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Distance

[ Ranmaru x Ai ]
von

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A persons past and memories are very lonely things

Fast zwei Wochen war es nun schon her, dass mir Ranmaru aus dem Weg ging. Von heute auf morgen war ich fast nur noch Luft für ihn gewesen, redete er nur mit mir, wenn es um die Arbeit ging. Vielleicht war ich einfach zu naiv um zu glauben, dass es zwischen uns so bleiben würde, wie es vorher war. Trotzdem hatte ich das Gefühl, dass es ihm… vielleicht ein klein wenig genauso gehen würde. Ich war so dumm und hatte ihn darum gebeten, nicht mehr mit anderen ins Bett zu gehen und daraufhin war er wie ein ganz anderer Mensch.

Es tat weh… es tat verdammt weh. Diese Einsamkeit, wie ich sie vor Jahren hatte schon spüren dürfen… die, die mich bis hier hin begleitet hatte, kam zurück. Sie schlich sich langsam zurück in mein Herz, zeigte mir aufs Neue, dass es nichts anderes gab. Nur mich … mich alleine. Ich konnte niemand vertrauen, weil sich nie jemand für mich interessiert hatte. Ohne Familie aufzuwachsen war völlig normal für mich, auch dass ich keine Freunde hatte störte mich nicht sonderlich. Bis ich Ranmaru kennenlernte. Oder besser gesagt, bis er anfing mich für seine kleinen Spielchen zu missbrauchen. Natürlich ließ ich alles mit mir machen, fing an mich für ihn zu interessieren, fand ihn sogar plötzlich interessant. Das erste Mal, dass ich an jemanden Interesse zeigte. Das ich mich für etwas anderes, als die Musik interessierte. Sowas nannte man wohl Zuneigung? Es dauerte lange bis mir klar wurde, dass es nicht allein Freundschaft sein konnte… Ein Gefühl, dass wir vielleicht mehr als nur Bandkollegen waren. Ich mochte ihn… nein, ich mag ihn. Bis heute. Egal was er getan hatte… egal wie scheiße er mich behandelte.
 

Es vergingen nur mehr ein paar Tage. Ranmarus kalte Seite war zurück und ich spürte deutlich, dass sie mir alleine galt. Das er versuchte mir deutlich zu machen, ich solle ihn in Ruhe lassen.

Und dann… ein Tag darauf, stand ich in der Dusche. Sah eine Klinge direkt vor mir und alte Bilder flackerten vor meinem inneren Auge auf, als ich die Augen für einen kurzen Moment schloss. Es war lange her. Sehr lange her, dass ich keinen Ausweg mehr fand und versuchte meine Pulsadern aufzuschneiden. Hätte mich der Professor damals im letzten Augenblick nicht gefunden, dann… lassen wir das. Ich hatte es nicht nur einmal versucht. Anfangs waren es kleine Schnitte… Schnitte die schnell wieder heilten. Doch je größer die Einsamkeit wurde, desto größer wurden die Schnitte. Ich schnitt in alle Richtungen, mal tiefer, mal nicht so tief, wollte das Blut meinen Arm herunterlaufen sehen. Wollte sehen, wie es sich mit dem Wasser und den Tränen vermischte, die darauf tropften. Dabei fühlte ich nur wenig Schmerz. Das was ich innerlich fühlte - versuchte zu betäuben - war viel stärker.

Vergangenheit die zur Gegenwart wurde. Natürlich spürte ich wie sich mein Herz wieder zusammen zog. Nahm die Klinge und schnitt mir einfach über den Arm. Gleichbleibend, untereinander, in einer Reihe. Tränen konnte ich diesmal keine vergießen, viel zu taub war mein Körper dabei geworden. Und am nächsten Tag waren die Striemen getrocknet, zierten sie nun meinen Arm. Ich dachte es würde besser werden und könnte Ranmaru irgendwie vergessen, doch es war schwer, wenn man sich ein Zimmer teilte. Wenn man zusammen lebte, aber dennoch nicht miteinander sprach. Und jedes Mal am Abend, wenn er nicht da war, ging ich zurück ins Bad. Suchte nach der Klinge, die ich versteckt hatte und wiederholte das Ganze. Schnitt heute noch tiefer, aber diesmal in die andere Richtung. Es glich wie einem ungeraden Schachbrett, die Linien waren krumm, lagen viel enger beieinander…
 

Schweigend spülte ich die Klinge ab und versteckte sie erneut. Das Blut wischte ich weg und strich mir solange über den Arm, bis kein Blut mehr nachkam. Es war noch nicht tief genug. Vorsichtig tupfte ich mit einem Taschentuch darüber, legte die noch unverletzte Haut wieder frei und entsorgte es sorgfältig. Niemand würde es merken. Niemand in diesem Haus und erst recht nicht Ranmaru.
 

Erst ein paar Tage später, als ich nicht einmal mehr auf seine Fragen bezüglich den Songtexten antwortete, wurde er scheinbar stutzig. Diesmal war ich derjenige gewesen, der ihm aus dem Weg ging, ja sogar regelrecht vor ihm wegrannte, tagelang. Am späten Nachmittag rannte ich aus dem Haus, hoffte, dass Ranmaru mir nicht folgen würde, doch diesmal schien er keine Ruhe zu geben. Warum? Konnte er mich nicht einfach zufriedenlassen?

„Wieso rennst du weg?“, wollte er wissen. Seine Stimme klang genervt und die Verfolgungsjagt hatte ihn aus der Puste gebracht. Er war wohl wirklich nicht mehr der Jüngste. Innerlich musste ich über diesen Gedanken grinsen. Schmerzlich wurde mir wieder bewusst, dass diese Zeit vorbei war. Ich würde ihn nicht mehr aus Spaß beleidigen können und er… er würde mich auch nie wieder Prinzessin nennen oder mir gar einen anderen Kosenamen geben. Ich mochte sie nicht. Ich mochte sie nie, aber sie waren etwas Besonderes. Besonders, weil sie von ihm kamen…

Gezwungenermaßen musste ich stehen bleiben, hatte mich Ranmaru immerhin gerade noch am Ärmel erwischt. Ängstlich überprüfte ich kurz, ob mein Ärmel noch alles verdeckte, was er verdecken sollte. Wir standen draußen im Garten, umringt von einer Menge Bäumen und Büschen, mitten auf dem gekiesten Weg, der sich zum Pavillon schlängelte. Ich versuchte ihm nur zu erklären, dass er mich in Ruhe lassen sollte, doch es brachte nichts.

„Kannst du mir mal sagen, was mit dir los ist? Seit Tagen rennst du immer wieder vor mir weg, mich pisst das an. Ich hab da keine Lust mehr drauf“, knurrte er schließlich und sah mir direkt in die Augen. „Ich will einfach meine Ruhe… verstanden? Wenn du Sex brauchst tuts mir Leid… Such dir jemand anderen, der die Beine für dich breit macht“, meinte ich monton. Wie es mir schien, hatte ich auch noch ins Schwarze getroffen. Wieder zog sich in mir alles zusammen, stieg der Drang in mir hoch, mir erneut weh zu tun.

Endlich machte er auch Anstalten zu gehen, blickte ich ihm gerade noch nach, ehe er stehen blieb und unsere Blicke uns trafen… warum? Warum war er nicht gegangen? Warum wollte er dieses Spiel unbedingt fortsetzen und mir so unendlich wehtun? Auch wenn ich einen kalten Charakter habe und keine Gefühle zeigte … Ranmaru musste mir so etwas nicht antun.

„Ai … ich glaube nicht, dass der Sex das Problem ist.“

„DAS habe ich auch nicht gesagt“, knurrte ich ihn an und ging dabei schützend ein paar Schritte nach hinten. Meinen Ärmel zog ich erneut nach vorn, achtete darauf, dass sich meine Verletzungen nicht offenbarten. Ich kämpfte mit mir selbst, mit den Tränen, mit meiner Selbstbeherrschung… mit allem. Ich hatte nur noch das Gefühl gleich wieder zusammenzubrechen. Weinend, direkt vor ihm.

Und wieder wollte er wissen was mein Problem war. Was war es denn? Die Einsamkeit die mich so zerfrisst, seitdem du mir kaum noch Beachtung schenkst? Die Tatsache, dass ich nicht der Einzige für dich war? Das ich nur an dich denken kann und mir alle möglichen Szenarien vorstelle, wenn du mit jemand anderen… alleine bist? Das du mir so verdammt wehtust, dass ich keinen anderen Ausweg mehr finde, als diesen Schmerz irgendwie zu überdecken? Willst du genau das hören? Das du daran Schuld bist, dass ich nicht mehr kann. Nicht mehr will? Denkst du, ich bringe so etwas über meine Lippen? Könnte das demjenigen sagen, den ich… liebe? War es denn Liebe? Ich wusste es nicht. Ich kannte die Bedeutung dieses Wortes nicht. Ich habe sie nie erlebt…
 

Gerade hatte ich mich erst wieder von ihm losgerissen, sah ihn mit gläsernem Blick an. Zu deutlich mussten meine Augen das widerspiegeln was ich innerliche fühlte. Wie kaputt ich mittlerweile war. Deswegen musste er mich wohl auch wieder zu sich gezogen haben, doch ich rührte mich dabei nicht. Ich zitterte nur noch, hatte Angst er würde es merken. Hatte Angst, er würde mich irgendwo berühren, wo es wehtat. Nicht körperlich… viel mehr seelisch. Ich wollte es nicht mehr, wusste ich genau, dass er es nicht ernst meinte. Wieder wimmerte ich nur, dass er mich loslassen sollte, doch ich bekam nur ein „nein.“ Nein… hätte ich das nur von Anfang an gesagt.

„Ich hasse dich“, brachte ich schluchzend über meine Lippen. Inzwischen hatte ich es aufgegeben die Tränen zurück zu halten. Ich konnte nicht mehr und hatte einfach keine Kraft mehr. Das Zittern hörte nicht auf und auch die Tränen wollten nicht stoppen. Es machte mich schwach, wenn ich in seinen Armen lag und wenn ich seine Nähe spüren durfte…

Ich konnte mich nicht beruhigen. Erst als Ranmaru mich wieder ein Stück von sich wegdrückte, an mir herumrüttelte und meinte: „Hey… ist gut. Du kannst auch mal wieder aufhören“, öffnete ich meine Augen wieder. Man konnte deutlich hören, dass selbst er einmal überfordert war. Und es war schon fast ein befreiendes Gefühl, als er mir mit seinem Finger über die Wangen strich und versuchte die Tränen zu stoppen. Ein Gefühl von Geborgenheit… etwas, was gar nicht da war – das was ich mir nur einbildete.

„Echte Männer weinen nicht.“

„Ich bin kein echter Mann…“, antwortete ich darauf. Meine Stimme war heißer durch das herum Geheule. Sicher, ich war erst 16, war vielleicht ein Junge, aber noch lange kein Mann.

„Das stimmt… nur Mädchen weinen so“, erwiderte Ranmaru darauf.

„Dann stimmt es immerhin, wenn du mich… Prinzessin nennst“, war das Einzige was ich dazu sagte. Und dann tat ich etwas, was ich besser hätte nicht tun sollen. Ich hob meine Hand, strich mir über die Augen und schob dabei ausversehen meinen Ärmel soweit nach oben, dass Ranmaru die Verletzungen genau sehen konnte. Und das tat er auch... viel zu schnell, sodass ich nicht mehr reagieren konnte. Zu viele Gedanken schossen in meinen Kopf, konnte ich nur noch hören, wie wütend er eigentlich war. Fragte mich was die Scheiße sollte und sein Griff um meinen Arm wurde immer fester.

„Rennst du deshalb vor mir weg?“, fragte er ernst und hatte mich immer noch fest im Griff. Natürlich. Ich wollte nicht, dass du es merkt. Genauso sagte ich es auch. Aber das war nicht der einzige Grund. Ich konnte einfach nicht mehr in deiner Nähe sein. Konnte es nicht mehr ertragen dich zu sehen und zu wissen, dass es vorbei war. Das etwas vorbei war, was eigentlich nie vorhanden war. Es war nur eine Sexbeziehung. Du hattest nur Interesse an meinem Körper, warst nur bei mir, weil sich gerade niemand anderes angeboten hatte.

„Wessen Schuld ist es denn?“, brachte ich ihm entgegen. Spielte deutlich darauf an, dass er es war der mich so weit getrieben hatte. Da hatte ich es ausgesprochen, obwohl ich es nicht wollte… ich wollte nicht, dass er es erfuhr.

„Ich bin also so schrecklich?“ Schrecklich? Es war gar kein Ausdruck. Ich konnte auch keine Antwort darauf geben. Er war perfekt. Er war so, wie ich ihn haben wollte. Seine Art, sein Handeln … einfach alles. Nur nicht die Tatsache, dass er jeden nahm. Aber es brachte nichts, ich konnte nicht mehr. Er stand vor mir. Redete mit mir. Klang selbst mitgerissen und das veranlasste mich dazu, wieder auf ihn zuzugehen. Mich an ihm festzuhalten und schließlich zurück in seine Arme zu finden. Wieder liefen mir Tränen über die Wangen, drückte ich mein Gesicht gegen Ranmaru und versuchte einen zusammenhängenden Satz von mir zu geben. Versuchte zu erklären was los war. Erzählte ihm von meiner Einsamkeit und der Bitte, er solle mich in Ruhe lassen, wenn er es nicht ernst meinte. Ich wollte kein Spielzeug sein. Nein… alles, nur kein Spielzeug. Eine indirekte Entschuldigung Ranmarus folgte. Unerwartet. Weswegen ich meinen Kopf hob, ihn dabei sanft und schmerzlich zugleich anlächelte. Nur was würde folgen? Ich konnte nichts verlangen. Ich wusste wie er war. Ich wusste es von Anfang an. Und dann… dann hörte ich etwas, was ich nicht erwartet hätte. Etwas woran ich nicht einmal im Traum gedacht hätte.

„Ich liebe dich.“ Erschrocken blickte ich ihm in die Augen, blinzelte ein paar Mal, da die Tränen mein Sichtfeld eingeschränkt hatten.

„Ich wiederhole es nicht nochmal… so eine Gefühlsduselei ist wirklich nicht meins“, meinte er. Eigentlich wollte ich es immer noch nicht glauben. Ich konnte es nicht glauben… oder doch? Wollte ich es…? Immerhin hatte ich mir so etwas gewünscht und ich wollte nicht, dass er so etwas nur sagte, weil es mir schlecht ging.

„Bitte… Bitte mach keine Scherze mit mir… sei nicht… so gemein“, erwiderte ich darauf und dessen nachfolgender Satz, ließ mein Herz erneut zerbrechen. Für einen kleinen Augenblick.

„Ich bin gerne gemein“, antwortete er darauf. Zerstörte sich mein Bild erneut. Kurz. Ganz kurz. „Aber diesmal meine ich es ernst“, beendete Ranmaru seinen Satz. Und aus irgendeinem Grund glaubte ich ihm. Diesmal glaubte ich ihm…



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