonne, mich verlassen hatte.
 

Warum schlug mein Herz eigentlich noch? Musste es jetzt nicht stehen bleiben? Was hatte es noch für einen Sinn, dass es weiter schlug, wenn der Mensch, der der Sinn meines Lebens war, mich soeben verlassen hatte?

Warum dachte ich noch an Leben, wenn mir doch immer klar gewesen war, dass ich ohne ihn nicht weiterleben wollte? Was war da noch in mir, dass ich nicht einfach tief genug schnitt?
 

Ich wusste nicht mehr, wie viel Zeit verging. Irgendwann saß ich nur noch weinend mit dem Rücken an der Wand, mein helles T-Shirt war voller Blut, ebenso meine Jeans, überall mein Blut …

Und auf einmal war jemand bei mir, ich erkannte Koichi. Wie er hereingekommen war, wusste ich nicht, aber er war da.

„Tsuzuku, oh Gott … was ist denn hier passiert, was hast du gemacht?!“ Er kniete über meinen Beinen, rüttelte mich, zwang mich, ihn anzusehen. „Ist das alles dein Blut?! Sag doch was, Tsu!“

Ich hörte nicht, was ich sagte, spürte nur, dass mir irgendwelche Worte über die Lippen kamen.
 

„Wo ist der Verbandskasten, verdammt nochmal!“

„… Badezimmer …“, antwortete ich tonlos.

Koichi sprang auf, ich hörte, wie die Scherben unter seinen Schuhen knirschten, er suchte im Bad nach dem Verbandskasten, fand ihn und war sofort wieder bei mir, kniete sich neben mich.

„Oh Gott, Tsuzuku …“, sagte er wieder, „… so viel Blut …!“

Er griff meinen verletzten Arm und begann, Pflaster und Wundstrips auf die Schnitte zu kleben und meinen Arm dann mit Mullbinden fest einzuwickeln. Auch meine Handflächen wickelte er sorgfältig ein, obwohl die winzigen Kratzer dort kaum noch bluteten.

„Kannst du aufstehen?“, fragte er dann und erhob sich.

Ich wollte tun, was er sagte, doch als ich aufstand, wurde mir furchtbar schwindlig und ich sank wieder zu Boden. Sofort war Koichi neben mir, packte meine Oberarme, zog mich hoch, stützte und hielt mich dabei.
 

„Komm, ich nehm dich mit zu mir. Mikan wartet unten, wir sind mit dem Auto da“, sagte er. „Ich packe dir ein paar Sachen ein und dann kannst du über Nacht bei mir bleiben.“

Er half mir ins Schlafzimmer, wo ich mich auf die Bettkante setzte und zusah, wie er ein paar meiner Klamotten aus dem Schrank nahm, dann ins Bad lief und meine nötigsten Waschsachen einpackte. Alle Sachen kamen in einen Stoffbeutel und dann half er mir, aufzustehen, und wir verließen die Wohnung.

Als die Tür hinter uns zuklappte und Koichi abschloss, wobei ich immer noch keine Ahnung hatte, woher er den Schlüssel hatte, da überkam es mich wieder, ich sank auf der ersten Treppenstufe weinend zusammen …
 

Koichi saß sofort neben mir, umarmte und hielt mich, sagte nichts, streichelte nur einfach meinen Rücken und machte leise „Shhh“, um mich zu beruhigen.

„Woher … wie bist du … überhaupt … hergekommen?“, fragte ich schluchzend.

„Meto stand vorhin bei mir vor der Tür. Er war völlig fertig und sagte, ich solle bitte sofort zu dir fahren, du seist total drüber. Er ist dann mit dem Zug zu seinen Eltern gefahren … Und er hat mir seinen Schlüssel da gelassen, damit ich zu dir rein kann.“

„Zu seinen Eltern …?“, fragte ich.

„Ja, zumindest sagte er das. Er war total … überfordert. Was ist denn bloß passiert zwischen euch?“

„Ich … weiß es nicht mehr …“, antwortete ich leer. Tatsächlich war alles, was passiert war, in meiner Erinnerung jetzt so zersplittert, dass ich nicht mehr zusammen bekam, wie es dazu gekommen war.
 

Koichi stand langsam auf, zog mich mit hoch, und führte mich langsam und vorsichtig die Treppen runter. Draußen stand ein kleines Auto, das ich noch nie gesehen hatte, aber ich sah Mikan am Steuer sitzen und nahm an, dass es ihr Auto war.

Koichi öffnete eine Tür, half mir beim Einsteigen und stieg dann auf der anderen Seite neben mir ein, legte seinen Arm um mich, sodass ich mich einfach an ihn lehnte.
 

Ich fühlte mich vollkommen leer, so als sei alles, was ich wusste und war, mit meinen Tränen weggeflossen. Mein Herz tat weh und meine Haut an Gesicht und Hals spannte vom Salz meiner Tränen …

Und als ich kurz an Meto dachte, tat mir das so weh, so wahnsinnig furchtbar weh, dass ich vor Schmerz kaum atmen konnte und meine Hand auf mein brennendes Herz presste.

Wieder umarmte Koichi mich, während Mikan vorne das Auto durch die Straßen und den anstrengenden Feierabendverkehr lenkte.

„Shhh, Tsuzuku, beruhige dich“, sprach mein bester Freund leise zu mir. „Es wird alles wieder gut …“

„Er ist weg …“, kam es mir stockend vor Weinen über die Lippen. „Meto ist weg, ich hab ihn … verloren, er … hat mich … verlassen …!“

„Er kommt wieder“, sagte Koichi. „Da bin ich mir ganz, ganz sicher.“
 

Ich glaubte ihm nicht, konnte ihm nicht glauben. In mir waren nur noch Schwärze und dieses Gefühl, dass meine Sonne mich verlassen hatte. Mir wurde innerlich furchtbar kalt, so kalt, dass ich zu zittern begann, und als Mikan das Auto vor dem Haus mit Koichis Wohnung darin hielt, musste Koichi mir beim Aussteigen helfen, weil ich einfach keine Kraft mehr im Körper hatte.

Er musste mir auch dabei helfen, die Treppen bis zu seiner Wohnung hoch zu kommen, und dort drinnen angekommen, verfrachtete er mich aufs Sofa, deckte mich mit einer Wolldecke zu und setzte sich neben mich, hielt mich wieder, während ich weiter weinte.

Mikan war nicht mit hoch gekommen, sondern gleich wieder weggefahren, und ich war froh darüber, weil ich ihr gegenüber nicht dieses Vertrauen wie zu Koichi hatte.
 

„Zeig mal deinen Arm her“, sagte er leise. „Ich will nur sehen, ob der Verband hält.“

Ich hielt ihm meinen linken Arm hin, und er sah sich den Verband an. Die kleine Spange, mit der er das Ende befestigt hatte, war ein wenig locker und er machte sie neu fest, dann sah er sich meine Handflächen an, wo die vielen, winzig kleinen Schnitte immer noch gerötet waren.

Er stand auf und sagte, dass er Salbe aus dem Bad holen wollte, und als er dann von dort wieder kam und sich wieder neben mich setzte, meine Hand nahm und die Schnitte eincremte, fühlte ich eine Welle aus Dankbarkeit für ihn.
 

„Versuch mal, ein bisschen zu schlafen“, sagte er dann.

„Ich … ich hab Angst, ich will nicht schlafen …“, widersprach ich.

„Versuch es, okay? Dein Körper ist auch völlig fertig, du zitterst total. Du brauchst Ruhe.“

Koichi griff in meine auf dem Boden stehende Tasche, suchte mein Schlafanzug-Oberteil und eine etwas längere Shorts raus, und legte mir beides hin. „Komm, zieh dich um und dann schläfst du hier, ich hole dir eben den Futon raus.“

Ich nickte und begann langsam, die Schlafsachen anzuziehen, während Koichi den großen Schrank aufmachte und den Futon herausholte. Er rollte ihn aus, ordnete das Bettzeug und machte mir mit einem Kissen vom Sofa und der Wolldecke noch dazu ein weiches Schlaflager.

„Schlaf ein bisschen, Tsuzuku“, sagte Koichi. „Ich bin drüben in meinem Zimmer. Und wenn was ist, kannst du mich gern wecken.“
 

Aber so sehr ich mich dann auch bemühte, einzuschlafen, es ging einfach nicht.

Allein zu liegen, einsam, ohne jemanden, meinen Liebsten, neben mir, ich hielt das kaum aus. Nachts brauchte ich das immer ganz besonders, ich konnte einfach nicht alleine schlafen. Ich brauchte Meto, der schlafend bei mir lag, und dass er jetzt nicht mehr da war … es zerriss mein Herz.

Er hatte mich verlassen …

Sowie ich daran dachte, schoss wiederum ein brennender Schmerz durch meinen Körper, und ich begann zu zittern und wieder zu weinen.

Es tat so unsäglich weh, dass ich einen Moment lang versucht war, alles Gefühl in mir komplett abzuschalten, um überhaupt irgendwie zu überleben. Doch es gelang mir nicht, stattdessen wurde mir kurz schwarz vor Augen und wachte kurz danach davon wieder auf, dass mein Herz sich anfühlte, als ob es immer wieder ein, zwei Schläge aussetzte.
 

Ich wusste nicht, ob es wirklich so war, oder sich nur so anfühlte, und tatsächlich war es mir dann auch egal. Wenn Meto nicht mehr bei mir war, wozu sollte ich dann, wenn mein Herz vor Schmerz und Trauer stehen blieb, noch etwas tun, um mich zu retten? Es fühlte sich doch alles so sinnlos an, warum also um mein Leben kämpfen?

Doch ich starb nicht. Ich blieb am Leben, so wenig Sinn es auch ergab. Lag hier und verzweifelte und schaffte es einfach nicht, zu sterben.
 

Etwas in mir suchte verzweifelt nach einem Ausweg aus dem Schmerz, und einen kurzen Moment lang fühlte ich so etwas wie Wut auf Meto, doch das machte mir sofort wahnsinnige Angst, sodass ich nur noch dachte und fühlte: Lieber bringe ich mich um, als dass ich Meto zu hassen anfange!

Aufstehen und Koichis Wohnung nach Schlafmittel oder einem Messer zu durchsuchen, wagte ich nicht, da ich wusste, wenn er mich dabei erwischte, würde er mich retten wollen.
 

Doch liegen bleiben konnte ich auch nicht. Und so beschloss mein letztes bisschen Lebenswillen, mich zu retten zu versuchen, ich erhob mich und ging zu Koichis Schlafzimmertür, öffnete sie leise und fragte: „Koichi? Schläfst du schon?“

Er antwortete nicht und ich hörte ihn leise und gleichmäßig atmen.

Und trotzdem ging ich hinein. Ich setzte mich einfach auf den Teppichboden vor seinem Bett, schlang meine Arme um meine Knie und blieb dort sitzen.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Das nächste Kapitel ist auch schon lange fertig und kommt dann die Tage on. Ich dachte erst, ich lade alles zusammen hoch, aber mache es jetzt doch anders. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: daietto_usagi
2019-05-21T22:21:50+00:00 22.05.2019 00:21
Uiuiuiuiui das Vorwort klingt aber gar nicht gut.
*die angebotenen Taschentücher lieber gleich annehm*
Muss ich jetzt stark sein?! q.q
*mein Bestes geb*

--------------------------------------------------------------------------------------------

*Ruana-chan auch ganz lieb übers Köpfchen streichel* <3
Argh, aber Meto hatte wohl echt schlecht geschlafen. ó.o
Entweder ein schlechter Traum oder einfach im falschen Moment aufgewacht.
Das hatte ich mal. Ich wurde so schwer wach und ich fühlte mich so fertig, als hätte ich keinen Schlaf gehabt, obwohl er da war. Das ist echt eklig, wenn du irgendwie im tiefsten Schlaf auf einmal wegen irgendwas aufwachst und dann ewig brauchst, um in die Gänge zu kommen und wach zu werden.

Oh oh Tsuzuku... auch wenn es noch nicht ausgebrochen ist, jede einzelne Zigarette mehr in deinem Körper ist ein Stück näher zum Ausbruch. ó.o Muss es denn erst soweit kommen, wenn es deinem Herz eh schon nicht gut geht? q.q Und pamp den armen Meto nicht so an. Dem gehts eh nicht so gut. T.T/

Puuuuhh, Dr. Niimura kann Fragen stellen. @.@ Ob ich da antworten könnte?
„Wissen Sie, wer Sie sind?“ --> Ja leider. Ein pummeliges Etwas, was sich mit dem Helfen anderer Menschen von sich selbst ablenkt, um nicht durchzudrehen, wenn man wieder merkt, das man nicht so ist, wie man gern wäre... naja... rein optisch gesehen zumindest. >.>

"Wissen Sie denn, wie Sie sind?“ --> Mhh...lieb....nett...hilfsbereit...ein guter Zuhörer O.o... damals mehr schüchtern als heute, aber in manchen Situation immernoch... aber leider fress ich Sorgen und negative Gedanken lieber in mich rein, als andere Menschen damit zu belasten. ó.o

Aber Tsu beschreibt sich selbst da recht gut. Keine 3 Tage ohne Sex. XD Joa, kann ich mir gut vorstellen. Und er steht auf Schmerzen, jaaa auch das ist wahr. Mal sind es gute Schmerzen... mal nicht so gut. ^^°
Nawww und wie er betont, das er nur noch Augen und Gefühle für Meto's Körper hat. <3 So will ich das hören.
... ó.o mhh... ich kann Tsu gut verstehen, das er so große Angst hat, das Meto ihn irgendwann allein lässt. Tsu liebt Meto so unglaublich doll, fast schon zu sehr, das dadurch die Angst natürlich umso größer ist, verlassen zu werden. Aber ich glaub wenn ich jemand auf einmal hätte, der mein Leben so komplett ins Positive umkrempelt und mein Herz plötzlich so viel Liebe und Nähe und Bestätigung erhält... klar, das man die Person dann nie wieder missen will und dann natürlich die Angst von jeden weiteren glücklichen Tag, den man verbringt, größer wird. ó.o

...neeeeiiin, hier werden keine Klingen gekauft! Aus. Böser Tsuzuku, leg die hin.... ich red gegen eine Wand. =.= .... oder vielmehr... einen Monitor. -.-

T_T Die Friedhofszene ist gemein.
In meinem Kopf lief der Text wie ein dramatisches Animeszenario ab. Der Geist von seiner Mutter, der erscheint und mit ihm spricht. Dann doch wieder verschwindet, als Tsu es nicht mehr aushält und die Mutter sich auflöst, weil sie ihren Sohn sowieso nicht davon abhalten kann. Dieses Gefühl danach der vollkommenden Leere kenn ich sogar. Das war mal nach einem heftigen Streit mit jemand, wo auch Tränen flossen und alles. Danach war man innerlich so leer. Ich hab dann einfach ausdruckslos irgendwelche Sachen aufgeräumt und so und an nichts mehr gedacht. Lief auch alles automatisch irgendwie. Ein ganz komisches Gefühl diese Leere und zugleich Ruhe. Ich bin gespannt was jetzt passiert, wenn Tsu Zuhause auf Meto stößt. ó.o

...wow...*durchatme*
Ich weiß grad gar nicht was ich schreiben soll. Vor allen wie.
Ich hab gleich den ganzen Rest durchgelesen. Man hat richtig mitgefiebert und alles lief in bewegten Bildern in meinem Kopf mit. Jeder Satz, jede Tat. Ab den Seifenspender, der an der Tür zersplitterte und der für Meto einfach zu viel wurde war ich selbst wie in einem Tunnel und wollte einfach nur weiter lesen. Der Seifenspender zerbrach, wie sicher auch Meto's Kraft im selben Moment. Meto wusste sicher nicht mehr was er noch tun sollte. Verständlich. Irgendwann hat man selbst einfach keine Kraft mehr und das menschen-natürlichste was am Ende bleibt ist entweder Angriff.... doch das passt zu Meto nicht.... daher bleibt die Flucht. Meto musste gehen, denn er wusste nicht mehr wie er diesmal noch helfen hätte können, da Tsuzuku am Ausbrechen war... Ich wäre bei der Situation wahrscheinlich auch spätestens beim zerbrechenden Seifenspender an der Tür in Tränen ausgebrochen vor Traurigkeit und Hilflosigkeit, das ich nichts für ihn tun kann und zugleich Wut, das Tsu so redet und die Tür nicht öffnet und hätte mich weinend an die Tür gekauert. Worte wie "Hör auf.... bitte Tsu.....hör auf...!" , wären sicher wimmernd meine treuen Begleiter in meinem Kopf gewesen. Wenn ich jetzt daran denke, erinnert mich das ein wenig an den Moment damals, wo ich einer Freundin die Klinge aus der Hand reißen musste... sie von etwas sehr sehr dummen abhalten musste, was jetzt so unwirklich scheint, das es wirklich mal so war und man sowas schon erleben musste. Gott sei Dank ging alles gut, aber grad jetzt denkt man da natürlich zurück.

Boahr und der Moment, wo Tsu dann aus dem Badezimmer raus geht und sieht das Meto weg ist.
Das muss ihm sämtliche Luft zum Atmen entzogen und das Herz mit tausend Seilen zusammengeschnürt haben. Das muss ein grauenvolles Gefühl sein, wenn genau das, wovor man Angst hat, auf einmal Realität zu werden scheint....

Als Koichi dann plötzlich erschien, war ich innerlich richtig erleichtert. Ich muss zugeben, ich ertappte mich richtig wie ich mir innerlich sagte: "Gott sei Dank Koichi!" Zur einen Seite war ich froh, das er da war und Tsuzuku helfen konnte, zur anderen Seite tat mir Koichi so Leid, das er seinen besten Freund so sehen muss und ihm so die Angst eingeflößt wird. Kann man fast nur froh sein, das Tsu dann schon wie im Nebel mit seinem Bewusstsein war und alles mit sich machen ließ und nicht auch noch Koichi aggressiv gegenüber trat, sondern alle Energie und Lebenskraft schon erschöpft waren und alles über sich ergehen und sich mit zu Koichi nach Hause nehmen ließ.

Auch wenn Koichi sich super um Tsu gekümmert hat, EINES muss ich ihn anmahnen.. XD
.... warum legt er sich nicht gleich zu Tsu, um ihn nicht allein zu lassen!? Also ich hätt mich gleich mit zu Tsu daneben oder so gesetzt/gelegt. Ich hätte ihn gar nicht erst allein in dem Raum lassen können. Das hätt ich mit mir selbst nicht vereinbaren können. Aber gut, Koichi dachte halt sicher das Tsu so mehr Ruhe finden kann und schneller einschläft oder so. Umso schöner, das Tsu von sich aus sich an Koichi's Bett gesetzt hat, um jemand vertrautes in seiner Nähe zu haben. T_T Auch wenn das Bild echt traurig ist, wie ein zerstörter Tsu vor Koichi's Bett sitzt. q.q

Ja also wow... das war... ein sehr heftiges Kapitel was Gefühlschaos, Angst und dunkle Gedanken angeht.
Aber es war wie immer mega gut geschrieben. In meinem Kopf lief alles wie ein Film ab. (Ich wünschte das gäbe es als Film, der würde mehrere Oscars von mir persönlich kriegen.) Einfach Wahnsinn. Auch Hut ab, wie du das so schreiben konntest. Das war für dich sicher auch sehr schwer alles so in Worte zu packen. Meinen Respekt. Fühl dich ganz fest vor Stolz und einfach so mit Liebe gefüllt umarmt. \TuT/ Ich hab dich lieb. Und sorry, das es diesmal echt ne Weile wieder gedauert hat mit dem Lesen bei mir. Aber ich will dafür echt einfach immer bereit sein und mich komplett drauf konzentrieren. Grad diesmal war es umso wichtiger, nicht halbmüde oder abgelenkt das Kapitel zu lesen.

Ein großartiges Kapitel, Harulein.
Ganz liebe und jetzt auch echt erschöpfte und müde Grüße
vom usagi~ \=u=/ Ich setz mich in Gedanken jetzt auch vor Koichi's Bett, direkt neben Tsu und leg meinen Arm um ihn rum, das sich sein Körper warm und behütet fühlen kann. ♥
Antwort von: Harulein
22.05.2019 14:31
Was hab ich auf diesen Kommi gewartet! XD War echt total gespannt, was du zu diesem Kapitel sagst ...
Es war echt happig beim Schreiben, ich war so mehr oder weniger zwischen "Mein armes, süßes Tsu-Bebi T-T" und "Ich schreib so was irgendwie ... gerne?"

Ja, irgendwie war da bei den beiden schon morgens der Wurm drin. Meto hat sich ja am Abend zuvor in den Schlaf geheult, aber das hat Tsu nicht mitbekommen, entsprechend versteht er nicht so recht, was auf einmal los ist ...

Gute Fragen stellen ist ja Niimuras Job. Und bei Tsuzuku hat er wieder voll ins Schwarze getroffen. Ich hab mit diesen beiden Fragen "Wer bin ich?" und "Wie bin ich?" ja auch so meine Schwierigkeiten ... Im Moment gehts etwas besser, aber oft genug fühle ich mich einfach wie ein leeres, dunkles Loch, wo nicht zu sehen ist, wer und wie ich eigentlich bin und sein kann und so ...

Ja, ist so, je mehr man jemanden liebt und dabei zugleich dieses bodenlose Loch in sich fühlt, umso größer wird dann auch die Angst, verlassen zu werden. Tsu hat ja hier seine ganze Identität auf die Beziehung zu Meto aufgebaut, und ohne Meto fühlt er sich sofort sinnlos und leer.

Bei der Friedhof-Szene hab ich mich beim Schreiben tatsächlich gefragt, ob das so realistisch ist, wegen Misayos Geist und wie Tsuzuku das wahrnimmt und so. Hat ja schon son bisschen was "Fantastisches" irgendwo. Ich hab da aber viel gesucht und gelesen von BPSlern, die tatsächlich solche pararealen Erlebnisse haben, so was scheints zu geben.

Die heftige Szene mit dem Blut und dem Badezimmer und dem Seifenspender hatte ich schon länger vorgeschrieben, bevor ich dieses Kapitel angefangen hatte. Sie ist ja echt ziemlich krass ausgefallen, und das danach erst ... Hatte auch bisschen schlechtes Gewissen deshalb, aber ich musste das einfach so schreiben ...

Ja, für Koichi wars ein Riesenschreck. Stellt man sich mal vor, man weiß, der beste Freund ist völlig durch und drüber, man fährt zu ihm hin und malt sich den Horror aus, und dann ist es einfach echt so schlimm. Alles voll Blut und mitten drin ein verletzter, verheulter, völlig kaputter Tsuzuku ...

Dazu, dass Koichi dann schlafen gegangen ist, muss ich jetzt was zu seiner Verteidigung sagen: Da hat Fräulein Autorin Haru sich ein bisschen sehr eingemischt, da kann Ko nichts dafür ^^° Im nächsten Kapitel folgt eine "kleine" Szene, für die das irgendwie sein musste, dass Tsu erst alleine ist und sich dann erst zu Koichi ins Schlafzimmer wagt. Musst du bald dann auch mal weiter lesen ...

Wenn diese FF ein Film wäre, dann wär das einer der wenigen Filme, wo ich wirklich hardcore heulen und zugleich schmachten würde beim Zusehen. Das ist ja auch so ungefähr mein Konzept in diesem Werk: Tränen und viel Gefühle und Zucker und Lust ...

Bis zum nächsten Kapitel!
*sich neben usagi setz und Tsu auch unterstütz*

*chu*
das Haru


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