Zum Inhalt der Seite

Die Schatten werden länger

von

.
.
.
.
.
.
.
.
.
.

Seite 1 / 1   Schriftgröße:   [xx]   [xx]   [xx]

Ich liebe dich

Langsam neigte sich auch dieser Tag dem Ende zu. Die Menschen zogen sich in ihre Häuser zurück und somit verebbte das geschäftige Treiben des Tages nach und nach. Die Dämmerung brach über Mittelerde herein und je tiefer die Sonne sank, desto dunkler färbte sich der Himmel. Die ersten Sterne funkelten bereits am Firmament, das durch seine Unendlichkeit und Unermesslichkeit den Menschen zumindest ein klein wenig Trost und Zuversicht schenkte.

Bereits seit mehreren Stunden suchte Aragorn nun schon nach Legolas. Dazwischen war er mehrmals abgelenkt und aufgehalten worden; als zukünftiger König von Gondor war ein sehr gefragter Mann.

Schließlich fand er den Elben, allein in einer abgeschiedenen Ecke sitzend, den Himmel anstarrend, ganz in Gedanken versunken. Aragorn ließ sich neben ihm nieder.

„Ich habe nach dir gesucht.“ Selbst in seinen Ohren klang das allzu sehr nach einem Vorwurf. „Du...du warst heute so schweigsam...Was bedrückt dich, mein Freund?“

„Es ist nichts“, antwortete Legolas. Einen Moment lang war er wütend auf sich selbst, das er es offenbar nicht geschafft hatte, seine Gefühle vor dem anderen zu verbergen. Doch dann nahm wieder diese leise Traurigkeit Oberhand, die ihn bereits seit mehreren Tagen nicht losließ.

Aus den Augenwinkeln konnte er beobachten, wie Aragorn gedankenverloren mit der silbernen Kette spielte, die er um den Hals trug, dem Abendstern. Und das stimmte Legolas noch trauriger. Und erneut musste er die aufsteigende Wut unterdrücken, um sich im Zaum zu halten.

Etwa zwei Wochen waren seit jenem Abend vergangen. Jener Abend, an dem Aragorn geträumt hatte, dass der Abendstern zu Boden falle und in unzählige Bruchstücke zerspringe. Jener Abend, als Elrond ins Lager gekommen war, um Aragorn an seine Bestimmung, sein Schicksal zu erinnern, indem er ihm Anduril, die Flamme des Westens, geschmiedet aus den Bruchstücken von Narsil überreicht hatte. Jener Abend, an dem für Aragorn eine Welt zusammenbrach, da Elrond ihm eröffnete, Arwen habe Mittelerde für immer verlassen und sei zu den Unsterblichen Landen gesegelt. Jener Abend, an dem sich Legolas endgültig eingestehen musste, dass er sich in seinen besten Freund verliebt hatte.

Und hier saß er nun, neben Aragorn, der ihm so nahe war und doch so fern. Einerseits war Aragorn „frei“, andererseits aber würde seine Trauer um die gemeinsame Zukunft mit Arwen, die für immer dahin war, wohl noch Jahre anhalten. Und dass er bald zum König von Gondor gekrönt werden sollte, machte die Sache auch nicht wirklich einfacher.

Eine Weile lang schwiegen sich die beiden an, jeder seinen Gedanken nachhängend.

„Weißt du, wir waren bis jetzt immer ehrlich miteinander...“, durchbrach Aragorn schließlich die Stille. Dann schwieg er wieder, da er nicht wusste, wie er seine Gedanken aussprechen sollte.

Bei diesem Kommentar wurde Legolas hellhörig; in den letzten Wochen hatten die beiden so gut wie keine Zeit gehabt, sich über ihre Freundschaft zu unterhalten. Er wandte sich Aragorn zu und wartete geduldig darauf, dass er weitersprach.

Aragorn machte den Mund auf, um etwas zu sagen, verwarf den Gedanken aber gleich wieder. Auch er ärgerte sich über sich selbst; wieso war er nicht dazu in der Lage, einfach zu sagen, was er dachte? Er sah Legolas an, der ihm aufmunternd zulächelte. Doch damit konnte er Aragorn nicht täuschen, er hatte sehr wohl die Traurigkeit bemerkt, die sich letztlich auf Legolas' Zügen abzeichnete.

„Ich werde das Gefühl einfach nicht los, dass du mir in letzter Zeit aus dem Weg gehst...“, gestand Aragorn. Na toll, schon wieder so ein Vorwurf! „Ich mache mir nur Sorgen um dich...“, versuchte Aragorn zu erklären.

„Das musst du nicht“, entgegnete Legolas erstaunt. „Es geht mir gut.“ Selbst in seinen Ohren klang das nicht halb so überzeugend wie beabsichtigt. Aus Aragorn Gesichtsausdruck konnte Legolas lesen, dass auch er ihm nicht glaubte.

„Es...es hat nichts mit dir zu tun...“ Legolas hätte sich ohrfeigen können; jetzt war er schon so weit, seinen besten Freund anzulügen. „Ich komme nur mit mir selbst momentan nicht zurecht...“

Auf Aragorns fragenden Blick hin erklärte er: „Ich stehe sozusagen an einer Kreuzung und weiß nicht, welche Richtung ich einschlagen soll. Natürlich hängt das auch davon ab, ob die Ablenkung funktioniert und Frodo es tatsächlich schafft, den Ring zu vernichten, aber ich würde das gerne vorher klären. Wenn ich in der Schlacht fallen sollte...“

„Das wirst du nicht“, entgegnete Aragorn überzeugt. „Du bist der beste Bogenschütze, den ich je gesehen habe.“

„Danke“, meinte Legolas leicht verlegen. „Aber wir wissen beide, dass das in der Schlacht nichts heißt...“

Und beide dachten sie an die selbe Person, doch keiner sprach den Namen laut aus: Haldir. Er war ihrer beider Freund gewesen und sowohl Legolas als auch Aragorn plagten Schuldgefühle, weil er in der Schlacht um Helms Klamm gefallen war.

„Ich weiß“, versuchte Aragorn die Situation zu entschärfen. „Doch ich darf es mir nicht erlauben, die Hoffnung aufzugeben.“

Legolas nickte. „Du hast Recht. Ich hätte nicht damit anfangen sollen...“

Erneut schwiegen sie.

Wieder war es Aragorn, der das Schweigen löste: „Was muss ich tun, damit du mir sagst, was los ist?“

„Du...ich...nein, ich kann nicht“, wehrte Legolas entschieden ab.

„Was? Wieso nicht?“, fragte Aragorn nach.

Doch der Elb zog sich nur noch weiter von ihm zurück: „Bitte lass das; ich möchte nicht darüber reden.“

„Aber ich verstehe nicht...Habe ich etwas falsch gemacht?“

„Nein!“ Das letzte Wort schrie Legolas schon beinahe; Aragorn hatte ihn noch nie so wütend gesehen.

„Dann erkläre mir bitte, was los ist“, bat Aragorn. „Ich möchte dir doch nur helfen....“

„Na schön“, meinte Legolas, der jetzt richtig in Rage war, „du willst wissen was los ist?“

Aragorn nickte langsam.

„Na schön, du hast es ja nicht anders gewollt... Ich liebe dich, das ist los.“

Perplex starrte Aragorn seinen Freund an. Er brauchte einen Moment, um zu realisieren, was soeben passiert war. Dann wollte er etwas sagen, doch noch bevor er den Mund öffnen konnte, war Legolas mit einem Satz auf den Beinen und stürmte davon.



Fanfic-Anzeigeoptionen

Kommentare zu diesem Kapitel (1)

Kommentar schreiben
Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  Onlyknow3
2015-08-07T17:26:34+00:00 07.08.2015 19:26
Mit diesem Geständnis hat Leglas alles auf ein Karte gesetzt, und sein Gefühle offenbart. Wie wird Aragorn mit diesem wissen umgehen. Kann er sich gegen Legolas und dessen Gefühle öffnen, wird er sie erwidern können.
Mach weiter so, sehr gut geschrieben gefällt mir. Freue mich auf das nächste Kapitel.

LG
Onlyknow3


Zurück