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Star Trek - Icicle - 06

Unternehmen TARANIS
von

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Ein hoher Preis

Als Captain Tar´Kyren Dheran zu sich kam fühlte sich sein Schädel an, als habe jemand sein Gehirn genommen, Springball damit gespielt, und es anschließend, verkehrt herum, wieder in seinem Kopf eingesetzt.

Die ersten bewussten Gedanken kehrten wieder, und damit auch die Erinnerung daran, dass Alev Scenaris schwer verletzt worden war.

Dheran zwang sich die Augen zu öffnen und blickte in das Gesicht des besorgten, weiblichen Leitenden Medizinischen Offiziers. Die Frau wollte ihn sanft an der Schulter zurückdrängen, als er Anstalten machte, sich aufzurichten.

„Sie müssen sich schonen, Sir. Ich bin Lieutenant-Commander Katharina Geranowa. Sie hatten einige üble Brüche an ihren Knochenplatten im Brustbereich und eine mittlere Gehirnerschütterung.“

Tar´Kyren Dheran ließ sich nicht beirren und richtete sich auf, um für einen langen Moment schwankend auf der Liege sitzen zu bleiben und die Augen zu schließen. Dann sah er die dunkelhaarige Ärztin an und verlangte bestimmt: „Geben Sie mir etwas gegen die Kopfschmerzen und dann bringen Sie mich zu Captain Scenaris.“

Die Ärztin blickte in die bläulich-violetten Augen des Andorianers und erkannte, dass es keinen Sinn haben würde, ihn umstimmen zu wollen. Deshalb kam sie seiner Aufforderung nach und erklärte, während sie das Hypospray injizierte: „Captain Scenaris liegt nebenan, Sir. Es tut mir sehr leid, aber wir können leider gar nichts mehr für sie tun?“

Dheran blickte der Frau erschrocken in die braunen Augen. „Aber der Commander sagte mir, dass sie einen Splitter abbekommen habe.“

Die Schwarzhaarige nickte knapp. „Das ist korrekt, Sir. An dem Splitter befanden sich jedoch Stoffe, die durch die Explosion freigesetzt wurden, und die auf rigelianische Körper eine vergiftende Wirkung besitzen. Der Splitter war zu lange im Körper von Captain Scenaris, als dass wir noch eine Chance gehabt hätten, die fortschreitende Vergiftung aufzuhalten. Sie wird schon bald sterben, und ich bin vollkommen machtlos dagegen.“

Dheran spürte die Niedergeschlagenheit der Ärztin, und auch er selbst wollte nicht glauben, was er eben gehört hatte. Das konnte – nein, das durfte nicht sein. Er schüttelte leicht den Kopf und verlangte dann ächzend: „Ich möchte sie sehen, Doktor.“

Die Ärztin reichte Dheran ihren Arm um ihn zu stützen, was dieser dankbar annahm. So schnell die Ärztin meinte es verantworten zu können schritten sie in den angrenzenden Raum, in dem die Rigelianerin auf einer der Medoliegen ruhte. Das Ärzteteam hatte sie offensichtlich aus ihrer Uniform geschält und ihr später ein leichtes Nachthemd angezogen.

Mit geschlossenen Augen und entspannten Gesichtszügen, vermittelte Alev Scenaris ein Bild des Friedens, und hätte es der Andorianer, durch die Bordärztin nicht besser gewusst, so hätte er sich wenig Sorgen gemacht.

Mit brennendem Blick sah Dheran die Ärztin an und fragte: „Wird sie noch einmal zu sich kommen, Doktor?“

Die Ärztin schluckte. „Ich weiß es nicht, Sir. Ich lasse Sie nun allein.“

Der Andorianer blickte die Ärztin dankbar an, als sie leise den Raum verließ und richtete dann seine Aufmerksamkeit der Freundin zu. Langsam trat er an die Liege heran, setzte sich auf die Kante und legte dann seine Hand, in einer unendlich zärtlichen Geste auf ihre linke Wange. Sie sanft streichelnd sagte er flüsternd: „Warum du, Alev? Warum ausgerechnet du – gerade jetzt, wo wir all unsere Differenzen endlich beigelegt haben, und auf dem Weg waren, wieder die Freunde zu werden, die wir sein sollten. Wenn ich es könnte, dann würde ich sofort mein Leben geben, um deines zu erhalten, ich hoffe das weißt du.“

Die Augenlider der Rigelianerin begannen zu flattern und gleich darauf blickte sie ihn an. Doch es dauerte eine Weile, bis sich Erkennen in ihren grünen Augen widerspiegelte. Ein schwaches Lächeln überflog ihre blassen Lippen als sie beinahe unhörbar fragte: „Bist du es wirklich, Tar´Kyren?“

„Ja, ich bin es.“

„Das Schiff, ist es...?“

„Das Schiff ist in Sicherheit, Alev“, beeilte sich der Andorianer zu versichern. „Im Moment bringen uns die Voth in den Alpha-Quadrant zurück.“

Das Lächeln der Rigelianerin wirkte befreit. „Das ist gut...“

Tar´Kyren Dheran schluckte, als der Blick der Rigelianerin sich zu verschleiern drohte. Doch dann wurde er übergangslos klar und sie sagte etwas verständlicher: „Mir wird so kalt, Tar´Kyren. Halt mich bitte in deinen Armen.“

Vorsichtig schob der Andorianer seinen rechten Arm unter ihre Schulter. Mit der Linken bettete er sachte ihren Kopf an seine Brust und sah sie an.

„Das ist besser“, flüsterte die Rigelianerin und schloss für einen kurzen Moment die Augen, bevor sie Dheran wieder offen ansah. Ein Zittern durchlief ihren Körper und zwei Tränen rannen aus ihren Augenwinkeln, doch mit schier unbändiger Willenskraft sagte sie: „Tar´Kyren, ich werde dieses Universum nicht verlassen, ohne dich wissen zu lassen, dass ich niemals aufgehört habe, dich zu lieben.“

Die Rigelianerin lächelte gelöst. Im nächsten Moment brach ihr Blick und ihr Kopf sank nach hinten.

Stumm presste der Andorianer ihren leblosen Körper an sich, während sich seine Antennen immer stärker nah vorn über krümmten. Er hätte am liebsten laut geschrien, aber der Schmerz schnürte ihm die Kehle zu. Nur hinter seiner Stirn hämmerten immer wieder drei fürchterliche, grausam nüchterne Worte: Sie ist tot!

 

* * *

 

Eine knappe Stunde später ging das gewaltige Stadtschiff der Voth etwas außerhalb des Denorios-Gürtels, unter Transwarp und rief augenblicklich die Station DEEP SPACE NINE, bevor man dort eventuell auf die irrige Idee kam, ein Angriff würde erfolgen. Danach wurden die drei Föderationsschiffe ausgeschleust und nach einem letzten Gruß, den Valand Kuehn auf der Brücke seines Raumschiffs entgegen nahm, verabschiedete sich der Kommandant des gewaltigen Stadtschiffes. Im nächsten Moment wendete er es bereits und verließ das System mit hoher Fahrtstufe. Keine Minute später verschwand das Schiff der Voth aus dem Blickfeld und von den Scannern der Föderation.

Die Stimmung an Bord der Schiffe war gedrückt, denn mittlerweile hatte dort die Nachricht vom Tode Alev Scenaris´ die Runde gemacht.

Valand Kuehn hatte die Station davon unterrichtet, dass die ASTARTE, oder besser: was davon noch übrig war, nicht mehr manövrierfähig war, und darum gebeten, sie mit einem Traktorstrahl an einem der sechs Hauptpylone anzudocken. Außerdem sollten sich dort medizinische Notfallteams einfinden, denn die Transporter des Schiffes waren, wegen der schiffsweiten Zerstörungen, außer Funktion.

Der Norweger schüttelte den Kopf, während er auf dem Hauptschirm die schwer angeschlagene ASTARTE betrachtete. Fast siebzig Prozent der Steuerbordgondel fehlte, und ein gewaltiges Stück der rechten Primärhülle ebenfalls. Der Rest machte den Eindruck, als wäre er unter einen riesigen Schmiedehammer gekommen.

Zu seiner Erleichterung hatte er bereits erfahren, dass die übrigen sieben Raumschiffe des Verbandes ohne Probleme hatten entkommen können, wobei Captain Thomas Jackson jedoch hatte durchblicken lassen, dass Carzon Seregan, zumindest in der nächsten Zeit, wohl nicht gut auf ihn zu sprechen war. Das würde vermutlich ein ziemlich interessanter Bericht werden, den er bald von Jackson zu lesen bekam.

Zu Commander Delor gewandt meinte Kuehn schließlich: „Wir werden einen Warpschlepper benötigen, um das Raumschiff zur nächsten Flottenwerft zu transportieren. Vielleicht kann uns Admiral Tarun in dieser Hinsicht unterstützen. Die Station besitzt ein Reparaturdock, und sie liegt DEEP SPACE NINE, nach Sternenbasis-375 am nächsten. Bitte leiten Sie das in die Wege, ich werde mich zur ASTARTE begeben.“

Der vereinigte Trill bestätigte und blickte dem Konteradmiral nach, als er sich eilig zu Turbolift-1 begab.

Kuehn beeilte sich zu Transporterraum-1 zu gelangen und auf die ASTARTE zu wechseln, die momentan gerade am unteren Pylon-2 angedockt wurde. Ein junger Ensign führte ihn auf die Brücke, von wo aus Tar´Kyren Dheran persönlich das Manöver leitete.

Der Norweger hielt sich im Hintergrund, bis das Manöver erfolgreich abgeschlossen war, und Dheran das Kommando über das Schiff an Commander Ferath übergeben hatte, bevor er zu ihm trat und sagte: „Ich bin gekommen, um dich abzuholen, und um mich davon zu überzeugen, wie es dir geht, mein Freund.“

Kuehn wartete, bis sie beide allein im Turbolift nach unten fuhren, bevor er sagte: „Es tut mir aufrichtig leid, Tar. Ich weiß, wie viel dir Alev bedeutet hat, und sie war auch meine Freundin. Ihr Tod ist für uns ein schmerzlicher Verlust.“

Der Andorianer hielt den Lift an und wandte sich dem Freund zu. „War es das wirklich wert, Valand? Sind diese Cardassianer wirklich den Tod von Alev wert?“

Der Norweger blickte seinen Freund verstehend an und erwiderte: „Du kennst die Antwort darauf, Tar. Und Alev wäre die Erste gewesen, die sie dir gegeben hätte.“

Der Andorianer ballte in ohnmächtigem, hilflosen Zorn die Fäuste. „Ich war von uns immer der Draufgänger, Valand! Ich hätte bei diesem Einsatz sterben sollen, aber nicht sie! Doch nicht sie, Valand!“

Valand Kuehn, der sich gut vorstellen konnte, was momentan in dem Freund vorging, legte seine Hand auf die Schulter des Andorianers und bat ihn beschwörend: „Tu dir das nicht an, Tar. Das hätte sie nicht gewollt, und das weiß du.“

Der Andorianer löste die Hand des Freundes und ließ den Lift weiterfahren. Dabei erklärte er: „Wenn du nichts dagegen hast, dann suche ich mein Gästequartier auf der OBERON auf. Ich würde jetzt gerne allein sein.“

„Das verstehe ich“, antwortete Kuehn dunkel. „Ich werde Alevs Leichnam, nach Rigel-V überführen. Ihre Eltern werden das einer Raumbestattung vorziehen. Es wird trotzdem eine kleine Gedenkfeier für Alev, an Bord der OBERON geben, und ich bitte dich darum, daran teilzunehmen, mein Freund.“

Dheran nickte schwach. „Natürlich. Ich erwarte deinen Anruf.“

Durch die Backbordschleuse der ASTARTE verließen sie das Schiff und fuhren mit dem Pylon-Turbolift hinauf zur Andockring-Ebene, wo sich ihre Wege vorerst trennten, da Valand Kuehn zur OPS wollte um mit Captain Kira Nerys einige organisatorische Details zu besprechen. Erst, als er, auf dem Weg dorthin, den Habitatring hinter sich gelassen hatte, verlangsamte der Konteradmiral seine Schritte und blieb schließlich ganz stehen. Sich mit einer Hand an der Wand des Ganges abstützend fuhr er sich mit der Anderen über die Augen und wischte die Tränen fort, bevor er tief durchatmete und dann seinen Weg fortsetzte.

 

* * *

 

Sieben Stunden später standen sechs Männer und vier Frauen im Wohnraum von Valand Kuehns Quartier, bei einem Glas Wein zusammen. Sie alle hatten sich vor dem Einsatz hier getroffen, doch eine von ihnen fehlte nun:

Alev Scenaris.

Ihretwegen waren sie nun hier. Um Ihrer zu gedenken und um ihr Andenken zu ehren, indem sie sich von Begebenheiten mit ihr erzählten, so wie es bei Rigelianern Tradition war. Gemäß dieser Tradition begannen Valand Kuehn und Sylvie LeClerc, die Alev am längsten kannten, damit Anekdoten und Begebenheiten aus ihrem Leben mit Alev zu erzählen.

Danach folgte Elisabeth Dane, die mit Alev bereits gut befreundet gewesen war, als Tar´Kyren Dheran sie kennenlernte.

Als der Andorianer an der Reihe war zögerte er etwas, bevor er zögernd sagte: „Das, was mir am lebhaftesten in Erinnerung geblieben ist, das ist fraglos unsere erste Begegnung an der Sternenflottenakademie. Der Nachmittag, als wir, zusammen mit Valand und John, Beachvolleyball gespielt haben. Ihr besonderer Humor und ihre feurige Art, und vielleicht gerade die besondere Art, wie sie mit mir umging, wobei sie, ihr Temperament betreffend, scheinbar permanent vor einem Warpkernbruch zu stehen schien, das alles hatte mich von Beginn an besonders an Alev fasziniert. Was ich gleichermaßen nie vergessen werde ist jener Novembermorgen, an dem wir uns im Park der Akademie, nicht ganz zufällig, begegneten. Sie reichte mir ihre Hände, damit ich sie wärmen kann und in diesem Moment war es eigentlich klar, was wir für einander fühlen. Auch wenn ich das damals zu diesem Zeitpunkt noch nicht erkannt hatte. So werde ich sie stets in Erinnerung behalten. Auch wenn unsere Beziehung nicht von sehr langer Dauer gewesen ist, so war sie doch die beste Freundin, die man sich wünschen kann. Leider hatten wir das für einige Zeit vergessen.“

Nach Dheran kamen nun die Übrigen an die Reihe, wobei Alucard Farg den Schluss bildete. Danach erhoben sie ihre Gläser um auf das Andenken an die Rigelianerin zu trinken.

Später, als sie sich von einander verabschiedeten, begab sich Alana Kuehn unauffällig an Dherans Seite. Erst als sie den Andorianer ansprach, fiel ihm ihre Nähe auf und er musterte sie fragend.

„Tar´Kyren, ich würde dich gerne unter vier Augen sprechen.“

Dheran musterte sie mit einer Mischung aus Verwunderung und Neugier. „Worum geht es denn?“

„Natürlich um Alev.“ Sie umschlang mit ihrer rechten seinen linken Arm und sagte schließlich ironisch: „Spiel hier nicht den Eiskalten und lass mich bei dir unterhaken, okay?“

Etwas erstaunt über diesen bestimmten und gleichzeitig ernsten Tonfall, den er so nicht von ihr gewohnt war, winkelte er seinen Arm an und Alana hakte sie bei ihm ein.

„Schon besser, Großer“, meinte sie ruhig und lenkte ihre Schritte zu seinem Quartier, vor dem sie anhielt und meinte: „Und jetzt wirst du mich auf einen Drink einladen, damit wir in Ruhe reden können, klaro.“

„Klaro“, nickte Dheran sarkastisch und öffnete das Schott.

Nachdem sie eingetreten waren, und Tar´Kyren Dheran ihr, auf ihren Wunsch, einen Andorianischen Tee gereicht hatte, sagte Alana zum Freund ihres Bruders: „Wie du weißt, kannten Alev und ich uns seit der Akademie. Was du, wegen deiner späteren amourösen Eskapaden mit Inari Taran und Christina Carey, nicht weißt ist, wie gut diese Freundschaft wirklich gewesen ist, und dass wir, auch nach der Akademie, in permanentem Kontakt mit einander gestanden haben. So kam es, dass sie mir, als ihre Freundin, etwas anvertraut hat, von dem sie nicht wollte, dass du es zu ihren Lebzeiten erfährst. Jetzt jedoch, so finde ich, ist die Zeit gekommen, dass du es erfährst.“

Sie nahm einen Schluck von ihrem Tee und Tar´Kyren Dheran musterte sie überrascht, ob der geheimnisvollen Eröffnung. „Ich wusste tatsächlich nicht, dass ihr zwei euch so nahe gestanden habt.“

Alana nickte bezeichnend und fuhr fort: „Was du ebenfalls nicht weißt ist, dass du der einzige Mann in ihrem Leben gewesen bist, Tar´Kyren.“

Es gab nicht sehr oft die Gelegenheit, Tar´Kyren Dheran völlig verblüfft zu erleben, doch dies war einer der seltenen Momente. Ungläubig blickte der Andorianer die Schwester seines Freundes an und fragte mit wankender Stimme: „Ist das ein schlechter Scherz?“

Etwas dichter an den Andorianer herantretend versicherte die blonde Frau: „Nein, bestimmt nicht, Tar´Kyren. Dass du dich so schnell mit diesem andorianischen Mädchen getröstet hast, das hatte sie schwer verletzt.“

„Aber sie war es, die unsere Beziehung beendete“, verteidigte sich der Andorianer.

„Das mag sein, aber gerade, als sie beschlossen hatte, sich mit dir auszusprechen und zu versöhnen, da hattest du plötzlich Inari an deiner Seite. Wenn du doch damals nur etwas länger gewartet hättest...“

Es dauerte nur einen Moment, bis der Andorianer ihre Worte in voller Konsequenz erfasste und verwundert fragte: „Alev wollte es noch einmal mit uns versuchen?“

Alana nickte zustimmend und legte ihre Hand auf seine Wange. „Ja, das wollte sie. Denn du warst der Mann, mit dem sie zusammen sein wollte. Nur du. Sie hat niemals aufgehört, dich zu lieben, Tar´Kyren.“

Der Andorianer blickte durch Alana hindurch und sagte leise: „Ja, das waren ihre letzten Worte auf dem Totenbett, bevor sie in meinem Arm starb.“

Zwei Tränen rannen über die Wangen der Frau. „Dann starb sie wenigstens in dem Wissen, dass du es weißt, und du warst in diesem letzten Augenblick bei ihr.“

Tar´Kyren schritt an Alana vorbei zu einem der Fenster.

Im nächsten Moment hatte die blonde Frau ihr Glas auf einen kleinen Tisch gestellt und schritt zu dem Andorianer. Beinahe zornig zog sie ihn am Arm zu sich herum und funkelte ihn mit ihren blauen Augen an. „Mach das nie wieder, Tar´Kyren!“, zischte sie gefährlich leise und erneut standen Tränen in ihren Augen. „Wende dich nie wieder von einem deiner Freunde ab – weder von mir, noch von sonst einem. Als Elisabeth dir vor einigen Tagen in Valands Quartier sagte, es wäre nicht verkehrt, dir eine reinzuhauen, da hatte sie Recht, und vielleicht hätte sie es auch tun sollen. Du hast dich seinerzeit von Alev abgewendet, und nun ist sie tot. Aber der Rest von uns lebt noch, und wenn du dich verdammt nochmal zukünftig nicht besser um deine Freunde kümmerst, dann werde ich nach STRATEGICAL STARBASE 71 fliegen, und dann kannst du etwas erleben! Valand ist in dieser Hinsicht vielleicht zu diplomatisch, aber ich sage es dir offen ins Gesicht: Bewahre dir die Freundschaften, die dir noch verblieben sind!“

Wie vom Donner gerührt starrte Tar´Kyren Dheran Alana an, als würde er sie zum ersten Mal sehen. So heruntergeputzt worden war er seit einer halben Ewigkeit nicht mehr, und in ihm setzte sich die Erkenntnis, dass sie Recht damit hatte. In einer hilflos wirkenden Geste hob er seine Hände etwas und ließ sie wieder sinken, ohne ein Wort hervorbringen zu können.

Alana blickte ihn einen Moment lang stumm an. Dann nahm sie ihn in die Arme, drückte ihn sanft und meinte: „Tut mir leid, Tar´Kyren, aber das musste einfach mal raus. Wenn Freunde nicht mehr für einander da sind, was haben wir denn dann noch?“

Tar´Kyren Dheran zog die Frau in seine Arme und erwiderte nach einem langen Moment: „Was du gesagt hast ist wahr, Alana. Ich verspreche dir, dass ich mich ab jetzt mindestens einmal im Monat, via Federation-Skynet bei euch allen melden werde. Aber für euch gilt das genauso, hörst du? Und vielleicht sollten wir uns alle, mindestens einmal im Jahr, irgendwo, für ein paar Tage, treffen, was meinst du dazu?“

Alana brauchte eine Weile, bevor sie sagen konnte: „Du lernst es allmählich.“

Mit einem Räuspern schob Tar´Kyren Dheran Alana schließlich ein Stückchen von sich und blickte sie ernst an. „Ich verspreche dir, dass das nicht nur leere Worte waren.“

Alana Kuehn schlug dem Andorianer herzhaft mit der flachen Hand auf die Brust und erwiderte: „Das will ich dir auch raten, sonst lernst du mich mal kennen, Großer.“ Dann fragte sie etwas ernster. „Wirst du zu der Zeremonie auf Rigel-V kommen, Tar´Kyren?“

„Das werde ich, und wenn ich dafür nochmal eine Schießerei mit meinem Admiral anfangen, und ihm androhen, muss, die ICICLE noch einmal zu entführen.“

Die blonde Frau blickte den Andorianer verständnislos an, und er meinte lediglich: „Die Geschichte erzähle ich dir ein anderes Mal.“

„Ich werde dich daran erinnern.“ Dann wechselte die Blondine das Thema und fragte: „Stimmt es, dass dein Schiff wieder einsatzfähig ist, und dich, zusammen mit Lieutenant-Commander Filiz und Lieutenant Singh-Badt hier abholen wird?“

Dheran erklärte zustimmend: „Ja. Valand hat mich, nach seinem Besuch bei Captain Kira, davon in Kenntnis gesetzt, dass die ICICLE in knapp zwölf Stunden hier sein wird. Ein Warpschlepper der Fünften Taktischen Flotte wird das Schiff begleiten und wir eskortieren den Schlepper und die ASTARTE dann zu unserer Basis, wo das Schiff repariert werden wird. Admiral Tarun hat seine Hilfe sofort zugesichert.“

Alana Kuehn nickte. „Ich lasse dir jetzt deine Ruhe, Großer. Ich hoffe, wir sehen uns noch, bevor du mit der ICICLE abfliegst.“

Der Andorianer nickte, während er sie zum Schott begleitete. „Ich werde vorher an Bord der ZARATHUSTRA kommen und mich von dir verabschieden.“

Sie lächelte aufmunternd. „Bis dann.“ Damit verließ sie das Quartier.

 

* * *

 

Hat´Meran Teron stand am Fenster seines Quartiers, das ihm nach der Ankunft der ASTARTE, auf DEEP SPACE NINE, zugewiesen worden war. Sein Haar hatte er schneiden lassen und man war so entgegenkommend gewesen ihm eine frische Uniform zu replizieren, die seiner alten exakt glich. Die Hände auf den Rücken gelegt, blickte er, durch das ovale Fenster hinaus auf das Sternenmeer der Milchstraße, ein Anblick, den er seit Jahren nicht mehr gewohnt war. Bei dem Gedanken daran, wem er es zu verdanken hatte, dass er diesen Anblick nun wieder genießen durfte, bogen sich seine Antennen nach Innen.

Irgendwann drang ein aufdringliches Summen an sein Ohr, dass ihm sagte, das jemand vor dem Schott stand und Einlass begehrte.

„Herein!“, rief der Andorianer und aktivierte damit den Öffnungsmechanismus des Schotts, ohne sich dabei umzuwenden. Erst als sich in der Scheibe des Fensters, neben seinem Gesicht, das Gesicht eines ihm nur zu gut bekannten Andorianers spiegelte, drehte er sich herum und fragte reserviert: „Was willst du, Tar´Kyren?“

Für einen langen Moment musterte Dheran den Mann, der zu Schulzeiten sein bester Freund gewesen war, bevor er entschlossen antwortete: „Ich wollte mich vergewissern, dass es dir gut geht, Hat´Meran, und ich will mich bei dir bedanken, dass du mich dabei unterstützt hast, die gefangenen Geiseln auf Varala IV zu befreien.“

„Das habe ich nur getan, um später nicht in deiner Schuld zu stehen“, entgegnete der Andorianer, in der schwarzen Uniform der Andorianischen Kommandoeinheiten, mit den Insignien eines Oberstleutnants am Kragen, hart. „Dieser Gedanke wäre mir unerträglich gewesen. Ich habe es also nicht für dich getan.“

Tar´Kyren Dheran atmete tief durch und sagte betont ruhig: „Ich bedauere sehr, dass du das sagst, Hat´Meran. Wir waren einst die besten Freunde, und ich bin mir sicher, wir könnten es wieder sein.“

Die Antennen des früher so kräftig gebauten Andorianers zuckten auf Dheran zu. „Weißt, du, dass ich mir während der Gefangenschaft oftmals gewünscht habe, du würdest an meiner statt dort schmoren? Und dann tauchst du plötzlich dort auf, in dieser verhassten Uniform, und du verlangst von mir, die Frauen und Kinder jener zu befreien, die ich ebenso verflucht habe, wie dich. Danach glaubst du wirklich, wir könnten Freunde sein?“

Tar´Kyren Dheran blickte in die funkelnden, blau-grauen Augen seines ehemaligen Schulfreundes. Dann deutete er anklagend, mit ausgestrecktem Arm auf ihn und explodierte: „Jetzt mach einmal einen Punkt, Hat´Meran. Du denkt in längst überholten Bahnen wie zur Zeit der letzten Clan-Kriege! Andorianer haben die Föderation mit begründet und einer der größten andorianischen Helden der neueren Geschichte, nämlich kein Geringerer als Thy´Lek Shran, hat für diese Föderation gekämpft. Ich bin also in bester Tradition unseres Volkes zur Sternenflotte gegangen, und ganz gewiss kein Verräter an Andoria! Bei der zurückliegenden Befreiungsaktion starb die Kommandantin der ASTARTE, die zu meinen besten Freunden gehört hat, weil sie ebenfalls an diese Werte glaubte! Ich hätte nie gedacht das einmal zu einem Andorianer sagen zu müssen, aber du bist es nicht wert, dass sie ihr Leben gegeben hat! Und du bist es nicht wert, dass man um deine Freundschaft kämpft“

Damit wandte sich Tar´Kyren Dheran ab und marschierte wütend aus dem Quartier.

Noch eine ganze Weile, nachdem Dheran gegangen war, stand Hat´Meran Teron im Raum und blickte auf das geschlossene Schott, durch dass Tar´Kyren Dheran verschwunden war. Seine Antennen bewegten sich unruhig in alle Richtungen und seine Hände ballten sich hinter seinem Rücken immer wieder zu Fäusten. Schließlich wandte er sich abrupt ab und starrte wieder finster hinaus auf das Sternenmeer des Alpha-Quadranten.



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