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Weiße Taube

Gefühle
von

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Kapitel Drei: Illusion


 

~Illusion~
 


 

Ich tanzte durch die Jahre, ohne zu merken, dass die Musik schon lange nicht mehr spielte.“
 

- Margot S. Baumann
 

(Schweizer Lyrikerin)
 

Er hatte mit vielem gerechnet. Auch mit dem, was nun tatsächlich geschehen war.

Natürlich war er nervös gewesen, welcher verliebte Mann wäre das nicht?

Die Zeit, die sie brauchte, um zu antworten, fühlte sich an wie Jahre. Dabei waren es nur wenige Tage. Dennoch, eine halbe Ewigkeit für ihn.

Ein breites Grinsen hatte sich ohne seine weitere Kontrolle über seine Lippen erstreckt.

Sie hatte 'Ja' gesagt. Natürlich hatte sie das. Sie war ihm versprochen worden und es war ihre Pflicht zuzustimmen. Aber aus Pflicht wollte er sie nie heiraten, gerade deswegen hatte er sie schließlich gefragt und es nicht einfach beschlossen. Offenbar war seine Entscheidung richtig gewesen, die Gelegenheit wurde genutzt und ab jetzt würde alles gut werden. Oder sogar noch besser. Immerhin würde das bedeuten, dass er in relativ absehbarer Zeit König wurde. Damit wäre er nicht nur an der Spitze seiner Karriere, sondern hätte alles bekommen, was er wollte. Die Position, die ihm gebührte, mehr Geld, als er je zählen konnte und nicht zuletzt die Frau, die er mehr liebte, als sein Leben.

Doch warum fühlte sich alles so unecht an? So unglaubwürdig. So unsicher.

Das Lächeln verschwand von seinem Gesicht und er kratzte sich an den Bartstoppeln am Kinn. Seit seiner Jugend ein Ärgernis für seinen Vater, doch dieser Ausdruck von Männlichkeit gefiel dem Sohn deutlich besser, als der Schnauzer des alten Herrn.

Nachdenklich lehnte sein Kinn auf seiner rechten Handfläche, in der Linken hielt er die kleine, runde Brille, welche sonst auf seinem Nasenrücken ihren Platz hatte.

Brutal nagten die Zweifel weiter an seinem Herz und seinem Verstand. Es war doch richtig so.

Alles war richtig so. Die Hochzeit würde stattfinden, sein Vater würde zufrieden sein, der gegenwärtige König würde zufrieden sein und das Volk würde zufrieden sein. Und er? Und sie?

Würde sie glücklich mit ihm sein? Schließlich gab es da jemand anderen, der in ihrem Herz wohnte.

Ein schöner, furchtloser Ritter. Ein Krieger, ein Soldat. Sie liebte ihn. Nur wegen ihm hatte sie diese gefährliche Reise begonnen. Um ihm nah zu sein.

Aber sie hatte 'Ja' gesagt. Hatte sich ihre Einstellung geändert? Konnte es möglich sein, dass sie ihren Ritter vergessen hatte?

Er schüttelte den Kopf und seine langen, dunkelbraunen Haare fielen ihm ins Gesicht. Eine gewohnte Handbewegung beförderte sie wieder an ihren richtigen Platz.

Nein. Das wäre zu einfach und zu schnell von statten gegangen. Natürlich war er siegessicher. Schließlich hatte er immer das bekommen, was er wollte und er wusste, wie man um die Gunst von Menschen kämpfte. Also war es gar nicht so abwegig, dass sie zugestimmt hatte, seine Frau zu werden, oder? Offenbar waren die kleinen Scharmützel hier und da der richtige Weg zu ihrem Herzen gewesen. Er wusste, das sie eine ehrliche Person war. Als Prinzessin hatte man ihr das sicherlich schon von klein auf eingeflößt. Genauso wie man ihm beigebracht hatte, nicht locker zu lassen, wenn man etwas wirklich wollte. Und er wollte sie. Er wollte sie so sehr, dass es schmerzte. Und mit ihrem 'Ja' vor wenigen Stunden würde er sie auch bekommen. Doch wo war die Freude über diese Entscheidung hin? Wo war sein Herzklopfen, welches erschien, sobald er an sie dachte? Warum war sein ganzer Körper gefüllt mit Unsicherheit?

Sie würde ihn nicht anlügen, zumindest daran hielt er fest.

Irgendetwas stimmte an dieser Situation ganz und gar nicht. Aber er würde sich weiter etwas vormachen, solange, bis der Unsicherheit Sicherheit wich. Und das würde sie früher oder später.

Sich vor lehnend um das Licht zu löschen, legte er die Feder auf seinen feinen Holzschreibtisch und erhob sich. Der Sterne funkelten fast so hell wie der Mond der Illusionen.

Eine Illusion? Ja, ein besseres und beschreibenderes Wort fand er nicht.

Und er hoffte inständig, dass sich bald ein positiverer Begriff in die Lage verirren würde.

Es musste einfach.



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