Ein ganz normaler Tag...
Brüderchen?"
Mein Kopf ruckte nach oben und ich erblickte meinen großen Bruder, der an dem Türrahmen meines Zimmers lehnte und mich angrinste.
Leise klappte ich das Buch zu, in dem ich gerade gelesen hatte, und hob auch meine Mundwinkel an.
"Was gibt's?", fragte ich Doffy und setzte mich auf, um meinen Nacken nicht zu sehr beanspruchen zu müssen.
"Schon mal auf die Uhr geguckt? Wenn du nicht langsam ins Bad gehst, dann kommen wir zu spät zum Unterricht."
Meine Braue hob sich leicht und ich drehte den Kopf, um auf meinen Wecker sehen zu können.
"Verdammt!", fluchte ich leise - ich wollte doch nur ein paar Seiten lesen, aber das waren wohl ein paar mehr geworden -, sprang vom Bett und stürmte an meinem Brüder vorbei auf den Flur, um zum Bad zu gelangen.
Auf dem Weg dorthin rutschte ich allerdings auf dem Teppich aus und knallte auf den Rücken.
"Au.."
Ein belustigtes Kichern erklang neben mir.
"Tollpatschig wie eh und je.", zog mich Doffy etwas auf, hielt mir dann aber hilfsbereit seine Hand hin.
Ich ergriff sie und mein Bruder zog mich wieder auf die Beine.
Dankend lächelte ich ihn kurz an, verschwand dann aber wie geplant im Bad, um mich fertig zu machen.
Keine zehn Minuten später war ich so weit, verließ das Bad, wo nun die Tür eines Schrankes fehlte, und ging die Treppe runter in die Küche.
Dort saß mein Bruder am Tisch, hatte mir bereits einen Kaffee hingestellt und nippte selbst an seiner eigenen.
Doffy sah mich an und grinste breit.
Auch ich begann wieder zu grinsen und ein kaum sichtbarer, roter Schimmer legte sich über meine Wangen.
Mein Bruder saß mit einem offenen Hemd, und überschlagenen Beinen da und sah mich mit seinen azurblauen Augen an.
Seine Sonnenbrille, die er für gewöhnlich trug, lag vor ihm auf dem Küchentisch.
Ich war der Einzige, der ihn so sehen durfte, ohne Sonnenbrille auf der Nase.
Selbst unsere Eltern bekamen ihn nicht anders vor Gesicht - aber gut, sie waren eh selten Zuhause.
Unser Vater arbeitete in einem angesehenen Konzern und unsere Mutter lag im Krankenhaus und kam nur ein Wochenende im Monat nach Hause.
Leise seufzend setzte ich mich auf meinen Stuhl und griff nach der Tasse mit dem mittlerweile nur noch lauwarmen Kaffee.
Doch anstatt zu trinekn, starrte ich bloß in die schwarze Flüssigkeit.
Mein Bruder war bereits achtzehn und hätte längst ausziehen können, aber er hatte es nicht getan.
Meinetwegen.
Doffy hatte nicht gewollt, dass ich alleine war.
Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen, als ich an den genauen Wortlaut dachte.
,Wie willst du denn alleine klar kommen? Deine Tollpatschigkeit bringt dich doch um, wenn niemand aufpasst. Ich bleibe hier, Kleiner.`
"-ci! Roci!"
Ich zuckte aus meinen Gedanken hoch, ließ allerdings vor Schreck meine Tasse fallen, die auf dem Boden zerschellte.
Doffy entwich ein schweres Seufzen und er murmelte ein "Typisch" vor sich hin.
"Sorry..", entkam es meiner Kehle und ich stand auf, um die Scherben aufzufegen und den Kaffee aufzuwischen.
"Fufufu.", hörte ich das Lachen meines Bruders, das dafür sorgte, dass mein Herz ein paar Takte schneller schlug.
Ich mochte meinen Bruder - mehr, als ich wahrscheinlich sollte.
Und das sollte mir noch zum Verhängnis werden, aber davon ahnte ich ja nichts...
