Zum Inhalt der Seite

Last Desire 9.5 Teil 2

Uncertain Desire
von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Schlechte Stimmung

Da Elion noch etwas Anständiges für die Party morgen Abend brauchte, hatte er kurzerhand Rumiko gefragt, ob sie ihm helfen könnte. Die zweifache Mutter machte das gerne, wobei sie aber Nastasja bat, solange auf ihre Kinder aufzupassen, da ihr Mann noch arbeiten war. Die Russin übernahm diese Aufgabe gerne, da sie ja ohnehin sehr kinderlieb war. Sie brachte aber noch jemanden mit und das war Oliver. Fröhlich lächelnd wie immer kam er mit seiner Laptoptasche herein und sogleich empfing Nastasja die beiden herzlich und auch Sheol grüßte sie, bevor er nach draußen geschickt wurde, damit er endlich mal den Müll rausbrachte. „Der Frechdachs scheint sich ja ganz gut zu machen“, bemerkte Oliver und sah ihm nach, als er nach draußen ging. „Eigentlich ist er ja gar nicht mehr wiederzuerkennen.“ „Das stimmt“, seufzte Nastasja und goss den beiden je eine Tasse Kaffee ein. „Aber manchmal frage ich mich, woher er das hat. Ich muss ihn manchmal bis zu fünf Mal daran erinnern, sein Zimmer aufzuräumen. Jedes Mal, wenn ich reinkomme, sieht es aus wie bei den Hottentotten.“

„Manche Leute können eben keine Ordnung halten.“

„Natürlich können sie das, wenn sie sich die Mühe machen würden. Alles andere ist nur eine faule Ausrede.“

„Hey, ich kann keine Ordnung halten. Aber dafür kümmert sich Andy darum. Ich übernehme das Kochen, die Reparaturen und den ganzen Rest. So haben wir uns auch gut arrangiert.“ Sie unterhielten sich noch eine Weile und tauschten sich aus, was es Neues gab und wie das Treffen mit Ezra und seiner Mutter verlaufen war. Als Rumiko ihren Kaffee ausgetrunken hatte, verabschiedete sie sich und machte sich mit Elion auf den Weg. Oliver blieb da und holte seinen Laptop heraus. „Da L und Beyond gerade verhindert sind, dachte ich, dass ich eben vorbei komme und dir das Ergebnis der Recherchen überbringe. Ich hab da so ein paar interessante Sachen erfahren.“ Nastasja ahnte Schlimmes, war aber auf alles gefasst und sagte „Erzähl ruhig. Bei dieser Frau kann mich eh nichts mehr überraschen.“ Oliver suchte ein paar Dateien heraus und was er alles erfahren hatte, deckte sich so ungefähr mit dem, was Nastasja insgeheim schon geahnt hatte. „Die Frau hat mehr Lügen erzählt als der Baron von Münchhausen. Dass sie um das Sorgerecht gekämpft hat und sie sich von ihrem Mann getrennt hat, stimmt gar nicht. In Wahrheit hatte Monica eine Affäre mit einem anderen Kerl gehabt und das Kind wollte sie abtreiben lassen. Sie hat aber viel zu spät gemerkt, dass sie schwanger war und da konnte sie es nicht mehr. Deshalb hat sie das Kind weggegeben und ist abgehauen. Und ich hab mir von alten Bekannten von ihr sagen lassen, dass Monica Kinder verabscheut und niemals Kinder haben wollte. Tja und da die Affäre ans Licht gekommen war, kam ihr das alles ganz recht. Also hat sie die Geburt eben schnell hinter sich gebracht, Ezra bei seinem Vater gelassen und reiste noch vom Krankenhaus aus nach Frankreich, ohne sich zu verabschieden.“ Als Nastasja das hörte, schüttelte sie nur verständnislos den Kopf. Wie konnte eine Frau nur so kaltherzig und egoistisch sein? Das war ihr einfach ein Rätsel. Sie selbst hätte sogar ihre größten Träume aufgegeben, weil das Glück ihrer Kinder an oberster Stelle stand und sie sowieso Kinder liebte. „Und wie ist sie nach 16 Jahren so?“ „Nun, sie ist eine absolute Glamourdame, die es liebt, im Rampenlicht zu stehen. Sie führt ein ziemlich luxuriöses Leben mit ihrem zweiten Mann Jean Denaux, die Ehe ist aber kinderlos geblieben. Der Mann ist ein sehr berühmter Modedesigner und die beiden sind verdammt reich. Sie gehören zu den reichsten Leuten in Frankreich und leben diesen Luxus auch entsprechend aus. Tja, was gibt es da noch? Nun, die Presse hat in der letzten Zeit nicht mehr viel über sie berichtet und es ist recht still um die beiden geworden. Aber soweit ich weiß, soll Monica derzeit an einer Biografie arbeiten.“ „Eine Biografie?“ fragte die Russin und horchte auf. „Hat das etwa mit ihrem Besuch in Boston zu tun?“ Diesbezüglich wollte Oliver noch keine direkte Aussage machen, aber er hatte da schon so seine Vermutung. „Es kann sein, dass sie Ezra in ihre Biografie einbinden will und da wäre es authentisch, wenn sie sich als die betrogene und aufopferungsvolle Mutter darstellt, die ihr Kind aus der Gosse holt und aus dem Stricherjungen einen vornehmen Jungen aus der Oberschicht macht. Wie bei „der kleine Lord“ oder „Pretty Woman“. Das würde für Schlagzeilen sorgen, weil so etwas ja auch nicht alle Tage vorkommt. Und wenn sie die Zeugen besticht, die etwas anderes behaupten, dann wird sie die große Mutter Teresa sein, die ihr Kind aus der Hölle geholt hat.“

„Deshalb will sie ihn unbedingt nach Frankreich holen. Sie will ganz einfach für Schlagzeilen sorgen und benutzt eiskalt Ezras Vergangenheit aus. Ich hab es doch geahnt.“ Nastasja sah betrübt aus und man sah ihr an, dass diese Situation schwer für sie war. Sie hatte ja insgeheim gehofft, dass Ezra wenigstens zu seiner Mutter ein gutes Verhältnis aufbauen konnte. Aber stattdessen erklärte sich nun, wieso sie ihn unbedingt verändern wollte und trotzdem so wenig Interesse an ihm selbst zeigte: sie wollte ihn benutzen, um die Aufmerksamkeit der Medien auf sich zu lenken. „Was für eine widerwärtige Person“, sagte sie und ihre Stimme zeugte von Verachtung. „Wie kann man nur so etwas tun und die Lage seines Kindes zu seinem persönlichen Vorteil ausnutzen und es quasi als Vorzeigeidioten benutzen, nur damit sie besser da steht. Aber das ist auch genau das, was von so einer wie ihr zu erwarten war. Rumiko hatte von Anfang an Recht: diese Frau macht uns noch echt Probleme. Nun gilt es zu überlegen, was wir tun sollen. Ezra ist morgen mit Elion im „Black Lotus“, wo eine Party stattfinden soll und seine Mutter will ihn dabei haben. Wahrscheinlich freut er sich darauf und da will ich ihm die Freude auch nicht verderben. Ich werde es ihm nach der Party schonend beibringen und dann noch mal das Gespräch mit Monica aufsuchen und sie auch zur Rede stellen. Ich werde ganz sicher nicht zulassen, dass sie Ezras Vergangenheit benutzt, um sich selbst ins Rampenlicht zu stellen. Der arme Junge hat doch schon genug durchgemacht.“ Oliver war derselben Meinung und lehnte sich schließlich zurück, wobei er die Arme verschränkte. „Ich kenne das von meiner Mutter. Sie wollte mich und meinen Bruder auch nie haben und hat uns deshalb direkt nach unserer Geburt abgegeben und ist abgehauen.“

„Ehrlich gesagt kann ich nicht verstehen, wieso es Menschen gibt, die Kinder in die Welt setzen, obwohl sie sich nicht um sie kümmern wollen. Vielleicht bin ich auch in meinen Ansichten zu altmodisch.“

„Daran liegt es nicht. Manche machen sich eben keine Gedanken drum. Ich liebe Kinder und ich habe auch Spaß daran, mit den Hospizkindern irgendwelche Aktivitäten zu unternehmen. Ehrlich gesagt fände ich es schön, auch selbst Vater zu sein. Zugegeben, ich mag nicht der Ordentlichste sein und hab da so meine Schwächen, aber so ein eigenes Kind wäre vielleicht schön. Wenn ich die beiden Kleinen hier so sehe, da würde ich sie am liebsten mitnehmen.“ Und als hätte Faith das verstanden, begann er übers ganze Gesicht zu strahlen, fröhliche Gluckslaute von sich zu geben und streckte seine Hände nach dem gebürtigen Iren aus. Eden hingegen sah aus, als würde sie gleich anfangen zu weinen und so nahm Nastasja sie auf den Arm, um sie zu beruhigen. „Ich muss da immer an L denken, als er noch klein war. Als Kind hat er ziemlich viel geweint und war auch oft krank. Einmal hatte er so hohes Fieber, dass wir wirklich Angst um sein Leben hatten und als wir ihn ins Krankenhaus bringen mussten, haben mein Mann und ich große Ängste ausgestanden. Und als er älter wurde, war er ein richtiger kleiner Satansbraten gewesen und hat jeden erdenklichen Blödsinn angestellt. Aber wenn ich so sehe, wie er sich in den letzten Jahren gemacht hat, scheint er ja nicht nur meine schlechten Seiten geerbt zu haben. Ich bin ja froh, dass Ezra charakteristisch nichts von seiner Mutter hat. Er ist ein anständiger Junge, auch wenn er manchmal genauso ein trotzköpfiger Teenager sein kann wie Sheol.“ Dem konnte der Ire nur zustimmen. Denn obwohl er Ezras Mutter nur ein Mal gesehen hatte, so war sie ihm alles andere als sympathisch. Dahingegen war ihr Sohnemann deutlich besser geraten. Schließlich aber kam Oliver auf ein anderes Thema zu sprechen. „Was ich dich noch fragen wollte: würdest du vielleicht gerne meine Trauzeugin für die Hochzeit sein?“

„Ja gerne, L kam schon heute Morgen vorbei und hat mir schon davon erzählt. Ich finde es wirklich süß von dir, aber… wäre dein bester Freund Ridley nicht die bessere Wahl?“ Aber Oliver hatte sich schon genug Gedanken gemacht und erklärte „Erstens ist Ridley die nächsten Monate im Ausland und hat keine Zeit und zweitens finde ich, dass die Ehre dir zuteil werden sollte, weil Andy ohne dich jetzt nicht hier wäre. Du hast ihm schon zwei Mal geholfen und ohne dich und Frederica würde es wohl keine Hochzeit geben. Du hast Andys Leben gerettet und damit den Menschen, den ich schon damals so sehr geliebt habe.“ Und da konnte Nastasja einfach nicht mehr nein sagen. Sie gab ihr Wort, dass sie die zweite Trauzeugin sein würde und bemerkte dann gleich nebenbei „Mensch, das ist das erste Mal, dass ich eine Schwulenhochzeit miterlebe. Das wird sicher schön.“ Der Hacker war zufrieden über die Zusage und so unterhielten sie sich eine Zeit lang und wie immer hatte Oliver viel zu erzählen. Dann aber wurde es ernster, als er dann schließlich einen Anruf von L bekam. Da der Anruf auch für Nastasja interessant war, schaltete der Ire das Gespräch auf laut. „Liam hatte mir eine Nachricht geschickt, dass Monica Denaux mit einer Französin im Black Lotus war. Bei der Frau handelt es sich um eine gewisse Jeanne Dubois. Sie ist Journalistin und Klatschreporterin für ein Magazin und berichtet hauptsächlich über Monica und ihren zweiten Ehemann.“

„Aha… und worüber haben sie gesprochen?“

„Nun, Die Kameras sind ohne Ton, aber was Liam von den Lippen ablesen konnte war, dass Monica über ihren Sohn gesprochen hat.“

„Das ist doch nicht ungewöhnlich. Ezra ist immerhin ihr Kind.“

„Dachte ich mir auch. Wenn es nicht darum gehen würde, was sie ihr erzählt hat. Und das sind alle unschönen Geschichten aus Ezras Vergangenheit. Angefangen davon, dass sein Vater ihn verprügelt und missbraucht hat und dieser von seinem Sohn in Notwehr umgebracht wurde, bis hin zu der Tatsache, dass ihr Sohnemann schwul ist und ihr Ex sich mit der Mafia angelegt hat.“ Nastasja und Oliver sahen sich mit einem viel sagenden Blick an, dann aber wurde die Russin richtig sauer und rief mit grollender Stimme ein paar heftige Flüche auf Russisch, als hätte sie Monica Denaux die Pest an den Hals gewünscht. „Ich fasse es nicht“, rief sie und schlug mit der Faust an den Tisch. „Ich reiß dieser arroganten und aufgeblasenen Barbiepuppe ihre Haarextensions einzeln raus und hoffe, dass ihr die Silikonkissen auslaufen! Die wagt es, Ezra zu benutzen, um sich ins Rampenlicht zu stellen und veröffentlicht seine Leidensgeschichte auch noch in irgendeinem billigen Klatschmagazin. Na warte, die kann was erleben. Ich geh zu ihr hin und breche ihr die verdammten falschen Fingernägel ab!“ Damit wollte sie schon gehen, doch da hielt Oliver sie auf und hielt sie fest. „Nastasja, jetzt krieg dich doch bitte wieder ein. Es bringt doch nichts, sich jetzt so aufzuregen. Und wenn du sie in eine gewalttätige Auseinandersetzung mit reinziehst, verklagt sie dich noch.“ „Soll sie doch machen. Ich mach die blöde Kuh fertig. Der werde ich den Arm abreißen und ihr so tief in den Allerwertesten reinschieben, dass sie sich von innen den Hals kratzen kann.“ Doch Oliver schaffte es mit Mühe, die vor Wut rasende Nastasja aufzuhalten. Denn so wie sie drauf war, stand wirklich zur Befürchtung, dass sie noch eine Dummheit begehen würde. Auch L klang am Telefon mehr als besorgt und fragte sicherheitshalber „Mum, du wirst doch wohl jetzt nicht wirklich rausgehen und Monica etwas antun?“

„Oh ich schwöre in Gottes Namen ich würde es am liebsten tun, wenn ihr mich lassen würdet und mich auch nicht mein verdammter gesunder Menschenverstand davon abhalten würde.“

„Hat Jesus denn nicht immer gepredigt, man solle seinen Feinden vergeben?“ fragte nun Oliver, der sogleich einen finsteren Blick von Nastasja zugeworfen bekam. „Diese Frau ist nicht mein Feind. Sie ist eine dicke fette Schmeißfliege auf der Windschutzscheibe meines Seelenfriedens und ich schwöre bei meinem Rosenkranz, dass ich nicht zulassen werde, dass diese Frau Ezra noch weiter für ihre Pläne missbraucht. Ich werde ihn davor beschützen, so viel steht fest.“ Oliver redete ihr noch eine ganze Weile beschwichtigend zu, genauso wie L und so gelang es ihnen, ihr aufgebrachtes Gemüt zu beruhigen. Schließlich, als sich ihr überhitztes Gemüt wieder abgekühlt hatte, trank sie noch ihren Kaffee aus und atmete tief durch. „Der einzige Leidtragende bei dieser ganzen Geschichte ist Ezra. Dabei hat er schon die Fehler seines Vaters ausbügeln müssen. Ich werde ganz gewiss nicht zulassen, dass er vor der Öffentlichkeit vorgeführt wird wie in einer Freakshow! Und deshalb werde ich ihn davon abhalten, zu dieser Party zu gehen.“ Nastasja war stinksauer und erneut kurz vorm explodieren. Fest stand jedenfalls, dass Monica Denaux sich noch auf einiges gefasst machen konnte, wenn sie sich hier blicken ließ.
 

Ezra ahnte derweil nichts von alledem, was sich zuhause zutrug. Bereitwillig ließ er sich wieder von seiner Mutter durch diverse Geschäfte schleifen und durfte sich anhören, dass sein Haar viel zu lang und er selbst zu dünn und zu klein war. Da war es nicht eben einfach, passende Sachen für ihn zu finden. Insgeheim war er diese Shoppingtouren langsam leid und wünschte sich, dass sie auch mal etwas anderes unternehmen konnten. Na hoffentlich ging es bei der Party etwas interessanter zu. Was ihn am allermeisten störte war die Tatsache, dass seine Mutter kurzerhand beschlossen hatte, ihre gute Freundin Jeanne einfach mitzunehmen und das nervte ihn. Wieso zum Henker schleppte sie diese Frau mit? Und die ganze Zeit unterhielten sie sich nur auf Französisch und er verstand kein einziges Wort davon. Warum nur musste sie unbedingt dabei sein? Am liebsten hätte er etwas gesagt, aber er ließ es dann doch und ließ sich bereitwillig von seiner Mutter einkleiden. Aber sie war nie zufrieden und wurde immer ungehaltener. Sie ärgerte sich richtig, dass fast alle Sachen für Ezra entweder zu groß, zu weit oder gleich beides zusammen waren. „Du bist viel zu mager, Ezra. So kann das nicht weitergehen. Wir werden nie anständige Sachen für die Party finden, wenn das so weitergeht. Wie wäre es, wenn wir erst einmal was essen gehen? Ich habe uns einen Tisch reservieren lassen.“

„Ist es wieder eines von diesen Schickimicki-Restaurants?“

„Also bitte, Ezra. Das Amethyst ist eine exklusive Lokalität, wo du endlich auch mal etwas Anständiges zu essen bekommst. Du bist doch sicherlich so dürr, weil du nur so schlechtes Zeug gegessen hast.“

„Nastasja und Elion geben sich viel Mühe mit der vegetarischen Küche“, wandte Ezra ein und klang nun deutlich gereizter. „Und überhaupt: ich bin kein Veganer, sondern esse auch tierische Produkte, aber eben keine Tiere selbst. Mag sein, dass ich vielleicht nicht gerade den größten Hunger von allen habe so wie Sheol, der locker für eine ganze Mannschaft spachteln kann. Aber meine Größe ist genetisch bedingt. Ich kann immer noch einen Wachstumsschub kriegen.“ Doch Monica hörte ihm nicht richtig zu und hatte sich ihr Urteil gebildet. Sie blieb dabei, dass ihr Junge nur deshalb so mickrig geraten war, weil sich seine Pflegefamilie nicht vernünftig um ihn kümmerte. Die Diskussion wurde schließlich beendet und so gingen sie ins Restaurant Amethyst. Ezras Laune war fast auf dem Tiefpunkt und er hatte keine Lust, in so einen Laden zu gehen, wo man mehr Gabeln hatte, als man eigentlich brauchte. Da blamierte er sich doch nur. Und als sie das Fünf-Sterne-Restaurant betraten, sah er sofort, was hier los war. Es war alles edel eingerichtet, Geschäftsleute saßen an den Tischen und ihm schwante, dass da noch einiges auf ihn zukommen würde. „So Ezra, das ist die perfekte Gelegenheit um dir ein paar Tischmanieren beizubringen.“

„Ich kenn die die wichtigsten und die reichen: Ellebogen vom Tisch, Mund zu beim Essen und körpereigene Gase besser für sich behalten.“

„Also wirklich, das sind doch die primitivsten Zustände! Für die gehobene Küche braucht es schon mehr als das. Welches Besteck wird wofür benutzt, wie isst man Hummer, welche Konversationen sind bei Tisch passend oder unpassend und wie sie verhält man sich gegenüber Damen? Das sind Dinge, die du noch lernen musst.“

„Muss ich das denn unbedingt? Ernsthaft, ich verstehe es ja, wenn manche etwas feiner essen wollen. Aber so etwas ist doch wirklich übertrieben und ich werde ganz bestimmt keinen Hummer essen!“

„Dann wirst du hier nicht viel Glück haben. Denn hier gibt es keine vegetarischen Gerichte.“ So langsam ahnte der 16-jährige, worauf seine Mutter hinauswollte und er überlegte schon, ob er nicht doch lieber abhauen sollte. Zumindest, solange er noch die Chance dazu hatte. Aber er wollte seine Mutter ja auch nicht enttäuschen, wo sie doch extra einen Tisch reserviert hatte. Oh Mann, dachte er sich. Hoffentlich geht das gut und es trifft nicht der Fall ein, von dem ich befürchte, dass er eintreten wird. Sie wurden schließlich zu ihrem Tisch geführt und bekamen auch gleich die Speisekarten. Genauso gut hätte jemand Chinesisch reinschreiben können, Ezra verstand überhaupt nichts und kurzerhand bestellte seine Mutter einfach etwas für ihn. Während sie warteten, redete Monica in aller Seelenruhe mit Jeanne auf Französisch und die nahm alles mit dem Diktiergerät auf. Ezra fragte sich so langsam wirklich, was die beiden die ganze Zeit besprechen mussten, dass diese Frau ständig ihr Diktiergerät laufen ließ. Aber er sagte nichts und versuchte, nicht allzu genervt auszusehen. Ungeduldig sah er sich um, rutschte auf seinem Stuhl hin und her und fragte sich, ob Elions Shoppingtour wesentlich entspannter ablief als seine. Mochte vielleicht daran liegen, weil er einfach keine Lust mehr auf dieses ganze Gehobene hatte, wo es einfach nur protzig war und er nichts als Oberflächlichkeit sehen konnte. Kaum zu glauben, dass er mal in so einer Welt leben würde. Und kaum zu glauben, dass seine Mutter so etwas toll fand und sie beide tatsächlich miteinander verwandt waren. Na komm Ezra, jetzt stell dich nicht so an und versuch dich etwas zusammenzureißen. Mum meint es doch bloß gut mit mir, also sollte ich mich da nicht so anstellen.

Ezra schaffte es, sich einigermaßen wieder zu fangen und nicht ganz so genervt dreinzublicken. Doch als dann das Essen kam und er vor sich nichts anderes als Schnecken vor sich sah, da drehte sich ihm fast der Magen um und fassungslos sah er seine Mutter an. „Das ist doch wohl nicht dein Ernst. So etwas… so etwas isst man doch nicht!“

„Jetzt stell dich nicht so an“, gab Monica in einem gereizten Ton zurück und funkelte ihn warnend an. Ihre Stimme klang nun viel tiefer und bedrohlicher als sonst und sie ergriff dabei auch sein Handgelenk, wobei sie ihn auch grob festhielt. „Weinbergschnecken sind eine französische Delikatesse. Anstatt immer nur herumzunörgeln, könntest du dich endlich mal etwas zusammenreißen. Ich gebe mir solche Mühe, aus dir etwas halbwegs Anständiges zu machen, da kann ich doch wohl ein bisschen Dankbarkeit von dir erwarten.“

„Aber ich hab doch gesagt, dass…“

„Du kannst es wenigstens versuchen. Mir zuliebe.“ Ezra zögerte und sah auf seinen Teller. Innerlich sträubte sich alles in ihm, weil er sich geschworen hatte, niemals Tiere zu essen. Und nun verlangte seine Mutter, dass er es doch tat. Und dann ausgerechnet Schnecken. Nur mit äußersten Widerwillen schaffte er es unter Anleitung Monicas, diese widerspenstigen kleinen Tierchen aus den Häuschen rauszuholen und dann herunterzuwürgen. Wirklich alles in ihm sträubte sich und allein der Gedanke daran, was er da aß, machte es nicht besser. „Nun hör auf dich so anzustellen“, kam es von Monica, die da deutlich weniger gehemmt an ihr Essen ging. Sie hatte sich aber auch keine Weinbergschnecken bestellt so wie für ihren Sohn. Ezra stürzte hastig ein Glas Wasser hinterher, um den widerlichen Geschmack herunterzuspülen, doch sein Magen begann sich trotzdem umzudrehen. Ihm wurde schlecht und er eilte zu den Toiletten, wo er sich schließlich erbrach. Der Tag war für ihn nun endgültig gelaufen.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (2)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  pri_fairy
2014-12-22T09:50:50+00:00 22.12.2014 10:50
Spitzen Kapitel ^^
Von: abgemeldet
2014-12-20T22:40:39+00:00 20.12.2014 23:40
Ein fantastisches Kapitel^^


Zurück