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Last Desire 9.5 Teil 1

Concealed Desire
von

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Die Welt der leeren Träume

Da Elion mit Ezra alleine sein wollte und Liam sich sowieso um die beiden bewusstlosen Kriminellen kümmern wollte, ließen sie den Proxy alleine. Bevor sie aber gingen, warnte Liam ihn noch ausdrücklich. „Pass aber ja auf. In solchen Welten kann es Dinge geben, die ein schwacher Verstand nicht aushalten kann. Es kann dort Dinge geben, die nicht den Gesetzen dieser Welt folgen und es kann durchaus sein, dass es dort einiges geben könnte, was sehr verstörend ist. Du darfst dich nicht von Ezras Ängsten und Traumata vereinnahmen lassen, sonst wirst du selbst noch ein Gefangener seiner Welt und dann kommst du nie wieder da raus. Pass also auf und lass dich niemals von seinen Ängsten einsperren!“ „Ist gut, danke für den Ratschlag.“ Damit verließen Liam und Jeremiel das Zimmer und schleppten die beiden bewusstlosen Gangster raus, um sie draußen Delta und Marcel zu überlassen, die sich um die beiden kümmern sollten. So war Elion nun allein mit Ezra, der immer noch regungslos und mit starren Augen da lag und völlig tot und leblos wirkte. Traurig strich er über die blasse Wange des Kleingeratenen, der wie eine Puppe aussah. Ihn so zu sehen, tat ihm entsetzlich weh und er hätte fast wieder geweint. „Es tut mir Leid, dass ich nicht schon viel früher gekommen bin, um dich da rauszuholen.“ Da er ihn nicht in diesem Zustand sehen konnte, zog er Ezra erst einmal was an und richtete seine Haare. „Das ist alles nur meine Schuld…“ Damit legte er seine Stirn auf Ezras und schloss seine Augen.
 

Das Erste, was Elion sah, war eine Welt, die wie aus einem bizarren Traum oder einem abstrakten Gemälde entsprungen zu sein schien. Es war eine riesige Welt, in der es offenbar keine physischen Gesetze gab wie in der richtigen. Obwohl der Himmel pechschwarz war, gab es hier dennoch Licht und überall schwebten Blöcke, Figuren und andere Gegenstände herum. Zahnräder ragten aus dem Boden und eine gigantische Uhr war in der Ferne zu sehen. Noch nie hatte Elion so etwas gesehen und er fragte sich, was das wohl für eine Welt war und ob sie wirklich zu Ezra gehörte. Am Himmel sah er sogar eine Insel schweben, die aber kopfüber hing und ein äußerst surreales Bild bot. „Nanu? Ist da jemand etwa auf der Durchreise?“ Elion wandte sich um und sah einen kleinen Jungen auf einen der schwebenden Blöcke sitzen die aussahen, als stammten sie aus einem Tetrisspiel. „Wer bist du?“ „Wer ist nicht die richtige Frage. Eher wäre die Frage „was“ angemessener und was ich bin, das ist lediglich ein Beobachter. Denn du musst wissen, dass ich ein Sefira bin, genauso wie Eva und Araphel.“

„Ein Unvergänglicher?“

„So nennen uns die Menschen, aber dabei beschreibt nichts das, was wir wirklich verkörpern. Denn was wir sind, das sind Fragmente der Ewigkeit. Fragmente von Ain Soph.“ Ain Soph, das war doch der Name des Projekts, dessen Teil er gewesen war. Aber was hatte ein Unvergänglicher hier zu suchen und wieso war er nicht bei Ezra? Als er diese Frage stellte, lachte der Junge und sprang herunter. Er landete leichtfüßig auf einer Art Hügel, der sich aus unzähligen Tischen zusammensetzte. „Nun, du versuchst in die Seele eines Menschen einzudringen, dessen Herz gebrochen ist. Was dort existiert, ist nichts. Und darum bin ich hier, weil ich der Bote des Nichts bin. Wo Leere ist, da ist nichts. Und wo Nichts ist, da ist die Unendlichkeit und Ewigkeit. Denn die Unendlichkeit und die Ewigkeit sind nichts. Und damit ist das, was du hier siehst, er: Ajin Gamur, das Ur-Nichts und die höchste aller Formen, die weit über allem steht, was ein beschränkter Geist wie deiner zu fassen vermag. Denn das, was du an mir zu sehen glaubst, ist nur ein Schatten, eine Illusion, weil alles andere für dich nicht begreifbar wäre. Denn das Nichts ist grenzenlos.“

„Ich… ich verstehe nicht wirklich.“

„Weil du zwar über die Kräfte, aber nicht über das Verständnis verfügst. Denn wie willst du Ezra erreichen, wenn du nicht in der Lage bist, zu begreifen, was hier vor sich geht? Du musst wissen, dass alles, was stirbt, ins Nichts geht. Denn alles, was erschaffen wird, hat seine Wurzeln im Nichts. Das Nichts und damit Ajin Gamur ist der Anfang und das Ende, die Endgültigkeit aller Dinge. Und aus ihm erschuf sich selbst Ain Soph, sein Gegenstück und damit die ewige Existenz. Doch um etwas Endliches zu erschaffen, musste etwas aus Ain Soph geboren werden. Also spalteten sich immer mehr Fragmente von ihm ab und daraus wurden die Sefirot geboren. Aus diesen wiederum die Welt der Vergänglichen und Sterblichen. Und da das Herz deines Freundes leer geworden ist, ist in dieser Leere nichts. Und wo nichts ist, da ist Ajin Gamur und damit wiederum ich. Ich bin überall, wo das Nichts sich ausbreitet und alles Vergängliche hineinzieht. Und deshalb gelangst du in Ezras Herz nur über diesen Weg.“

„Und wo finde ich ihn? Kannst du mir helfen?“

„Ich helfe und behindere niemanden, denn ich bin weder Freund noch Feind. Ich bin nichts davon und doch alles.“

„Das ist keine Antwort.“

„Keine Antwort, die dein kleiner Geist zu begreifen vermag. Denn Ajin Gamur ist nichts und doch alles. Denn alles, was ist, wurde aus dem Nichts geboren und kehrt ins Nichts zurück, auf dass aus dem Nichts wieder Neues geboren wird. Das ist der Verlauf der Dinge.“ Irgendwie wurde Elion aus dem Gerede dieses Jungen nicht sonderlich schlau und begann sich nun auf dem Weg zu machen, um selbst zu suchen. Dabei ging oder besser gesagt schwebte der Junge neben ihm her. „Ich verstehe das nicht“, murmelte der Proxy und irrte durch diese unwirkliche Landschaft, nicht wissend, wohin er überhaupt gehen sollte. „Sonst konnte ich doch immer problemlos eine mentale Verbindung aufbauen, wieso denn jetzt nicht mehr?“ Der Junge lächelte wissend und erklärte es ihm. „Das liegt doch auf der Hand. Der Unborn, nämlich das Fragment von Ain Sophs Willen war ein Sefira und die können sich direkt mit allen Lebewesen verbinden, weil alle Lebewesen mit ihnen verbunden sind. Aber du bist keiner und deshalb bist du nicht mehr in der Lage dazu. Dazu fehlt dir das Verständnis und solange du nicht begreifen kannst, wie das Gefüge dieser Welt aufgebaut ist, wirst du auch nicht fähig sein, zu Ezra durchzudringen.“

„Das heißt, ich sitze hier fest, weil ich kein Unvergänglicher bin?“

„So sieht es wohl aus. Aber es gäbe eine Möglichkeit. Denn ich bin nicht nur der Beobachter, ich bin auch das Bindeglied, so wie alle Unvergänglichen. Nur mit dem Unterschied, dass ich nicht in der Welt der Menschen lebe, sondern hier mein Zuhause ist. Ich durchreise die Welten und bin dort, wo nichts ist und aus dem Nichts Neues entsteht. Und ich kann dich zu Ezra bringen.“ Damit reichte der Junge ihm seine Hand und nach kurzem Zögern ergriff Elion sie. Sofort blendete ein gleißendes Licht den Proxy und er musste die Augen schließen. Und noch während ihn dieses Licht umhüllte, hörte er die Stimme des Jungen. „Vergiss nicht, was ich gesagt habe, denn um den Willen Ain Sophs aufzuhalten ist es wichtig, die Wahrheit zu erkennen. Und Ain Soph ist nur eine Schöpfung aus dem Nichts, darum auch wird alles ins Nichts übergehen.“ Die Stimme des Jungen rückte in eine immer weitere Ferne und als das Licht schwand und Elion die Augen öffnete, fand er sich in einer Welt wieder, die deutlich realer aussah, oder zumindest teilweise. Denn er fand sich in einer Stadt wieder, deren Häuser alle verlassen waren. Dichter Nebel herrschte und es war totenstill. Nicht einmal der Wind wehte und Elion konnte auch keine Menschen sehen, geschweige denn Tiere… zwar standen Autos am Straßenrand, aber die sahen allesamt gleich aus, der Staub lag auf den Armaturen und Sitzen und es sah so aus, als wären diese Fahrzeuge schon seit langem nicht mehr benutzt worden. Elion sah sich um, konnte aber wegen dem Nebel nicht viel erkennen und irgendwie erschien ihm dieser ganze Ort wie eine Geisterstadt. „Ziemlich unheimlich, oder?“ Elion erschrak fast, als diese totale Stille unterbrochen wurde und als er sich zur Seite drehte, sah er Frederica. „Und wie ich sehe, hast du ohne meine Hilfe hierher gefunden. Ich hatte schon befürchtet, du würdest unterwegs verloren gehen.“

„Dann warst du schon hier?“ Sie nickte und ging weiter. In dieser nebligen Landschaft sah sie mit ihrer schneeweißen Haut, den ebenso weißen Haaren und den roten Augen fast schon gespensterhaft aus. „Ja, weil ich ja aus dem Fragment einer Unvergänglichen geboren worden bin, so bin auch ich eine. Und wie bist du hergekommen?“

„Ich bin in einer Art Zwischenwelt gelandet, wo ich einen Jungen getroffen habe, der sich als Beobachter bezeichnet hat. Er redete irgendetwas vom Nichts und hat mich schließlich hergebracht.“

„Hm, dann musst du Nazir begegnet sein. Er wird auch der Bote des Nichts genannt und hält sich die meiste Zeit außerhalb dieser Welt auf. Im Grunde genommen ist er sogar älter und mächtiger als Liam und Eva und fungiert als Berater für die anderen Unvergänglichen. Du musst wissen, es gibt außer Liam und Eva noch viele weitere, aber sie haben sich alle weit zerstreut und haben kaum oder gar keinen Kontakt zueinander. Viele von ihnen haben ihr Dasein auch schon aufgegeben und sind für immer verschwunden. Aber von den Unvergänglichen belegt Nazir den ersten Rang, weil er der oberste Diener von Ajin Gamur ist. Er ist aber absolut harmlos, eben weil er neutral ist und sich auf keine Seite stellt. Übrigens ist er sowohl Liams, als auch Evas und mein Mentor gewesen und durch ihn gelangt man auch in die Welt der Shinigami und kann dort Ajin Gamur antreffen.“

„Schön und gut, aber erst einmal will ich Ezra finden und hoffen, dass ich ihm irgendwie helfen kann. Ehrlich gesagt fällt es mir schwer zu glauben, dass das wirklich seine Welt ist. Ich meine, hier ist alles irgendwie so verlassen.“

„Weil Ezra sich eben verlassen fühlt. Das, was wir hier sehen, spiegelt sein Herz wieder und das, was ihn ausmacht. Und das ist eine einsame und trostlose Welt, in der es niemanden gibt außer ihm selbst. Aber vermutlich wird es noch ganz anders zugehen, wenn wir das Zentrum erreichen. Das hier ist erst der Vorort und es kann durchaus sein, dass uns noch Schlimmes erwarten wird.“

„Das ist mir egal. Solange ich Ezra helfen kann, lasse ich mich durch nichts und niemanden aufhalten.“

„Du magst ihn sehr, nicht wahr?“ Elion senkte den Blick und nickte. Zugegeben, er hatte es vorher nicht so wirklich bemerkt gehabt. Aber nachdem er erfahren hatte, warum sich Ezra so verhielt und was wirklich mit ihm los war, da waren diese Gefühle irgendwie mehr geworden. Und als er ihn tot da liegen sah… in diesem entsetzlichen Zustand, da hatte er das Gefühl, als würde seine gesamte Welt zusammenbrechen. Ezra war für ihn mehr als nur ein Freund und Wohltäter, das hatte er nun erkannt. Und deswegen war der Junge auch weggelaufen, weil er Angst davor gehabt hatte, sich auf jemanden einzulassen und dann wieder so enttäuscht zu werden. „Im Grunde ist das alles nur meine Schuld. Hätte ich nicht zugegeben, dass ich Gefühle für ihn habe, dann wäre er nicht weggelaufen und dann hätten ihn diese Typen auch nicht umgebracht.“

„Hey, jetzt gib dir nicht die Schuld. Ich glaube, dass keiner in dieser Situation zu Ezra durchgedrungen wäre. Er war einfach nicht mehr in der Lage, noch irgendjemanden an sich heranzulassen und vielleicht ist das jetzt auch die beste Gelegenheit, um mit ihm zu reden und ihn davon zu überzeugen, ihm zu vertrauen.“ Nun, vielleicht hatte Frederica ja Recht und das hier war womöglich die einzige Möglichkeit, um Ezra zu erreichen und ihm klar zu machen, dass er Hilfe brauchte. „Und wie erreichen wir das Zentrum?“

„Wir gehen einfach weiter, bis wir ein Lebenszeichen wahrnehmen. Es mag ja sein, dass Ezras Welt vollkommen verlassen und tot ist, aber es muss irgendwo noch einen Lebensfunken geben.“ Da Frederica sich mit solchen Dingen besser auskannte, richtete sich Elion einfach nach ihr und gemeinsam gingen sie die Straßen entlang. Aber wirklich nirgendwo gab es ein Lebenszeichen. In den Häusern brannte kein Licht und wenn man durch die Fenster blickte, fand man alles völlig verstaubt vor, als wäre seit Ewigkeiten niemand mehr hier gewesen. Es gab nicht einmal Tiere hier und so langsam beschlich Elion auch das Gefühl, als würde der Nebel so langsam aber sicher die Stadt gänzlich verschlucken. Und als er diesen Gedanken Frederica mitteilte, nickte sie bedrückt und erklärte „Weil Ezras Welt auch langsam verschwindet. Deshalb müssen wir schauen, dass wir ihn schnell finden.“ Sie gingen durch die Straßen und der Nebel schien tatsächlich langsam immer dichter zu werden. Dann aber erreichten sie schließlich ein Haus, wo tatsächlich Licht brannte. Es war ein ziemlich heruntergekommenes Haus und es waren Stimmen zu hören. Das musste also das Zentrum sein, von dem Frederica gesprochen hatte. Und hier würden sie Ezra finden. Als Elion die Treppen hinaufstieg und an der Haustür stand, da bemerkte er, dass Frederica gar nicht mitkam. Er drehte sich verwirrt um und fragte „Wieso kommst du nicht mit?“ „Du bist der Einzige, der zu Ezra durchdringen kann, deshalb kann ich nicht viel ausrichten. Ich kann dich nur zur Tür bringen, aber hindurchgehen musst du selbst.“

„Okay, vielen Dank für die Hilfe.“ Damit öffnete Elion die Tür und betrat das Haus. Gleich schon als er drinnen war, hörte er Geschrei und Lärm. Zerbrechendes Porzellan und wie eine Frau vor Schmerzen schrie, als auf sie eingeprügelt wurde. Elion folgte dem Geräusch und gelangte zu einer Tür, hinter der sich das Szenario abspielen musste. Er versuchte sie zu öffnen, doch sie war verschlossen und ließ sich auch nicht mit Gewalt öffnen. Also ging Elion weiter und durchsuchte das Haus. Er fand eine Treppe hinunter in den Keller und als er sich daran erinnerte, was Ezra bei seiner zweiten Pflegefamilie erlebt hatte, ging er instinktiv hinunter in der Hoffnung, ihn vielleicht dort zu finden. Im Keller war es dunkel und er hörte mehrere Stimmen, Gelächter und anzügliches Gerede. Und er hörte ein leises Schluchzen. Er stieg die Stufen hinunter und hörte, wie die Stimmen deutlicher wurden. Einige von ihnen begannen laut zu lachen und einer von ihnen rief „Wer will sich die kleine Sau mit mir teilen?“, woraufhin ein begeisterter Jubel ausbrach und Elion begann Schlimmes zu ahnen. Wenn das nämlich diese ganzen Männer waren, die Ezra so zugerichtet und ihn vergewaltigt hatten, dann musste er dazwischengehen und zwar schnell. Doch schon bald merkte er, dass etwas nicht stimmte. Denn er ging zwar die Stufen hinunter, aber sie fanden kein Ende. Egal wie weit er auch nach unten ging, er kam irgendwie keinen Schritt weiter, so als würde er bei einer Rolltreppe in die falsche Richtung laufen. Also beschleunigte er seine Schritte und übersprang auch einige Stufen, aber es brachte nichts. Er kam einfach nicht vorwärts. „Ezra?“ rief er und blieb schließlich stehen. „Ezra, bist du da unten?“ Erst tat sich nichts, aber dann packte ihn plötzlich etwas am Fußgelenk. Eine eiskalte Hand und als er nach unten sah, erschrak er, als er ein Mädchen sah. Sie war schrecklich entstellt, ihr Gesicht war deformiert, Tränen liefen aus ihren blinden Augen und ein Arm wuchs ihr aus dem Kopf, ebenso ein weiterer aus ihrem rechten Ellebogen und sie hatte zwei linke Arme. Ihre Beine waren vollkommen verdreht und sie streckte ihre Hände nach Elion aus, während sie gequält röchelte und Blut aus ihrem Mund floss. Sie brachte nur ein Gurgeln zustande und entsetzt wich der Proxy beim Anblick dieses Wesens zurück. Was war das nur für eine Kreatur? „Wer bist du und was willst du von mir?“ Doch das Mädchen, dessen brünettes Haar zu zwei Zöpfen geflochten worden war, konnte kaum ein Wort sprechen und hielt sich an Elion fest. Ihr Blick zeugte von unendlicher Verzweiflung. Aber dann brachte sie mit großer Mühe unter Tränen ein einziges Wort hervor: „Papa…“ Papa? Wieso nannte dieses entstellte Mädchen ihn denn so? War sie vielleicht Ezras Schwester oder eine Person aus seiner Vergangenheit? Der Grauhaarige beugte sich zu dem Mädchen herunter und ergriff ihre Hand. „Weißt du, wo ich Ezra finde?“ Das Mädchen deutete mit ihrer normalen Hand nach oben, da die anderen Auswüchse wohl nicht richtig bewegungsfähig waren. Also befand sich Ezra nicht im Keller, sondern im oberen Stockwerk. „Danke.“ Damit ließ das Mädchen ihn wieder gehen und so eilte Elion wieder die Stufen hinauf. Dieses Mal hatte er aber kein sonderliches Problem, nach oben zu kommen und er ging einfach davon aus, dass es sich um Stationen aus Ezras Vergangenheit handeln musste, mit denen er besonders schlimme Erinnerungen verband und die deshalb nicht zugänglich waren, weil er sie verdrängte. Als er wieder den Flur erreichte, stieg er dieses Mal die Stufen hinauf ins obere Stockwerk und fand auch sogleich eine Tür, auf der „Ezra’s Room“ stand. Elion öffnete die Tür und fand ein vollkommen leeres und karges Zimmer, ohne Möbel, ohne Tapeten. Es gab nichts als nackte Wände und an den denen standen mit roter Farbe Worte wie „Missgeburt“, „Schlampe“, „Bastard“, „Verdorben“ oder „Abschaum“ geschrieben. Ezra selbst lag zusammengekauert auf dem Boden und trug Hand- und Fußfesseln. „Ezra…“ Elion wollte näher kommen, doch da schossen mehrere Ketten aus den Wänden und dem Boden und verflochten sich zu einer Art Gitter, wodurch es dem Proxy nicht mehr möglich war, dem 18-jährigen näher zu kommen. „Ezra, bitte lass mich durch. Ich bin es!“ „Verschwinde“, kam es von der anderen Seite und Ezras Stimme klang verzweifelt und kraftlos. „Lass mich alleine…“

„Nein, ich gehe hier nicht ohne dich weg. Bitte lass mich zu dir. Ich will dir doch helfen.“ „Du lügst. Niemand will zu mir. Niemand will so jemanden wie mich haben.“

„Das stimmt nicht. Mir bist du nicht egal und du bedeutest mir sehr viel. Und ich gehe hier nicht ohne dich weg, hast du verstanden?“ Doch Ezra war nicht in der Lage dazu, sich von seinen eigenen Fesseln zu befreien und blieb einfach liegen. Elion versuchte daraufhin, diese ganzen Ketten irgendwie zu lösen und einen Weg hindurch zu finden. Doch kaum, dass er sich hindurchzudrängen versuchte, da schlangen sich die Ketten um ihn und hielten ihn zurück. Aber seine Entschlossenheit war stärker und da konnten selbst die Ketten ihn nicht aufhalten. Er riss sich unter enormem Kraftaufwand los und schaffte es endlich, diese Mauer zu überwinden und zu Ezra zu gelangen. Dieser lag immer noch auf dem Boden und unzählige Ketten hatten sich um ihn geschlungen und beraubten ihn seiner Bewegungsfreiheit. Elion schaffte es, zumindest ein paar der Ketten zu lösen, nicht aber die an den Hand- und Fußgelenken. „Hör auf damit“, rief der 18-jährige schließlich und stieß Elion von sich. „Lass mich in Ruhe.“ „Ezra, ich lass dich nicht alleine und das habe ich dir auch schon gesagt. Hör mal, du kannst doch nicht für immer in diesem furchtbaren Haus bleiben. Komm doch bitte mit.“

„Wieso denn? Damit sie mich wieder nur im Stich lassen, so wie meine Familie? Ich habe niemanden auf der Welt. Alle haben mich einfach aufgegeben, weil kein Mensch so einen verdorbenen Stricherjungen wie mich haben will. Warum sollte ich also rauskommen? Es wäre doch besser, wenn es mich nicht mehr gibt. Keinen Menschen würde es interessieren, ob ich lebe oder sterbe. Ich will das alles nicht mehr. Also verschwinde, mit jemandem wie mir will sich keiner abgeben.“ Doch da legte Elion eine Hand auf die blasse Wange des 18-jährigen und dann küsste er ihn. Es war ein zärtlicher und zugleich liebevoller Kuss. Und bevor Ezra irgendwie reagieren konnte, schloss Elion ihn in den Arm und drückte ihn fest an sich. „Ich kenne das, was du durchmachst. Mich hatte auch niemand geliebt und alle haben in mir nur ein Monster gesehen. Mum war die Einzige gewesen, die mir jemals Liebe und Zuwendung gegeben hat, aber danach gab es niemanden mehr. Ich war alleine und habe mich ungeliebt, verachtenswert und unerwünscht gefühlt. Und ich dachte mir, dass es das Beste wäre, wenn ich einfach aus dieser Welt verschwinde. Dann könnte ich auch niemanden mehr verletzen und ich dachte mir, dass niemand so ein Monster wie mich jemals lieben würde. Ich habe mich all die Jahre selbst für ein abstoßendes und gefährliches Monster gehalten, aber du hast mich gerettet und bei dir aufgenommen. Du hast mich als Mensch gesehen und mich auch wie einer behandelt. Du hast mir einen neuen Lebenswillen gegeben und nun will ich dasselbe tun.“

„Warum?“ fragte Ezra und sah ihn an. Seine Augen zeugten von unendlicher Verzweiflung und Hilflosigkeit und es brach Elion das Herz, ihn so zu sehen. „Weil… weil ich dich liebe, Ezra. Ich liebe dich und deshalb werde ich dich niemals im Stich lassen, sondern für dich da sein und dich niemals so verletzen wie die anderen. Meinetwegen kannst du mich immer anschreien, mir eine reinhauen und mir sogar an den Haaren ziehen. Egal wie oft du mir auch sagst, ich solle verschwinden und dich alleine lassen, ich werde bei dir bleiben und für dich da sein, wenn du alleine bist. Und ich werde dir wieder aufhelfen, wenn du am Boden liegst und nicht mehr alleine aufstehen kannst. Du bist das Wichtigste für mich und deshalb werde ich dir die Liebe geben, die du dir immer so vergebens gewünscht hast. Bitte Ezra, bitte komm mit mir zurück und bleib bei mir. Ich… ich brauche dich.“ Und diese Worte waren zu viel für den Kleingeratenen. Er brach in diesem Moment in Tränen aus und erwiderte Elions Umarmung. Schluchzend klammerte er sich an ihn und zitterte am ganzen Körper. In diesem Moment zeigte sich, wie fertig er wirklich war. Schluchzend vergrub er sein Gesicht in Elions Schulter und ließ seinem ganzen Schmerz freien Lauf. „Ich kann nicht mehr…“, brachte er unter heftigen Schluchzern hervor. „Ich weiß einfach nicht, was ich tun soll. Wirklich alles in meinem Leben ist eine einzige Katastrophe und ich schaffe das einfach nicht mehr. Bitte… hilf mir…“ Tröstend hielt Elion ihn im Arm und blieb stark für ihn. „Keine Sorge Ezra, ich werde nicht zulassen, dass dir irgendjemand wieder so wehtut. Ich werde dafür sorgen, dass du aus diesem Milieu rauskommst und du deine Ruhe vor diesen Perversen haben wirst und du nie wieder auf den Strich gehen musst. Vertrau mir einfach, okay?“

„Okay…“ Und damit lösten sich die restlichen Ketten, die Ezra festhielten und sogleich geschah etwas Überraschendes, womit selbst Elion nicht gerechnet hatte: Ezra erwiderte seinen Kuss.



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Kommentare zu diesem Kapitel (2)

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Von:  pri_fairy
2014-12-12T15:23:15+00:00 12.12.2014 16:23
Super Kapitel !:)
so süß die beiden zum Schluss ^^
Von: abgemeldet
2014-12-10T13:25:25+00:00 10.12.2014 14:25
Ein echt cooles Kapitel^^
Endlich kommen sie sich näher *-* Habe so lange darauf gewartet ^-^

LG^^Alien^^


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