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Yasashikunai Mirai

Tsuzuku x Meto
von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Und schon ist Act 22 auch fertig ^^
In der Nummerierung der Kapitel als "Act" ist das die Nr. 22, auch wenn es Kapitel 23 ist, weil das Special dazwischen ist. Und es ist ein Tsuzuku-Kapitel. Komplett anzeigen

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[Tsuzuku] Act 22

[1 1/2 Wochen nach der besonderen Liebesnacht]
 

Manchmal kam es vor, dass ich morgens aufwachte und bestimmte Dinge, die ich mir schon lange vorgenommen hatte, auf einmal ganz nah waren, so dass ich wusste: ‚Heute mach ich das.‘

So war es an diesem Morgen mit meinem Plan für das neue Tattoo an meinem Hals.
 

Ich wachte auf, sah Meto neben mir liegen, er schlief noch und ich betrachtete einen Moment lang die noch ungefärbten, schwarzweißen Linien auf seinem Arm, verspürte eine leichte, angenehme Aufregung und hob dann meinen eigenen Arm, den linken, wo ja bis auf meine Hand keine freie Haut mehr zu sehen war.

Im Gegensatz zu Meto, der ja bunte Tattoos liebte, hatte ich schon von meinem ersten Tattoo an dieses dunkle Blau vorgezogen, weil mit bunte Farben einfach nicht so standen. Lediglich bei dem Schmetterling auf meinem Rücken hatte ich mir ein wenig Farbe erlaubt. Das neue Tattoo, die Schere, sollte nur dunkel werden, fast schwarz.
 

Und dann war der Gedanke einfach da: „Heute ist der Tag dafür.“ Ich sprach es aus, leise zwar, aber es war nicht nur ein Gedanke, es war ein Plan für den heutigen Tag. Das Geld war mir egal, wenn nötig, würde ich mir von Kurata den entsprechenden Betrag vorstrecken lassen und später abbezahlen. Ich wollte dieses Tattoo, und zwar heute! Ich wusste, nach den vielen Abstürzen in den letzten Wochen und auch insgesamt, wurde es wieder Zeit für so etwas, und augenblicklich freute ich mich darauf.
 

Langsam stand ich auf und ging erst mal ins Bad, um mich zu duschen und fertig zu machen. Das nahm etwa zwanzig Minuten in Anspruch, mehr nicht, da ich heute keine Lust hatte, mich großartig zu schminken oder sonst wie hübsch zu machen.

Als ich ins Schlafzimmer zurückkam, war Meto auch schon wach und wünschte mir einen guten Morgen. Ich gab ihm einen schnellen, süßen Kuss, und wandte mich dann dem Kleiderschrank zu, zog eine meiner engen Jeans an und das blau-weiß gemusterte Hemd, das ich letztens mit Koichi zusammen gekauft hatte.
 

„Ich will mir heute das Tattoo stechen lassen“, sagte ich, einfach so, wie ich halt war.

„Das, was du schon selbst gezeichnet hast?“

Ich nickte. „Ich freu mich da schon drauf. Ich hab einfach das Gefühl, dass das heute sein muss.“

„Dann mach das“, sagte Meto und lächelte. „Ich kann mir vorstellen, dass dir das gut tut.“

Das dachte ich auch. Nur, dass mir schon der Gedanke an den Schmerz und die Veränderung ein vorfreudiges Kribbeln durch den Körper schickte, sagte ich nicht. Sonst hätte Meto sich doch wieder Sorgen um mich gemacht. Dass mir so ein Schmerz gut tat und auf mich entspannend wirkte, war für ihn und fast jeden anderen so schwer zu verstehen und das wusste ich. Die einzige Person, die ich da kannte und wo ich glaubte, dass sie das nachvollziehen konnte, war nun mal Hitomi.
 

Ich war so gut drauf, dass ich sogar frühstückte, bevor ich eine Zigarette rauchte und mich dann auf den Weg ins Studio machte. Fühlte mich gut und entspannt, die Aufregung war durchweg eine positive, die mich regelrecht euphorisch stimmte.

Ich überlegte schon, von welchem meiner Kollegen ich das Tattoo stechen lassen wollte, und kam recht schnell auf Takashima, da ich bei ihm auch das Gefühl hatte, dass wir uns ein wenig angefreundet hatten. Und als ich dann nach der Bahnfahrt und dem Fußweg schließlich das Studio betrat, war ich so entspannt und aufgeregt zugleich, dass ich es kaum erwarten konnte.
 

„Morgen, Genki“, begrüßte Takashima mich lächelnd. „Na, du strahlst ja! Geht’s dir gut heute?“

Ich stellte meine Tasche an meinen Platz am Tisch und suchte aus meiner Mappe mit den Entwürfen das Blatt mit meinem eigenen Entwurf heraus, legte es meinem Kollegen einfach vor die Nase auf seinen Tisch und sagte: „Das Ding ist heute fällig. Traust du dir das zu?“

„Ah“, sagte er und sah sich das Bild von der Schere an. „Das soll dein Neues werden? Und ich soll’s machen?“

„Genau“, erwiderte ich. „Und? Machst du’s?“

„Wo willst du das denn haben?“

Ich deutete auf die noch freie Seite an meinem Hals.

„Okay, ja, ich denke, das kriege ich hin“, sagte er. „Musst das halt noch mit Kurata absprechen, aber ich denke mal, der hat nichts dagegen.“
 

„Wo hab ich nichts dagegen?“, hörte ich Kurata hinter mir fragen. „Was habt ihr beiden vor?“

„Aoba will heute selber ein neues Tattoo“, informierte ihn Takashima, bevor ich überhaupt irgendwas sagen konnte.

Ich drehte mich zu Kurata um, der grinste mich an. „Na dann, macht ihr beiden mal. Und die Finanzierung ist kein Problem, Aoba. Schließlich arbeitest du hier, und machst das gut. Da ist auch mal ein Tattoo für dich selbst mit drin.“

So einfach war das? Kurata verwirrte mich mal wieder. Ich war fest davon ausgegangen, dass ich mindestens einen Anteil würde bezahlen müssen. Aber vielleicht war das ein Vorteil daran, dass er sich ab und zu in zwielichtigeren Kreisen aufhielt: Er nahm Dinge wie Geld oder Ordnung nicht so ernst, sah das viel lockerer als es für einen Japaner sonst üblich war.
 

Ich ging also mit Takashima zusammen in den Raum hinter dem Vorhang, setzte mich auf die Liege und zog mein Hemd aus. Er nahm ein paar Haarklammern aus einer Schachtel und steckte meine Haare so zurück, dass er an meinen Hals gut rankam, dann legte ich mich hin und wartete, bis er sich einen guten Überblick über das Motiv verschafft hatte.

„Erst mal nur die Outlines, okay? Und dann schauen wir danach, was ich heute noch weiter hinkriege?“, fragte er.

Ich nickte, mein Herz klopfte vorfreudig.

Zuerst reinigte und desinfizierte Takashima die Stelle, dann füllte er die Tinte in die Nadelmaschine und bereitete das Gerät so weit vor, dass er gleich mit dem Stechen würde beginnen können.

„Soll ich lieber vorne anfangen oder hinten?“, fragte er.

„Ist mir egal. Mach so, wie du am besten kannst.“
 

Takashima setzte sich auf einen Hocker mit Rollen und bewegte sich auf diesem um die Liege herum, zog die Nadelmaschine mit. Und als er dann so vor mir saß, fühlte ich mich einen Moment lang irgendwie ganz seltsam, wie zurückversetzt in die Zeit vor Mamas Tod, als ich zuletzt ein neues Tattoo bekommen hatte, und gleichzeitig so gut und vorfreudig, dass mein Herz mir vor Glück fast aus meiner Brust springen wollte.
 

„Betäubung willst du keine, oder?“, fragte Takashima, während er mit einem schwarzen Stift mein Motiv auf meiner Haut vorzeichnete.

„Nein“, sagte ich.

„Magst du den Schmerz?“

Ich nickte.

„Klingt vielleicht blöd, aber das hab ich mir schon gedacht.“

„Bleibt aber unter uns, okay?“

„Logisch.“ Er lächelte. „Übrigens, wo wir schon mal dabei sind: Nenn mich gerne Koji.“

Es passte irgendwie zu der Situation und auch zu dem, was mich inzwischen mit ihm verband, dass er mir jetzt noch mal in aller Form das Beim-Vornamen-nennen anbot, deshalb antwortete ich: „Dann nenn du mich Tsuzuku. Ist mir lieber als ‚Genki‘.“

„Okay. Hatte ich auch schon von deinem Freund gehört, der nennt dich ja auch so.“
 

Als er mit der Vorzeichnung fertig war, hielt er mir einen Spiegel hin. „Richtig so?“

Ich betrachtete die noch provisorischen Linien auf meiner Haut, Taka… ähm, Koji zeichnete wirklich gut, und ich wusste, dass er mit der Nadel ebenso geschickt umging.

„Ja, sieht gut aus.“

Koji stellte die Nadelmaschine an, fragte noch mal kurz „Bereit, Tsuzuku?“ und dann setzte er die surrende Nadel an meine Haut und begann mit seiner Arbeit.
 

Ich schloss die Augen, spürte den Schmerz, hörte das Surren der Nadel und fühlte, wie mein Körper ganz warm wurde. Mein Herz klopfte wie wild und ich fühlte mich so gut, vollkommen entspannt und gleichzeitig glücklich und aufgeregt.

Und je länger der Schmerz andauerte, umso tiefer versank ich in diesem Glücksgefühl, das mich nach fast drei Jahren Entzug augenblicklich wieder süchtig machte. Ich hatte mich, ohne es recht zu merken, sehr danach gesehnt, nach dem süßen Schmerz und diesem Gefühl, das ich noch nie wirklich hatte benennen können, sich aber so unglaublich gut anfühlte.
 

Doch in diesem Moment, als ich mich sehnsüchtig tiefer in diese Empfindungen versenkte, während Koji mein selbst entworfenes Bild für immer in meine Haut zeichnete, da wusste ich es auf einmal: Es war einzig dieser Schmerz, der mich spüren und wissen ließ, wer ich war. Nichts anderes, nur vielleicht noch der Sex mit Meto, ließ mich mein Ich spüren, meine Identität, mein Selbst.

Wenn ich mich jetzt vor meinem inneren Auge selbst ansah, dann war da jemand, ich konnte mich erkennen, während ich, wenn ich lange Zeit ohne diesen guten Schmerz (oder meinen Liebsten) war, das Gefühl für mich selbst weitgehend verlor.
 

Aber jetzt war es da, ich spürte mich so deutlich, fühlte mich so gut und sicher. So tief versank ich in meinem Innenleben, in schönem Schmerz und Glücksgefühl, dass ich richtig erschrak, als Koji mich irgendwann leise ansprach: „Du wirkst richtig glücklich. Fühlt sich das so gut an?“

Ich hatte keine Ahnung, wie ich gerade aussah, aber so gut, wie ich mich fühlte, war es wohl nicht verwunderlich, dass ich lächelte.

„Ich mag das“, sagte ich leise und öffnete die Augen. „Es entspannt mich, und ich spüre mich selbst.“

„Merkt man dir auch an.“ Koji hatte die Nadel kurz von mir weggenommen und füllte jetzt neue Tinte nach. „Du wirkst gerade richtig entspannt und … irgendwie selbstsicher ...“

Ich lächelte. „Mach weiter.“
 

Und sogleich begann es wieder, das süße, mich so entspannende Brennen auf meiner Haut, das Surren der Nadel, mein Selbstgefühl. Es tat so unglaublich gut, dass ich mich fragte, warum ich so etwas nicht schon viel früher wieder gemacht hatte, und viel zu früh war es vorbei.

Koji stellte die Nadel aus und sagte: „So, die Outlines sind drauf. Machen wir morgen weiter?“

Am liebsten wollte ich, dass er jetzt nicht schon aufhörte. Mein Sehnen nach diesem Tattoo-Gefühl aus Schmerz, Sicherheit und Selbstgefühl war gerade erst wieder erwacht und wollte nicht schon wieder schlafen geschickt werden. Der kurze Schmerz zuletzt, das Desinfizieren, war mir zu wenig.

Koji bemerkte mein Zögern und sagte: „Hey, dann hast du morgen noch mal was davon. Ist doch besser, als wenn’s heute schon fertig wird, oder?“

Da hatte er allerdings Recht. Ich würde mehr davon haben, wenn ich es in Etappen aufteilte.
 

Koji holte die Schutzfolie und klebte sie mit ein paar Pflastern auf meine Haut, ich zog mein Hemd wieder an und nahm die Haarklammern raus. Die Stelle, wo ich, als ich dann in den Spiegel schaute, die noch nicht schattierten Linien der Schere auf meiner jetzt geröteten Haut sah, tat noch weh, verlief sie doch auf einer empfindlichen Hautzone, und als ich vorsichtig mit der Hand über die Folie und die Haut darunter strich, kribbelte es. Es war ein schönes, sicheres Gefühl.
 

„Gefällt’s dir?“

Ich nickte. „Ist gut geworden.“

„Arbeitest du jetzt noch oder gehst du?“, fragte Koji.

„Ich zeichne noch bisschen was, heute Nachmittag bin ich dann eh weg, hab nen Termin.“

„Wo denn?“

„Psychiater“, antwortete ich knapp, stand auf und ging zu meinem Arbeitsplatz am Zeichentisch, holte die Mappe mit den Entwürfen raus und sah nach, wo ich weiter arbeiten musste.
 

Bis zum Mittag zeichnete ich an verschiedenen Entwürfen, und kurz vor der Pause drückte Kurata mir noch eine Kundin auf, die nach einem Motiv suchte und ein Beratungsgespräch wollte.

Es war eine blonde, junge Ausländerin, die jedoch ziemlich fließendes Japanisch sprach und sich für ein Geisha-Motiv interessierte, das sie auf dem Oberarm haben wollte. Sie hatte keine präzisere Vorstellung und so zeigte ich ihr einfach eine unserer Motivmappen, die mit den Geisha-Motiven.

„Das hier ist schön“, sagte sie schließlich und zeigte auf einen bunten Entwurf in einem recht aufwändigen Shojo-Manga-Stil, sehr süß, sehr farbig und mit sehr feiner Linienführung. „Würden Sie mir das machen?“
 

Ich sah mir das Bild einen Moment lang an, versuchte schon mal, mir vorzustellen, wie ich an ein so aufwändiges, feines Motiv rangehen würde, und entschied, dass es für mich als gerade erst wieder eingestiegenen Tätowierer zu schwierig war, ich war noch nicht wieder gut genug.

„Ehrlich gesagt … ist so was Feines, Süßes nicht wirklich meine Art. Ich bin gerade erst wieder in die Arbeit eingestiegen nach zwei Jahren Unterbrechung, wissen Sie, deshalb traue ich mir noch nicht alles wieder zu“, erwiderte ich, drehte mich dann mit dem Bild in der Hand zu Kojis Platz hinter mir um und sprach ihn an: „Sag mal, kannst du so ein Motiv wie das hier …“, ich legte ihm das Bild auf seinen Tisch hin, „… solche Teile, kannst du die gut stechen?“

Koji grinste. „Traust dir das nicht zu?“

„Nein, ich glaube, das würde nicht gut werden, da sind zu viele verschiedene Farben drin und der Stil ist so fein und filigran …“ Ich wandte mich wieder an Kundin und sagte: „Mein Kollege kriegt das sicher schöner hin, der macht so was seit Jahren.“
 

Sie sah ein bisschen enttäuscht aus, vielleicht gefiel ich ihr irgendwie und sie hätte sich gewünscht, dass ich sie tätowierte. Aber dann ging sie doch zu Koji hinüber und er übernahm sie, sodass ich mich wieder der finsteren, dämonisch wirkenden Zeichnung widmete, an der ich zuvor gearbeitet hatte. Ab und zu sah ich dabei in den Spiegel und betrachtete mein eigenes, nagelneues Tattoo, das sich schon jetzt, wo es noch nicht mal fertig war, als echter Teil meines Körpers in mein Bild im Spiegel integrierte. Ich fühlte mich komplett wohl damit und freute mich schon auf die nächste Session, wenn es dann ganz fertig wurde.
 

Nach der Mittagspause, die ich mit einer Zigarette (der vierten an diesem Tag) im Hinterhof des Studios verbrachte, machte ich für heute Feierabend, meldete mich ab und machte mich auf den Weg zur psychiatrischen Klinik.

Auf dem Weg rauchte ich noch eine Zigarette, weil ich ziemlich aufgeregt war, und als ich den Kippenrest vor der Klinik in der Raucherecke wegwerfen wollte, saß dort Hitomi. Sie sah müde aus, gefühlsmüde, und als ich sie fragte, ob ich mich kurz setzen durfte, sah sie nur auf und nickte.
 

„Hey“, sagte ich nur.

„Hey, Tsu …“ Sie nahm einen Zug von ihrer Zigarette.

„Geht’s dir okay?“, fragte ich vorsichtig.

„Passt“, antwortete sie. „Es killt mich, ich bin völlig fertig, aber ich mag mich nicht verletzen oder so, darf ich ja auch nicht … Warum bist du hier?“

„Ich hab gleich nen Termin. Bei Dr. Niimura, kennst du den?“

„Nur vom Sehen. Ist der gut?“, fragte Hitomi.

„Ich glaube schon. War aber erst einmal bei ihm.“

„Na dann, viel Glück, dass er echt gut ist“, sagte sie und lächelte sogar ein wenig.

Ich stand auf, verabschiedete mich wieder und ging zum Klinikeingang.

Hitomi hatte so müde und kaputt ausgesehen, dass ich mir doch ein wenig Sorgen um sie machte, und hoffte, dass sie sich bald wieder besser fühlte. Tun konnte ich jetzt wenig, ich hatte nur noch fünf Minuten, bis mein eigener Termin losgehen sollte.
 

Ich musste tatsächlich nur ein paar Minuten warten, dann kam Dr. Niimura aus seinem Büro und begrüßte mich.

„Aoba-san, guten Tag.“ Er lächelte, dann bemerkte er mein neues Tattoo mit der Folie darüber. „Ah, Sie haben ein neues Tattoo?“

Ich lächelte, irgendwie freute es mich sehr, dass er es überhaupt bemerkte und ansprach. „Ja, heute gestochen“, antwortete ich.

Wir gingen in sein Büro, er bot mir denselben Platz an wie beim ersten Gespräch, und als ich saß, sagte Dr. Niimura: „Ich muss Sie das fragen: Wie fühlen Sie sich, wenn Sie sich ein Tattoo stechen lassen? Ich meine, tut es weh und wie ist das für Sie?“

Ich konnte mir ja gut denken, warum er das fragte, und dachte an Maya, das Mädchen, das mich für meine Tattoos beneidet hatte, weil sie selbst als Borderline-Kranke in Therapie keines haben durfte.
 

„Es fühlt sich gut an, richtig gut“, antwortete ich. „Mich selbst zu fühlen und den Schmerz zu spüren … Aber es ist ja was Gutes, ich mag mich so, mit dem ganzen Zeug, was ich schon hab machen lassen. Ich finde mich schön so.“

„Würden Sie sagen, es ist Selbstverletzung? Oder sind Tattoos für Sie eher ein Skill, also etwas, das Ihnen hilft, sich nicht zu verletzen, oder Ihnen sonst irgendwie gut tut?“

Ich musste tatsächlich nicht lange überlegen, um zu wissen, dass es ziemlich eindeutig das Zweite war, ein ‚Skill‘, wie der Arzt und die Bücher es nannten. Das Gefühl, wie gut mir das Stechen heute getan hatte, war mir noch so präsent, dass ich mir ganz sicher war.
 

„Es tut mir sehr gut. Ich weiß, es hört sich komisch an, dass etwas Schmerzhaftes wirklich gut sein kann, aber ich fühle mich richtig gut gerade, weil ich das heute habe machen lassen, verstehen Sie? Wissen Sie, wenn ich mich schneide oder erbreche, das ist Selbstverletzung, das sehe ich selbst. Aber Tattoos tun mir einfach gut.“

„Das glaube ich Ihnen, Aoba-san. Sie können sich sicher denken, dass ich bei jemandem wie Ihnen so fragen muss, ich bin als Psychiater dazu verpflichtet, nachzuhaken, ob solche Dinge für Sie Skill oder Selbstverletzung sind. Ich hatte auch schon Patienten, bei denen der Schmerz beim Tätowieren zu sehr der Selbstverletzung ähnelte und denen ich daher untersagt habe, sich weitere Tattoos stechen zu lassen. Aber bei Ihnen sehe ich da kaum Gefahr, Sie wirken tatsächlich so, als ob es Ihnen wirklich hilft. Sollte sich das ändern, sprechen Sie mit mir bitte darüber, ja?“

Ich nickte, hoffte ja selber, dass ich diesen Unterschied zwischen dem Schmerz beim Tätowieren oder beim Sex einerseits, und dem Schmerz von Selbstverletzung andererseits, weiterhin so hinbekam und das voneinander trennen konnte.
 

„Ist es in Ordnung, dass wir uns heute schon mal ein wenig Ihre Geschichte anschauen?“, fragte Dr. Niimura dann. „Einfach, damit ich Sie und ihr Leben anfange kennen zu lernen und zu verstehen?“

„Ich weiß nicht …“, antwortete ich, der Gedanke an meine Vergangenheit machte mir Angst, ich wusste nicht, was in mir passieren würde, wenn ich darüber sprach.

„Wie wäre es, wenn ich Ihnen einfach Fragen stelle und Sie antworten so weit, wie Sie können?“

Ich nickte, aber meine Hände zitterten leicht.

Die Fragen, die er mir dann stellte, waren zuerst noch harmlos: Dinge wie zum Beispiel meine Schulzeit als Kind und Jugendlicher, meine Noten, ob und wie viele Freunde ich gehabt hatte, welche Musik ich gehört und welche Filme ich gemocht hatte.

Aber dann fragte er auch andere Dinge, der Übergang von einfachen Themen zu den schweren, schmerzhaften Sachen war ganz fließend und doch landete das Gespräch dann sehr bald bei meinen Beziehungen zu Mädchen und meinem verantwortungslosen Verhalten in diesen Beziehungen.

Ich spürte, dass sich alles in mir dagegen wehrte, darüber jetzt schon zu sprechen, und Dr. Niimura merkte mir das an, fragte dann andere Dinge, wollte wissen, wann ich mit der Körperkunst angefangen hatte und wie das damals für mich gewesen war.
 

„Angefangen hab ich gleich mit achtzehn“, begann ich dieses für mich so viel einfacher zu erzählende Thema. „Ich fand so was schon immer cool und wollte auch in der Richtung arbeiten, also hab ich gleichzeitig die ersten Sachen machen lassen und die Ausbildung in ‘nem kleinen Studio angefangen. Ging alles ziemlich schnell, ich war so begeistert davon, dass ich gleich mehrere Sachen kurz nacheinander hab machen lassen. Ich hab mir sogar neben der Ausbildung kleine Jobs dazu ran geholt, hab in ‘ner Szenekneipe gejobbt und Zeitschriften verteilt und was es alles gab, damit ich das alles bezahlen konnte. Irgendwie war das fast wie ne kleine Sucht, ich wollte immer mehr, also bin ich noch weiter gegangen, war in Tokyo in so ‘ner komischen privaten Schönheitsklinik und hab meine Zunge machen lassen. Die Mädchen fanden das sogar auch toll, ich war meistens mit welchen zusammen, die auf so was standen.“
 

Während ich erzählte und mich erinnerte, wie gedankenlos ich damals gewesen war, kamen auch andere, verdrängte, dunklere Erinnerungen dazu: Ich hatte mich damals schon manchmal absichtlich selbst verletzt. Hatte mir heimlich, still und ohne darüber irgendwie nachzudenken immer wieder blutige Schnitte zugefügt, meistens an meinen Beinen, wo es eh niemand sah, weil ich die damals schon nicht gern gezeigt und meist lange Hosen getragen hatte.

Irgendwann, als ich etwa zwanzig war, kam dann das Erbrechen dazu, ebenso gedankenlos und ohne dass ich den Grund dafür selbst wirklich gesehen hatte. Ich hatte mich nicht mal zu dick gefunden oder so, nur einfach entdeckt, dass ich mir auf diese Weise wehtun konnte, ohne dass Schnitte und Narben zurückblieben.

Jetzt wunderte es mich doch, dass damals niemand diese Dinge bemerkt und mich darauf angesprochen hatte, nicht mal meine Freundinnen, und auch nicht Mama. Ich wusste nicht, ob gerade Mama es bemerkt und geschwiegen hatte, oder ob es ihr entgangen war, vielleicht hatte sie auch davon gewusst, aber da sie und ich wegen ihrer Herzkrankheit so vorsichtig gewesen waren und nur selten gestritten hatten, konnte ich mir gut vorstellen, dass sie nicht gewagt hatte, mich darauf anzusprechen.
 

Dr. Niimura hakte kaum nach, als ich das erzählte, er ließ mich erst mal einfach reden und hörte nur zu. Wenn ich zwischendrin weinen musste, hielt er mir die Box mit den Taschentüchern hin, die ganz selbstverständlich auf dem Tisch stand.

Langsam begann ich, diesem Arzt zu vertrauen, zu glauben, dass er mir helfen konnte und wollte, und dass ich für ihn nicht nur eine Akte, sondern ein Mensch war. Er hatte in gewisser Weise wirklich etwas Väterliches an sich, wobei ich ihn da mehr mit Vätern aus Filmen oder Büchern verglich, da mir der Begriff eines guten Vaters in meinem eigenen Leben so fremd war. Meiner war nur noch ein gesichtsloser Schatten in meiner Erinnerung, ich hätte ihn vermutlich nicht mal erkannt, wenn er vor mir gestanden hätte.
 

Und als hätte dieser Arzt meine Gedanken gelesen, fragte er bald darauf: „Sie sind allein von Ihrer Mutter erzogen worden, nicht wahr? Haben Sie ihren Vater kennen gelernt?“

„Wenig. Er hat ja immer gearbeitet, als ich klein war, er war fast nie da. Und als Mama sich von ihm getrennt hat, war ich acht und ja immer in der Schule. Mama und ich sind ausgezogen, er hat sich nie wieder bei uns gemeldet, war einfach weg und fertig, ich hab ihn nicht mal besonders vermisst.“

„Und Ihre Mutter hat Sie ganz allein großgezogen?“

Ich nickte. „Mama war nicht gut mit ihrer eigenen Familie. Ich hatte nie Großeltern oder so ...“ Ich wusste erst nicht, warum, aber auf einmal machte mich diese Erinnerung an Mama und daran, wie sie und ich zusammen gelebt hatten, ganz entsetzlich traurig.
 

Es war nicht nur, dass ich an sie dachte und um sie trauerte, sondern auch das plötzliche Bewusstsein, wie schrecklich einsam sie gewesen sein musste. Sie hatte mir manchmal Sachen erzählt von ihrer Familie, aber immer nur ganz vage, sodass ich keine wirkliche Ahnung hatte, woher sie eigentlich selbst gekommen war.

Mit einem Mal wurde mir klar, dass Mama nicht nur unter ihrem schwachen Herzen und mir als ihrem temperamentvollen Sohn gelitten hatte, sondern ganz sicher auch unter ihrem eigenen Seelenschmerz, ihrer Einsamkeit, die sie mir jedoch niemals wirklich mitgeteilt hatte. Ich wusste nicht, warum sie nie was gesagt hatte, und das machte mich noch viel trauriger, denn nun war sie fort, tot, und ich konnte sie nicht mehr fragen.
 

Dass ich mir wieder heftig mit den Fingernägeln über die Arme kratzte und vor Weinen kaum noch atmen konnte, bemerkte ich erst so richtig, als Dr. Niimura mich mit ruhiger, aber starker Stimme ansprach, über den Tisch griff und meinen Arm berührte.

„Aoba-san, atmen Sie, ein und aus, beruhigen Sie sich.“

„Meine Mama hat … mir nie … was gesagt … ich hab’s nicht gewusst … wie allein sie war … und ich hab … nicht … drüber nachgedacht …“, brachte ich schluchzend heraus und wurde der Gefühle in mir nicht Herr, sodass ich, als der Arzt seine Hand von meinem Arm nahm, wieder begann, mich wie verrückt zu kratzen. „Ich war so ein Idiot, so ein entsetzlicher, unsensibler, gemeiner Idiot!“
 

Dr. Niimura sah mich nachdenklich an, als ich kurz aufblickte, doch irgendwie … sah ich ihn nicht richtig. Nicht nur, dass ich durch meine Tränen alles nur verschwommen sah, sondern auch, dass ich seine Sorge um mich und sein Wohlwollen für mich als seinen Patienten kaum spürte.

„Hören Sie, Aoba-san“, begann er nach einer Weile, „Sie können Ihre Vergangenheit nicht mehr ändern. Ich sehe, wie furchtbar schmerzlich das alles für Sie ist, Sie sind in Ihrem Schmerz sehr ausdrucksstark und das ist auch in Ordnung. Aber sehen Sie auch das an, was jetzt da ist in Ihrem Leben: Sie haben einen wunderbaren, liebevollen Partner an Ihrer Seite, der Sie ganz bestimmt um nichts in der Welt wieder hergeben würde. Und Sie sind gut zu ihm, so gut wie Sie können, Sie machen nicht mehr dieselben Fehler wie früher.“

Ich versuchte alles in mir, damit diese Worte mich erreichten, doch es dauerte einige Minuten, bis ich mich wieder halbwegs gefangen hatte und auch wieder klarer sah.
 

„Ich möchte Sie in diesem Zustand ungern gleich so nach Hause schicken“, sagte er. „Ist Ihr Partner jetzt da, oder werden Sie zu Hause allein sein?“

Ich sah kurz auf die Uhr, die an der Wand hing. Es war noch früh, erst halb vier, und Metos Schicht ging bis sechs.

„Er arbeitet noch“, antwortete ich.

Dr. Niimura schien einen Moment lang nachzudenken, dann fragte er: „Gibt es hier in der Stadt jemanden, zu dem Sie gehen können, bis Ihr Freund seinen Feierabend hat? Ich möchte, dass Sie etwas Schönes tun, lenken Sie sich ab. Auch wenn Ihr Kopf jetzt in Schwärze und Traurigkeit versinken will, lassen Sie das nicht zu!“

Mir fiel so direkt niemand ein, zu dem ich jetzt gehen konnte. Koichi arbeitete ja ebenfalls, und Hitomi ging es ja nicht gut. Aber dann fiel mir Haruna ein, und die anderen Leute im Park. Noch vor ein paar Wochen hatte ich nicht mehr vorgehabt, den Akutagawa-Park wieder zu betreten, doch jetzt fühlte ich mich danach.

„Ich kann in meine Heimatstadt rüber fahren, da hab ich noch Freunde“, sagte ich.

„Tun Sie das. Gehen Sie unter Menschen, die Sie mögen.“ Dr. Niimura lächelte.
 

Der Rest des Gespräches war wieder harmloser, der Arzt fragte mich nur noch ein wenig danach, wer Haruna und Hanako waren und wie ich mich mit ihnen verstand und so weiter.

Als ich ging und die Klinik mit einem neuen Termin in der Tasche wieder verließ, fühlte ich mich eigenartig, meine Augen waren trocken nach den vielen Tränen und mein Herz stach ein wenig. Ich setzte mich kurz in die Raucherecke und rauchte eine Zigarette, was mich schon ein bisschen wieder auf die Beine brachte.

Danach lief ich in Richtung Bahnhof, um den Zug rüber in die andere Stadt zu nehmen. Während ich auf den Zug wartete, sah ich mich in der spiegelnden Glasscheibe des Wartebereichs und war doch ein wenig erschrocken, wie müde ich aussah.

Der Tag heute hatte so wunderbar begonnen, doch es kam mir so vor, als sei das Stechen meines neuen Tattoos schon Tage her, einzig mein Verstand und die Folie auf meiner Haut sagten mir, dass es noch keine zwölf Stunden alt war.

Ich holte mein Handy aus der Tasche, steckte mir die Ohrhörer in die Ohren und machte mir Musik an, irgendwas mit viel Schreien und harten Riffs, um die Leere, die sich nach dem Weinen jetzt in mir ausbreitete, zu ersticken.
 

Im Zug, der wenig später eintraf, suchte ich mir darin einen einsamen Sitzplatz, ich wollte keine fremden Menschen sehen, brauchte Ruhe. Es machte mich traurig, dass das Hochgefühl, welches ich heute beim Stechen empfunden hatte, jetzt wieder so verschwunden war, und in meinem Herzen brannte noch die schmerzliche Erinnerung an Mama.

Die Dunkelheit lockte mich, flüsterte nach mir, verführte mich dazu, dass ich mir schmerzhaft in den Arm kniff, und meine Tränen liefen einfach, stumm und unaufhaltsam, während die harte, melancholische Musik, die ich immer noch laufen hatte, anstelle meiner selbst meine Gefühle herausschrie.

Als ich dann den Bahnhof meiner Heimatstadt betrat, musste ich an den Friedhof denken, an Mamas Grab, doch im letzten Moment kamen mir Dr. Niimuras Worte in den Sinn, dass ich mich ablenken und auf keinen Fall in die Schwärze versenken sollte.

Und so schlug ich nicht den Weg in die Altstadt ein, sondern ging in Richtung Fluss, immer weiter, bis zu der Fußgängerbrücke am Park, die eineinhalb Jahre lang mein Zuhause gewesen war.
 

Es war alles wie immer, nichts hatte sich verändert. Haruna saß mit Hanako an der Feuerstelle, die zu dieser Tageszeit noch kalt war, überall erkannte ich vertraute Gesichter, der Kern der kleinen Punkgemeinde war vollständig anwesend. Ich ging zur Feuerstelle, fühlte mich auf einmal wieder heimisch, nahm mir ein Bier und setzte mich zu den Mädchen.

„Hey, Tsuzuku“, begrüßte Haruna mich und schien sich sehr zu freuen, mich zu sehen. „Bist du doch mal wieder hier?“ Sie reichte mir einen Flaschenöffner und ich machte mein Bier auf.

„Ja … Meto ist noch auf Arbeit, ich war beim Psychiater, war ziemlich hart und da meinte der, ich soll jetzt nicht alleine sein. Also dachte ich, ich komm mal zu euch.“

Hanako, die mir meinen Wutausbruch im Baumarkt vor Wochen hoffentlich verziehen hatte, lächelte und sagte: „Find ich aber gut, dass du zum Arzt gegangen bist.“

Ich verschwieg, dass sich Dr. Niimura mir im Krankenhaus förmlich angeboten hatte und dass das auf dem Mist einer überengagierten Notärztin gewachsen war, weil ich selber nicht den Mut gehabt hatte, mir selbstständig Hilfe zu suchen.
 

Stattdessen ließ ich den Ex-Obdachlosen raushängen, genoss mein Bier und zog Haruna und Hanako mit ihrem Turteltäubchen-Verhalten auf.

„Als ob du in dem Punkt mit Meto auch nur ein klein wenig anders wärst …“, konterte Haruna. „Du knutschst ihn doch auch jedes Mal fast zu Boden.“

„Ihr wisst doch, wie ich das meine …“, sagte ich.

„Ja, wissen wir. Du bist ein immer noch rettungslos in einen anderen Mann verschossener Gockel, der gerne andere Leute mit deren Sexleben aufzieht.“ Haruna lachte. Ich mochte die Art, wie sie meinem Humor gewachsen war, mir lachend Konter gab und mit meinen Merkwürdigkeiten so locker umging. Sie wusste, wann ich Spaß machte und wo es ernst wurde, und daran hielt sie sich.
 

Ich blieb bis halb sechs im Park, war noch dabei, wie das Feuer angemacht wurde und einige Leute anfingen, rohe Teigstücke darin zu Stockbrot zu backen. Doch ich hatte wieder mal überhaupt keinen Hunger und so ging ich, erwischte auch noch den Zug nach Hause.

Die Rückfahrt in meine neue Heimat fühlte sich besser an, mir ging es wieder gut und ich war gespannt darauf, wie Meto mein neues Tattoo finden würde, auch wenn es ja noch nicht fertig war. Auf dem Weg vom Bahnhof nach Hause rauchte ich trotzdem ganze zwei Zigaretten, aber mehr aus Langeweile und Sucht, als weil ich angespannt gewesen wäre.
 

Als ich die Treppen rauf lief, spürte ich richtig, wie meine Stimmung plötzlich fast schon euphorisch wurde, nur weil ich nach diesem mir unglaublich lang erscheinenden Tag gleich meinen Liebsten wieder sehen würde, und als ich die Wohnungstür aufschloss, kam mir der verführerische Geruch von Nudeln und Currysauce entgegen.

„Ich bin wieder da“, sagte ich und zog Schuhe und Jacke aus.

Meto kam aus der Küche, er trug seine blaue Küchenschürze und hatte den Kochlöffel in der Hand, was irgendwie unheimlich süß aussah.

„Willkommen zurück, Baby.“ Er umarmte und küsste mich, dann fragte er: „Hast du Hunger?“

Ich lächelte. „Wenn du kochst, immer.“

Und ich hatte jetzt wirklich Hunger, hatte ich doch wieder einmal seit dem Frühstück nichts mehr gegessen. Das machte sich auch Sekunden später bemerkbar, als mein Magen, vom Geruch des Essens aufgeweckt, zu knurren begann.
 

„Ist fast fertig, setz dich schon mal hin“, sagte Meto und wandte sich wieder dem Herd zu.

Er hatte den Tisch gedeckt, sogar eine Kerze angemacht, und ich setzte mich auf meinen Platz, wartete mit weiter zunehmendem Hunger auf das Essen.

Kurz darauf nahm Meto den Topf vom Herd, stellte ihn auf den Tisch und das Sieb mit den Nudeln dazu, und ich stürzte mich geradezu darauf, nahm mir ausgiebig von beidem und begann zu essen wie einer, der gerade irgendwoher kam, wo es lange nichts zu essen gegeben hatte.

Und wie immer, wenn ich so zu schlingen anfing, unterbrach Meto mich, hielt meine Hand fest, sah mich ernst an und sagte: „Iss nicht zu schnell, sonst wird dir wieder schlecht. Du hast wieder den ganzen Tag über nichts gehabt, oder?“

Ich schüttelte den Kopf, versuchte aber, jetzt etwas langsamer zu essen.
 

„Wie war das Stechen?“, fragte mein Liebster und ich spürte seinen Blick auf dem neuen Tattoo.

„Richtig gut. Ich hab‘s von Koji machen lassen, also Takashima, und morgen oder die Tage macht er den Rest fertig, das wird dann noch mal gut, glaube ich.“

„Und wie geht’s mit der Bezahlung?“

„Kurata hat ernsthaft gesagt, das geht so. Keine Ahnung, der ist eh ein bisschen seltsam.“

„Ansonsten zahl ich das, das weißt du, oder?“

„Will ich aber nicht. Das ist mein Tattoo, das zahl ich, wenn schon, selber.“
 

Nach dem Essen setzten wir uns zusammen ganz altes-Ehepaar-like vor den Fernseher, ich zog die Knie hoch und kuschelte mich an Metos Seite, er legte seinen Arm um meine Schultern und wir sahen irgendeinen Film an, der aber schon ungefähr mittendrin war.

„Tsu?“, fragte Meto irgendwann, als der Film fast durch war, „Du warst doch heute auch wieder bei Dr. Niimura, oder?“

Ich war schon halb eingeschlafen, so satt zu sein vom Essen machte mich müde, und ich musste mich erst wieder ein bisschen erinnern. „Ja, war ich.“

„Und, war ok?“

Ich nickte. „Na ja, ich hab mir ziemlich die Augen ausgeheult … Aber danach war ich bei Haruna und Hanako und so, da ging‘s mir dann wieder gut.“

„Du warst wieder im Park?“ Meto sah mich an und schien sich darüber zu freuen, dass ich dort gewesen war.

„Ja … Dr. Niimura hat drauf bestanden, dass ich zu Leuten hingehe, wenn du noch auf Arbeit bist. Er wollte es nicht verantworten, mich so, wie ich da drauf war, alleine zu Hause zu wissen.“

„Guter Arzt“, sagte Meto und lächelte.
 

Der Film lief weiter, war aber dann bald zu Ende und als der Abspann über den Bildschirm lief, fragte ich meinen Liebsten: „Und dein Tag, wie war der?“

„Ganz in Ordnung. Es gab viel zu tun, aber ist ja immer so. Der Laden ist ziemlich beliebt.“

„Dafür, dass ihr nur Omelett und Kuchen verkauft, ja“, sagte ich und grinste. „Diese Mädchen sind schon komisch, oder? Da trägst du als Mann ein niedliches Kleid, gibst zu, dass du auf Männer stehst, und schon lieben sie dich irgendwie …“

„Mhm … bisschen seltsam ist das schon“, sagte Meto nachdenklich. „Letztens, als du mich auf Arbeit besucht hast, da war es fast ein bisschen unheimlich, wie diese Mädchen dann ankamen und Fragen gestellt haben …“ Er schwieg einen Moment und fügte dann lächelnd hinzu: „Aber es ist immerhin besser, als wenn sie einen ablehnen, nur weil man halt einen anderen Mann liebt.“

„Ich fänd‘s schön, wenn es einfach mal normal wäre, so fast egal, weißt du?“, sagte ich. „Wenn es niemanden interessieren würde, ob jemand nun Männer oder Frauen mag, sondern die sich einfach nur freuen, dass man überhaupt eine schöne Beziehung hat und glücklich ist.“

Meto umarmte mich ein wenig fester, küsste mich und lehnte seinen Kopf an meine Schulter.

„Ja, das wäre sowieso das Schönste“, sprach er.
 

Meto stellte den Fernseher aus, stand auf und hielt mir seine Hand hin, die ich ergriff, mich von ihm hochziehen ließ und ihm dann ins Schlafzimmer folgte.

Er sah mich liebevoll an, dann schien ihm etwas einzufallen: „Setz dich hin und zieh dein Hemd und die Jeans aus. Die Shorts lässt du aber an.“

„Warum?“, fragte ich, tat aber, was er sagte, legte Hemd und Hose ab, behielt die Unterhose an und setzte mich auf die Bettkante.

„Ich hab was Schönes für dich.“ Er lächelte, ließ meine Hand los und ging zurück auf den Flur, wo ich ihn in seiner Umhängetasche herumkramen hörte. Kurz darauf kam er mit einer hübschen Flasche aus mattem Glas zurück, wie man sie bei den kosmetischen Ölen in der Drogerie kaufen kann. Wieder lächelte er mich an, drückte mir die rund geformte, mit blauen Satinbändern geschmückte Flasche, deren Inhalt blassgelb durchschimmerte, in die Hand und verschwand im Bad, kam mit meinem Duschhandtuch zurück und breitete es auf unserem Bett aus.
 

„Leg dich darauf, auf den Bauch.“

„Sagst du mir mal, was du vorhast?“

Meto kam auf mich zu, streckte die Hand aus und fuhr mit den Fingerspitzen ganz sanft über meine Brust, dann sagte er: „Verwöhnen ohne Sex, mein Schatz. Du kriegst jetzt ‘ne schöne Massage.“

Ich lächelte, griff seine Hand, zog ihn zu mir und küsste ihn. Dann legte ich mich bäuchlings auf das Handtuch auf dem Bett, bettete meinen Kopf auf meine Arme und spürte gleich darauf, wie Meto zu mir kam und sich einfach rittlings auf meinen Hintern setzte, fühlte seine Hände sogleich auf meinem Rücken, wie sie sanft und fest zugleich über meine Haut strichen.
 

Ein kühler Tropfen von dem Massageöl, noch einer und noch einer, und Metos lieben, sanften Hände, die das süß nach Honig duftende Öl auf meiner Haut verrieben und wärmten. Ich seufzte wohlig, schloss die Augen und genoss, während mein Liebster sich langsam von unten nach weiter oben vorarbeitete, mich abwechselnd zärtlich streichelte und fest massierte.

Und nach und nach fiel die Anspannung des Tages ein wenig von mir ab, ich wurde innerlich ruhig und äußerlich sorgten Metos Hände überraschend gekonnt dafür, dass meine Muskeln etwas lockerer wurden und sich mein Körper und meine Seele langsam entspannten. Er hatte keine besondere Technik oder dergleichen, sondern berührte mich einfach nur, variierte nur den Druck seiner Hände und massierte das duftende Öl zärtlich in meine Haut.
 

„Du bist schon ziemlich verspannt“, sagte er leise, als seine Hände in meinem Nacken ankamen und dabei vorsichtig um die Schutzfolie des Tattoos herumstrichen. „Hier oben ist alles richtig hart.“

„Heute Morgen beim Stechen war ich da ganz locker.“

„So was geht auch schnell. Kann sein, dass das heute Morgen ganz entspannt war und jetzt wieder fest ist.“ Meto drückte vorsichtig, aber mit sanftem Druck mit dem Handballen auf eine Stelle hinter meiner Schulter und ich keuchte überrascht, es tat weh, ich spürte richtig, wie angespannt und verkrampft ich an dieser Stelle war.

„An der Stelle spannst du immer sehr an, wenn du weinst“, sagte er leise. „Ich spür das schon immer, wenn ich dich dann umarme.“

Er streichelte mit den Fingern darüber, ich seufzte leise, und er hörte ganz einfach nicht auf, mich zu berühren. Mit derselben unnachgiebig liebenden Art, mit der er auch meiner Traurigkeit und Wut und meinem Selbsthass begegnete, massierte er die verspannte Stelle, so lange, bis ich dort endlich wieder locker wurde.
 

Eigenartigerweise wurde ich, trotz der zärtlichen Berührungen, in diesem Moment kaum geil, mein Glied regte sich nicht, ich fühlte nur ein leichtes Herzklopfen und eine süße Wärme in mir. Ich genoss die Massage sehr, fühlte mich geliebt und sicher, aber mir war nicht nach Sex zumute, ich hatte schlicht keine Lust, wollte mich auch mal ohne so etwas entspannt und glücklich fühlen.

Und so blieb ich ruhig liegen, während Meto sich die Taschentücher nahm und meinen Rücken wieder von dem Öl reinigte. Danach legte er sich neben mich, halb über mich gebeugt, und bedachte meinen Nacken mit vielen kleinen Küsschen, während seine Hand entlang meiner Wirbelsäule auf und ab strich, sodass ich leicht erschauerte und leise seufzte.
 

Schließlich stand Meto auf, zog sich bis auf die Unterwäsche aus, nahm Ruana in die Hand und ich wandte mich ihm ganz zu. Er legte sich zu mir und ich nahm ihn und Ruana in meine Arme, drückte meine beiden Liebsten an mich und küsste erst meinen Bald-Ehemann, dann unser Teddy-Baby, hatte wieder dieses schöne Familiengefühl in mir.

„Ich liebe dich, Tsuzuku“, flüsterte Meto in mein Ohr und ließ Ruana mir ein Küsschen geben. „Du bist das Beste, was mir je passiert ist.“ Er schmiegte sich in meine Umarmung, lächelte, und in diesem Moment wusste ich ganz klar, er war wegen mir so glücklich, weil er mich liebte.

„Ich lieb dich auch.“

Ich lag immer noch auf dem Handtuch, das Meto für die Massage auf dem Bett ausgebreitet hatte, aber das störte weder mich, noch ihn, wir ließen es einfach so, und bald schon war ich fest eingeschlafen.
 

Als ich aufwachte, lag ich allein. Es war schon hell, und ich hörte Meto in der Küche reden, er telefonierte mit jemandem, sprach gerade von „… ich muss schauen, wie früh ich heute Nachmittag von der Arbeit weg kann, dann kann ich da sein …“ und ich brauchte einen Moment, bis ich soweit wach und klar war, dass ich erkannte, dass er mit seiner Mutter telefonierte.

„Was ist los?“, rief ich, ohne aufzustehen, quer durch die Wohnung.

Meto kam ins Schlafzimmer, hatte das Handy noch am Ohr. „Mama, sag mal, Tsuzuku kann auch mitkommen, oder?“

Minami antwortete irgendwas, was ich nicht hören konnte, und Meto lächelte. „Okay, Mam, dann sind wir heute Abend da. Ich freu mich.“

„Wo?“, fragte ich dazwischen, weil ich immer noch keine Ahnung hatte, worum es genau ging.

Meto verabschiedete sich noch von seiner Mama, dann legte er auf und kam zu mir ans Bett.

„Was ist heute Abend?“, fragte ich.

„Meine Großeltern aus Kyushu sind gerade zu Besuch bei meinen Eltern im Haus. Und heute Abend ist ‘ne kleine Feier mit noch ein paar anderen Verwandten, die würden mich auch gerne mal wieder sehen“, antwortete Meto. „Ich hab Mama gefragt, du kannst auch dabei sein.“
 

Zuerst freute ich mich. Dass Minami mich sozusagen auch mit eingeladen hatte, so als festen Freund ihres Sohnes und Fast-Familienmitglied, zuerst fühlte sich das gut an.

Doch als ich dann unter der Dusche stand und ins Denken kam, während Meto in der Küche unser Frühstück aufdeckte, kamen mir andere Gedanken:

Passte ich denn auf so eine Feier? Metos Eltern waren so reich, gehörten als Anwälte zu den einflussreicheren Personen ihrer Stadt, und ich kannte ja das Haus, in dem Meto aufgewachsen war, diese riesige, feine Villa. Ich wusste auch, dass seine Großeltern ebenso wohlhabend waren, genau wie der Rest der Familie, und konnte mir vorstellen, wie so eine Feier aussehen würde. In Gedanken sah ich Tische mit edlen Speisen im Garten der Villa stehen, teuren Sekt und Champagner, Menschen in eleganten, unglaublich teuren Kleidern, die Gespräche über Geld und Luxus führten.

Eine Welt, in der ich mich als Sohn einer armen, herzkranken Frau, die Zeit ihres Lebens als einfache Angestellte gearbeitet und mich größtenteils allein großgezogen hatte, ganz sicher fehl am Platze und verloren fühlen würde.

Ich sah mich in Gedanken dort zwischen den reichen, eleganten Menschen stehen, sah, wie ich mit den Tränen kämpfte, mich einsam und ausgeschlossen fühlte, und wusste, ich würde mich komplett blamieren und Meto gleich mit, wenn herauskam, dass er sich mit mir einen armen, psychisch instabilen, sogar ehemals obdachlosen Versager geangelt hatte, der so gar nicht zu seiner edlen Familie passte.
 

Als Meto ins Bad kam, fand er mich in der Dusche auf dem Boden sitzend, ich weinte, zitterte am ganzen Körper. Er riss die Kabinentür auf, packte meine Hand und zog mich hoch, scannte mich von oben bis unten ab, und erst dann wurde mir klar, dass er dachte, ich hätte mich verletzt. Doch der rote Fleck auf dem Boden der Duschkabine war nicht mein Blut, es war nur das mit rotem Farbstoff eingefärbte, neue Duschgel, das mir zuvor versehentlich daneben getropft war.

Meto riss ein Handtuch aus dem Regal, legte es um meinen Körper, umarmte und hielt mich, während ich weiter weinte, jetzt allerdings weniger wegen meinen Minderwertigkeitskomplexen, als vielmehr wegen dem Schreck, den ich meinem Liebsten unabsichtlich eingejagt hatte.

„Tsuzuku … Mensch, mach mir nicht solche Angst …“, sagte Meto leise.

„War doch nur das Duschgel …“

„Ich dachte, das wär dein Blut! Ich dachte, du hast dir was getan …“ Er ging mit mir die zwei Schritte zur Toilette, wo ich mich auf den Deckel setzte, dann ließ er mich los, nahm die Flasche mit dem roten Duschgel aus der Kabine, legte sie ins Waschbecken. „Das kommt weg, noch so nen Schreck vertrage ich nicht.“
 

Meto gab mir ein Handtuch für meine nassen Haare, dann fragte er: „Was ist denn gerade passiert? Hat dir irgendwas wehgetan in dir drin?“

„Ich …“, begann ich, zitterte noch, „Ich weiß nicht … ob ich da heute Abend mitkommen will …“

„Wieso denn? Hast du Angst?“ Er hockte sich vor mich hin, sah mich an.

Ich nickte.

„Wovor denn? Du kennst meine Eltern, du kennst das Haus … Es wird keine große Party oder so, nur eine kleine Familienfeier mit meinen Großeltern und den Geschwistern von meiner Mam. Vielleicht sind noch meine Cousinen dabei, vielleicht aber auch nicht.“

Ich traute mich nicht, ihm zu sagen, dass ich mich seiner Familie und ihrem Reichtum gegenüber minderwertig und unwohl fühlte, denn ich befürchtete, ihn damit zu verletzen. Und so zuckte ich nur mit den Schultern und sagte: „… Ich mag einfach nicht …“

Meto sah mich einen Moment lang nachdenklich an, dann sagte er: „Ist ja erst heute Abend. Wir schauen einfach, wie es dir den Tag über geht und dann entscheiden wir das heute Nachmittag so, wie es dann ist, okay?“

Ich nickte nur.
 

Beim Frühstück verloren wir beide kaum ein Wort mehr zu dem Thema, ich aß auch wieder nicht wirklich etwas, stand nur fertig angezogen am offenen Küchenfenster und rauchte, während Meto normal aß und wir nur ein wenig über seine und meine Arbeit sprachen.

Wir gingen wie immer zusammen los, trennten uns erst an der Bahnstation, wo er zum Café fuhr und ich zum Studio. Und die ganze Zeit über fühlte ich mich seltsam stumpf und leer, so als wollte etwas in mir nichts fühlen, weil ihm alles zu viel wurde.
 

Mein Vormittag verlief unbedeutend und gleichgültig. Koji fragte mich zwar, ob ich mit ihm an meinem Tattoo weiter machen wollte, doch das verneinte ich, mir war nicht danach. Ich wollte heute nur funktionieren, arbeiten, nur Dinge tun, die so wenig Folgen wie möglich hatten. Und so verbrachte ich den Tag mit Zeichnen und Probestechen, später, nach der Mittagspause, setzte mir Kurata noch einen großen Sortierkasten voller verschiedener Piercing-Teile vor die Nase und ich tat bis zum Feierabend nichts anderes, als die kleinen Teile zu zählen und einzutragen. Und obwohl diese einfache, monotone Arbeit genau das zu sein schien, was ich gerade brauchte, stieg in mir die Anspannung, sodass ich, als ich den Kasten zurück stellte und dabei mein Blick auf die Kiste mit den Cutting-Klingen fiel, diese unheilvolle Anziehung zu diesen Klingen verspürte.
 

‚Nein!‘, sagte ich mir in Gedanken, „Nein, nein, nein!‘

‚Komm, Tsuzuku, ein kleiner Schnitt, ein paar Blutstropfen, mehr brauchst du doch gar nicht … Du willst den Schmerz, du magst ihn, es wird sich gut anfühlen …‘, flüsterte es in mir.

Meine Hände zitterten und fast wäre mir der schwere Kasten mit den tausenden kleinen Teilen runter gefallen, ich hielt ihn nur geradeso fest.

„Nein!“, flüsterte ich, „Nein, ich will das nicht. Meto wird wieder Angst um mich haben und das will ich nicht, er hat sich schon heute Morgen so erschrocken …“
 

„Gen… Tsuzuku?“, hörte ich in dem Moment Kojis Stimme hinter mir. „Alles okay?“

Ich schaffte es nicht rechtzeitig, meine Fassade aufzusetzen, sah ihn so an, wie ich gerade war, und anscheinend war ihm mein Gesichtsausdruck Antwort genug.

Koji nahm mir den schweren Kasten aus der Hand, stellte ihn ins Regal, sah dabei, wie mein Blick an dem anderen Kasten mit den Klingen klebte.

„Die sollten hier wirklich nicht so herumstehen“, sagte er und nahm die Kiste weg, ging damit in Richtung von Kuratas Büro, wo sich auch unser Safe befand. Ich folgte ihm und er fragte mich, ob ich den Zahlencode des Safes kannte.

„Nein“, sagte ich wahrheitsgemäß.

„Gut. Wir tun die jetzt da rein, dann bist du sicherer.“
 

Kurata war im Büro und als er sah, was Koji in der Hand hatte, fragte er: „Was sollen die im Safe?“

Koji sah mich kurz an, ich schüttelte den Kopf. Kurata sollte einfach wirklich nicht wissen, dass die Klingen wegen mir und meiner Krankheit in den Safe sollten.

„Kurata-san, ganz ehrlich: Wir können einen Kasten mit solchen Klingen nicht einfach offen im Regal stehen haben. Die gehören in den Safe, und fertig“, sagte Koji und klang dabei so ernst, dass Kurata den wenig ehrerbietigen Tonfall ignorierte und einfach nur nickte.

„Okay, dann macht halt“, sagte er.
 

Koji schloss den Kasten im Safe ein, dann gingen wir in den vorderen Raum zurück.

„Kurata ist so fahrlässig manchmal“, murmelte er, als er sich wieder an seinen Tisch setzte. „Vielleicht sollte er wissen, dass du krank bist?“

„Nein!“, widersprach ich sofort. „Ich will das nicht, okay?!“

„Warum nicht?“

„Weil er mich dann doch ganz sicher rausschmeißen muss!“ Ich flüsterte zwar, klang aber dennoch recht heftig. „Weißt du, was die meisten Leute denken, wenn man ihnen sagt ‚Hey, ich hab Borderline‘?!“ Die Anspannung, die immer noch in mir war, weil ich sie nicht hatte abbauen können, brach durch und ließ mich laut werden: „Guck dir Krimis und so was an, dann siehst du, was die Welt von so einem wie mir denkt!“

Koji merkte, dass ich kurz vor einer emotionalen Explosion stand, er erhob sich, kam zu mir rüber und sagte leise: „Ist gut, du musst es ihm nicht sagen, und ich tu’s auch nicht, okay?“
 

Ich stand auf, spürte, dass ich zitterte, lief aus dem Raum und verschwand türenknallend in den Toilettenräumen, schloss mich in die erste Kabine ein und sank vor der Schale zu Boden. Doch im letzten Moment, bevor ich mir den Finger in den Hals stecken konnte, musste ich an Meto denken, an den Schreck heute Morgen, als er mich weinend in der Dusche gefunden und gedacht hatte, dass ich mich verletzt hatte.

Und da konnte ich es nicht mehr, ließ meine Hand sinken und weinte einfach, eine ganze Weile, bis ich Kojis Stimme von draußen hörte: „Hey, was immer du gerade vorhast, lass es bitte.“

Ich hatte sofort ein schlechtes Gewissen. Jetzt zog ich Koji da auch schon mit rein, er machte sich Sorgen um mich, statt sich seiner Arbeit widmen zu können. Ich fuhr mir mit der Hand über die Augen, stand auf, schloss die Kabinentür wieder auf und sagte nur: „Hab nichts gemacht.“

Koji lächelte. „Das ist gut.“
 

Ich hatte tatsächlich noch die Kraft, mich noch mal an meinen Tisch zu setzen und mit einer Zeichnung weiter zu machen, und bis zum Feierabend um sechs war dann auch alles soweit okay. In der Bahn hörte ich Musik, versuchte, an nichts zu denken, doch als ich von der Bahn nach Hause lief, kam ich wieder ins Denken, denn ich wusste immer noch nicht, ob ich jetzt mitkommen wollte zu der Feier bei Metos Eltern, oder ob ich lieber zu Hause blieb.
 

Meto war schon da, als ich unsere Wohnung betrat, er stand im Schlafzimmer vor dem Schrank und zog sich gerade eine schlicht schwarze Hose und ein weißes Hemd mit leichten Rüschen an, das nur dezent darauf hinwies, in welchem Stil er sich sonst gern kleidete. Er war nur ganz leicht geschminkt, hatte die Haare glatt gekämmt und sah zwar sehr hübsch, aber seltsam fremd aus, angepasst an die Welt seiner Familie, in die er in meinen Augen gar nicht so recht hineinpasste.

„Hey, mein Schatz“, sagte er, als er mich sah, ich ging zu ihm und er küsste mich kurz. „Wir sind ein bisschen spät dran, ziehst du dich eben um?“

Ich sah ihn an, das weiße Hemd, die schwarze Anzughose, die eleganten Schuhe, und eine halbe Sekunde lang dachte ich, ich könnte meinen dunklen Samtanzug anziehen und die roten Schuhe.

Aber die Vorstellung von mir auf dieser Feier, umgeben von reichen, erfolgreichen Menschen, die mich wahrscheinlich für mein Äußeres verurteilen würden und erst recht dafür, dass ich krank war und aus armen Verhältnissen kam, machte diesen Gedanken augenblicklich zunichte.
 

„Ich komme nicht mit“, sagte ich.

„Fühlst du dich nicht gut?“, fragte Meto, sah mich besorgt an.

Ich nickte nur.

Er hob die Hand und streichelte meine Wange. „Ach Tsu … Meine Mama wollte dich gerne mal wieder sehen, weißt du?“

„Ich mag heute aber nicht.“

„Hm … und was machen wir jetzt? Ich will meine Großeltern gerne mal wieder treffen, ich hab die seit Jahren nicht gesehen. Es werden auch nicht viele andere da sein, nur eine Tante noch, die Schwester von meiner Mama.“

„Geh halt“, sagte ich nur. „Ich komm nur nicht mit.“

Meto sah mich einen Moment lang an, dann fragte er: „Kann es sein, dass du Angst hast?“

Wieder nickte ich nur. Ich wollte keinen Streit anfangen, wo Meto doch seine Familie gern sehen wollte, er musste da hin, aber ich fühlte mich so sehr nicht danach, mitzugehen. Und so sagte ich nicht, was ich in diesem Moment dachte, sagte nichts von meinem Gefühl von Minderwertigkeit.

„Okay, wenn du echt nicht willst, dann geh ich allein. Ich weiß leider nicht, wie lange das Ganze dauern wird, aber ich bleib nicht länger, als sein muss.“
 

Und so blieb ich zu Hause, während Meto sich auf den Weg in unsere Heimatstadt machte, um seine Familie wieder zu sehen. Zum Abschied küsste er mich liebevoll, doch als er die Tür hinter sich schloss, überfiel mich sofort diese furchtbare Einsamkeit.

Um mich weniger allein zu fühlen, machte ich im Wohnzimmer Musik an, hörte ein Album nach dem anderen durch, während ich mit angezogenen Knien auf dem Sofa saß und mich mit meinem Handy beschäftigte.

Doch schnell wurde mir das irgendwie langweilig, ein Gefühl von Leere breitete sich in mir aus, ich legte mich lang aufs Sofa und das Handy auf den Tisch davor, starrte hoch an die Decke, bis ich mich komplett leer und geradezu leblos fühlte.
 

Warum war ich nicht mitgegangen auf diese verfluchte Feier? Warum, verdammt nochmal, hatte ich mich nicht getraut, endlich Metos weitere Familie kennen zu lernen?! Wieso lag ich jetzt alleine hier herum und fühlte mich so wahnsinnig leer und tot?

Ich hasste mich für meine Angst vor fremden Menschen, für meine Panik vor ihrem abfälligen Urteil über mich, denn diese Angst brachte mich immer wieder dazu, Dinge zu tun, die dem Wertvollsten in meinem Leben, meiner Beziehung zu Meto, schadeten.
 

Ich hatte die Musik, die ich zuvor noch gehört hatte, längst ausgemacht, weil ich mich nach Ruhe gesehnt hatte, doch die Stille, die unweigerlich auf das Ausschalten der Musik folgte, ertrug ich ebenso wenig. Stille war Leere, und Leere bedeutete Schmerz.

Langsam erhob ich mich vom Sofa, wo ich gelegen hatte, wollte erst die Anlage wieder einschalten, mir ging ‚Glass Skin‘ von Dir en grey durch den Kopf, kurz verspürte ich Lust, dieses Lied jetzt zu hören. Doch als ich nach der CD ‚Uroboros‘ greifen wollte, die besagtes Lied enthielt, entschied ich mich um, ging rüber ins Schlafzimmer und ließ mich dort aufs Bett fallen. Wieder blieb ich eine ganze Weile liegen, bewegungslos in der Stille, verlor für eine Weile das Zeitgefühl.
 

Bis mich, ganz plötzlich, eine wilde, unbeherrschte Sehnsucht packte. Sehnsucht nach Meto, meinem Ein und Alles, meinem Lebenssinn. Ich sehnte mich so wahnsinnig danach, in seinen Armen zu liegen, dass ich meine eigenen Arme um meinen Körper schlang und mir vorstellte, es wären die seinen.

Würde er morgen wieder bei mir sein? Mich umarmen und küssen und die entsetzliche Leere und Sinnlosigkeit, die ich verspürte, wenn er nicht bei mir war, wieder vertreiben?
 

Oder … würde irgendwas passiert sein, vielleicht ein Streit oder ähnliches, das ihn dazu brachte, mich als den kranken Borderliner zu sehen, der ich war, und mich infolge dessen … verlassen?

Augenblicklich sprangen mir heiße, verzweifelte Tränen in die Augen und mein Herz begann, entsetzlich zu schmerzen.

„Verlassen …“, flüsterte die Stimme in meinem Kopf. „Er wird dich verlassen. Irgendwann hält er dich nicht mehr aus …“

Ich dachte an die Situation beim Kirschblütenfest, die jetzt, nachdem ich mich ja erst nicht hatte erinnern können, umso stärker in mein Bewusstsein gebrannt war: Meto war wütend auf mich gewesen und davongelaufen, weil ich ihn und unsere Beziehung in meiner feigen Angst vor Ablehnung verleugnet hatte.

Es tat so weh, dass ich aufkeuchte, mein Herz krampfte und in meinem Kopf zog sich alles auf einen Punkt zusammen: ‚Wenn er mich verlässt, dann sterbe ich‘
 

Ich drehte mich auf die andere Seite, mehr um den Schmerz irgendwie ein wenig zu lindern, und da sah ich Metos mit kleinen Kätzchen bedrucktes Schlafanzugoberteil im Schrank liegen. Es hing unordentlich aus einer offenen Schublade heraus und ich wusste, er hatte es letzte Nacht noch getragen, es war nicht gewaschen. Mir blitzte ein Gedanke durchs Hirn: ‚Das Teil riecht also noch nach ihm‘

In einem verzweifelten Aufwallen von Selbsterhaltungstrieb erhob ich mich, ging zum Schrank und zerrte mir auf dem Weg dorthin Shirt und Jeans vom Leib. Ich nahm Metos Schlafhemd aus der Schublade, hob es an mein Gesicht und schnupperte daran. Tatsächlich, diese Mischung aus seinem Lieblingsparfüm und dem ihm ganz eigenen Körpergeruch war noch deutlich wahrnehmbar.
 

Mit Tränen in den Augen vergrub ich mein Gesicht in dem seidigen, bunten Stoff und sog Metos Geruch ein, atmete ihn wie lebensnotwendigen Sauerstoff gierig in meine Nase und spürte meine wahnsinnige Sehnsucht nach ihm, merkte erst einen Moment später, dass ich binnen Sekunden heftig zu weinen angefangen hatte.

Die zu dem Oberteil gehörende Hose lag auch hier herum, und ehe ich wusste, was ich tat, hatte ich sie schon angezogen und hüllte nun meinen vom Weinen zitternden Oberkörper in das Hemd. Ging zum Bett hinüber, kroch unter die Decke und hielt mir liegend den Ärmel des Hemdes an die Nase, atmete weiter Metos Geruch, bis es sich beinahe so anfühlte, als sei er bei mir.
 

Mein Körper schwankte zwischen Weinen und Erregung, zwischen Angst und Lust, ich fühlte Schmerz im Herzen und aufkeimende Hitze in meinen Lenden.

Und als ich das Gefühl hatte, der wunderbare Geruch meines Liebsten wurde schwächer in seinem Schlafhemd an meinem Körper, da kroch ich auf seine Betthälfte hinüber und vergrub meine Nase in seinem ebenfalls nach ihm riechenden Kopfkissen, während meine Hand über die Matratze tastete, dort, wo sein Körper Nacht für Nacht eine kleine Kuhle hinterließ.
 

Längst war ich hart, doch ich kümmerte mich nicht darum. Ich wollte mir jetzt keinen runterholen, hatte Angst, dass ich mich danach noch einsamer fühlen würde. Doch das rächte sich, denn als ich wenig später in erschöpften Schlaf sank, waren meine Träume nichts als Meto, Meto, Meto.

Sein liebes Lächeln, sein warmer Körper, einmal willig und gefesselt unter mir liegend, und einmal mich von hinten umarmend und mit seinem harten Glied in meinem Innern. Und noch im Aufwachen spürte ich jene süßen Stöße, bis ich langsam wacher wurde und realisierte, dass ich allein war.
 

Es war mitten in der Nacht und wieder krampfte mein Herz sich schmerzhaft zusammen vor Einsamkeit. Ich war im Schlaf gekommen und fühlte meinen eigenen Samen klebrig an meinem Unterleib, doch ich wollte nicht aufstehen, fürchtete, dass ich, wenn ich jetzt ins Bad ging, dort auf Dinge treffen würde, die mich zu Dummheiten verleiten konnten. Rasierklingen, zum Beispiel.

Und kaum war ich mit den Gedanken daran gestoßen, war er wieder da, der Drang, mir selbst weh zu tun. Ohne recht zu merken, was ich tat, überlegte ich schon, ob wir irgendwo noch Kerzen hatten, denn dass heißes Wachs weniger Spuren hinterließ als Klingen, wusste ich längst.
 

Doch je länger ich einfach da lag, umso größer wurde die Leere in mir, bis ich es kaum noch aushielt und einfach aufstehen musste, um nicht verrückt zu werden. Falls ich nicht schon längst vollkommen wahnsinnig geworden war …

Ich erhob mich langsam, ging ins Bad und griff mir dort einen Waschlappen, den ich unter den Wasserhahn hielt, bis er nass war, und mir dann damit den Samen abwusch. Dabei versuchte ich, möglichst nicht in den Spiegel zu schauen, doch als ich kurz den Blick hob und mich doch im Spiegel sah, schaute mich ein derartig traurig und kaputt aussehender Tsuzuku daraus an, dass ich richtig erschrak. Seine – meine – dunklen Augen sahen so leer aus, als sei jede Freude, jedes gute Gefühl aus ihnen verschwunden.
 

Ich hob langsam die Hand, berührte mein Spiegelbild, spürte das kalte Glas unter meinen Fingern und irgendwas daran machte mich furchtbar traurig. Schnell ließ ich die Hand sinken, wandte den Blick ab, ging vom Bad ins Wohnzimmer und suchte, ohne recht zu wissen, was ich tat, nach einer Kerze.

Ich fand ein rotes Teelicht, ging in die Küche, wo mein Feuerzeug bei meinen Zigaretten auf dem Fensterbrett lag, und ging mit Kerze und Feuerzeug zurück ins Bad, wo ich mich auf den Boden sinken ließ, die Kerze anzündete und vor mir hinstellte.

In mir wechselten sich Leere und Schmerz ab, binnen Sekunden, entweder fühlte ich gar nichts, oder mein Herz war so voller Schmerz, dass ich am liebsten schreien wollte. Ich hatte das Gefühl, als ob Minuten und Stunden vergingen, während ich auf die kleine Flamme starrte, die das rote Wachs langsam zu einem kleinen See zerschmolz.
 

Als ich die Flamme ausblies, fühlte ich Leere, und als ich sie vorsichtig anhob, mit der anderen Hand mein Hosenbein hochschob und meinen Unterschenkel, auf dem noch die blassen Spuren meiner letzten Selbstverletzung mit einer Cutting-Klinge zu sehen waren, frei machte, war der Schmerz in meinem Herzen wieder vornean, so sehr, dass meine Hand zitterte und das ganze schöne rote Wachs beinahe auf dem gefliesten Boden gelandet wäre.

Langsam goss ich das flüssige Wachs auf meine Haut, fühlte augenblicklich Erlösung, Lebendigkeit, diesen entspannenden Schmerz. Ich legte den Kopf in den Nacken, schloss die Augen und fühlte nur, wie ich durch den Schmerz ruhig wurde und mich wieder als Herr über meine Gefühle wahrnahm.

Ich war ihnen nicht mehr ausgeliefert, konnte etwas tun, um mich wieder gut zu fühlen. Blutrotes, heißes Wachs auf meiner Haut … Es tat einfach so gut, warum also sollte ich es nicht tun?
 

Eine ganze Weile saß ich da auf dem Badezimmerboden, fühlte süßen Schmerz und eine solche Ruhe, wie sie mir sonst nur Metos warmer Körper nah an meinem geben konnte. Ich fühlte mich richtig gut und sicher, es war … schön.

Doch wie aus dem Nichts musste ich wieder weinen, einfach so, ohne recht zu wissen, warum. Es floss einfach so aus mir heraus, meine Tränen dienten dem, was raus wollte, als eine Art Fluss.

Irgendwann stand ich auf und ging ins Schlafzimmer zurück, saß dann dort auf dem Bett und löste das inzwischen kalt und fest gewordene Wachs wieder von meiner Haut ab, die darunter stark gerötet war.

Als das dunkelrote Wachsstück auf meiner Hand lag und ich es einen Moment lang einfach ansah, um mir die Süße des Schmerzes wieder in Erinnerung zu rufen, begann das Flüstern wieder, dieses Ding in meinem Kopf, das, wenn es einmal wach war, unentwegt „Borderline“ flüsterte.
 

Wiederum erhob ich mich, mir war etwas eingefallen, was vielleicht noch besser war als heißes Wachs: Eine Flasche starker Sake, die ich letztens beim Einkaufen mitgenommen hatte.

Ich ging in die Küche, machte den Schrank auf, und da stand die Flasche, noch ungeöffnet. Mit zitternden Händen nahm ich sie aus dem Schrank, riss die Versiegelung ab, suchte nach Gläsern, fand aber keine für Alkohol, und so musste ein Saftglas genügen, welches ich auch gleich halbvoll füllte.

Ich kippte das scharfe, starke Zeug einfach runter, in großen Schlucken, die mir im Hals brannten und sofort zu Kopf stiegen. Fühlte, wie die Leere wich, und verspürte stattdessen Aufregung und ein Gefühl von Lebendigkeit.
 

‚Dann schieß ich mich halt so richtig ab‘, dachte ich und musste lachen. Mir war so gut wie alles egal, ich wollte nur weg von dieser entsetzlichen Leere. Ob ich mich schnitt oder mir mit Wachs wehtat, oder mich eben betrank, alles egal.

Ich nahm die Flasche und das Glas mit ins Schlafzimmer, setzte mich auf die Bettkante und trank dort weiter, bis die Flasche halb leer war und ich ziemlich voll. Dann ließ ich mich ganz aufs Bett sinken und wieder packte mich die heftige Sehnsucht nach Meto. Wenn er hier gewesen wäre, dann wäre jetzt alles gut gewesen, wir hätten vielleicht sogar Sex gehabt, süßen, schönen Sex …

Stattdessen lag ich betrunken und von mir selbst verletzt allein auf unserem Bett und verzweifelte. Durch den Alkohol war ich ziemlich enthemmt und verlor komplett die Fassung, weinte, schrie, schleuderte die Kissen gegen die Wand und zerwühlte unser Bett, bis ich erschöpft zusammenbrach und nur noch still weinend da lag.
 

Irgendwann danach musste ich wieder eingeschlafen sein, denn ich wachte davon auf, dass mich eine liebe, warme Hand vorsichtig an der Schulter berührte.

„Tsuzuku, mein Herz … Hey, bist du okay?“ Metos Stimme, leise, rau und besorgt.

Ich blinzelte, meine Augen fühlten sich müde und verweint an. Es war noch nicht hell, musste irgendwann am frühen Morgen sein, und Meto trug noch dieselben Familienfeier-tauglichen Klamotten, in denen er gegangen war.

„Tut mir leid, ich konnte erst jetzt weg“, sagte er und es klang wirklich so, als ob es ihm ehrlich leid tat, nicht eher bei mir gewesen zu sein. „Hast du … getrunken?“

„Siehst du doch …“, antwortete ich und deutete auf die halb leere Flasche und das Glas neben dem Bett. Langsam richtete ich mich auf und augenblicklich tat mir der Kopf weh.
 

Meto sah mich besorgt an, streichelte meine Schulter und fragte leise: „Baby, was machst du nur für Sachen?“

Wollte er eine Antwort darauf?! Wollte er wirklich wissen, warum ich mich wieder verletzt und betrunken hatte?! Die Wut in mir kam so schnell hoch, dass ich mit dem Denken nicht hinterher kam und da waren die Worte auch schon draußen.

„Nur, weil du nicht bei mir warst!“, platzte ich laut heraus. „Wenn du hier gewesen wärst, wäre das nicht passiert! Dann hätten wir zusammen hier gelegen, vielleicht Sex gehabt, und ich hätte mich nicht so verdammt leer und verlassen gefühlt!“
 

Er sah erschrocken aus, verwirrt, weil ich so laut wurde. Und dann sah es einen Moment so aus, als ob er sich gleich umdrehen und gehen würde, und da wurde mir mit einem Schlag klar, dass ich gerade, in diesem Augenblick, unsere Beziehung gefährdete, indem ich so wütend wurde. Sofort bekam ich Angst. Angst, dass er ging und mich allein ließ.

„Tsu …“, sprach Meto mich leise an. „Wärst du doch lieber mitgekommen?“

„Ich hatte Angst und das weißt du!“ Ich stand auf, mein Kopf brummte schmerzhaft und ich verlor wiederum für einen Moment die Kontrolle: „Deine tolle, reiche Familie will doch so was wie mich gar nicht haben!“

„Und was, denkst du, hätte ich tun sollen?“

„Bei mir bleiben!“

„Meine Großeltern sind so selten da, ich wollte sie eben mal wieder sehen. Und ich hätte dich ihnen gern vorgestellt.“

„Als was?!“, schrie ich. „Was bin ich denn?!“

„Als meinen Mann“, erwiderte Meto, mühsam beherrscht. „Als den Mann, an dessen Seite ich lebe und den ich heiraten will.“
 

„Willst du das denn?!“

Ich sah in seinem Ausdruck, dass ich in diesem Moment den Bogen wieder überspannt und den Pfeil abgeschossen hatte. Jetzt hatte ich ihn verletzt und wütend gemacht.

„Ja, Tsuzuku, stell dir vor, das will ich! Ich will dich, verdammt noch mal! Und das einzige, was mich an dir wirklich stört, ist, dass du mir das immer wieder nicht glaubst!“, schrie er mich nun seinerseits an. „Ich weiß, das ist auch ein Teil von dem, was du immer mit diesem verdammten Wort bezeichnest, das ich gerade gar nicht aussprechen will! Aber was soll ich denn noch machen, damit du mir endlich mal wirklich glaubst, dass ich dich liebe?!“

Damit hatte er mich. Ich wusste nicht mehr, was ich sagen sollte. In mir war ein unguter Gedanke, doch ich war gerade noch so weit Herr meiner Selbst, um diesen Gedanken nicht auszusprechen: ‚Dann lass deine Familie doch schießen. Sei nur noch bei mir, damit ich spüre, dass du mich liebst‘
 

„Sag mir, was soll ich jetzt tun, Tsuzuku?!“ Er war sichtlich hilflos und verzweifelt, doch dass er so fragte, zeigte, dass er die Situation noch eher überblickte als ich. „Wie soll ich mit dir umgehen, wenn du so bist?“ Während er das sagte, wurde seine Stimme wieder leiser und ruhiger, was mich irgendwie auch mit ein wenig beruhigte.

Doch sowie meine Wut abkühlte, war die Angst wieder da, davor, dass er ging. Ich ließ mich auf die Bettkante sinken, mir stiegen Tränen in die Augen.

„Ich weiß es nicht …“, antwortete ich leise und stützte den Kopf in die Hände. „Ich weiß es wirklich nicht. Weder, was ich will, noch, wer oder wie ich eigentlich bin …“
 

Meto kam auf mich zu, hob die Hand und berührte meine Schulter, ganz vorsichtig und sanft, fast ein bisschen unbeholfen. „Du hast ja wieder meinen Schlafanzug an …“, sagte er leise.

„Ich … hab dich so vermisst … und der roch so schön nach dir …“, kam es mir unüberlegt über die Lippen, und ich fing zu weinen an.

Meto hockte sich vor mich hin, sah zu mir hoch und lächelte. „Ist doch okay, Tsu. Aber das nächste Mal machen wir’s anders, okay? Entweder kommst du mit, oder ich bleib hier bei dir, oder ich ruf dich zwischendurch ein paar Mal an, was auch immer.“ Er stand auf und umarmte mich, drückte einen lieben Kuss auf mein Haar und streichelte über meinen Rücken. „Es tut mir leid“, fügte er noch hinzu, „Ich hätte das machen sollen, dich zwischendurch mal anrufen …“

Sofort fühlte ich mich wieder sicherer, wusste wieder, wer ich war und was ich tun sollte. Es war anscheinend wirklich so, dass ich nur dann klar, glücklich und ich selbst sein konnte, wenn ich jemanden bei mir hatte, und am besten Meto. Wenn ich allein war, verlor ich sofort das Gefühl für mich selbst und jeden Halt.
 

Mein Liebster setzte sich zu mir aufs Bett, sah mich einen Moment lang an und fragte dann: „Und was machen wir jetzt?“

Sofort hatte ich den Wunsch, in seinen Armen zu liegen, einfach nur so, und vom Geräusch seines Herzschlages einzuschlafen. Ich sehnte mich einfach durchgehend so wahnsinnig nach Liebe, Halt und Ruhe, doch ich traute mich jetzt nicht, nach dem Streit gerade eben, nun wieder zum Kuscheln anzukommen. Ich hatte so das Gefühl, dass ich Meto damit verwirrte und irritierte.

„Soll ich … auf dem Sofa schlafen?“, fragte ich leise.

Er sah mich an, nahm dann meine Hände in die seinen und sagte: „Nein, sollst du nicht. Tsu, was auch immer passiert, du schläfst bei mir, in diesem Bett, verstanden? Ich lass nicht zu, dass du auf dem Sofa schläfst und nachts vor Angst fast verrückt wirst.“ Seine Daumen streichelten über meine Hände und er fügte hinzu: „Du willst jetzt schmusen, oder? Obwohl das eben … so war?“

Ich nickte. „Vielleicht auch gerade deshalb … Ich will nicht, dass so was … so zwischen uns stehen bleibt … darum …“
 

Meto lächelte wieder, dann stand er auf und fing an, sich auszuziehen. Die Unterwäsche behielt er an, dann legte er sich unter die Decke, ich ebenfalls, und er schloss mich in seine Arme.

„Fühlst du’s jetzt wieder, dass ich dich liebe?“, fragte er leise.

Ich nickte nur.

„Und das fühlt sich doch schön an, oder?“

„Ja …“

„Genieß es, freu dich, dass du mich hast. Du wirst mich jetzt nämlich nicht mehr los, Tsuzuku, dein ganzes Leben lang nicht.“

Ich antwortete nichts darauf, wollte seine Worte nicht zerstören, ließ sie einfach so stehen und versuchte, das zu tun, was er mir sagte: Zu genießen, dass er bei mir war.
 

Wir hatten keinen Sex in dieser Nacht, die ja schon halb vorüber war. Lagen einfach nur nah zusammen auf dem Bett und warteten, dass es wieder Tag wurde. Irgendwann schlief Meto neben mir ein, da dämmerte es schon fast, und ich ließ ihn schlafen, während sich in meinem Kopf die Gedanken im Kreis drehten.

Alles, was ich in den letzten Stunden getan hatte, erschien mir so typisch, wie aus dem Buch, das immer noch bei uns im Regal stand, weil ich es Hitomi noch nicht zurückgegeben hatte. Es fühlte sich eigenartig an, einerseits tat es weh, dieses Wort ‚Borderline‘, aber irgendwo … fühlte es sich auch gut an, erklärend und wissend.
 

In Gedanken zählte ich mir alles auf, was ich gefühlt und getan hatte: Die Einsamkeit und Leere, der Selbsthass, der gescheiterte Versuch, mich abzulenken, die vielen Tränen, Metos Schlafanzug an meinem Körper, die sehnsüchtigen Träume, der Gedanke an Klingen und das heiße Wachs, das ich als Ersatz benutzt hatte, meine ständig wechselnden, sprunghaften Gefühle, und der unselige Alkohol, der alles noch schlimmer gemacht hatte, dann später der Streit mit Meto, der ebenso typisch abgelaufen war.

Wenn ich nicht gewusst hätte, was das alles war und bedeutete, wäre es mir dann vielleicht noch viel bedrohlicher erschienen, weil ich es nicht hätte einordnen können? War das Wissen, dass das alles einen Namen hatte, gut? Oder waren mein Selbsthass und diese furchtbare Angst, verlassen zu werden, nur deshalb so stark, weil ich mich selbst nur noch als den kranken Borderliner sah und darüber abwertete?

Ich fand keine Antwort auf diese Frage. Wusste nur, dass ich mich auch ohne dieses Wort ‚Borderline‘ hasste, weil ich mich in meiner Vergangenheit so furchtbar aufgeführt und damit letztendlich meine eigene Mama in den Tod getrieben hatte.
 

Gerade noch rechtzeitig bemerkte ich selbst, dass ich es schon wieder tat, mich in meinen Seelenschmerz versenkte und selbst Gefühle weckte, die mich garantiert wieder auf den Abgrund zu trieben.

In einem Versuch, mich zu retten, schmiegte ich mich eng an Metos Körper, vergrub mein Gesicht an seinem Hals und atmete seinen Geruch ein, er roch süß und warm und so gut, und ich spürte den Puls seiner Halsschlagader unter meinen Lippen.

Vorsichtig, um ihn nicht zu wecken, küsste ich seine Haut, dachte dabei mit aller Kraft an das wunderschöne Gefühl, welches ich hatte, wenn ich mit ihm schlief, und versenkte mich da hinein. Sofort wurde ich sehr schnell hart, doch wecken wollte ich Meto ja nicht, und so blieb mir nur die Möglichkeit, es mir selbst zu machen.
 

Es war recht lange her, dass ich zuletzt wirklich masturbiert hatte, bestimmt ein, zwei Monate. Beim letzten Mal hatte ich mich danach ziemlich einsam gefühlt, ich mochte es nicht, so etwas allein zu tun. Und seit Meto und ich hier zusammen lebten, hatten wir auch so viel Sex, dass ich kein besonderes Bedürfnis nach Selbstbefriedigung gehabt hatte.

Ich blieb neben ihm liegen, schob mir Schlafanzughose und Shorts runter und begann, mich selbst zu berühren, zuerst blickte ich dabei hoch an die Decke, dann sah ich Meto an, der tief schlafend neben mir lag und so lieb und süß aussah … Ich fühlte mich irgendwie schmutzig, weil ich mir auf ihn einen runterholte, während er neben mir schlief, aber ich konnte nicht anders, wollte bei ihm sein, nicht alleine, denn nach dem vergangenen Abend ertrug ich jegliche Einsamkeit nicht mehr.
 

Es fühlte sich eigenartig an, mich so selbst zu berühren, aber nicht etwa, weil ich mich schämte oder so etwas, sondern weil ich es selbst tat, weil es meine eigene Hand an meinem Glied war und nicht die meines Liebsten. Mir wurde klar, dass ich mir selbst absolut nicht genug war, ich brauchte jemanden bei mir, brauchte starke, liebevolle Arme um mich und das Gefühl, geliebt zu werden.

Und so genügte es mir nicht, mich einfach nur selbst anzufassen, ich rückte wieder ein Stück näher zu Meto, schmiegte mich an ihn, brauchte seine Nähe, um überhaupt richtig fühlen zu können, und als ich mit einem halb unterdrückten Stöhnen kam, landete ein bisschen was von meinem Samen auf seinem Oberschenkel.
 

Schnell tastete ich auf dem Nachttisch nach der Taschentücher-Box, riss eines heraus und reinigte meine Hand von meinem Samen, wischte ihn von Metos Bein weg, hoffte, dass ich ihn nicht weckte. Im Dunkeln tastete ich mich zum Papierkorb vor, warf das Taschentuch hinein, dann legte ich mich wieder hin, nah neben meinen Liebsten, der immer noch tief und fest schlief.

Und irgendwann, als es schon hell wurde, schlief ich auch endlich ein.


Nachwort zu diesem Kapitel:
Soo, ich hoffe, es hat euch gefallen ^^
Für die Szene "Einsamer Tsuzuku schnuppert an Metos Schlafanzug" geht ein Danke an die liebe daietto_usagi raus, die Idee ist in einem Chat mit ihr schon vor einiger Zeit entstanden.
Das nächste Kapitel wird dann wieder ein Meto. Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von: daietto_usagi
2018-02-08T22:27:36+00:00 08.02.2018 23:27
Meine Güte, wieder soviele Wörter und ein längeres Kapitel. XD
Tsuzuku halt, was?! XD Gut, dann wollen wir mal weiterlesen. <3 Juhuuu~

Aha da ist jemand voller Tatendrang. ^-^
Ja ich kenn das Gefühl, das man aufwacht und sich dann denkt: HEUTE! Heute mach ich das!" Kommt selten vor, aber wenn es da ist und die Motivation auch, dann ist das immer ein tolles Gefühl. Die ganze Tattooszene ist toll geschrieben. Es fing ja schon an mit dem Vorstellen, wie Tsu sein Hemd vor Koji auszog >u> Hö hö hö~ Und ich kann Tsu denke ich gut verstehen, das ihm Schmerz gut tut. Das was jeder vermeiden will, braucht er um zu spüren wer er ist und das er lebt. Manchen Menschen geht es einfach so, das sie das spüren müssen und ja... Tsuzuku ist halt einer, der entspannt, wenn es etwas schmerzt. Manche entspannen ja auch bei lauter, schreiender Musik, wo andere durch drehen und aggressiv werden, wenn sie es hören. Ist halt jeder anders und jeder braucht was anderes, um sich wohl zu fühlen oder zu entspannen.
Ich zum Beispiel brauche es öfters einfach abends das Licht im Zimmer auszumachen, das es stockdunkel ist. Dann setze ich mich im Schneidersitz aufs Bett, steckt mir Ohrhörer in die Ohren und höre schön laut J-Rock. Und jaaa, dann gibt es auch mal Headbangen und abrocken. XD Sieht ja keiner und mir geht es super. Man fühlt sich lebendig und kriegt sofort gute Laune. Selbst wo ich vor kurzen so krank war. Erst hab ich ganz leicht und schwach mitgewippt im Takt und mit jeden Lied mehr ging es mir besser und "gesünder". Nur Headbangen war nur zarghaft möglich, da der Kopf doch noch ziemlich gedrückt hat. ^^° Aber das tat dennoch gut. >u< Kein Wunder, wenn erotische Männerstimmen einen ins Ohr flüstern, singen, schreien, lachen, stöhnen und sonst was. XD *hust* So jetzt aber mal weiter hier im Text. XD

Nargh man das ist gemein, das Tsuzuku erst noch sooo gute Laune hatte vom Stechen und jetzt wieder so ins Tiefe gezogen wurde, durch Dr. Niimura's Gespräch. Ich hoffe das Tsu sich jetzt wirklich gut ablenkt. Ich an seiner Stelle wäre einfach zu Koichi und Meto auf Arbeit gegangen und hätte was getrunken. XD Hauptsache seine Freunde beim Arbeiten beobachten. XD Ich muss nicht erwähnen das ich das wirklich tun würde, wenn Koichi und/oder Meto meine Freunde wären und beide dort arbeiten. XD Hihi. *vorstell wie mich ein Koichi anlächelt und bedient* <3 Huiii~

Haha ah schön, der Besuch bei seinen Freunden von damals tat ihm gut, wie schön.
Diese Sticheleien klingen aber auch lustig. XD Tja, Turteltäubchen sehen von außen betrachtet aber auch komisch aus manchmal, aber hey... wenn man sich halt liebt. <3 Nyaa~

Ey Meto. XD "Nudeln und Currysauce"?! Ernsthaft? Hast du auf meinen Teller von heute gekuckt oder was? XD
Ich hatte heute auch Nudeln mit so einer leicht scharfen Soße, wo kleine Wienerscheiben drin waren. XD Hat Meto sicher gesehen und inspiriert. XD

Zitat: "„Ich fänd‘s schön, wenn es einfach mal normal wäre, so fast egal, weißt du?“, sagte ich. „Wenn es niemanden interessieren würde, ob jemand nun Männer oder Frauen mag, sondern die sich einfach nur freuen, dass man überhaupt eine schöne Beziehung hat und glücklich ist.“" --> Dem kann ich nur zustimmen. Vielleicht eines Tages... aber die Menschen müssen da noch viel viel lernen vorher und sich mehr verändern und öffnen...

*knet* *massier* *drück* .... *Küsschen verteil* ... *knet*
Aww die Massage tat ja schon beim Lesen total gut. =u=b Schön.
Ein Wunder das Tsu da mal wirklich zur Ruhe kam ohne gleich geil zu werden. ~.^
Sollte Meto vielleicht öfters machen. Scheint Tsuzuku echt gut getan zu haben.
Auch wenn es Tsu kurzdrauf gleich wieder nicht so gut ging. ó.o Aber ich versteh ihn gut. Als es hieß, das Tsu mit zu Meto's Familienfeier kommen soll, dachte ich auch sofort: "Uh, ob das gut geht." Mir wäre da auch nicht so wohl, eben weil alle so reich und fein und alles sind und man selber halt... das Gegenteil. ^^° Da traut man sich ja kein Gespräch mit jemanden zu, aus Angst, das dann Fragen kommen wie: "Was haben Sie so gelernt? Was machen ihre Eltern beruflich?" All sowas. ^^° Eieiei.

*Glass Skin‘ von Dir en grey vor mich hin summ*

Jaaaa da war der Schlafanzug. \^u^/
Zwar in einer traurigen und sehr einsamen Situation, aber ich glaube, genau das würden viele einfach tun, die sich ohne ihren Partner abends einsam fühlen und nicht wissen was sie mit sich allein anfangen sollen. Da tut der Duft seines Liebsten einfach gut. Sicherlich tut es auch weh, aber gleichzeitig tut es auch gut, weil wenigstens ein kleiner Teil bei einem ist. TuT

Oh oh Tsuzuku. Lockt dich der Schmerz wieder an, was? óuo
Gott sei Dank nur Kerzenwachs. Immer noch besser als Schnitte, die bleiben und die schöne Haut verschandeln.
Und Tsu ist wie ich. Ich will auch nie mein Spiegelbild sehen. Vor allen wenn man weiß, das man eh grad wieder nicht so besonders aussieht. Wenn ich mich anseh denke ich auch immer: "....oh weh... kann mal jemand die Person da weg nehmen?!" Ne ne, ich meide Spiegel auch lieber. ^^° Die mögen mich meist nie.

Nein nicht streiten. T_T Doofer Alkohol. Der macht alles kaputt.
Naww mein Herzchen tut weh, wenn sich die beiden streiten. "Lustigerweise" hab ich genau letzte Nacht einen ähnlichen "Streit" geträumt. Allerdings ging es da um Koichi und Tsuzuku als Paar. Da hatte Tsu auch 3-4 Tage hintereinander Anfälle, wo er sich selbst hasste und Angst vor Einsamkeit hatte, als Koichi immer weg war um Einzukaufen oder sonst was und Tsu keine Lust hatte raus zu gehen und es jedes Mal darin endete, das Tsuzuku Koichi vor Wut und Verzweiflung entweder Kissen entgegenschleuderte oder ihn auch mal unkontrolliert derb gegen die Wand drückte, um Koichi klar zu machen, das er ihn allein lassen soll. Anders als hier, wo Meto auch mal lauter wurde im Streit, ist Koichi eher kleinlaut geworden und hat den Raum verlassen und kämpfte mit den Tränen, weil er nicht wusste wie er Tsu jetzt helfen konnte. Später kam Tsuzuku dann immer wieder zu Koichi ins Bett und entschuldigte sich für sein Verhalten beim Ausraster. Koichi konnte ihm nicht böse sein, weil er wusste das Tsu nicht er selbst war, wenn er wieder einen Anfall hatte, aber Koichi hatte auch immer mehr Angst, das er Tsu in solchen Momenten nicht länger beruhigen könne, ohne selbst von Tsu angegriffen zu werden. q.q Ach Gott, war schon ein fieser Traum. Daran denk ich grad, als der Streit von Meto und Tsu hier eben war. T.T Naaaww~

Und da ist das Kapitel auch schon zu Ende.
Irgendwie bin ich ganz froh, das er sich doch noch einen runtergeholt hat. Vielleicht nimmt ihn das so ein wenig Druck innerlich und es geht ihm besser. Aber man ey... q.q Wie viel hat der Mann in diesen Kapitel wieder Tränen vergießen müssen. Seine Augen müssen doch brennen wie Sau, der Kopf drücken von der Anstrengung vom Verziehen der Mimik und die Augen müssen doch komplett leer sein mittlerweile. T-T Ach man, armes Tsuzulein. Ich hoffe sein Tattoo am Hals wird bald weiter gemacht und er kann sich wieder entspannen und auch mal länger das Gefühl genießen. Das nicht gleich wieder was Schlimmes nach dem Stechen auf ihn zu kommt, sondern er einfach mal wieder nen guten Tag hat.

Also Haru, es liegt in deinen Händen. XD
Wobei da ja schon ein neues Kapitel auf mich wartet. \^u^/
Ich häng echt hinterher. Aber ich bemüh mich und es hat wieder richtig doll Spaß gemacht ein weiteres Kapitel zu lesen.
Ich such mir dann mal Ryoga's Schlafanzug und schnüffel da dran. XD Der ist grad mit Kumpels einen saufen und singt Karaoke. XD Der kommt heute Nacht sicher nicht wieder. Bin ich auch allein q.q. Also dann Harulein. Haste wieder super gemacht. Wir lesen uns im nächsten Kapitel. ^3^/

Ganz liebe, knuddelige Grüße
vom usagi~ ^-^v
Antwort von: Harulein
09.02.2018 18:54
Yeay, langes Kapitel kriegt langes usagi-Kommi, das freut sich das Haru-chan wie immer sehr *-*

Ja, das Gefühl von "Ich mach das jetzt" ist toll, leider macht es sich bei mir selber gerade ziemlich rar, und wenn es mal da ist, verflüchtigt es sich viel zu schnell wieder, oft komm ich nicht mal dazu, dann wirklich so was zu tun T-T
Aber du, die Idee mit Licht aus und J-Rock an und abrocken ohne dass es einer sieht, die ist echt gut, kann ich gebrauchen. Bin da immer wieder viel zu blockiert ...

Ja, so ist das mit Tsu, die Stimmung geht hoch und dann leider immer auch krass wieder runter. Wie bei mir, in dem Punkt hab ich mit ihm wirklich viel gemeinsam ... Mit der Zeit wirds teils echt nervig, weil man sich halt kaum noch auf die eigene Gefühlslage verlassen kann, und immer damit rechnen muss, dass einen irgendwas wieder abstürzen lässt, weshalb es auch schwer wird, irgendwas zu planen oder im Voraus zu sagen. Ist bei mir gerade wieder sehr der Fall.

Meto kann eben noch nicht so viele verschiedene Sachen kochen, da gibts dann halt immer ähnliche Sachen XD Nudeln mit Gemüse, Nudeln mit Tomate und halt auch Nudeln mit Curry.
Aber hey, er kocht selber und es brennt nichts an und das Wichtigste ist ja wohl, dass Tsuzuku das Ergebnis tatsächlich isst.
Ich hab da letztens so ne Fantasie gehabt: Was würde passieren, wenn Tsuzuku versuchen würde, selber zu kochen? Nya, irgendwie war da dann die Vorstellung, wie er die gesamte Küche ins Chaos stürzt, das Essen komplett anbrennt und versalzt und so weiter ... Nee, da stell ich lieber Meto an den Herd XD

Ja, der Satz, den mag ich. Ist halt auch meine Ansicht, die Tsu da ausspricht. Liebe hat für mich echt nur in zweiter Linie was mit Geschlecht zu tun. Mann, Frau, egal, Liebe ist halt wirklich Liebe. Gefühle, Zusammengehörigkeit, Zärtlichkeiten, das können sich alle geben, was soll da das Geschlecht? Muss nicht jeder so sehen, aber ich halt schon. Ich hab keine Ahnung, ob ich Männer oder Frauen mag, wahrscheinlich beides irgendwie, und ich will mich da auch gar nicht festlegen, ich finde es nämlich schön, dass ich da so offen bin.

Ja, das mit Metos Familie ... Ich hatte zu dem Zeitpunkt die Schlafanzug-Szene schon lange in meinem "Skizzendokument" vorgeschrieben und dann hab ich die Familienfeier da so davor gebastelt, als Grund, in dessen Folge Tsu dann alleine zu Hause war und Grund hatte, an Metos Schlafanzug zu schnuppern.
Tsuzuku hat halt leider nicht so wirklich stabiles Selbstbewusstsein oder so, seine Komplexe holen ihn immer wieder ein, den Armen ...

Oh man, usagilein ... Du und ich und Tsu, wir könnten ja fast einen Club gründen ... den Club der Menschen mit Knick im Selbstbewusstsein. Ich hab auch immer wieder diese Momente, wo ich mein Spiegelbild und Fotos von mir und all so was so'n bisschen hasse und nicht ertrage zu sehen. Ist schlimm und fies und doof und kommt einfach immer wieder durch ...

Hach jaa ... immer Tsuzuku ... ist echt fast egal, mit wem man ihn shippt und so, ob Meto oder Koichi oder Ryoga oder sonst wer, es ist immer ein ähnliches Bild. Nya, so ist er eben, und obwohl er einem unendlich leid tut und man sich einfach wünscht, dass es ihm auch mal besser geht und er mit jemandem mal richtig glücklich wird und so, ist es für mich als dramaliebende Autorin auch gleichzeitig eine Art ... wie soll ich sagen ... Anziehungspunkt?
So leid er mir auch jedes Mal tut, ich schreibe immer wieder diese Situationen mit ihm und einem Partner, immer wieder die wahnsinnige Angst, die Wut und Verzweiflung, die Traurigkeiten, Einsamkeiten, den ganzen Kram, den man halt "Borderline" nennt. Ich kann ihn nicht ohne das schreiben, das wäre halt auch nicht mehr er, und ich denke, es ist auch für mich selber irgendwo wichtig ... Es ist immer auch ein Teil von mir mit drin, wenn ich über Tsuzuku schreibe, und der Teil ist nicht unerheblich.

Mh, na ja, dieses ganze Drama ist aber halt irgendwie das Thema dieser Geschichte. Im Moment kann ich auch fast nur so was, auch alle kleinen Übungs-Neben-OneShots, die ich so zwischendurch ansatzweise schreibe, sind so von dieser Art, solches Drama-Gefühls-Porn-Zeugs ^^° Entweder ist das ein sehr ausdauernder Flash oder ich hab mein Thema als Autorin gefunden XD
Und Tsuzuku gibt einfach den idealen Charakter für solcherlei Geschichten ab <3

Und das nächste Kapitel ist, so weit ich das gerade sehe, nicht weniger krass geworden, da gehts auch wieder ganz schön ab. Ich hoffe selber, dass ich es auch mal schaffe, dass wieder ein, zwei Kapitel halbwegs stabil ablaufen, aber bis jetzt hält es halt selten lange ...

So, mein Hasilein, und nu hab ich genug geantwortet und erklärt und rumgeplaudert XD Das artet hier ja jedes Mal in Textblöcken aus XD Aber ist auch toll, weil ich eh immer so ein Mitteilungsbedürfnis bei meinen Stories habe, das mal alles so runterzuschreiben ^^

*knuddel*
*chu*
das Haru


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