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Kindheitsmomente

von

Vorwort zu diesem Kapitel:
Charaktere: Barty Crouch Junior (6), Mrs Crouch, Winky Komplett anzeigen

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Übung macht den Meister

Vorsichtig tunkte Barty den Federkiel in das große Tintenfass und betrachtete die dunkle, krakelige Linie, die er damit auf das feine Pergament zeichnete. Ein Strich folgte dem anderen. Vor lauter Konzentration lugte seine Zungenspitze zwischen den Lippen hervor, während seine hellen Augenbrauen angestrengt zusammengezogen waren. Barty gab sich alle Mühe, die Buchstaben von dem Papier abzumalen, das ihm sein Vater gegeben hatte. Bis zum Abend wollte er sie alle tadellos schreiben können, sonst wäre sein Vater bestimmt enttäuscht.

„Möchtest du nicht eine Pause machen?“ Seine Mutter war zu ihm getreten und betrachtete interessiert das Werk ihres Sohns.

„Nein“, entschlossen schüttelte Barty den Kopf. „Erst wenn ich fertig bin“, erklärte er.

„Dann lass dir wenigstens von Winky etwas Kürbissaft bringen, du hast ja noch gar nichts getrunken.“

„Hmhm“, machte Barty, während er sich wieder konzentriert seinen Buchstaben widmete. Er bemerkte kaum, wie seine Mutter neben ihm an dem großen Tisch Platz nahm und ihm über die Schulter sah.

„Das machst du wirklich sehr schön“, lobte sie ihn schließlich, als Barty für einen flüchtigen Moment innegehalten hatte, um sein Werk zu betrachten.

Mit einem Strahlen sah er sie an. „Ehrlich?“, fragte er. Stolz schwang in seiner Stimme mit und zauberte ein glückliches Lächeln in sein Gesicht.

„Ehrlich“, versicherte ihm seine Mutter.

Entschlossener denn je wandte er sich wieder den komplizierten Runen und Buchstaben zu, die feinsäuberlich auf der Vorlage geschrieben standen und ließ die neue Feder über das Papier kratzen. Sie war ein Geburtstagsgeschenk gewesen und sein ganzer Stolz geworden. Mit ihr lernte er das Schreiben und mit dem Schreiben das Lesen. So würde er lernen können und ein guter Schüler werden, wie es sein Vater einst auf Hogwarts gewesen war.

Aufgeregt rutschte er auf seinem Stuhl herum, während er den Kiel erneut in die pechschwarze Tinte tunkte. Hogwarts! Dann würde er richtig zaubern können.

Plötzlich begann das Tintenfass zu zittern. Erschrocken beobachtete Barty, wie es immer heftiger ruckelte, bis es klappernde Laute auf der hölzernen Tischplatte machte.

„Mutter!“, entfuhr es ihm, dann explodierte das Fass. Tinte spritzte auf die gute weiße Tischdecke, sie ergoss sich über der Vorgabe und ließ Bartys mühsam abgeschriebene Buchstaben in einem kleinen schwarzen See untergehen.

Maßloses Entsetzen breitete sich in dem sommersprossigen Gesicht aus, als er auf die Sauerei und seine ruinierte Übung starrte. In seinen Augen begann es zu brennen bei dem Gedanken an all die Arbeit, die er den bisherigen Vormittag in diese Aufgabe gesteckt hatte.

„Es … es ist kaputt“, stammelte er mit belegter Stimme. „Ich wollte doch …“ Und nun kamen ihm tatsächlich die Tränen. Vater würde schrecklich böse sein, wenn er erfuhr, was für eine Schande er ihm gerade bereitet hatte! Er hatte alles schmutzig gemacht und seine Übung war vollkommen verloren.

„Pschh“, flüsterte seine Mutter und streichelte ihm beruhigend übers Haar. „Es ist alles gut.“ Dann zückte sie ihren Zauberstab und begann die Tinte aufzusaugen. Die fleckige Tischdecke zierte wieder ein reines Blütenweiß. Hoffnungsvoll beobachtete Barty, wie auch die dicke schwarze Flut langsam von dem Pergament verschwand, doch mit ihr gingen all die ordentlich geschriebenen Buchstaben. Zu guter Letzt fügten sich die Splitter des Tintenfasses in der Luft zusammen, um anschließend die vergossene Tinte wieder aufzunehmen.

„Siehst du?“, sagte Mrs Crouch lächelnd. „Es ist alles wieder in Ordnung.“

„Aber meine Buchstaben“, wandte Barty kleinlaut ein.

„Die hast du im Nu wieder geschrieben, ich weiß doch, wie gut mein Sohn ist.“

Das entlockte dem kleinen Jungen den Hauch eines Lächelns. Über die harten Worte seines Vaters, wenn er Wind bekam, was geschehen war, wollte er nicht nachdenken.

„Winky kann dem jungen Herrn etwas Kuchen bringen, wenn er wünscht“, piepste Winky auf einmal. Die Hauselfe war hinter dem Türrahmen hervorgetreten und starrte den traurigen Jungen aus ihren tennisballgroßen Augen besorgt an.

„Ich glaube, das ist eine gute Idee. Winky, wärest du so gut, uns vielleicht auch etwas zum Trinken zu machen?“

„Aber natürlich, das ist Winky ein Vergnügen, Mistress!“, rief die Hauselfe mit einer beflissenen Verbeugung und tapste eilig davon.

Währenddessen hatte der leere Bogen Pergament wieder Bartys Blick auf sich gezogen und erinnerte ihn schonungslos an das gerade geschehene Unglück.

„Mach dir keinen Kopf“, versuchte Mrs Crouch ihren Sohn aufzumuntern, „ich habe doch gesehen, wie gut du deine ersten Buchstaben geschrieben hast. Dein Vater wäre bestimmt sehr stolz auf dich gewesen. Und bis er wiederkommt, hast du noch schönere und noch bessere Sachen geschrieben. Da bin ich mir ganz sicher.“

Missmutig lauschte Barty den Worten, wobei er das Tintenfass anfunkelte, als wäre es alles dessen Schuld. Was musste es auch einfach so zerspringen, wenn er gerade so gut gewesen war?

Etwas vorsichtiger beugte sich Barty schließlich wieder vor und tunkte den Federkiel in das soeben reparierte Tintenfass. Er beobachtete die glänzende Spur der frischen Tinte, die langsam von dem Pergament aufgesogen wurde und machte sich verbissen daran, die aufgegebenen Buchstaben ein weiteres Mal zu schreiben. Diesmal würde ihm kein Fehler unterlaufen!
 

ENDE


Nachwort zu diesem Kapitel:
Vorgegebenes Wort: Tintenfass
(sorry, das war der 2. One-Shot, den ich für diese Sammlung geschrieben habe. Damals dachte ich noch, dass ich kurze Einblicke schreibe, die sich auf einen Charakter konzentrieren - wie ich es auch mit Rabastan, der eine Sandburg gebaut hat, getan habe. Damit war dann aber ganz schnell Schluss und für die nächsten One-Shots gibt es wieder mehr Charakterinteraktion und hoffentlich auch mehr Konflikt :DD) Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (1)

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Von:  RoyalFool
2016-11-29T14:37:15+00:00 29.11.2016 15:37
In den Büchern wird nie beschrieben, wie Kinder aus Zaubererfamilien Lesen und Schreiben lernen, schließlich scheint es auch keinen Kindergarten und keine Vorschule für junge Zauberer vor Hogwarts zu geben. Umso schöner, wenn Fans da mehr Freiheit haben, in Fanfictions ihre Gedanken dazu zu Papier zu bringen! Diese Art von Privatunterricht, dass die Eltern dafür verantwortlich sind, ihren Kindern gewisse Grundlagen beizubringen, halte ich auch für wahrscheinlich und dazu passt bei den traditionellen Reinblüterfamilien natürlich auch eine klassische Rollenverteilung, wo der Vater arbeitet und die Mutter sich um Haushalt und Kinder kümmert. Top!


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