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Das Omen Yggdrasils

Xerneas Kismet und die Reise gen Ragnarök
von

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Der eiserne Ritter

Die Freunde waren endlich auf Route zwei unterwegs und hielten Ausschau nach neuen Pokemon. Sie hatten nur einen kleinen Fußmarsch vor sich und konnten bereits in naher Ferne, den Rand des Nouvaria Walds erkennen. Ein schmaler Wanderweg führte entlang mehrerer Wiesen, in denen es von wilden Pokemon nur so wimmelte. Zumindest normalerweise, denn lautes Geplapper drang durch die Felder und verschreckte die kleinen Tierchen.

„Uiii und wie Fynx dann auf Froxy runter gesaust ist! So cool!“ Sannah war noch immer damit beschäftigt über Harus Kampfstil zu schwärmen, was Kalem ziemlich auf die Nerven ging.

„Ja ja, Haru hat gewonnen. Können wir es jetzt dabei belassen“, knurrte er gereizt und verzog mürrisch das Gesicht.

Mit gesenkten Schultern lief er schlürfend hinter den Mädchen her und vergrub seine Hände in den Hosentaschen.

„Haha, du guckst ja wie ein Flunschlik!“, lachte Sannah, wirbelte herum und pikste ihm in die Wange. „Blablabla... Halt einfach die Klappe, sonst finden wir hier nie Pokemon, du Quasselstrippe.“, entgegnete er und ließ seinen Blick über die Wiesen schweifen.

„Vielleicht sollten wir uns kurz aufteilen, um auf Pokemonjagd zu gehen. Dann kommen wir uns auch nicht in die Quere“, schlug Haru vor. Die Freunde waren einverstanden, entfernten sich von ihr und verschwanden im kniehohen Gras. Haru tat es ihnen gleich und schlich vorsichtig über eine kleine Wildblumenwiese. Das Gras kitzelte an ihren nackten Beinen und paranoid wie sie war, fasste sie sich immer wieder unter den Rock um auszuschließen, dass ein Weberak darunter saß. Plötzlich vernahm sie ein aufgebrachtes Zwitschern über ihr. Erschrocken schaute sie auf und sah wie ein Taubsi über sie hinweg flatterte. Irgendwie schien es von ihrer Anwesenheit weniger begeistert zu sein und kreischte erbost auf.

„Das Vieh wird doch nicht...?!“ Doch bevor sie ihren Satz zu Ende bringen konnte, setzte es zum Sturzflug an. Reflexartig sprang sie zur Seite und konnte dem rasenden Geflügel nur knapp entkommen. „Howl, schnell! Ich könnte Hilfe gebrauchen“, schrie sie und warf seinen Pokeball in die Luft. Ihr Fynx kam zum Vorschein, erfasste die Situation sofort und machte sich kampfbereit. „Los, grill das Hühnchen mit Glut!“ Mit angelegten Flügeln stürzte das Taubsi wie ein Kamikazeflieger hinab und peilte den kleinen Fuchs mit seinen Adleraugen an. Howl schoss ihm eine Ladung heißer Funken entgegen, worauf das taubenähnliche Pokemon blitzschnell die Flügel ausbreitete und mit hastigen Flügelschlägen in der Luft stehen blieb. Noch bevor die Glut es erreichen konnte, verpufften die Flammen im Windstoß seiner Schwingen.

„Wow, was für ein starkes Taubsi. Das muss ich einfach haben! Los Howl, nochmal Glut! Volle Power!“ Mit einem scharfen Atemzug sammelte Fynx seine Kräfte und stieß eine zündelnde Flamme aus, die mit rasenden Tempo auf seinen Gegner zu stürmte. Das Taubsi wurde von dem heißen Odem direkt erfasst, schrie panisch auf und fiel strauchelnd vom Himmel hinab.

„Hah, perfekt! Jetzt Pokeball, LOS!“ Ohne Umschweife warf Haru einen Ball auf das verletzte Pokemon, das sofort darin verschwand. Der Pokeball wackelte ein paar Mal hin und her, bis ein klickendes Geräusch den Fang bestätigte.

„Wahnsinn! Howl, wir haben ein Taubsi gefangen!“ Haru bückte sich und hob stolz den Ball aus dem angesengten Gras. „Komm raus Kleiner, du bist jetzt offiziell im Team Haru aufgenommen.“ Mit hellen Strahlen erschien der Vogel aus dem Ball, schüttelte seine angekokelten Flügel aus und schenkte seiner neuen Trainerin einen tödlichen Blick. „Haha, da ist jemand sauer. Sei nicht mehr böse. Ab jetzt werden wir gute Freunde sein! Glaub mir, Cloud“, sagte Haru lächelnd und beugte sich zu ihrem Taubsi hinab, das sie skeptisch beäugte. Howl bellte freudig und hüpfte übermütig um seinen neuen Partner herum. Nach einer kurzen Denkpause schien der kleine aber Vogel überzeugt zu sein und flatterte auf Harus Schulter, tätschelte ihr mit dem Flügel liebevoll den Kopf und gurrte fröhlich. „Klasse! Wir werden garantiert viel Spaß haben!“, meinte sie zuversichtlich und strich über sein Gefieder.

„Hey Haru, hast du schon einen guten Fang gemacht?“ Kalem kam über die Wiese gelaufen und hatte ebenfalls einen kleinen Vogel auf der Schulter sitzen.

„Oh, du hast ja ein Dartiri gefunden!“, stellte sie begeistert fest und musterte das kleine Rotkehlchen, das ausgelassen zwitscherte. Die beiden Vogel Pokemon erhoben sich gemeinsam in die Lüfte und vollzogen die wildesten Flugmanöver.

„Wo steckt Sannah denn? Ist die schon wieder vor gelaufen?“, fragte Haru und ahnte nichts Gutes.

„Ist doch Schnuppe. Die findet uns schon“, meinte Kalem und schaute unbekümmert in den Himmel. Wortlos verdrehte Haru die Augen und ärgerte sich über seine Sorglosigkeit. Sannah unbeaufsichtigt zu lassen, war nie eine gute Idee. „Wir sollten sie suchen. Los komm Blödmann!“, befahl sie und stapfte über die Wiese in Richtung Wald, worauf Kalem ihr grinsend folgte.
 

Durch die dichten Baumkronen des Nouvaria Waldes fielen nur wenige Sonnenstrahlen, womit es angenehm kühl war. Im spärlichen Lichteinfall, wirkte die Umgebung fast unheimlich. Die hohen, Efeu bewachsenen Bäume warfen dunkle Schatten auf das Unterholz und hüllten alles in einen verwunschene Schein. Unsicher schlich Haru hinter Kalem her und versuchte dicht bei ihm zu bleiben. Die Tatsache, dass es hier von Käfer Pokemon nur so wimmelte, versetzte sie in Unruhe. „Igitt... ich will nicht mehr. Sind wir bald draußen?“, fragte sie angeekelt und biss sich nervös auf die Lippe.

„Stell dich nicht so an. Wir werden schon nicht von Bibors angefallen. Falls doch, spielst du den Köder, während ich verdufte“, scherzte Kalem und grinste hämisch. Haru schenkte ihm einen feindseligen Blick und hätte ihm am liebsten vors Schienbein getreten.

„Bist du eigentlich immer so unverschämt oder sparst du dir das nur für mich auf?“, fragte sie verärgert.

„Eher Zweiteres. Du bist so süß wenn du dich aufregst.“ Er fixierte sie provokant und wartete auf ihre Reaktion. Blanke Wut kochte in ihr hoch.

„Nenn mich gefälligst nicht süß, du Idiot!“

Kalem lachte selbstgefällig, drehte sich zu ihr um und stupste mit seinem Zeigefinger an ihre Stirn.

„Siehst du, klappt jedes Mal. Du solltest mal lernen dein Temperament zu zügeln.“

Haru funkelte ihn zornig an und verschränkte beleidigt die Arme vor der Brust.

„Du bist wirklich unglaublich!“, zischte sie giftig.

„Ich weiß, das bekomme ich öfters zu hören.“ Mit diesen Worten wendete er sich ohne eine Spur von Verlegenheit ab und summte zufrieden vor sich hin.

„So ein affektierter Depp“, grummelte Haru kaum hörbar in sich hinein und setzte sich wieder in Bewegung.
 

Es dämmerte langsam und im Wald wurde es immer dunkler. Sannah war unauffindbar und ihre Freunde irrten verloren im finsteren Gehölz umher.

„Ich kann nicht mehr. Mir tun die Füße weh“, jammerte Haru und nahm erschöpft auf einem alten Baumstumpf Platz. Auch Kalem wirkte entkräftet und rieb sich die Schläfen.

„So wie es aussieht müssen wir die Nacht hier verbringen. Es ist schon zu dunkel um weiter zu suchen“, meinte er nüchtern. Haru ließ entmutigt den Kopf hängen und schmiss ihren Rucksack zu Boden. „Na toll! Mitten in der Wildnis campen, wo auch noch haufenweise Krabbelviecher lauern. Ich könnte mir nichts Schöneres vorstellen!“ Ihr Tonfall triefte vor Sarkasmus.

Kalem streckte sich einmal ausgiebig und wirkte tiefenentspannt. „Jetzt mach mal kein Theater. Wir haben schließlich Pokemon dabei, also bleib locker und helf mir lieber die Zelte aufzubauen.“ Er hockte sich hin und kramte alle möglichen Utensilien aus seiner Tasche hervor, die er sorgfältig auf den Boden verteilte. Haru schmunzelte heimlich über seine Vorliebe für Ordnung und gesellte sich schweigend dazu.

Nach wenigen Minuten stand das erste Zelt und beide begutachteten zufrieden ihr Schaffen.

„Ok, dann können wir jetzt meins aufstellen“, sagte Haru, wühlte währenddessen in den Tiefen ihres Rucksacks und musste entsetzt feststellen, dass ihr pinkes Minizelt weg war.

„Nein, nein, nein! Wo ist es? Verdammt, mein schönes Zelt... .“ Geknickt ließ sie die Schultern hängen und seufzte.

„Dann musst du wohl bei mir schlafen...“, flüsterte Kalem und schaute sie lasziv lächelnd an.

„Niemaaaaals! Du Perverser! Da lass ich mich lieber von den Hornliu fressen!“, protestierte sie entrüstet, schnappte sich ihr Schlafkissen und pfefferte es ihm so heftig ins Gesicht, dass er nach hinten strauchelte.

„Na warte, dafür bist du fällig!“ Er grinste hintergründig, stürzte sich im nächsten Moment stürmisch auf sie und verpasste ihr eine Kitzelattacke.

„Waaah, nein was machst du! Aufhören!“ Haru krümmte sich vor Lachen. Sie versuchte seinen Fingern zu entkommen und rollte sich zur Seite weg. Kichernd blieb sie im feuchten Gras liegen, strich sich die zerzausten Haare aus den Augen und sah plötzlich direkt in Kalems Gesicht.

Er kniete neben ihr und beugte sich über sie. Seine Hände umschlossen ihre Unterarme und drückten sie fest in den weichen Waldboden. Sie konnte seinen rasenden Herzschlag über sich spüren. Schwarze Strähnen fielen um seine dunklen, leuchtenden Augen, die sie begierig ansahen. Er atmete schwer. Haru wusste nicht was sie tun sollte. Sie sah ihn entgeistert an.

„Kalem, was soll das werden?“ Ihr Herz hämmerte wie wild und ihr Atem wurde flach.

Der lüsterne Ausdruck in seinen Augen, jagte ihr einen Schauer über den Rücken und ließ das Blut in ihren Ohren rauschen. Sein Handgriff wurde noch fester und sie fühlte sich völlig machtlos.

„Nein, hör auf! Lass mich los“ Kalem schwieg. Langsam näherten sich seine Lippen den ihren. Harus Körper wurde von einer glühenden Hitze erfasst und Panik stieg in ihr auf. Bevor sie wusste was sie tat, rammte sie ihm das Knie in die Magengrube. Kalem wich ruckartig zurück und sah sie überrascht an.

„Fass mich nie wieder an!“, stieß Haru keuchend hervor. Wütend schubste sie ihn von sich, stand hastig auf und rannte los. Sie wusste nicht wohin, aber sie wollte einfach nur weg. Weg von ihm.

Kalem blieb vollkommen perplex zurück und blickte ihr nach. Er hielt sich seinen schmerzenden Bauch und blinzelte ungläubig. „Ich Vollidiot...“ Verbittert krallte er seine Hände in die feuchte Erde und ließ den Kopf auf die Knie sinken. „Was ist bloß los mit mir...?“
 

Ziellos stolperte Haru durch das dicke Geäst. Es war inzwischen so dunkel, dass sie ihre Umgebung nur noch schemenhaft erkennen konnte. Völlig außer Atem blieb sie inmitten einer Waldlichtung stehen, durch die der helle Mond strahlte. Sie stütze ihre Hände auf den Knien ab und rang nach Luft. Die langen Haare fielen ihr über den Kopf und schimmerten im silbernen Mondlicht, wie flüssiges Perlmutt. Ihr Puls beruhigte sich langsam und sie blickte sich verwirrt um.

Ihr ganzer Körper zitterte. Alles war in Stille getaucht. Nur ihr Atem drang in röchelnden Stößen durch die Nacht. Schluchzend ließ sie sich fallen, schlang die Arme um sich und begann bitterlich zu weinen. Ihre Tränen tropften zu Boden und perlten wie kleine Murmeln von den Grashalmen ab. Sie fühlte eine tiefgründige Traurigkeit in sich aufsteigen und wurde von dem gleichen Gefühl überrannt, wie sie es nach ihrer Begegnung mit dem mystischen Hirsch erfahren hatte.

Eine schwere Einsamkeit, die ihr Herz fest umschloss.

„Wie konnte er mir nur so etwas antun? Ich bin so blöd. Ich hätte mich nie auf ihn einlassen sollen. Dieser perverse Mistkerl!“ Brennender Zorn loderte in ihr auf und rauschte durch ihre Adern wie ein Feuersturm. Sie ballte die Hände zu Fäusten und blickte hinauf zum Vollmond.

Ihre Tränen nahmen kein Ende. Noch nie hatte sie sich so schäbig und verletzt gefühlt.

Sie hasste sich für ihren Leichtsinn. Seine Unberechenbarkeit hätte sie schon vorher abschrecken sollen, stattdessen fühlte sie sich davon angezogen. Wie ein Omot, das ins Licht flog und sich jämmerlich verbrannte.

„Verdammter Idiot... was soll ich den jetzt machen? Ich kann unmöglich zu ihm zurück.“

Sie schüttelte verzweifelt den Kopf. Plötzlich bemerkte sie, wie sich hinter ihr etwas bewegte. Panisch drehte sie sich um und starrte in ein paar großer, gelb glühender Augen, die sie bedrohlich aus einem Gebüsch fixierten. Ein kehliges Röcheln versetzte sie in pure Angst. Die Umrisse eines ovalen, kräftigen Körpers bewegte sich auf sie zu. Der Korpus trat ins Mondlicht.

In der Mitte des massigen Leibes hatte das Wesen eine Reihe spitzer Fangzähne und auf seinem Kopf thronten zwei dornige Hörner, die drohend im Lichtkegel der Waldlichtung glänzten. Es stieß einen metallischen Schrei aus, der Haru die Nackenhaare zu Berge stehen ließ. Erschrocken schrie sie auf, krabbelte rückwärts und stieß sich vom Boden ab. Das Geschöpf stapfte gurgelnd auf sie zu und ließ seine Hörner wie eine Zange zusammen klappen. Zitternd griff Haru in ihre Rocktasche und zog einen Pokeball hervor.

„Cloud, hilf mir!“ Mit einem hellen Strahl erschien ihr Taubsi, das der furchteinflössenden Kreatur ängstlich gegenüberstand. Das Vogel-Pokemon war wie erstarrt.

„Du musst dich jetzt zusammenreißen! Los setzt Windstoß ein!“

Die Stimme seiner Trainerin riss es aus der Befangenheit und es erhob sich flügelschlagend vom Boden. Das massige Käfer-Pokemon blickte irritiert nach oben, als es von schnittigen Windböen erfasst wurde, die Taubsi ihm entgegen schmetterte. Wütend kreischte es auf und versuchte Taubsi mit seinen mahlenden Scheren zu erfassen. Cloud schwang sich geschickt höher in die Lüfte, um seinen Greifzangen zu entkommen.

„Ja, sehr gut! Zeig es dem Monster. Nochmal Windstoß!“

Doch bevor Taubsi weitere Luftwirbel erzeugen konnte, begann das Insekt aufzuleuchten.

Haru erfasste plötzlich ein überwältigender Schwindel und ihr wurde schwarz vor Augen. Die Atome ihres Körpers schienen zu zerbersten. Schmerzverzerrt ging sie zu Boden und schnappte panisch nach Luft. Ein Schwall bunter Lichter umhüllte das Käfer Pokemon und schlagartig veränderte es seine Form. Ein Paar grün leuchtender Flügel brach aus seinem Rücken hervor, die Hörner wuchsen zu noch imposanteren Dornensträngen heran und seine Klauen wurden länger und schärfer. Surrend erhob es sich in den Nachthimmel. Haru konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sie krümmte sich vor Schmerzen und zuckte am ganzen Leib. Die mächtige Kreatur ließ einen ohrenbetäubenden Schrei durch die Nacht hallen und stürzte sich auf seine zappelnde Beute am Boden. Cloud zögerte nicht lange und warf sich schützend vor seine Trainerin, doch die heftigen Flügelschläge des monströsen Käfers wehten es einfach fort. Mit hartem Aufprall wurde es gegen einen Baum geschleudert und fiel ohnmächtig zu Boden.

„Ich kann mich nicht bewegen. Was passiert mit mir? Ich muss aufstehen - .“

Noch immer lag Haru im Gras und versuchte sich gegen die tobenden Kräfte in ihrem Körper zu wehren.

Keuchend drehte sie sich zur Seite und erkannte, dass sich zwei stämmige Klauenfüße auf sie zu bewegten. Das Käfer Pokemon war gelandet und stapfte lechzend auf sie zu. Der Boden bebte förmlich. Das Vieh würde sie zermalmen und in Stücke reißen und sie konnte absolut nichts dagegen unternehmen. Unter schweren Lidern sah sie dem Tod ins Auge und eine eisige Kälte ergriff sie.

Plötzlich hörte sie etwas durch die Luft rauschen. Das Monster vor ihr wurde von einem stählernen Wesen zu Boden gerissen und schrie erbost auf. Sie spürte die Erschütterung des Aufpralls und blinzelte verwirrt. Im Mondlicht erkannte sie die schimmernden Schwingen eines prächtigen Panzaeron, das sich mutig auf das Biest stürzte.

„Panzaeron, Bohrschnabel!“

Harus Magen verkrampfte sich. Diese Stimme war ihr so vertraut. Die eisernen Krallen des Panzaerons umschlossen die Pranken des Käfers und sein silberner Schnabel bohrte sich durch den glänzenden Chitinpanzer. Ein schmerzverzerrter Schrei drang aus der Kehle des Insekts und es schlug heftig mit seinen grünlichen Flügeln.

„Setzt dem ein Ende. Stahlflügel“

Die scharfen, silbernen Schwingen des Vogels begannen rot zu glühen. Es erhob sich elegant in die Lüfte und schnellte im nächsten Moment hinab auf seinen Gegner, dem ein Ausweichen unmöglich war. Ein Zischen durchschnitt die Luft und das Käfer-Pokemon blieb kampfunfähig im Gras liegen. Schlagartig bildeten sich seine Flügel und Gliedmaßen zurück. Stille kehrte ein.

Haru blickte zwinkernd auf und erkannte das sich jemand über sie beugte. Ein langer schwarzer Samtumhang umspielte die Schultern eines hochgewachsenen Mannes.

„Geht es dir gut? Bist du verletzt?“ Sie biss sich auf die Lippe und Tränen schossen ihr in die Augen.

„Keine Angst. Ich bin hier“, flüsterte die ihr so vertraute Stimme und nahm sie schützend in die Arme.

„Troy...“, hauchte sie erleichtert und verstummte. Seine silbernen Augen musterten sie besorgt und sein Mund war zu einem dünnen Strich zusammen gepresst. „Komm, ich bring dich hier weg“, sagte er sanft und hob sie in einer fließenden Bewegung hoch. Ihr Körper fühlte sich plötzlich ganz leicht an. Sie lehnte den Kopf an seine Schulter und schlang die Arme um seinen Hals. Gierig sog sie seinen vertrauten Geruch ein, der sie an Zedernholz und wilde Brombeeren erinnerte.

„Mein Cloud...“, stotterte Haru kaum hörbar und zeigte auf ihr bewusstloses Taubsi.

Troy drehte sich um und sah ihr Pokemon am Waldboden liegen. Mit Haru in den Armen näherte er sich dem kleinen Vogel und hockte sich hin, damit sie ihn aufheben konnte. Behutsam nahm sie Cloud mit einer Hand auf und schloss es fest an ihre Brust. Sie spürte seinen leisen Herzschlag und war beruhigt.

„Du warst so tapfer... Ich danke dir“, wisperte Haru und rief es in seinen Pokeball zurück.

„Keine Sorge, wir päppeln es schon wieder auf“, meinte Troy liebevoll. Panzaeron flog ihnen lautlos entgegen und landete vor seinem Trainer. Es senkte den Kopf und schnäbelte zärtlich Harus Nase. Sie kicherte leise und streichelte über seinen kühlen Schnabel, den er ihr gefällig entgegenstreckte.

„Er hat dich wirklich gerne“, sagte Troy lächelnd und erhob sich mühelos vom Boden. Achtsam löste er Haru aus seinen Armen und setzte sie auf Panzaeron ab. Sie blinzelte überrascht und sah ihn verdutzt an.

„Keine Angst, du kannst uns vertrauen, wir lassen dich schon nicht fallen“, schmunzelte Troy und schwang sich elegant auf den Rücken seines Pokemon. „Halt dich gut an mir fest!“, mahnte er sie und gab dem eisernen Vogel den Befehl zum Abflug. Erschrocken schnappte Haru nach Luft und klammerte sich fest um Troys Körper. Er war angenehm warm und sie spürte die definierten Bauchmuskeln unter seinem Hemd. Panzaeron flog scheinbar schwerelos in die Nacht und kreischte vergnügt. Die Sterne funkelten mit dem Vollmond um die Wette und der Wald unter ihnen wurde immer kleiner. Haru konnte die Lichter von Nouvaria City in der Ferne leuchten sehen. Kühle Winde erfassten ihre langen Haare und ihr Herz machte einen Sprung. Ein Gefühl der Glückseligkeit vertrieb die letzten Funken der Furcht aus ihrem Leib.

Troy hatte sie gerettet. Sie war in Sicherheit. Nichts konnte ihr mehr Schaden zufügen.

Ruhig atmend schloss sie die Augen und gab sich der seligen Geborgenheit hin, die sie durchflutete, während Panzeron sanft durch die Lüfte glitt.



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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  Lenny-kun
2015-06-09T18:15:49+00:00 09.06.2015 20:15
Das ist ja soooo verdammt spannend gewesen 😱
Also echt kalem -.-
Und troy dann *-* :D
Antwort von:  Lady_Haru
10.06.2015 05:57
Uhuhu danke, dass du meine Story liest! Freut mich, dass dich der Nervenkitzel gepackt hat :D
Hach ja, die beiden Kerle machen es Haru wirklich nicht leicht. ^^"


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