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Bend, not Broken

von

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Daheim

Gestützt auf seinen Krücken, sah Shinya an dem Gebäude hoch, vor dem er stand. Unweigerlich musste er Grinsen. Kein Wunder, lag dort drin doch die Wohnung, die er mit seinen Freunden, Kollegen und Liebsten teilte. Kyo holte gerade noch die Tasche mit seinen Sachen aus dem Kofferraum des laufenden Wagens. Gemeinsam würden sie gleich schon mal vor gehen, während Toshiya das Auto auf dem Parkplatz hinter dem Haus abstellte. Er hatte sie nur eben vor dem Eingang abgesetzt, um den Weg für ihren Jüngsten ein wenig abzukürzen. Vermutlich würde er sie aber einholen, noch ehe sie am Fahrstuhl angelangt wären.

„Komisch“, murmelte Kyo, wuchtete die Tasche auf seine Schulter, während er auf die elektrische Schiebetür zu ging.

„Was denn?“ Neugierig folgte er dem Kleineren.

„Ach, ich hab mich nur gefragt, wieso das Ding hier eigentlich so schwer ist. Wir haben in den letzten Tagen doch bereits so viel schon wieder mit hier her genommen.“ Kurz spielte er mit dem Schlüsselbund, auf der Suche nach dem für den Briefkasten. Ah, da war er ja.

„Vermutlich, weil ihr mir auch so viel ins Krankenhaus gebracht habt.“ Auf seinen Krücken humpelnd, schritt er durch die Tür in den Eingangsbereich und direkt auf die andere zu, hinter der es offensichtlich zu den Fahrstühlen ging. Plötzlich hörte er hinter sich jemanden laut „Wartet!“ rufen, weshalb er sich umdrehte.

Toshiya kam angelaufen, schaffte es noch einigermaßen zu bremsen, um nicht völlig mit dem Türrahmen zu kollidieren. „Da bin ich.“

„Hättest dich doch gar nicht so beeilen brauchen.“

„Wollte ich aber“, grinste der Bassist den Jüngeren an. Er konnte schlichtweg nicht erwarten mit diesen beiden wunderbaren Menschen wieder vereint in ihrem Heim zu sein. Allein der Gedanke ließ ihn ganz kribbelig werden. „Wenn wir oben sind, gibt es was ganz tolles. Hab ich heute morgen beim Einkaufen für uns geholt.“

„Aha, durfte ich dir deswegen nicht beim Auspacken der Einkaufstasche helfen?“ Fragend zog Kyo eine Augenbraue hoch, wandte sich jedoch für einen kleinen Moment von den Beiden ab, um ihren Briefkasten zu öffnen. Innen war allerdings nur gähnende Leere. Auch gut. Keine Post hieß keine Rechnungen.

In der Zwischenzeit öffnete Toshiya schon mal die nächste Tür, hielt sie für seine beiden Liebsten auch auf. „Ja, genau deswegen.“ Schon jetzt freute er sich auf ihre Gesichter, welche hoffentlich genau die Reaktion zeigten, die er sich von dieser Überraschung wünschte. Andererseits kannte er die beiden Männer einfach zu gut, um sich sicher zu sein, dass genau das eintraf. Breit grinste er sie an, während sie an ihm vorbei gingen.

Kyo schmunzelte, spürte aber auch das vertraute Herzklopfen, welches dieses Lächeln immer bei ihm verursachte. „Unser Toshiya.“

„Geben wir nicht wieder her, oder?“, stieg Shinya mit ein, setzte seinen Weg tapfer fort, auf die Fahrstühle zu.

„Nein, tun wir nicht.“

„Da bin ich aber beruhigt.“ Lachend schloss der Bassist auf, überholte und drückte schon mal die Taste, um ihnen einen der Aufzüge herbei zu rufen. Stolz sah er dabei zu, wie Shinya sich mit Hilfe der Krücken vorwärts bewegte. Jedoch überlegte er kurz, ob sie nicht doch lieber den Rollstuhl hätten mitnehmen sollen. Einfach für den Fall, dass der Jüngere gar nicht mehr konnte.

„Da bin ich“, grinste Shinya, holte tief Luft. Dank der Drumpads, die ihm mitgebracht worden waren, hatte er seine Arme neben dem eigentlichen Training noch weiter stärken können. Jetzt hoffte er nur, dass ihm der gleiche Effekt in den Beinen vergönnt war, wenn er sich hinter sein Schlagzeug setzte.

Es ertönte das 'Ping' des Fahrstuhls und die Türen gingen auf.

„Er auch“, scherzte der zierliche Japaner und machte sich auf den Weg hinein, dicht gefolgt von seinen Partnern.

Eine kurze Fahrt später waren sie auf ihrem Stockwerk und schritten langsam zu ihrer Wohnung, die Toshiya ihnen aufsperrte. Mit einem warmen Lächeln machte er Shinya den Weg frei, hielt ihm die Tür auf.

„Willkommen daheim.“

„Daheim“, hauchte der Jüngste ehrfürchtig, machte einen zaghaften Schritt über die Schwelle. Andächtig verharrte er im Eingangsbereich, sah sich mit großen Augen um und atmete tief den Geruch ein, der ihm ein wohliges, vertrautes Kribbeln bescherte. Genau sah er sich um. Oft hatte er sich bereits die Fotos von Toshiya angesehen, nahezu studiert. In der Realität war es natürlich noch mal etwas anderes. „Endlich daheim.“ Es war ja auch nur gut drei Monate später, als ursprünglich geplant.

Toshiya entledigte sich seiner Jacke, kniete sich dann vor Shinya. „Darf ich um ihren Fuß bitten, holde Maid?“

„Holde Maid...“ Lachend schüttelte er den Kopf. Manchmal kam der Schwarzhaarige wirklich auf seltsame Ideen. Trotzdem verlagerte er sein Gewicht etwas, um seinen linken Fuß anheben zu können. Es war immerhin eine lieb gemeinte Hilfe.

Toshiya nahm ihn an und öffnete den Reißverschluss des Stiefels, zog selbigen anschließend vom Fuß. Sacht stellte er ihn wieder ab. „Den Nächsten bitte.“ Ohne zögern bekam er den Anderen hin gehalten, mit dem er genauso verfuhr. In die Pantoffeln kam sein Schatz dann aber doch wieder von alleine. „Macht ihr beide es euch schon mal im Wohnzimmer gemütlich, ich hole eben die Überraschung.“

„Einverstanden“, erklärte Kyo und wechselte selbst noch eben in die Hausschuhe. „Schaffst du das noch?“ Immerhin war der Größere heute schon viel gelaufen.

„Ja, das werde ich. So schlimm ist es noch nicht.“

„Ansonsten nehme ich dich Huckepack.“

Erst wollte Shinya drüber lachen und es als Scherz des Sängers abtun, aber dessen ernste Mimik verriet ihm: Kyo würde das tun. Sein Liebster würde es wirklich tun, wenn er ihn darum bat. Kraft genug hätte er ja. Also gab er seine Zustimmung mit einem Nicken. „Aber nur, wenn es wirklich nicht anders mehr geht.“ Wieder setzte er eine Krücke vor die andere.

Ihm folgte der Sänger, welcher die Tragetasche noch an die Seite stellte. Ausräumen konnten sie die immer noch.

Aus der Küche konnte man hören, wie der Bassist mit Geschirr klapperte und fröhlich vor sich hin summte. Ob die Überraschung essbar war?

Er vernahm ein glückliches Seufzen von dem Jüngeren.

„Was ist?“, erkundigte er sich neugierig, beobachtete Shinya dabei, wie er sich im Flur umsah.

„Es ist schön hier zu sein. Kein Krankenhaus, kein Hotelzimmer mehr.“

„Oh ja.“ Vorsichtig stellte er sich hinter seinen Liebsten legte ihm seine Arme um den Bauch, um sich an seinen schmalen Rücke zu schmiegen. „Es geht doch nichts über die eigenen vier Wände.“

Aus der Küche schallte es laut: „Setzt euch. Bin sofort bei euch.“

„Hast du gehört?“, kicherte Shinya, lehnte sich ein wenig nach hinten. „Ich bin ja gespannt, was er da hat.“

Langsam löste sich der Sänger, stellte sich neben seinen Partner. „Werden wir jeden Moment sehen.“ Was immer es auch war, glücklicher als jetzt konnte er gar nicht mehr sein. Sein Shinya war wieder bei ihm. Bei ihnen. Sie waren ihrem unbeständigem Alltag ein Stück näher gekommen.

„Kyo?“

„Hm?“

„Küss mich.“ So, wir ihr Sänger ihn angesehen hatte, schien er gerade etwas in der Art zu brauchen. In ihm selbst gab es eine Stimme, die lauthals diesen Wunsch schrie. Ohne zu zögern kam jener seiner Aufforderung nach, reckte sich ihm entgegen.

Gedanklich korrigierte Kyo seine Ansicht von eben. Das hier schaffte es, ihn noch ein klein wenig glücklicher zu machen. Mit einem Kopfnicken deutete er Richtung Wohnzimmer, überließ seinem Geliebten den Vortritt. Staunend sah selbiger sich auch hier um, ging dabei auf das Sofa zu. Alles fühlte sich vertraut und fremd an. Bekannt von den Fotos und wohl auch dem vergessenen Ich. Fremd, wo er so gesehen doch das erste Mal hier war.

„Tadaa.“ Stolz betrat Toshiya das Wohnzimmer, hielt ein Tablett vor sich, auf dem Teller und Besteck, sowie ein kleiner Kuchen, eingedeckt mit vielen Früchten, stand. „Teewasser kocht gerade, den gibt es gleich dazu.“

„Kuchen?“ Verwundert blinzelte der Jüngste.

„Natürlich.“ Wie könnte man ihre Wiedervereinigung denn sonst feiern? Für eine Party war es noch zu früh am Tage. Und mit den vielen Früchten gab es eine ordentliche Vitamindröhnung für sie alle. „Und nun setzt euch endlich, damit ich den Kuchen anschneiden kann.“

Sie taten wie ihnen geheißen wurde und ließen sich auf dem Sofa nieder.

Kyo schob noch ein wenig die Zeitschriften und Fernbedienungen zur Seite, um Platz für das Tablett zu machen, welches Toshiya im nächsten Augenblick bereits auf den Tisch stellte. Mit dem großen Küchenmesser fing er an den Kuchen zu zerteilen. Gerade fertig hörte er ein Klacken aus der Küche. „Wasser ist fertig. Kyo, wärst du so lieb und verteilst?“ Schon war er gegangen, um ihnen den Tee aufzusetzen.

„Der überschlägt sich ja fast“, murmelte der Jüngere und setzte sich auf das Sofa, während Kyo sich daran machte, den Kuchen zu verteilen.

„Er ist einfach nur glücklich darüber, dass du zurück bist. Oh.“ Während er das erste Stück von dem Kuchen anhob, musste er feststellen, dass sich unter der Sahne und den Früchten ein Schokoladenteig versteckte. Und noch mehr Obst. Schmunzelnd warf er einen Blick zur Wohnzimmertür, spürte wieder dieses wohlige Gefühl in seinem Bauch. Toshiya wusste einfach, wie man sie glücklich machte.

Auf jeden Teller kam ein Stück, von dem er einen an den Jüngeren auf dem Sofa weiter reichte.

Mit einer Kanne in der Hand, kehrte ihr Freund zurück, stellte sein Mitbringsel mit auf den Tisch. An den begeisterten Gesichtern seiner Partner erkannte er, dass seine Auswahl ins Schwarze getroffen hatte.

„Wollen wir Kaoru und Daisuke noch Bescheid sagen?“ Fragend sah Shinya von einem Freund zum anderen, erhielt ein einstimmiges: „Nein.“

„Heute wollen wir dich noch für uns allein haben“, erklärte der Bassist und ließ sich mit seinem Teller neben dem Jüngeren nieder.

Zur anderen Seite nahm Kyo Platz, lehnte sich ein wenig gegen seinen Partner. „Da werden sie schon Verständnis für haben.“

Stumm stimmte der Mann in der Mitte zu, musste lächeln. Den ersten Abend daheim in Ruhe genießen war sicherlich viel schöner. Vielleicht wurde er auch die Nervosität los, die er im Moment verspürte. Immerhin konnten sie hier noch mal auf eine ganz andere Weise miteinander umgehen, als im Krankenhaus. Ob sie jetzt erwarteten, dass er noch ein bisschen mehr auf sie zu kam? Bestimmt gab es Rituale, von denen sie ihm noch nichts erzählt hatten, weil es so selbstverständlich war, dass es sie mittlerweile gab.

„Lecker“, urteilte Kyo nach dem ersten Bissen. Kräftig schokoladig und angenehm süß durch die Früchte.

„Finde ich auch“, nickte Toshiya futternd. „Eine gute Mischung aus allem.“

Einzig Shinya starrte sein Kuchenstück weiterhin an, während seine Gedanken immer weiter kreisten. Er hatte Angst. Angst vor den Dingen, die über das Küssen hinaus gingen, in einer Beziehung aber normal waren. Er verspürte schon Lust. Würde die angestaute Energie gerne einsetzen. Doch mit Männern? Er erschrak, als man ihm den Teller aus der Hand nahm. Fragend sah er Toshiya an, spürte im nächsten Augenblick aber eine Hand an seiner Wange, die ihn in die andere Richtung drehte.

„Warum zitterst du so?“, hörte er Kyo fragen, die Stimme weich, samtig. Vertraut legte jener die Stirn auf seine. „Was bereitet dir Angst?“

„Uhm, ich... Es ist...“, stammelte der Jüngste, wusste nicht, wie er es sagen sollte, ohne seine Liebsten zu verletzen.

„Schon gut“, flüsterte der Mann vor ihm und blickte ihm tief in die Augen. „Erinnerst du dich daran, was ich dir über meine Angst zu Beginn unserer Beziehung gesagt habe?“ Kurz dachte Shinya nach, nickte dann aber. Im nächsten Augenblick legten sich zwei Arme von hinten um seinen Körper und Toshiya seinen Kopf auf seiner Schulter ab.

„Wir gehen alles ganz langsam an. Schritt für Schritt. Wie damals. Gehen nur so weit, wie wir uns trauen und uns wohl fühlen. Versprochen.“ Die Aufmerksamkeit des Bassisten wechselte zum Sänger. „Außerdem ist Kyo gar nicht in der Lage irgendwas zu tun, wenn man ihn mit Schokoladenkuchen besticht.“

„Sagt der mit der Vorliebe für Frittiertes.“

Der Körper in ihrer Mitte wurde etwas ruhiger, hörte nach und nach auf zu zittern. Solange sie vorerst bei Berührungen wie dieser Umarmung und einfachen Küssen blieben, war alles in Ordnung. Sie hatten zwar schon viel Geduld in ihn investiert, ein bisschen was hatten sie anscheinend aber noch übrig. Und für den Moment überwog bei beiden wohl die Freude darüber, dass sie hier wieder zu dritt saßen.

„Danke“, hauchte er, wurde daraufhin wissend von beiden angelächelt, ehe er seinen Teller mit dem Kuchen zurück bekam.

„Iss. Auch ruhig ein zweites Stück. Du brauchst Energie für dein ganzes Training.“

„In Ordnung“, versprach er Kyo und nahm endlich den ersten Bissen zu sich. „Der ist wirklich lecker, Toshiya.“

„Freut mich.“ Der Bassist löste seine Arme, um selbst endlich weiter zu essen und einen Schluck zu trinken, lehnte sich aber noch immer leicht gegen den Jüngeren, um ihn spüren zu lassen, dass er hier gewollt war.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  ScarsLikeVelvet
2018-10-25T22:52:06+00:00 26.10.2018 00:52
Oh mein Gott ...
Ich quietsche gerade dezent vor mich hin.
Shinya ist wieder daheim. Das freut mich so brutalst.
Und ich kann verstehen, dass er so unendlich unsicher ist und es ist so schön, wie liebevoll Kyo und Totchi mit ihm umgehen.
Danke, dass du mir damit die Nacht versüßt.

LG,
Scars
Antwort von:  Cookie-Hunter
26.10.2018 00:57
Aww, freut mich, dass ich dir eine Freude machen konnte :3
Jaaa, er ist endlich daheim. Ihm kommt zwar nichts bekannt vor und er muss sich jetzt erst einleben, aber er ist daheim. Hab mich beim Schreiben so für Kyo und Toshiya mit gefreut.
Jetzt aber nicht die ganze Nacht durch quietschen ;)

Liebe Grüße
Cookie
Antwort von:  ScarsLikeVelvet
26.10.2018 01:03
Naaa ... mein Schatz hat das Kännchen WD40 schon ausgepackt und mich geölt. Ich quietsche nicht mehr xD


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